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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

An den Grenzen der Liebe wartet das Leben

Worte in meiner Hand
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Helena war Magd im Hause Sergeant und trifft dort auf den Gast René Descartes. Und das verändert ihrer beider Leben ganz elementar. Es beginnt eine Liebe, die Helena und ihren „Monsieur“ über Jahre hinweg ...

Helena war Magd im Hause Sergeant und trifft dort auf den Gast René Descartes. Und das verändert ihrer beider Leben ganz elementar. Es beginnt eine Liebe, die Helena und ihren „Monsieur“ über Jahre hinweg begleitet, die viele Höhen und Tiefen durchlebt, die von Verletzungen und Zugeständnissen geprägt ist, die Früchte trägt und Staub aufwirbelt. Sie sind nicht vom gleichen gesellschaftlichen Stand, es trennen sie gut zwanzig Lebensjahre, er war ein großer Denker, Forscher und Gelehrter, sie war eine praktisch begabte, an allen Dingen interessierte junge Frau und so teilen sie eine gewisse Schnittmenge ihres Lebens auf einzigartige Art und Weise.
Das Besondere an diesem historischen Roman ist seine atmosphärische Dichte, die Reflexion ganz verschiedener Gefühle, eine Abwechslung zwischen Hoffnung, Wut, Enttäuschung und Hingabe. All das geschildert aus der weiblichen Sicht, denn die Hauptprotagonistin ist hier Helena Jans van der Strom, die den Leser an ihrer Lebensgeschichte teilhaben lässt. Die Sprache ist trotz zahlreicher französischer bzw. holländischer Begriffe gut verständlich und passt auch in unsere Zeit.
Fazit: Der Roman ist einer der Besten, die ich in letzter Zeit gelesen habe. Die Geschichte hat mich einfach gepackt, die Handlung erinnert mich an so vieles, was ich selbst erlebt und gefühlt habe und verläuft oft ganz anders, als ich es mir gewünscht hätte. Empfehlenswert für alle, die gerne einen Mix aus historischem Roman, Liebesgeschichte und persönlicher Lebensgeschichte lesen und zu Gunsten der Romantik und Dramatik Abstriche machen können. Ein tolles Buch!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Noah und der alte Mann

Der Junge mit dem Herz aus Holz
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Noah Barleywater, ein achtjähriger Junge läuft eines Tages von zu Hause fort, um ein Abenteuer zu erleben aber vor allem weil er das langsame Sterben seiner Mutter nicht ertragen kann. Durch Zufall gelangt ...

Noah Barleywater, ein achtjähriger Junge läuft eines Tages von zu Hause fort, um ein Abenteuer zu erleben aber vor allem weil er das langsame Sterben seiner Mutter nicht ertragen kann. Durch Zufall gelangt er an einen alten Spielzeugladen, in dem ein ebenso alter Mann lebt und plötzlich befindet sich Noah in einer Phantasiewelt, voller Zauberei, sprechender Gegenstände und mysteriöser Begebenheiten. Noah und der alte Mann erzählen sich gegenseitig ihre Lebensgeschichten und schöpfen aus den Worten des anderen Kraft und Zuversicht für ihre Zukunft. Eine besondere Freundschaft beginnt, die den Lebensweg von Noah nachhaltig prägt …
Nicht mein erstes und mit Sicherheit nicht mein letztes Buch von John Boyne, der hier eine wunderschöne, traurig-hoffnungsvolle Geschichte erzählt. Eine märchenhafte Story die mir tolle Lesestunden geschenkt hat. Liebevoll zeichnet der Autor die beiden Hauptprotagonisten, beschreibt fast kindlich-naiv deren Charakter und ebenso ihre Handlungen, doch dahinter verbergen sich ganze Lebensgrundsätze und jahrelange Erfahrungswerte. Mühelos und leicht taucht man in die Geschichte ein, identifiziert sich mit den beiden außergewöhnlichen Helden und kann dabei eine Menge über das Leben lernen.
Besonders die Verflechtung der Gegensätze hat mich fasziniert: Jung und Alt, Trauer und Hoffnung, Abenteuerlust und Heimatverbundenheit, Einsicht und Rebellion. Niemals verläuft ein Leben ausschließlich nach Plan, niemals erfüllen sich all unsere Wünsche und doch können wir am Ende erreicht haben, was wir uns einst selbst versprachen. Tolle Worte, schöne Sprache – ein Roman fürs Herz und für die Seele.
Fazit: Menschliche Beziehungen, Zuwendung und Trost sind die Kernfragen dieses kleinen aber feinen Romans, der sich für alle Altersgruppen eignet und mich mit tränenden Augen und lächelndem Herzen zurücklässt. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Feldzug eines Serienmörders

Die stille Bestie (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 6)
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Durch bloßen Zufall gelingt es dem FBI-Team in Quantico den gemeingefährlichen Massenmörder Lucien Folter zu stellen und ihm zum Geständnis all seiner Gräueltaten zu bewegen. Mit Hilfe des Ermittlers Robert ...

Durch bloßen Zufall gelingt es dem FBI-Team in Quantico den gemeingefährlichen Massenmörder Lucien Folter zu stellen und ihm zum Geständnis all seiner Gräueltaten zu bewegen. Mit Hilfe des Ermittlers Robert Hunter, einem ehemaligen Studienfreund des Verdächtigen bekommen die Beamten alle notwendigen Informationen aus erster Hand. Doch Lucien verfolgt ein eigenes, viel größeres Ziel und macht Robert Hunter zur Marionette in einem abgekarteten Spiel. Als er schließlich ein noch lebendes Opfer erwähnt, bei dem jede weitere Stunde in Gefangenschaft den Tod bedeuten könnte, setzt Hunter alles auf eine Karte …

Chris Carter scheint ein Garant für gruselige, brutale Thriller mit einer großen Portion Nervenkitzel zu sein, wenn man den Rezensionen und Kritiken Glauben schenken darf. Deshalb habe auch ich mich an sein neuestes Werk gewagt, um den Autor kennenzulernen und ich wurde nicht enttäuscht.

Der Thriller ist wirklich top, weil er von der ersten bis zur letzten Seite eine ganz eigene spannungsgeladene Gruselatmosphäre schafft und immer nur einen Brocken neues Wissen für den Leser bereithält. Dadurch dass er fast ausschließlich aus Sicht eines Psychopathen bzw. eines persönlich betroffenen Ermittlers geschildert wird, bekommt die schockierende Handlung umso mehr Erzähltiefe und Bedeutsamkeit. Auch die Story an sich und der übergeordnete Plan des Täters, eine Art Enzyklopädie für Massenmörder zu verfassen, ziehen den Leser regelrecht ins Geschehen hinein, so dass man den Mörder hier unter vielen verschiedenen Gesichtspunkten präsentiert bekommt. Und darüber hinaus erfährt man sogar noch Dinge, die in anderen Thrillern niemals benannt werden oder einfach im Geschehen untergehen.

Bei den beschriebenen Foltermethoden und Tötungsvarianten spielt Chris Carter geschickt mit einer gewissen Härte und Brutalität, dennoch wirken die Szenarios nicht monströs abschreckend – weil man nach und nach ein immer härteres Niveau geboten bekommt und sich auf die Verschärfung der Umstände einstellen kann.

Fazit: Dieses Buch ist ein wahrer Pageturner, der durch seine Handlung besticht und auch Neuleser für Chris Carter begeistern kann. Brutal, packend und schonungslos – taucht man in das kranke Seelenleben eines Psychopathen ein, für den es nichts Schöneres gibt als das Morden. Unbedingt lesen!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Leihmutterschaft wider Willen

Das Juwel - Die Gabe
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Die 16-jährige Violet wird auf Grund ihrer Gabe so wie viele andere junge Mädchen aus dem Sumpf für ein Leben als Surrogat ausgebildet. Surrogate werden von ihren Familien isoliert und leben als zukünftige ...

Die 16-jährige Violet wird auf Grund ihrer Gabe so wie viele andere junge Mädchen aus dem Sumpf für ein Leben als Surrogat ausgebildet. Surrogate werden von ihren Familien isoliert und leben als zukünftige Leihmütter im Herzen der Insel, dem „Juwel“. Dort sollen sie für die Adligen deren Kinder austragen, weil diese selbst keine mehr bekommen können. Das Leben im „Juwel“ bietet leider nicht nur Prunk und Glamour sondern kostet in erster Linie die persönliche Freiheit. Violet sehnt sich nach zu Hause und als man ihr die Möglichkeit zur Flucht anbietet, fiebert sie dem Tag des endgültigen Entkommens entgegen. Doch ihre Liebe zu Ash, dem Angestellten des Hauses zum See lässt sie zweifeln und hoffen zugleich: Wäre ein Leben in Sicherheit möglich? Kann man die Liebe aufs Spiel setzten oder sogar versuchen sie zu retten und gemeinsam fliehen? Während Violet ihre Entscheidung trifft, überschlagen sich die Ereignisse und ihre Sicherheit gerät ins Wanken …

Der neue Jugendroman von Amy Ewing, der gleichzeitig der Auftakt einer Buchreihe ist, konnte mich auf ganzer Linie überzeugen. Besonders die bildlichen Beschreibungen des Lebens und der Menschen in dieser Dystopie sprechen mich an. Während des Lesens hat man immer das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein und gemeinsam mit der Hauptprotagonistin die kuriosesten Abenteuer zu erleben.

Vor allem die Romanidee mit der Leihmutterschaft, ihrer Bedeutung für die jungen Mädchen aber auch für die Gesellschaft im „Juwel“ hat mich überzeugt. Große Themen wie Freiheitsberaubung, Sklaverei und Unterdrückung werden nicht nur angesprochen sondern mit Leben erfüllt, weil die Handlung ganz genau erspüren lässt, welch große Mächte hier am Werk sind. Ebenso die Intrigen und teils tödlichen Ränkespiele am Palast der Fürstin und in den Adelshäusern wirken faszinierend und fremd zugleich.

Das Buch reiht sich problemlos in den Reigen anderer ähnlich strukturierter Buchreihe wie „Die Tribute von Panem“ oder „Cassia und Cy“ ein und erzählt doch eine eigenständige, höchst interessante Geschichte, so dass man das Gefühl hat wieder in einer ganz eigenen Welt gelandet zu sein. Der Schreibstil ist zeitgemäß und flüssig zu lesen, die Seiten fliegen nur so dahin und durch geschickte Wendungen und neue Beschreibungen gelingt es der Autorin, viele differenzierte Aspekte zu besprechen, viele unbekannte Eindrücke zu vermitteln und ein wundervolles großes Ganzes zu schaffen.

Fazit: Ein wunderschöner, eindringlich erzählter Jugendroman, voller Phantasie, bunter Überraschungen und trauriger Erkenntnisse. Eine besondere Geschichte, die mich mehr und mehr in ihren Bann gezogen hat und die ich voller Enthusiasmus weiterempfehlen kann. Wieder ein Lesehighlight für mich und definitiv ein Must-Read für alle Fans von Dystopien!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Von der Macht einer Erzählung durch die Jahrzehnte

Bis ans Ende der Geschichte
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Josef und Sage lernen sich in einer Trauergruppe kennen und treffen sich bald schon jeden Tag in Sages Bäckerei. Obwohl sie fast 70 Lebensjahre trennen, entwickelt sich zwischen beiden eine aufrichtige ...

Josef und Sage lernen sich in einer Trauergruppe kennen und treffen sich bald schon jeden Tag in Sages Bäckerei. Obwohl sie fast 70 Lebensjahre trennen, entwickelt sich zwischen beiden eine aufrichtige Freundschaft. Als der alte Josef Sage um einen Gefallen bittet und ihr in diesem Zusammenhang von seiner Vergangenheit als SS-Offizier in Deutschland erzählt, gerät sie unwillkürlich in einen Interessenkonflikt. Denn während ihr neuer Freund nach und nach seine Gräueltaten gesteht, die er als Befehlshaber im Konzentrationslager begangen hat, erkennt Sage die Verbindung zu ihrer über alles geliebten Großmutter, die den Holocaust selbst erlebte und dem Schrecken von Auschwitz nur knapp entkam. Die junge Frau wendet sich in ihrer Verzweiflung an die öffentliche Behörde zur Verfolgung ehemaliger Kriegsverbrecher und taucht immer tiefer in die grausamen Zusammenhänge vergangener Zeiten ein. Doch eine Entscheidung muss sie selbst treffen: Kann sie verjährte Schuld vergeben und Josefs letzten Wunsch erfüllen oder wird sie selbst zur Rächerin?

Erzählungen über das nationalsozialistische System verpackt in einer ansprechenden Geschichte lese ich persönlich sehr gerne, weil sie meist sehr bewegend, erschreckend und tiefgründig sind. Aber Jodi Picoults neuer Roman ist noch mehr als das, er schlägt einen großen Bogen, der nicht nur die Vergangenheit lebendig werden lässt, sondern vor allem die Verantwortlichkeiten in der Gegenwart anspricht.

Bemerkenswert am Erzählungsaufbau dieses Buches sind die zahlreichen Perspektiven, die unterschiedlichen Lebensrollen der Akteure, weil gerade diese Vielfalt einen realistischen Blick auf das Geschehen zulässt. Auch die Auseinandersetzung mit schweren historischen aber auch persönlichen Problemen ist ausgezeichnet gelungen. Warum handeln Menschen ohne Gewissen? Wer trägt Schuld und wer macht sich durch Unterlassung mitschuldig? Bringt Rache wirklich Erlösung und Reue tatsächlich Vergebung?

Der rote Faden, der sich durch den Roman zieht, ist eine fantastisch-grausame Erzählung über einen upiór, ein vampirähnliches Wesen mit einem eigenen Selbstverständnis von Töten und Leben lassen. Geschrieben von einer Jüdin, geliebt von verzweifelten Zuhörern, verstanden von einem Nazi – ohne jemals Antwort auf die elementare Frage nach dem Wieso geliefert zu haben.

Fazit: Ich vergebe volle Punktzahl für dieses ganz besonders eindringliche Werk über ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte. Ein facettenreicher, menschlicher, objektiver Roman mit vielen kleinen, erzählenswerten Episoden. Ein Leseerlebnis mit Intensität und Nachklang, welches ich unbedingt weiterempfehlen möchte. Einfach toll!