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Veröffentlicht am 08.08.2022

Autobiographische Aufarbeitung einer Mutter-Tochter Beziehung

Mutters Lüge
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Die aus Polen stammende Schweizer Psychiaterin Marta schildert ihr Leben und resümiert ergreifend die Beziehung zu ihrer Mutter. Jene war in den 80er Jahren illegal mit Marta und ihrem Bruder aus Polen ...

Die aus Polen stammende Schweizer Psychiaterin Marta schildert ihr Leben und resümiert ergreifend die Beziehung zu ihrer Mutter. Jene war in den 80er Jahren illegal mit Marta und ihrem Bruder aus Polen nach Deutschland emigriert. Diese Entwurzelung ist bis heute für Marta von besonderer Relevanz, sorgt für eine permanente Suche nach Heimat und wird zusammen mit dem Geheimnis ihrer Mutter zum großen Gegenstand dieses Buches. Die spät - zum Zeitpunkt der Beerdigung - aufgedeckte Lebenslüge der Mutter gegenüber den Kindern und der Umwelt bringt sowohl Klarheit aber auch Rätsel für Marta mit sich, die bis ins Mark erschüttern. Inwiefern der Roman wirklich autobiographisch oder autofiktiv ist, bleibt für mich offen. Im Klappentext steht, das Buch beruhe auf der Lebensgeschichte der Autorin, obwohl auf Seite 4 steht, dass Ähnlichkeiten mit lebenden und toten Personen nicht gewollt und rein zufällig sind.
Eine Beurteilung dieses autobiographischen Buches von Monika Hürlimann fällt mir schwer, weil eine Biographie als solche in ihrer Wahrhaftigkeit wertzuschätzen ist, die Lebensleistung schlicht anzuerkennen ist. Es ist erstaunlich, was so alles in ein Leben passt. Es ist großartig, wie Marta - sicher stellvertretend für Monika Hürlimann - mit den Herausforderungen des Lebens umgegangen ist. Und doch fehlt mir bei aller emotionaler Beteiligung am Schicksal von Marta etwas, denn die literarische Leistung bleibt hinter dem Inhalt zurück. Der Schreibstil zeigt deutlich, dass Monika Hürlimann keine Schriftstellerin ist und ein eigenes, auch emotional geprägtes und auf Kränkungen basiertes Interesse bestand, diesen Text von der Seele zu schreiben. Das Buch liest sich wie eine Selbsttherapie, welche sich die eigene Wirklichkeit so konstruiert, dass sie leichter auszuhalten ist. Forciert wird dies durch die Erzählperspektive aus der Ich-Sicht von Marta. Diese erzeugt besonders Verständnis und Empathie für die Brille von Marta, es bleibt jedoch bei dieser einen Seite der Medaille. So wirkt Marta auf mich stets ein wenig zu selbstbezogen und unreflektiert, auch weil kaum eigene Fehler und Anteile an den Entwicklungen benannt werden. So erscheint mir Marta stets wie ein Opfer der Umstände, der Unnahbarkeit der Mutter, ihres Exfreundes, obwohl sie dies sicher nicht immer war. Bspw. akzeptiert Marta als Kind gegenüber der Mutter und auch als Erwachsene gegenüber ihrem Partner Timo des öfteren Widersprüche, die sich als schmerzhaft und kränkend erweisen ohne eigeninitiativ entgegen zu wirken und sich somit selbst zu helfen. Mich würde dies nicht stören, wenn Marta diese Erkenntnis benannt hätte, statt nur aus Opfersicht zu schildern, was ihr „angetan“ wurde.
Somit kann ich, obwohl ich das Buch flüssig lesen konnte, aufgrund der nicht ganz optimalen schriftstellerischen Leistung und der in Teilen fehlenden Reflexivität von Marta keine volle Punktzahl geben. Ich empfehle das Buch aber, zumindest allen, die Interesse an bewegten Lebensläufen haben, die gern in Familiengeschichten eintauchen oder ähnliche biographische Elemente wie Marta teilen.

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Veröffentlicht am 06.07.2022

Schillernde sprachliche Leistung bei blassem Plot

Die Familie
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Die Familie steht sinnbildlich nicht nur für die Herkunftsfamilien der Freundinnen Antonia und Sophia sondern auch für die Mafia. Und ebenso bildlich bleibt der ganze Roman in seiner Sprache. Die Autorin ...

Die Familie steht sinnbildlich nicht nur für die Herkunftsfamilien der Freundinnen Antonia und Sophia sondern auch für die Mafia. Und ebenso bildlich bleibt der ganze Roman in seiner Sprache. Die Autorin kann kunstvoll, hochwertig und malend durch Worte Bilder erzeugen, die dem Buch einen bezaubernden Charme geben. Wunderbar, entzückend und beredt initiiert die Sprache bei mir Vorstellungen vom Brooklyn der 30er bis 40er Jahre, ein veritabler Genuss beim Lesen. Dieser hochwertige Sprachstil setzt sich leider nicht in der Story des Romans fort. Die Coming-of-Age-Geschichte ist schnell erzählt. Wuchtige Wendungen, Spannungsbögen und Nervenkitzel darf man höchstens gegen Ende erwarten. Das Buch kommt ohne Thrill aus, lebt in seichtem Plott. Das schmälert meinen Lesegenuss jedoch kaum, kommt aber auch nicht an Elena Ferrante heran.
Dieses Buch ist eine Meisterleistung der Sprach- und Übersetzungskunst, empfehlenswert für alle Liebhaberinnen und Liebhaber der Deutschen Sprache, die auch ohne Hochspannung Literatur genießen können.

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Veröffentlicht am 05.04.2023

Poetisches Buch mit Mühe

Tochter einer leuchtenden Stadt
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Eine leuchtende Stadt ist dieses Smyrna (heute Izmir), in das uns Defne Suman entführt, ja einsaugt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist Smyrna eine kosmopolitische Stadt, in der viele Ethnien miteinander ...

Eine leuchtende Stadt ist dieses Smyrna (heute Izmir), in das uns Defne Suman entführt, ja einsaugt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist Smyrna eine kosmopolitische Stadt, in der viele Ethnien miteinander leben, Levanten, Türken, Griechen. Aus deren Reihen entspinnen sich Geschichten um Protagonist*innen, die am Ende zusammengeführt werden. Durch die blumige, poetische, seelenvolle Sprache der Autorin wurde ich beim Lesen nach Smyrna gebracht, in Straßen in denen es nach Moschus und Rosen riecht und die orangeglühende Sonne scheint. Und das ist auch die Stärke des Romans. Er ist sprachlich einfach ein wunderbarer Genuss.

Nach einem besonders sphärischen Einstieg, der mich ganz in die Welt des Orients holte, mit seinen Farben, Gerüchen und Ausstrahlungen, war ich hoffnungsvoll auf das Buch. Leider brauchte ich drei Anläufe, um das Buch überhaupt auslesen zu können. Immer wieder wurde ich durch die so eindrucksvolle Sprache animiert, es doch noch einmal zu versuchen. Neben der sprachlichen Expertise hat der Roman leider einige hemmende Tücken. Allen voran steht die Herausforderung, mit sehr vielen handelnden Personen konfrontiert zu sein, die auch durch die ungewohnt fremden Schriftbilder der Namen schwer zu handhaben sind. Auch das Personenverzeichnis am Ende, das ich oft benutzen musste, war bei der Unterscheidung und Konstellation der Personen wenig hilfreich. Ich habe dann begonnen, mir Notizen zu machen, was mir etwas half. Weiterhin werden im Text permanent die Zeitebenen gewechselt ohne dies kenntlich zu machen. Da ist eine Person tot und plötzlich wird wieder mit ihr gehandelt. Beides hat mich beim Lesen so verwirrt, dass ich von der eigentlichen Handlung nur das Wesentliche erfassen konnte. Der historische Kontext war mir auch neu, vieles setzte die Autorin voraus, was mich zwischendrin immer wieder googeln ließ. Alles in allem strengte mich das Lesen dieses Buches sehr an, nervte zeitweise, ließ mich kopfschüttelnd und mehr fragend als antwortend zurück.

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Veröffentlicht am 23.09.2022

Ein wichtiges Buch, das aber nicht voll überzeugt

Ein einsamer Ort
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Dix Steele ist der Protagonist dieser Story und gibt Einblicke in frauenfeindliche Haltung, toxische Unzufriedenheit und in eine strategische Männerfreundschaft. Dabei wird die Kumpelschaft zwischen Dix ...

Dix Steele ist der Protagonist dieser Story und gibt Einblicke in frauenfeindliche Haltung, toxische Unzufriedenheit und in eine strategische Männerfreundschaft. Dabei wird die Kumpelschaft zwischen Dix und Brub, dem Ermittler in einer Mordserie, zentral und im Laufe des Romans deutlich von Dix berechnend benutzt. Eine Beziehung zwischen Dix und einer Frau, Laurel, ist ebenso toxisch wie Dix‘ Gedankengut. Mehr lässt sich ohne zu Spoilern nicht über die Handlung sagen.
Mich hat das Buch nicht mitnehmen können, obwohl ich sehr wohl wissen wollte, wie die Geschichte ausgeht. Die Zeichnung der Figuren empfand ich eher als flach, vorhersehbar und einfach. Nachdem ich dann im Nachwort erfuhr, dass dieser Roman ein Meilenstein der Kriminalliteratur sein soll, Inspirationsquelle für weitaus bekanntere Autoren und schon wirklich alt, hätte ich ihn vielleicht mit anderen Augen inspiziert. Das aus meiner Sicht einzig Außergewöhnliche ist die Erzählung aus der wohl damals neuartigen Perspektive, hier in Person von Dix.

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Veröffentlicht am 28.08.2022

Krimi für Insider des Bankwesens

Die Filiale
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Laura Jacobs arbeitet bei der BWG-Bank in Berlin und bewohnt mit ihrem Freund ein gemietetes Haus aus dem Bestand der Bank. Aus diesem Sachverhalt entspannt sich eine wendungsreiche Story rund um Aktienhandel, ...

Laura Jacobs arbeitet bei der BWG-Bank in Berlin und bewohnt mit ihrem Freund ein gemietetes Haus aus dem Bestand der Bank. Aus diesem Sachverhalt entspannt sich eine wendungsreiche Story rund um Aktienhandel, Bank- und Immobilienkriminalität und auch Auftragsgewalt. Die Handlungsorte in Berlin sowie der Hintergrund des Plots sind plausibel recherchiert, was aus dieser Perspektive die Geschichte authentisch macht.
Veit Etzold schreibt einen typischen Thriller, der in mehreren Handlungssträngen immer wieder Cliffhanger aufbaut, die zum Weiterlesen animieren. Der Schreibstil ist zwar flüssig, dennoch fiel mir das Lesen schwer. Vokabular aus dem Bankwesen wird zwar erklärt, bleibt aber auf einem hohen Niveau. Wenn es um Hedgefonds, Disposchlüssel und Unterkonten geht, musste ich bei der Lektüre zu oft nachlesen, zurückblättern und nachdenken. Wer aber mit dieser Materie betraut ist, findet sicher in diesem Buch eine angenehm unterhaltsam spannenden Krimi.

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