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Veröffentlicht am 11.08.2017

Gaga-uhlalaaa!!!

Gray
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Gaga-uhlalaaa!!!

Nein, ich schreibe diese Rezension nicht nach dem Genuss einer Vielzahl alkoholischer Spezialitäten, wie der Rezensionstitel vermuten lässt. Dies ist ein Originalzitat aus dem Buch, und ...

Gaga-uhlalaaa!!!

Nein, ich schreibe diese Rezension nicht nach dem Genuss einer Vielzahl alkoholischer Spezialitäten, wie der Rezensionstitel vermuten lässt. Dies ist ein Originalzitat aus dem Buch, und zwar vom Titelhelden: dem Graupapagei Gray.

Gray ist Haustier und Proband zugleich, denn er lebt bei dem Studenten Elliot in Cambridge, der seine intellektuellen Fähigkeiten trainiert und erforscht. Elliot und Gray haben auch eines gemeinsam: sie wollen gern hoch hinaus. Räumlich gesehen. Gray ist das logischerweise mit Hilfe seiner Flügel möglich, Elliot mit Hilfe von Händen und Füßen: er klettert gern, besonders auf das Dach der Chapel (die allerdings keine kleine Kapelle, sondern eine ausgewachsene Kirche ist). Eines frühen Morgens stürzt Elliot ab und liegt – wie Gray später des öfteren zum Besten gibt – „total zermatscht“ am Boden.

Elliots Tutor, der etwas schräge Fast-Professor Augustus Huff, wird in Folge dieser tragischen Ereignisse plötzlich unfreiwillig zum Detektiv und Papageiensitter. Umstände, die sich nur schwer mit seinen Neurosen, wie z. B. einem Waschzwang, vereinbaren lassen… Aber Augustus und Gray werden schnell zu Partnern und mischen die teilweise hochnäsige Gesellschaft der kleinen, aber feinen Universitätsstadt auf. Gray weiß immer wieder mit seinem Wortschatz zu punkten. „Hey Stinker!“, „Psychologische Probleme!“ oder „Bad Romance!“ sind nur einige seiner oft treffenden Kommentare. Und das Lied von Lady Gaga kann er tatsächlich auswendig, was in meist unpassenden Momenten zu einem lauthals vorgetragenen „Gaga-uhlalaaa!“ führt. Mehr noch als der Kriminalfall selbst haben mich die vielen originellen Einfälle beeindruckt, mit denen Leonie Swann diese Geschichte bestückt hat.

Ich hab mich wirklich köstlich amüsiert mit diesem Buch, an dem ich nichts auszusetzen finde. Es hat einen ungewöhnlichen, aber treffsicheren Humor, eine genauso ungewöhnliche, aber witzige Sprache („Augustus guckte etwas ratlos in den Lampenschirm. Eine Glühbirne guckte ausdruckslos zurück.“) und zwei wirklich herrlich schräge Hauptfiguren. Mal was anderes und absolut zu empfehlen!

Veröffentlicht am 17.07.2017

Dorset + Liebesgeschichte + Labrador = 5 Sterne!

Frühstück mit Meerblick
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Dieses Buch hat für mich definitiv 5 Sterne verdient, denn es hat mich – als eines der wenigen Bücher in den letzten Jahren – zu Tränen gerührt. Und wenn ich so emotional darauf reagiere, dann muss es ...

Dieses Buch hat für mich definitiv 5 Sterne verdient, denn es hat mich – als eines der wenigen Bücher in den letzten Jahren – zu Tränen gerührt. Und wenn ich so emotional darauf reagiere, dann muss es ja irgendwas Besonderes haben...
Zunächst war es „eine dieser Geschichten“, die ich ganz gern mal zwischendurch lese: Frau wagt Neuanfang, muss sich Hindernissen stellen und schafft es schließlich. Hier Laura, die mit ihren Kindern über den Sommer einen Job im „Comfort Food Café“ im ländlichen Dorset annimmt. Soweit, so gut. Die Grundkonstellation war auch nicht neu: alleinerziehende Mutter, der Partner früh aufgrund eines häuslichen Unfalls verstorben. Das Besondere aber war die Art, wie Autorin Debbie Johnson ihre Protagonistin mit der Trauer umgehen ließ. Denn in meinem eigenen Bekanntenkreis gibt es auch jemanden, der etwas ähnliches durchgemacht hat. Und vieles von dem, was die Schriftstellerin der Hauptfigur Laura in den Mund gelegt hat oder denken lässt, kam mir sehr bekannt vor. Die Gefühle und Gedanken, aber vor allem die Ängste von Laura waren für mich so greifbar und authentisch, dass ich Laura sofort ins Herz geschlossen hab und am liebsten umarmt hätte.
Und es war einfach nur wunderschön zu lesen, wie Laura und die Kinder in der neuen Umgebung des idyllischen Dorset langsam wieder zu den Menschen werden, die sie vor dem „Tag X“ gewesen sind. Das war bewegend und ermutigend. Dazu kam noch eine zarte Liebesgeschichte mit dem sympathischen Tierarzt Matt und ein alter, dicker, einfach knuddeliger Labrador. Ich hab bei Büchern, in denen Tiere eine Rolle spielen, ja ohnehin schon immer Herzchen in den Augen, aber er passte auch einfach gut in die Geschichte hinein, ohne sie zu dominieren.
Auch die Nebenfiguren, die Laura bei ihrem Start ins neue Leben helfen, waren eine Wucht. Mitunter etwas schrullig oder eigensinnig, haben sie der Geschichte Abwechslung verliehen und die Dorfgemeinschaft so richtig lebendig werden lassen.
Es war einfach ein Lesefest für mich, mit vielen Momenten zum Nachdenken, aber auch wunderbar optimistischen, hoffnungsvollen und fröhlichen Szenen. Ich bin wirklich am Überlegen, ob ich dieses Buch meiner Freundin gebe. Ich weiß, sie würde viel weinen. Aber vielleicht wäre es auch genau das was sie im Moment bräuchte. So ein bisschen wie die „Trost-Essen“ im Comfort Food Café...

Veröffentlicht am 08.07.2017

Lesehighlight! Einfach nur… WOW!

Die Bucht, die im Mondlicht versank
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Ich bin (wieder einmal) absolut begeistert von Lucy Clarke! Schon ihre bisherigen Bücher fand ich immer mitreißend, aber diesmal hat sie sich wirklich selbst übertroffen. Das Buch hat mich einfach nicht ...

Ich bin (wieder einmal) absolut begeistert von Lucy Clarke! Schon ihre bisherigen Bücher fand ich immer mitreißend, aber diesmal hat sie sich wirklich selbst übertroffen. Das Buch hat mich einfach nicht mehr losgelassen und war von der ersten bis zur letzten Seite absolut überzeugend!

Ich bin sonst eigentlich nicht gleich jemand, der ein Buch so in den Himmel hebt – aber wenn es mich dermaßen gepackt hat, sollte man das fairerweise auch entsprechend würdigen.

Die Geschichte um die (ehemals) besten Freundinnen Sarah und Isla sowie ihre beiden Söhne Jacob und Marley ist berührend und traurig. Aber sie zeigt eben auch, welche Auswirkungen Schicksalsschläge auf Menschen haben können. Ausgangspunkt der Geschichte ist ein tragisches Ereignis: Sarahs Sohn Jacob verschwindet in der Nacht seines 17. Geburtstags spurlos. Die kleine Gemeinschaft von Strandhüttenbesitzern an der Küste Englands, wo Sarah und Isla jeden Sommer in ihren Strandhütten verbringen, ist erschüttert. Doch man fragt sich, was hier Zufall ist und was nicht – denn der Tag seines Verschwindens ist gleichzeitig der Todestag seines besten Freundes Marley.

Nachdem die beiden Jungen im Alter von 10 Jahren beim Schwimmen in Not gerieten und einer der beiden ertrank, ist nichts mehr wie es war. Im Laufe der Zeit spinnt sich ein Netz aus Fragen, Schuldgefühlen, Geheimnissen und Missgunst zwischen Sarah und Isla, aber auch weiteren Personen, die scheinbar alle etwas zu verbergebn haben. Vor der Kulisse der idyllischen Sandbank erfährt der Leser nur langsam, was damals wirklich passiert ist und wie die Folgen der damaligen Geschehnisse Jahre danach zu einem weiteren tragischen Ereignis führen.

Die Geschichte ist so aufgebaut, dass sie Platz für unzählige Wendungen bietet und das verlangt höchsten Respekt für die Autorin. Ich war begeistert, wie sie es schafft, selbst dann noch alles in ein neues Licht zu rücken, als man am Ende meint, endlich alles verstanden zu haben. Wirklich großartig! Denn gegen diesen Roman kann so mancher Krimi einpacken!

Ich kann es jetzt schon kaum erwarten, bis Lucy Clarke (hoffentlich) ihren nächsten Roman fertig hat. Und ich kann nur jedem empfehlen, dieses Buch zu lesen – es ist wirklich ein Volltreffer und definitiv eins meiner Lesehighlights 2017!

Veröffentlicht am 29.06.2017

Ein wenig bekanntes Thema ergreifend dargestellt

Solange die Hoffnung uns gehört
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Die Aufmachung des Buches wirkt schon fast idyllisch… das Buch selbst ist es nicht. Anhand des Klappentextes weiß man, dass es um eine Geschichte in den Jahren des Nationalsozialismus geht und um eine ...

Die Aufmachung des Buches wirkt schon fast idyllisch… das Buch selbst ist es nicht. Anhand des Klappentextes weiß man, dass es um eine Geschichte in den Jahren des Nationalsozialismus geht und um eine Mutter-Tochter-Beziehung, die viel zu früh auseinandergerissen wird. Ich muss aber sagen, ich hätte nicht erwartet, mit welcher Deutlichkeit die Kriegsjahre und das Schicksal von Juden oder jüdischstämmigen Menschen in dieser Zeit beschrieben werden.

Die Autorin hat sehr viel recherchiert und – wie man im Nachwort erfährt – die Lebensgeschichten einiger real existierender Personen zu einem spannenden und mitunter beklemmenden Porträt dieser Zeit zusammengewoben. Mich hat das Buch von Anfang an gefesselt und ich war quasi mittendrin in der Zeit und habe mit Anni gelitten.

Aufhänger des Buches sind ja die sogenannten „Kinderverschickungen“ nach England. Damit haben jüdischstämmige Eltern ihren Kindern ein sicheres Leben außerhalb Deutschlands ermöglichen können. Viele Kinder konnten sicherlich nicht ermessen, welche großen Vorteil sie dadurch hatten –sie haben nur gesehen, dass ihre Eltern sie fortgeschickt haben. Im Nachhinein, als sie im (halbwegs) sicheren England erwachsen wurden, konnten sie dann die Zusammenhänge verstehen – und viele sind nie darüber hinweggekommen, dass gerade sie überleben durften während der Rest der Familie früher oder später in Konzentrationslager deportiert wurde. Mit den Kindertransporten wird ein Aspekt des 2. Weltkriegs thematisiert, der wenig bekannt ist und doch so viel Anerkennung verdient. Umso wichtiger ist dieses Buch, finde ich, und wer sich für das Thema interessiert, sollte es unbedingt gelesen haben.

Die Figuren sind realistisch, lebensnah und zum großen Teil auch sehr sympathisch. Mein absoluter Liebling in der Geschichte ist Georgina. Sie heißt eigentlich Norbert und ist Garderobiere an der Alten Oper, in der Anni als Sopranistin auftritt. Georgina ist die gute Seele der Oper, sie ist Ratgeberin, Vertraute und findet immer die richtigen Worte für ihre „Schäfchen“. Als die Zeiten härter werden, ist sie als Transgender ebenfalls den Anfeindungen des Regimes ausgesetzt, findet aber einen Weg, sich anzupassen und so möglichst wenig aufzufallen. Ein wunderbarer Charakter, der das Buch sehr bereichert!

Mir hat der Roman sehr gut gefallen, ich habe viel beim Lesen gelernt und ich kann der Autorin nur Respekt zollen für die tolle Recherchearbeit und das, was daraus entstanden ist.

Veröffentlicht am 22.06.2017

Nur ein Reisebericht? Nein, dieses Buch ist viel mehr…

Couchsurfing im Iran
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Ich weiß genau, dass ich mir nicht mal ein Viertel der interessanten Fakten und Anekdoten über den Iran werde merken können. Aber trotzdem hat das Buch meinen Horizont unheimlich erweitert.

Ich begleitete ...

Ich weiß genau, dass ich mir nicht mal ein Viertel der interessanten Fakten und Anekdoten über den Iran werde merken können. Aber trotzdem hat das Buch meinen Horizont unheimlich erweitert.

Ich begleitete Stephan Orth durch ein geheimnisvolles Land, das ich bisher nur aus Schreckensnachrichten der Tagessschau kannte. Und ich war überrascht, wie wenig dieses Bild mit dem übereinstimmte, was Stephan von seiner Reise berichtete. Natürlich – die politischen und religiösen Gegebenheiten sind nun mal, wie sie sind. Aber wie sie von den Menschen wahrgenommen werden und wie die Bewohner des Irans damit umgehen, ist beeindruckend. Ob Studentin oder Kriegsveteran – viele Begegnungen, von denen Stephan berichtet, haben ihre ganz eigene Sinnbildlichkeit. Am Ende bleibt für mich bei aller Fremdartigkeit des Landes hauptsächlich eins hängen: wir sind alle nur Menschen. Und wenn wir wollen, können wir mit anderen Menschen friedlich zusammenleben.

Tolles Buch!