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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.08.2022

Ein Satz, der alles verändert

Sanfte Einführung ins Chaos
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Dani und Marta sind seit relativ kurzer Zeit ein Liebespaar und leben zusammen in Barcelona. Er ist Drehbuchautor und sie Fotografin und leben ein normales Leben ohne große Zukunftspläne, bis Marta erfährt, ...

Dani und Marta sind seit relativ kurzer Zeit ein Liebespaar und leben zusammen in Barcelona. Er ist Drehbuchautor und sie Fotografin und leben ein normales Leben ohne große Zukunftspläne, bis Marta erfährt, dass sie schwanger. Sie will das Kind nicht behalten und abtreiben, was bei Dani und Marta zunächst unterschiedliche Gefühle hervorruft. Die Nachricht stürzt sie in einen Schwebezustand von Zweifeln, der sie zum Nachdenken darüber bringt, was sie als Paar und als Einzelperson wirklich wollen.
Dani, der früh seinen Vater verloren hat und somit vaterlos aufgewachsen ist, muss sich aufgrund der Entscheidung von Marta seinem Versprechen stellen, sein Kind niemals im Stich zu lassen. Er würde lieber wollen, dass Marta das Kind behält und sieht sich schon als Vater. Marta hingegen möchte nicht Mutter werden und will nach Berlin ziehen, um dort sich ihren beruflichen Traum zu erfüllen.

Mit einer natürlichen Sprache wird zugleich feinfühlig und ausdrucksstark die schwierige Entscheidungsfindung von Dani und Marta beschrieben. Sie müssen eine Entscheidung treffen, die ihr Leben verändern wird und sich fragen, was sie von ihrer (gemeinsamen) Zukunft wollen und was wichtiger ist, Karriere oder Familie. Das Gedanken- und Gefühlschaos wird aus Sicht von Dani und Marta offen, authentisch und brutal ehrlich erzählt. Es wird beiden schnell klar, dass die Dinge nicht schwarz und weiß sind, dass es Nuancen gibt und das beide Seiten berücksichtigt und geschätzt werden müssen.

Ich bin gerne Dani und Marta über die sechs Tage hinweg ihren Gedanken und Gefühlen gefolgt, die die Nachricht von Martas Schwangerschaft in ihnen ausgelöst hat. Ein Buch, das noch nach Beenden des Lesens nachwirkt und das insbesondere wenn man sich im gleichen Alter wie die Hauptpersonen befindet, einen zum Nachdenken anregt, darüber was man selber vom Leben will.

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Veröffentlicht am 11.08.2022

Eine Liebe zwischen Freiheit und Eifersucht

Ingeborg Bachmann und Max Frisch – Die Poesie der Liebe
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Die Liebe zwischen Ingeborg Bachmann und Max Frisch war eine große Liebe, die 1958 in Paris beginnt und 1962 endet. Es war eine Liebe zwischen Extremen und geprägt von Widersprüchen.
Anfangs bringt die ...

Die Liebe zwischen Ingeborg Bachmann und Max Frisch war eine große Liebe, die 1958 in Paris beginnt und 1962 endet. Es war eine Liebe zwischen Extremen und geprägt von Widersprüchen.
Anfangs bringt die leidenschaftliche Liebe, die beide füreinander empfinden, sie näher, aber als ihre gegensätzlichen Lebenseinstellungen immer mehr aufeinanderprallen (Frisch ordnungsliebend und zutiefst eifersüchtig, Bachmann freiheitsliebend), beginnt die schleichende Entfremdung zwischen ihnen. Dementsprechend ist „Ingeborg Bachmann und Max Frisch – Die Poesie der Liebe“ von Bettina Storks auch keine glücklich endende Liebesgeschichte, sondern vielmehr eine einfühlsam geschriebene Annäherung an zwei Größen der Literatur mit komplexen Persönlichkeiten.

Erzählt aus der Sicht von Bachmann und Frisch ermöglicht den Leser*innen einen Einblick in das Innenleben der beiden, man kommt ihnen so näher, lernt sie mit all ihren Gedanken und Gefühlen kennen und versteht dadurch, wieso ihre Liebesbeziehung scheiterte.

„Ingeborg Bachmann und Max Frisch – Die Poesie der Liebe“ ist ein poetisch wundervoll erzählter Roman, der neben der Liebesgeschichte zwischen Bachmann und Frisch auch Einblick in den Literaturbetrieb der 1950er-Jahre gibt und einen die beiden als Schriftsteller und als Mensch glaubwürdig näherbringt. Spannend und bewegend erzählt und nicht nur für Fans von Bachmann und Frisch lesenswert.

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Veröffentlicht am 11.08.2022

Debbies Reise vom Land in die Stadt und zu sich selbst

Snowflake
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Dieser zarte Coming-of-Age Roman fängt die Geschichte einer jungen Irin namens Debbie ein, der die Veränderungen von ihrem Landleben auf einer Milchfarm zum College in der Großstadt erzählt und wie sie ...

Dieser zarte Coming-of-Age Roman fängt die Geschichte einer jungen Irin namens Debbie ein, der die Veränderungen von ihrem Landleben auf einer Milchfarm zum College in der Großstadt erzählt und wie sie versucht, neue Freundschaften zu schließen, einen Ort zu finden, an dem sie dazugehört, lernt in einer städtischen Umgebung zurechtzukommen sowie ihre Familie zu verstehen. Der Roman ist aus Sicht der 18-jährigen Debbie geschrieben. Man lernt ihre Mutter Maeve kennen, die einen Großteil ihrer Tage damit verbringt, in ihrer eigenen Welt zu leben und daran glaubt, dass ihre Träume wahr sind und ihren Onkel, der auf der Milchfarm lebt. Dann ist da noch Xanthe, mit der sich Debbie anfreundet und die ihr zeigt, wie unterschiedlich Debbies Leben von denen ist, die in der Stadt aufgewachsen sind.

Die Geschichte wird in einem schnellen Tempo erzählt und ist in einem leicht zu lesenden und teils humorvollen Ton geschrieben. Eingestreut in die Hauptgeschichte sind kleine Anekdote und Rückblicke, die der Handlung noch einen besonderen Reiz geben. Ebenso ist die Hauptfigur Debbie gut gezeichnet, sie kommt authentisch und menschlich rüber, ebenso wie ihre Beziehungen zu Familie und Freunden. Auch hat der Roman ernstere Momente und einiges über psychische Gesundheit zu sagen, so wird z. B. bipolare Störung, Depressionen und Suizid angesprochen. Trotz der manchmal schwierigen und traurigen Themen strahlt der Roman eine allgemeine Positivität aus.
Weniger gut gefallen hat mir das Element des magischen Realismus, der sich in Debbies Träumen über andere Menschen, die dann auf irgendeine Art und Weise dann wahr werden, äußert. Für mich war dieser Handlungsaspekt nicht wirklich entwickelt oder sogar notwendig. Die Geschichte hätte genauso gut ohne funktionieren können.

„Snowflake“ von Louise Nealon ist eine ehrliche und einfühlsame Geschichte über die ersten Schritte einer 18-Jährigen ins Erwachsenenleben fängt gekonnt die peinliche Angst eines naiven Teenager-Mädchens aus dem ländlichen Irland ein, das sich nach einem Leben jenseits seiner Familie ausstreckt, um eine neue Zukunft für sich selbst zu gestalten.

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Veröffentlicht am 10.08.2022

Gefährliche Geheimnisse

Elternhaus
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Yvette Winkler zieht mit ihrem Mann und den Kindern nach Hamburg in eine alte Villa in einem noblen Elbvorort. Sie hofft mit dem Umzug ihre sich verschlechternde Ehe zu retten. In Hamburg angekommen, macht ...

Yvette Winkler zieht mit ihrem Mann und den Kindern nach Hamburg in eine alte Villa in einem noblen Elbvorort. Sie hofft mit dem Umzug ihre sich verschlechternde Ehe zu retten. In Hamburg angekommen, macht sie Bekanntschaft mit Tobias Hansen, einen Barpianisten, der später der Klavierlehrer ihrer Kinder wird und nebenbei zum Freund der Familie wird, was ihm ermöglicht, bei ihnen frei ein und auszugehen. Doch ist Hansen nicht, als der er sich ausgibt und er hat eigene Pläne, was das Haus und die Familie Winkler betrifft. Als er eines Abends alleine mit Yvette und den Kindern ist, zeigt er sein wahres Gesicht.

Von der ersten Seite an schafft es der Psychothriller „Elternhaus“ von Jennifer Mentges einen in seinen Bann zu ziehen. Detailreich und bildlich wird ein atmosphärisches und fesselndes Porträt der verschiedenen Charaktere und der Villa erzeugt. Die Spannung wird nach und nach aufgebaut und dann konstant hochgehalten. Mittels der wechselnden Perspektiven und der Rückblenden in die Vergangenheit erfährt man mit fortschreitenden Lesen, was es mit der Villa und Hansens Besessenheit mit dieser auf sich hat und auch welche Rolle Yvette in dem Ganzen spielt. Dabei ist nichts, wie es auf dem ersten Blick zu sein scheint.Das Augenmerk der Geschichte liegt hierbei mehr auf Psychospielen und nicht auf Blut und Gewalt.

Der Psychothriller „Elternhaus“ überzeugt insgesamt durch seine gut gezeichneten und beschriebenen Charaktere, einer unterschwelligen und leicht bedrohlichen Stimmung sowie dem tollen Schreibstil. Ein Buch, das einen nicht mehr so schnell loslässt und spannende Lesestunden bereitet.

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Veröffentlicht am 02.08.2022

Eine Chocolaterie, die verbindet

Drei Tage im August
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In Anne Sterns Roman „Drei Tage im August“ folgt man unaufgeregt Elfie, Trude, Franz Marcus und anderen Personen drei Tage lang durch Berlin, in dem die Olympischen Spiele von 1936 stattfinden. Was alle ...

In Anne Sterns Roman „Drei Tage im August“ folgt man unaufgeregt Elfie, Trude, Franz Marcus und anderen Personen drei Tage lang durch Berlin, in dem die Olympischen Spiele von 1936 stattfinden. Was alle näher betrachteten Charaktere gemeinsam haben, ist, dass sie irgendeine Verbindung zur Chocolaterie Sawade habe. In ebenjener Chocolaterie arbeitet Elfie und sie liebt die Zeit, die sie dort verbringt, da sie so für kurze Zeit ihren schwermütigen Gedanken entfliehen kann. Als sie Madame Conte kennenlernt und mit ihr auch ein Geheimnis hinter einer Praline der Chocolaterie Sawade, werden Sehnsüchte in ihr geweckt. Sie fragt sich, ob sie ihnen folgen sollte. Für die kurze Zeit der Wettkämpfe tritt das Nazi-Regime in den Hintergrund trotzdem ist sich Franz Markus der Gefahr bewusst, die er als jüdischer Buchhändler ausgesetzt ist und stellt dementsprechend Planungen für seine Zukunft an. Verkompliziert wird seine Gefühlslage durch die aufkommenden Liebesgefühle zu Trude, eine Mitarbeiterin von Elfie.

Auf über 300 Seiten schafft es die Autorin in einen ruhigen, aber nicht minder spannenden Erzählton die Leser*innen am Leben von Elfie und den anderen handelnden Personen teilzuhaben. Man wird Zeuge ihrer Gedanken und Gefühle und wie sie versuchen, auf ihre Art und Weise in den immer dunkler werdenden Zeiten zu überleben. Der Roman lebt dabei vor allem von seiner bildlichen und atmosphärischen Sprache und seinen authentischen Charakteren, die man schnell ins Herz schließt.
Insgesamt ein toll geschriebener Roman, der beim Lesen Lust auf Schokolade macht.

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