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Veröffentlicht am 30.10.2017

Nett und unterhaltsam

Die Wurzel alles Guten
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Pekka Kirnuvaara lebt in Helsinki und arbeitet für eine Werbeagentur. Eines Tages plagen ihn Zahnschmerzen und er sucht einen Zahnarzt mit gleichem Namen (der wohl in Finnland ausgesprochen selten ist) ...

Pekka Kirnuvaara lebt in Helsinki und arbeitet für eine Werbeagentur. Eines Tages plagen ihn Zahnschmerzen und er sucht einen Zahnarzt mit gleichem Namen (der wohl in Finnland ausgesprochen selten ist) auf. Nach kurzer Zeit stellt sich heraus, dass Zahnarzt Esko und Pekka Halbbrüder sind. Über Pekkas Mutter erfahren sie, wo sie mehr über ihren Vater, der beide Familien verlassen hat, erfahren können. Sie machen sich gemeinsam auf den weiten Weg der Wurzelsuche, nämlich auf die Suche nach ihrem Vater. Auf diesem Weg lernen sie nicht nur die Welt etwas besser kennen, sie stellen ebenfalls erstaunt fest, dass ihre Verwandschaft schneller wächst als erwartet.

Ich habe eine Schwäche für humorvolle finnische Autoren. Ich mag die teils abstrusen Ideen, die sie in ihre Literatur einbringen. In dieser Hinsicht war dieses Buch nicht gerade ein Volltreffer. Die Idee ist durchaus witzig, aber der Schreibstil doch halbwegs "normal" zu nennen. Er schreibt gefällig und auf angenehm straffe Art ohne allzu komplizierte Verschachtelungen oder sperrigen Satzbau.
Die Haupt-Charaktere sind ordentlich heraus gearbeitet, sodass man bald die einzelnen Protagonisten recht gut einschätzen kann. Das Buch ist in Kapitel gegliedert, die den Stadien einer Überkronung eines wurzelbehandelten Zahns entsprechen. Diese Stadien lassen sich problemlos auf den Verlauf der Geschichte übertragen. Eine wirklich nette Idee!
Die Kapitel sind unterteilt in Abschnitte, die entweder aus Pekkas oder Eskos Sicht die Ereignisse und Gedanken schildern. Ebenfalls ein nettes Schmankerl, das die Story nochmals auflockert und vor allem den Leser auch nicht im Unklaren lässt, ob der jeweilige Erzähler tatsächlich mit seinen Vermutungen hinsichtlich seines Bruders richtig liegt oder eben nicht.
Insgesamt handelt es sich um ein Buch, das man hervorragend zur Unterhaltung lesen kann. Es ist einfach leichte Lektüre, die gut zu unterhalten versteht. Mehr leider nicht, aber diesen Zweck erfüllt es hinreichend. Selbstredend findet sich genügend Küchenphilosophie darin wieder, die einen hin und wieder genauer hinhorchen lässt.

Fazit:
Ein gelungener Unterhaltungsroman mit wirklich liebenswerten Protagonisten

Veröffentlicht am 23.06.2017

Amüsant und hintergründig

Das Känguru-Manifest (Die Känguru-Werke 2)
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Ich habe das Känguru-Manifest als Klobuch eingesetzt, wegen seiner überschaubaren Kapitel, die eigentlich als in sich geschlossene kurze Geschichten gelesen werden können. Teils waren sie wirklich erfrischend ...

Ich habe das Känguru-Manifest als Klobuch eingesetzt, wegen seiner überschaubaren Kapitel, die eigentlich als in sich geschlossene kurze Geschichten gelesen werden können. Teils waren sie wirklich erfrischend frech und böse, mit einer guten Portion politischem Engagement und Satire gewürzt. Teils waren sie mir aber auch einfach etwas albern.

Das Känguru lebt beim Autor Marc-Uwe Kling und man ist sich nie ganz sicher, ob es ihn mehr nervt oder er doch eher an ihm hängt. Das Beuteltier ist süchtig nach Weinbrandbohnen und überzeugter Kommunist. Es gründet ein Asoziales Netzwerk und startet Antiterror-Anschläge mit seinen Anhängern, die mehr als einmal daneben und am Ziel vorbei gehen.

Lieblingsfeind in diesem Buch ist der gegenüber eingezogene Pinguin. Die beiden machen sich gegenseitig das Leben schwer und der feinere Sinn dessen leuchtete mir ehrlich gesagt nicht so ganz ein. Vermutlich soll es nur etwas frisches Leben in die Wohnumwelt bringen.

Insgesamt ist das Känguru schon ein Schnorrer vor dem Herren. Es lässt sich von Wohnungsbesitzer Kling aushalten, hat keine Lust zu arbeiten (auch nicht zu Hause) und obendrein noch einen ausgesprochen großen Appetit. Die Storys sind oft herrlich absurd, manchmal jedoch erschreckend realistisch.

Wer gern Satire liest oder hört, der ist hier bestens aufgehoben! Wenn ihm der Humor des Marc-Uwe Kling liegt, der wirklich nicht jedermanns Sache ist.

Veröffentlicht am 23.06.2017

Märchenbuch, auch für Erwachsene

Schauderhafte Wunderkinder
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Hier gibt es 7 Märchen mit sehr phantasievollen Protagonisten - allesamt Kinder mit wunderlichen Eigenarten. Ob es ein phänomenal schlechtes Gedächtnis ist, ein überdimensionaler Umfang mit Ballonneigung, ...

Hier gibt es 7 Märchen mit sehr phantasievollen Protagonisten - allesamt Kinder mit wunderlichen Eigenarten. Ob es ein phänomenal schlechtes Gedächtnis ist, ein überdimensionaler Umfang mit Ballonneigung, ein magischer Name, der besser nicht ausgesprochen wird, ein superhochbegabter Zwilling oder Norm, der so normal und durchschnittlich ist, dass ihn schlichtweg jeder übersieht.

Dieses Buch besticht durch seine ausgesprochen feine Sprache voller Alliterationen (z. B. Melinda Milford mit Mutter Melanie und Tante Mildred) und die launigen, kuriosen Geschichten einer Autorin namens Linda Quilt, hinter der sich niemand anderer als Hans Magnus Enzensberger verbirgt. Man erkennt seine Fabulierfreude in jeder Geschichte. Auch die Illustrationen sind ausgesprochen liebenswert gelungen.

So ist ein höchst unterhaltsames, vergnügliches Büchlein entstanden, das sich liest wie Butter!

Veröffentlicht am 22.06.2017

Irre Fahrt mit Gabriel und den 4 Christofs

Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz
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Dieses Buch ist nicht ganz einfach zu lesen. Der Möbelfahrer Gabriel hat 4 Söhne mit verschiedenen Frauen in unterschiedlichen Ländern: Spanien, England, Frankreich und Deutschland. Als er vermisst gemeldet ...

Dieses Buch ist nicht ganz einfach zu lesen. Der Möbelfahrer Gabriel hat 4 Söhne mit verschiedenen Frauen in unterschiedlichen Ländern: Spanien, England, Frankreich und Deutschland. Als er vermisst gemeldet wird, erfahren diese 4 Söhne - alle mit dem Namen Christof in der jeweiligen Landessprache - voneinander und treffen sich in regelmäßigen Abständen, um sich auf die Suche nach der gemeinsamen Vergangenheit zu machen. Seine Söhne haben ihn lange Jahre nicht mehr gesehen und keiner von ihnen weiß, wie es dazu gekommen ist. Auch ihre Mütter haben keinerlei Wissen von dem, was passierte, nachdem Gabriel sie zum letzten Mal besuchte.

In ausgesprochen bild- und lebhafter Weise schildert Puntis Buch nun aus Sicht aller 4 Söhne die Geschehnisse um den Waisenknaben Gabriel, der einst als Baby auf einem Markt ausgesetzt wurde und im Waisenhaus aufwuchs. Diese Schilderungen sind durchaus nicht ohne Emotionen, jedoch trotzdem aus der Distanz vieler Jahre betrachtet. Jeder trägt bei, was ihm von seiner Mutter erzählt wurde. Dann folgen noch gemeinsame Nachforschungen bei Kollegen und Bekannten aus den Jahren seines Untertauchens.

Diese Schilderungen sind recht umfangreich und wiederholen sich stellenweise auch, weshalb es gerade im ersten Drittel des Buches schon Durchhaltevermögen erfordert. Allein die angenehme und schöne Schreibweise ließ es mir trotzdem nicht zu schwer werden. Immer mehr klärt sich das Bild. Nirgends hat man das Gefühl, dass einer seiner Söhne mit Bitterkeit oder Hass die Geschichte schildert oder verfolgt. Sicher haben alle ihre Kollateralschäden davon getragen, denn sie sind im Grunde alleine von ihrer Mutter großgezogen worden, und zwar ohne jemals einen Grund hierfür zu erfahren. Ihre Mütter wussten ja selbst nicht, was der Grund für sein plötzliches Fernbleiben war. Die Christofs scheinen fast eine Art Spiel zu spielen. Wie eine Schnitzeljagd durch die Zeit ihrer Kindheit. Zuguterletzt wird vieles klar und ihre standhafte Suche wird belohnt.

Ein sehr schönes, ungewöhnliches und bewegendes Buch, dass ich sehr gerne gelesen habe - auch wenn es etwas länger gedauert hat.

Veröffentlicht am 22.06.2017

Die Hexe und der Leichendieb

Die Hexe und der Leichendieb
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Sophie heiratet Marsilius, den Herrn der Wildenburg, und hofft auf eine zufriedene Ehe. Stattdessen ist ihr Mann ein regelrechtes Scheusal. Brutal und selbstherrlich und obendrein noch Edith verfallen, ...

Sophie heiratet Marsilius, den Herrn der Wildenburg, und hofft auf eine zufriedene Ehe. Stattdessen ist ihr Mann ein regelrechtes Scheusal. Brutal und selbstherrlich und obendrein noch Edith verfallen, die im Rufe steht, eine Hexe zu sein. Er denkt auch gar nicht daran, seine Gespielin vor dem Gesinde zu verbergen und zumindest den Anstand zu wahren - er verbringt den größten Teil seiner Zeit mit ihr, sogar auf öffentlichen Anlässen. Die ganze Burg fürchtet sich vor Marsilius und Edith, da beide zu Gewalttätigkeiten neigen.

Als ein wegen Mordes verurteilter auf sein Geheiß hin hingerichtet werden soll, gelingt es diesem, schwer verletzt mit Hilfe Sophies (die nicht einmal sagen kann, warum sie geholfen hat) zu fliehen. Für Sophie wird die Situation auf der Wildenburg immer unerträglicher. Ihre Angst ist erdrückend und obendrein schmiedet Edith pläne, sie aus dem Weg zu räumen. Als sie hochschwanger von der Wildenburg flieht, versucht sie Hilfe bei dem geflohenen Marx zu suchen. Es beginnt ein mitteralterliches Road-Movie.

Das Buch ist von der ersten Seite an fesselnd geschrieben und es gelingt der Autorin Helga Glaesener mühelos, den Leser in das finstere Zeitalter des 30jährigen Krieges mitzunehmen. Es gibt zahlreiche Wendungen in der Geschichte und die Protagonisten sind nicht ausnahmslos sympathisch, genauso wie die "bösen" Mitwirkenden durchaus nachvollziehbare Schwächen haben und dadurch auch gewisse Sympathien erwerben.Die Handlung ist flott geschrieben und ich kann mich an keine Längen in der Story erinnern. Dazu wird immer wieder Zeitgeschehen ausgesprochen interessant erläutert, ohne dabei lehrbuchhaft zu wirken.

Ich vermute jedoch, dass generell das Leben zu jener Zeit noch geschönt dargestellt wurde, um nicht zu sehr von der Rahmenhandlung abzulenken. Die sich entwickelnde Romanze zwischen Marx und Sophie bleibt angenehmerweise eine Randgeschichte und rückt nicht zu sehr ins Geschehen. Das hatte ich erst anders befürchtet. So ist es eher ein historischer Kriminalroman geworden als ein Herz-Schmerz-Historien-Roman.

Fazit: Mir hat dieses Buch wirklich gut gefallen. Es enthält alles, was ein guter historischer Roman braucht und sorgt stellenweise auch immer wieder für überraschende Entwicklungen. Genau das Richtige für Liebhaber mittelalterlicher Lese-Kost.