Traurig und ergreifend, aber teilweise auch langatmig
Dein Schweigen, VaterDie Lektüre dieses Buches lässt mich etwas ratlos zurück. Einerseits hat mich die ziemlich detaillierte und anschauliche Beschreibung der überaus brutalen Vertreibung der verbliebenen Deutschen aus Brünn ...
Die Lektüre dieses Buches lässt mich etwas ratlos zurück. Einerseits hat mich die ziemlich detaillierte und anschauliche Beschreibung der überaus brutalen Vertreibung der verbliebenen Deutschen aus Brünn an Fronleichnam 1945 sehr mitgenommen und ich war beim Lesen den Tränen nahe. Nach dem Zeitsprung in die 1960er/70er Jahre sind die Kapitel jedoch sehr langatmig geraten. Paul, der als kleiner Junge den Brünner Todesmarsch miterleben musste und dabei u.a. seine Großeltern verlor, ist nun selbst Familienvater und versucht sein Trauma durch Schweigen zu verdrängen, wobei er seine Frau und die beiden Kinder, die gerne mehr erfahren würden, im Unklaren über seine Vergangenheit lässt. Auch das Gefühlsleben von Pauls inzwischen erwachsenen Kindern wird danach ziemlich ausgedehnt dargestellt, obwohl es größtenteils gar nichts mit der düsteren Vergangenheit des Vaters und dessen Schweigen darüber zu tun hat. Spannend wird es erst wieder gegen Ende des Buches, als Pauls Tochter Maria ihren Bruder überredet sich nach Pauls Tod auf Spurensuche nach dessen Vergangenheit zu begeben und sie nach Recherchen in Brünn schließlich selbst den Weg des Brünner Todesmarsches bis nach Wien zu Fuß nachgehen. Dieser Teil, in dem am Ende ein paar Schleier gelüftet werden, ist meiner Ansicht nach etwas zu kurz geraten. Unter dem Strich waren der Anfang und der Schluss für mich sehr lesenswert, während man auf den Mittelteil weitgehend hätte verzichten können. Entgegen meiner Erwartungen dreht sich die Handlung in weiten Teilen auch gar nicht so sehr um Paul, sondern um seine Nachkommen. Insgesamt hatte ich mir einiges mehr von diesem Buch versprochen und vergebe daher nur eine durchschnittliche Bewertung.