Cover-Bild Ein treuer Freund
22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Hanser, Carl
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 272
  • Ersterscheinung: 13.03.2017
  • ISBN: 9783446254435
Jostein Gaarder

Ein treuer Freund

Roman
Gabriele Haefs (Übersetzer)

Jakop Jacobsen ist stets ein Einzelgänger gewesen, seit seiner Jugend in einem abgelegenen Tal in Norwegen. Sein bester Freund Pelle ist eine Handpuppe, mit der er lange Gespräche führt und die deutlich schlagfertiger ist als er selbst. Und er hat ein merkwürdiges Hobby: Jakop geht gern auf fremde Beerdigungen. Er gibt sich dort als Freund des Toten aus, bei den Familien der Toten fühlt er sich wohl. Dumm nur, wenn jemand sein falsches Spiel durchschaut ... So wie Agnes. Jakop verliebt sich in sie und hofft, dass sie ihn trotz seiner Eigenart und des vorlauten Pelle erhört. „Ein treuer Freund“ ist ein philosophischer Schelmenroman, eine herrlich schräge Liebesgeschichte und eines von Jostein Gaarders schönsten Büchern.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.06.2017

Ein Einzelgänger und sein redseliger Freund

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„Warum erzählen Sie mir nicht Ihre Geschichte?“, fragte sie dann, und die meisten der notorischen Fragesteller könne sie dazu verleiten. Jeder hat nun mal eine Lebensgeschichte; vom Genre her gesehen, ...

„Warum erzählen Sie mir nicht Ihre Geschichte?“, fragte sie dann, und die meisten der notorischen Fragesteller könne sie dazu verleiten. Jeder hat nun mal eine Lebensgeschichte; vom Genre her gesehen, ist das Leben ein Epos.

Inhalt

Jakop Jacobsen hat ein sehr ungewöhnliches Hobby auserkoren, welches ihn in manch heikle Situation manövriert und von Außenstehenden gar nicht als das erkannt wird, was es für Jakop eigentlich ist. Der Norweger, der durchaus auch mit seinen schwedischen Nachbarn kommuniziert, lebt zurückgezogen mit seinem Freund Pelle, nachdem seine freudlose Ehe beendet wurde und besucht immer wieder diverse Beerdigungen, obwohl er die Verstorbenen überhaupt nicht kannte.

Bereits im Vorfeld jeder Beisetzung sammelt er Daten und Fakten zu der Person, zu Hobbys, beruflichen Werdegängen und natürlich Informationen zu den Hinterbliebenen. Gut vorbereitet mischt er sich im öffentlichen Teil der Beisetzung unters Volk und hofft auf einen gemütlichen Ausklang der Feier in einem Restaurant. Dort bringt er sich ein und blüht auf, zeigt, wie gut er sich mit dem Verstorbenen verstanden hat, was sie verband und welch nachdrückliche Erinnerung bleiben wird. Für Jakop ersetzen diese wenigen Stunden im Kreis fremder Familien eine eigene Familie, ein Zugehörigkeitsgefühl, welches er in seinem Leben nicht empfinden kann. Doch eines Tages deckt Agnes, eine direkte Angehörige sein falsches Spiel auf, denn ihre Verwandte konnte keine endlosen Wanderungen mit besagtem Jakop unternommen haben, weil sie Zeit ihres Lebens an den Rollstuhl gefesselt war. Aber Jakops Reden berühren Agnes dennoch. Mit seiner ausgezeichneten Beobachtungsgabe, seiner Leidenschaft und seinem Esprit noch dazu von Erzählungen über eine Person die er überhaupt nicht kannte, hinterlässt er einen bleibenden Eindruck und sie beschließt, herauszufinden, was es mit seinem falschen Spiel tatsächlich auf sich hat …

Meinung

Dies ist mein zweiter Roman des norwegischen Autors Jostein Gaarder, der mich mit seinem Weltbestseller „Sophies Welt“ bereits vor 20 Jahren überzeugen konnte. Auch in seinem neuen Roman schlägt er stille Töne an und setzt sich sehr intensiv und überschaubar mit der Problematik des Einzelgängers, mit unfreiwilligem Alleinsein und daraus resultierenden Verhaltensweisen auseinander.

Im Zentrum dieser herzerwärmenden Geschichte steht ein Mann, dem man deutlich anmerkt, wie traurig und unzufrieden sein tatsächliches Leben verläuft. Immer wieder bemühte er sich in der Vergangenheit Anschluss zu finden, doch nie ist ihm die richtige Person begegnet, die sein Innerstes seine Besonderheiten erkannt und wertgeschätzt hätte. Und so entscheidet sich Jakop lieber für seinen imaginären Freund Pelle, der zwar nur eine Handpuppe ist, ihm aber dennoch die Treue hält und die stillen Stunden mit langen Gesprächen füllt. Der Autor entwirft ein bewegendes, sehr gut greifbares Bild des Protagonisten, den man sich ausgesprochen gut vorstellen kann, über dessen Tun man aber den Kopf schüttelt. Gaarder gleitet nie in die Sentimentalität ab, hält Distanz und beleuchtet auch die Gedankengänge hinter den eigentlichen Handlungen.

Philosophieren kann man sehr gut über diesen Roman, weil er eigene Überlegungen fördert und den Leser mitnimmt auf eine Reise zum Außenseiter per se. Fast scheint Jakop zu fragen: „Warum verstehst Du mich nicht?“ oder „Was stört dich eigentlich an mir?“ Plötzlich sieht man den Menschen hinter der erbärmlichen Figur, die mutterseelenallein auf der Parkbank sitzt und laut mit einer Handpuppe spricht und stellt fest, dass man sich selbst wahrscheinlich auch keine Gedanken über denjenigen gemacht hätte, obwohl gerade dies bitter nötig wäre.

Ein kleiner Kritikpunkt waren für mich die etwas künstlich eingeflochtenen Episoden über die Etymologie der norwegischen Sprache, über alte Volksweisheiten und historische Schriften bzw. Mythologien. Zwar lernt man dadurch Jakop und sein anderes Steckenpferd (die Liebe zur Sprache) kennen, doch bringen die ausufernden Ausflüge zu Lehnwörtern und gemeinsamen Wortstämmen nur wenig Lesefreude und Gewinn für die Geschichte.

Fazit

Ich vergebe 4 Lesesterne für diese phantasiereiche Geschichte, die den Leser dazu bringt über Wahlverwandtschaften, Familienbande und Einzelgängertum nachzudenken. Die ihn dazu motiviert, hinter die Fassade eines offensichtlichen Eremiten zu schauen und möglicherweise dazu anregt, vorschnelle Urteile abzubauen. Ein Roman am Rande des Mainstream ist es ganz sicherlich und man sollte auch die leisen Erzähltöne mögen, um mit der Geschichte warm zu werden. Doch gerade nach dem Lesen stellen sich hier viele Gedankengänge ein, die der Geschichte auch im Nachgang zu Herzblut und Stärke verhelfen, man legt das Buch zwar beiseite, aber Jakop und Pelle würde man nun doch zu gerne kennenlernen.

Veröffentlicht am 11.04.2018

Ein treuer Freund

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"Ein treuer Freund" ist ein Roman des Autors Jostein Gaarder. Ich habe vor einigen Jahren "Sofies Welt" gelesen und geliebt und da fand ich es wäre mal wieder an der Zeit ein weiteres Buch von Herrn Gaarder ...

"Ein treuer Freund" ist ein Roman des Autors Jostein Gaarder. Ich habe vor einigen Jahren "Sofies Welt" gelesen und geliebt und da fand ich es wäre mal wieder an der Zeit ein weiteres Buch von Herrn Gaarder zu lesen. Dieses Werk klang für mich nach einer tollen Geschichte und ich war neugierig was mich zwischen den Buchdeckeln letztlich erwarten würde.

In dieser Geschichte geht es um den Protagonisten Jakop Jacobsen. Jakop ist schon immer ein Einzelgänger gewesen und sein bester Freund Pelle ist eine Handpuppe. Mit Pelle führt er lange Gespräche, aber das ist nicht seine einzige etwas merkwürdige Beschäftigung, denn Jakop geht auch gerne auf fremde Beerdigungen. Dort gibt er sich als Freund des Toten aus, denn inmitten der Familien der Verstorbenen fühlt sich Jakop wohl.

Doch eines Tages durchschaut eine Frau sein falsches Spiel. Agnes enttarnt Jakop aber nicht nur, sondern weckt auch ganz neuartige Gefühle in ihm. Doch hat er, mit seinen Eigenarten, überhaupt eine Chance auf eine Beziehung mit Angnes? Der Einstieg in diesen Roman ist mir gut gelungen. Jostein Gaarder hat mich direkt wieder mit seiner besonderen Art zu schreiben überzeugen können. Ich mag seine sensiblen und liebevollen Beschreibungen sehr gerne und auch, dass sich die Geschichte durchweg flüssig lesen lässt. Auch die Handlung besticht durch wunderbare Elemente, die ich so noch nirgends in einer ähnlichen Form gelesen habe.

Aber ich fand nicht nur die Ideen wirklich toll, sondern auch die schöne Umsetzung. Die Ausarbeitung der Charaktere hat mir ebenfalls gut gefallen. Jakop ist schon ein sehr besonderer Protagonist, aber auch die Handpuppe Pelle war ein echtes Highlight für mich. Das Zusammenspiel der beiden bietet dann auch wieder die gewohnte Gaarder'sche philosophische Komponente. Zwar brachte der Autor mich nicht so sehr zum nachdenken, aber die Thematik ist durchaus interessant und vielschichtig gestaltet gewesen.

Was mir nicht ganz so gut gefallen hat war, dass ich manchmal das Gefühl hatte, dass der Autor bei den philosophischen Überlegungen ein kleines bisschen den roten Faden verloren hat. Das fand ich ab und an ein bisschen anstrengend. Ein kleines Manko war für mich auch die Vielzahl der Namen, die, in meinen Augen, ein bisschen zu hoch war.

Positiv:
schöne Buchidee
gute Ausarbeitung der Charaktere
toller, philosophischer Schreibstil

Negativ:
etwas zuviele, verschiedene Namen
* ab und an fehlte mir der rote Faden

"Ein treuer Freund" ist ein schöner Roman, mit kleinen Schwächen, der mir nette Lesestunden beschert hat!

Veröffentlicht am 29.03.2018

Als Jostein Gaarder Fan war ich ziemlich enttäuscht

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Mit "Sofies Welt" fing bei mir alles an. Ich wurde Fan von Jostein Gaarder und habe wohl so ziemlich alle seiner Bücher gelesen. Da freute ich mich, als ich von "Ein treuer Freund" erfuhr und es an meinem ...

Mit "Sofies Welt" fing bei mir alles an. Ich wurde Fan von Jostein Gaarder und habe wohl so ziemlich alle seiner Bücher gelesen. Da freute ich mich, als ich von "Ein treuer Freund" erfuhr und es an meinem Geburtstag geschenkt bekam. Leider enttäuschte mich das Buch recht schnell, die Handlung kam nur schleppend in Gang und die Wendung in der Geschichte überraschte mich und weckte bei mir ein eher befremdliches Gefühl.

Jostein Gaarder (geboren 1952 in Oslo) studierte Philosophie, Theologie und Literaturwissenschaften. Nachdem er zunächst als Lehrer tätig war, konzentriert er sich inzwischen ganz auf das Schreiben. 1993 erschien "Sophies Welt" in deutscher Sprache. Sein Debüt wurde sofort zum Weltbestseller und seine darauf folgenden Romane wie "Der Geschichtenverkäufer", "Das Orangenmädchen" oder "Die Frau mit dem roten Tuch" waren ebenfalls sehr erfolgreich. Gaarders Werke haben einen philosophischen Hintergrund und richten sich oft auch an Kinder und Jugendliche.

In "Ein treuer Freund" erzählt Jostein Gaarder die Geschichte eines Außenseiters, der seinen Weg im Leben sucht. Jakob Jacobson heißt er. Er ist schüchtern und hat nur wenige Kontakte. Bis auf seinen Freund Pelle, der ihn bereits seit der Kindheit begleitet, lebt er eher einsam. Er war zwar verheiratet, doch die Ehe hielt nicht und so kommt es, dass Jakob fremde Beerdigungen besucht und damit versucht Anschluss zu finden. Als er Agnes kennenlernt, ist er sofort fasziniert und verliebt. Sie ist es, welche er seine Geschichte in einem Brief erzählt.

Wie bereits zu Beginn erwähnt, fiel mit der Einstieg in das Buch etwas schwer. Die Geschichte wirkte eher langatmig und ermüdend und wäre es nicht Jostein Gaarder, hätte ich das Buch vielleicht sogar zur Seite gelegt.
Bei wem es sich um Pelle dann genau handelt, überraschte mich und ich war mir zunächst nicht sicher, ob ich vielleicht doch etwas falsch verstanden habe. Damit habe ich absolut nicht gerechnet und der Gedanke daran befremdete mich schon sehr.
Die sprachwissenschaftlichen und etymologischen Ausflüge hingehend interessierten mich als Geisteswissenschaftlerin sehr und ich las sie mit Spannung. Da waren die Herkünfte der Vor- und Nachnamen (bei denen auch Gaarder – Seite 182 – und Jostein – Seite 194- nicht fehlten) erfrischend und interessant.

„Und warum bin ich dermaßen besessen von sprachlichen Verwandtschaftsbeziehungen? Die Antwort ist fast peinlich einfach: Ich selbst habe im Grunde keine Verwandtschaft vorzuweisen. Ich habe keine andere Großfamilie, mit der ich mich auseinandersetzen könnte, als die indogermanische Sprachfamilie.“ (Seite 183)

Jakob, der Hauptprotagonist des Werkes, ist ein einsamer Mensch, der nie eine richtige Familie hatte und somit auf den Beerdigungen fremder Menschen versucht, Kontakte zu knüpfen und ein Stück weit dazu gehören zu können. Das stimmt den Leser doch sehr traurig und nachdenklich. Jakob lebt in seinen eigenen erfundenen Geschichten, nimmt an dem tatsächlichen Leben dabei nicht mehr Teil. Ob er sich am Ende wirklich selbst gefunden hat, kann ich nicht sagen. Das Ende lässt einen eher traurig zurück.

"Ein treuer Freund" ist in gewissem Sinne schon ein typischer Gaarder Roman, jedoch überzeugt er nicht mal ansatzweise, wie seine bisher erschienenen Romane. Die Idee der Geschichte ist prinzipiell wirklich gut, was daraus aber gemacht wurde, erreichte mich leider nicht wirklich.