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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.08.2022

Sanft aber eindringlich

Intimitäten
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„Intimitäten“ scheint mir ein sehr passender Titel für diese Werk zu sein, was sich nicht nur im Cover widerspielt, sondern auch in der Erzählstruktur und dem Inhalt. Ich habe das Buch als Hörbuch gehört ...

„Intimitäten“ scheint mir ein sehr passender Titel für diese Werk zu sein, was sich nicht nur im Cover widerspielt, sondern auch in der Erzählstruktur und dem Inhalt. Ich habe das Buch als Hörbuch gehört und hatte wie auf dem Cover abgebildet das Gefühl, die Autorin, oder genauer die Sprecherin, würde mir diese Geschichte zuflüstern und mir die Gedanken der namenlosen Protagonistin einflößen. Irgendwie war es ein besonderes Hörerlebnis.

Zum Inhalt: Die fast schon anonyme Protagonistin hat einen Job als Dolmetscherin am Internationalen Gerichtshof von Den Haag angenommen. Der Job verlangt es, dass sie gefühllos und unverklärt gesprochene Worte wiedergibt. Als sie für einen Kriegsverbrecher dolmetschen soll, gerät auch ihre eigene Sicht auf die Dinge aus den Fugen, allem voran ihre fragwürdige Beziehung zu einem verheiraten Mann, der sie in seiner Wohnung sitzen lässt, um zu seiner Ehefrau zu fahren.

Das Buch zeichnet sich durch seinen ruhigen, bedachten Erzählstil aus, der an vielen Stellen offen reflektorisch ist. Ich mochte die Stimme und den Sprechtonus der Sprecherin. Die Wortwahl wirkt gezielt ausgesucht, passend zum Bildungsniveau der wiedergegeben Personen. Sätze sind auch oft länger verschachtelt, dienen als aufzählende Beschreibung des Gesehenen und Erlebten. Die Erzählung selbst aus der Ich-Perspektive der Protagonistin wirkt wie eine endlose Beobachtung und Bewertung ihres eigenen Lebens und ihrer Umwelt. Empfindungen und Gefühle werden dabei sorgsam zwischen den Zeilen versteckt, schwingen unterschwellig mit und sorgen für eine besondere, tatsächlich intime Atmosphäre beim Lesen/Hören.

Die Erzählweise hat mir wirklich gut gefallen, sie wirkte an einigen Stellen fast schon bildhaft poetisch und ich hatte tatsächlich das Gefühl mit den Augen der Protagonistin auf die Ereignisse zu blicken. Besonders eindringlich habe ich das zum Beispiel beim Besuch der Galerie empfunden. Die Protagonistin selbst wirkte fast schon verloren auf mich- namenlos, heimatlos, einsam.

Inhaltlich fand ich das Buch fast schon dürftig, aber die tolle Erzählweise hat das locker rausgerissen. Zentrale Themen waren das Alltagsleben der Protagonistin inklusive Arbeit, Freunden und Liebe. Tatsächlich hätte ich mir zum Beispiel mehr Einblicke in den Fall am internationalen Gerichtshof gewünscht und dafür auf ein paar Beziehungsprobleme verzichtet.
Das Buch war für mich mal was anderes als die Bücher, die ich sonst so für mich selbst auswähle. Und obwohl der Inhalt mich nicht 100% überzeugt hat, so hat es das Hörerlebnis dieser Geschichte. Ich kann nicht beurteilen, ob ich es beim Selbstlesen als ebenso eindringlich empfunden hätte, aber als Hörbuch hat es mir wirklich gut gefallen.

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Veröffentlicht am 23.08.2022

Dystopischer Auftakt

Eleria (Band 1) - Die Verratenen
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Ursula Poznanski ist eine meiner absoluten Lieblingsautorinnen, sowohl was Thriller als auch Jugendliteratur anbelangt. Die Trilogie „Eleria“ ist eine der ersten Reihen aus Poznanskis Feder und versetzt ...

Ursula Poznanski ist eine meiner absoluten Lieblingsautorinnen, sowohl was Thriller als auch Jugendliteratur anbelangt. Die Trilogie „Eleria“ ist eine der ersten Reihen aus Poznanskis Feder und versetzt den Leser in ein dystopisches Deutschland. Ich bin tatsächlich großer Fan davon, dass Poznanskis Bücher in Deutschland spielen, denn meist kennt man die Orte oder war sogar selbst schon da. Auch „Eleria-Die Verratenen“ hat mich wieder gefesselt und begeistert.

Zum Inhalt: Eleria wächst in einer Sphäre auf. Nach einer Katastrophe haben die Menschen sich in Sphären geflüchtet, um den grausamen Bedingungen der Außenwelt zu entkommen. Sie ist ein In-Vitro-gezeugtes Kind, besucht eine Elite-Akademie und gehört zu den besten ihres Jahrgangs. Als sie ein Gespräch belauscht, dass nicht für ihre Ohren bestimmt ist, wird ihre Welt auf den Kopf gestellt. Sie und fünf andere werden des Verrats beschuldigt und sollen exekutiert werden. Was soll sie tun? Und wie kann sie diesem Schicksal entkommen?

Das World-Building ist relativ einfach gehalten, da sich die Welt aus Eleria abgesehen von den Sphären nicht von unserer Welt unterscheidet. Es gibt stärker entwickelte Technologien und eine strengere Überwachung. Ansonsten gleicht die Gesellschaftsform unserer. Zudem gibt es die Außenwelt mit wilden „Clans“, die in den Trümmern der Katastrophe leben. Der Leser erfährt über diese beiden „Welten“ das nötigste, was er braucht, um der Handlung zu folgen. Im Zentrum der Handlung steht ganz klar Eleria, die anderen fünf des Verrats beschuldigten bleiben eher blass im Vergleich. Es wird hauptsächlich auf ihre Talente und Schwächen eingegangen, charakterlich bleiben sie hinter Eleria zurück.

Der Fokus der Handlung verlagert sich relativ schnell vom reinen Überlebenswillen dahin, dass die sechs rausfinden wollen, wer ihnen etwas anhängen will. Eleria erhält zudem verdächtige Nachrichten, die ihr mitteilen, dass einer der sechs ein Verräter und Spion der Gegenseite sein soll. Die sechs Jugendlichen müssen also nicht nur versuchen, in der Außenwelt zu überleben, sie werden durch diese auch kontinuierlich mit den Schwächen des Sphären-Systems konfrontiert und beginnen das System und die vermeintliche Sicherheit, die es bietet zu hinterfragen. Denn von dem Clan, bei dem sie unterkommen, erfahren sie, dass nicht alles so rosig ist, wie es scheint.

In typischer Poznanski-Manier werden die Jugendlichen mit ihren bisherigen Werten und Vorstellungen konfrontiert, müssen sich neuen Realitäten stellen und entscheiden, wo sie stehen und wem sie trauen wollen.
Das Buch liest sich wieder fantastisch und ist sehr spannend, weil es fortwährend neue Erkenntnisse gibt bzw. auch in der Nebenhandlung viel passiert. Ich bin schon sehr gespant auf den Folgeband und hoffe, dass man dann vielleicht auch mehr über die anderen Charaktere erfährt.

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Veröffentlicht am 22.08.2022

Wendungsreicher Politthriller

Das letzte Grab
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„Das letzte Grab“ ist mein erstes Buch von Autor Lukas Erler und das Thema gleichwohl spannend wie brandaktuell, weshalb ich sehr neugierig auf den Inhalt war. Das Cover macht neugierig, erwartet hatte ...

„Das letzte Grab“ ist mein erstes Buch von Autor Lukas Erler und das Thema gleichwohl spannend wie brandaktuell, weshalb ich sehr neugierig auf den Inhalt war. Das Cover macht neugierig, erwartet hatte ich vermutlich eine Mischung aus Indiana Jones und Relic Hunter. Etwas in der Art bekommt der Leser auch tatsächlich geliefert, wobei es in meinen Augen dann doch an manchen Stellen too much war.

Zum Inhalt: als Strafverteidigerin Carla Winter unerwartet ins Büro gerufen wird, weil ein ungewöhnlicher Gast auf sie wartet, ahnt sie noch nicht, dass ihr Leben an diesem Tag völlig auf den Kopf gestellt wird. Ihr Exmann soll in der Türkei bei einem tödlichen Verkehrsunfall verstorben sein und Carla soll sich um die Formalitäten kümmern. Als sie dann aber heimkehrt, ihre Wohnung verwüstet und ihren One-Night-Stand ermordet vorfindet, muss sie sich fragen worin ihr Ex Felix und nun auch sie verwickelt ist. Es beginnt eine Hetzjagd gegen die Zeit.

Das Thema Kunstraub und Schmuggel finde ich total spannend und hier gut im Buch und vor den geschichtlichen und politischen Hintergründen verankert. Besonders diese ruhigeren, erklärenden Passagen fand ich sehr gelungen und total interessant. Besonders der Einstieg ins Buch wirkte dadurch sehr gelungen und hat den Leser direkt angefixt. Das folgende Katz-und-Maus-Spiel hat keinen kontinuierlichen Spannungsbogen, stattdessen flacht er immer mal wieder ab, gibt dem Leser eine Atempause, bevor Clara sich in die nächste heikle Aktion stürzt.

Ich bin ja eigentlich ein Freund davon, wenn „Normalos“ zu den Helden in ihrer eigenen Geschichte werden. Im fall von Carla Winter hatte ich aber irgendwie das Gefühlt, dass schon sehr dick aufgetragen wurde. Nicht nur ermittelt sie eigenständig und völlig vorbei an jeglicher polizeilichen Überwachung, sie zieht auch noch einen kauzigen Professor, ihre eigene Schwester und einen Clanboss mit in die Geschichte rein und dies gefühlt ohne Rücksicht auf Verluste, wenn man mal vom tragischen Verlust ihres Koffers absieht. Sie zieht quasi das volle Lara Croft-Programm ab und schafft es nebenbei auch mal ganz lässig noch einen neuen Lover an Land zu ziehen.

Das Buch liest sich wirklich flüssig, trotzdem hat es mich nicht so recht packen können. Die faszinierenden Nebencharaktere haben viel rausgerissen, genauso wie die zahlreichen überraschenden Wendungen. Das Buch wird also an keiner Stelle langweilig oder langatmig, ich hatte eher das Gefühl, dass es etwas zu vollgestopft war für meinen Geschmack. Insgesamt also ein sehr spannendes Thema unterhaltsam aufgearbeitet und ein sehr kurzweiliges Lesevergnügen, dass man aber keinem Realitätscheck unterzeihen sollte.

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Veröffentlicht am 15.08.2022

Brisant wie immer

Der Fall des Präsidenten
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Ich bin großer Marc Elsberg Fan und liebe es, dass seine Bücher immer aktuelle Themen aus Politik und Wirtschaft aufgreifen und damit automatisch eine gewisse Brisanz schaffen. So auch hier, ich kann mich ...

Ich bin großer Marc Elsberg Fan und liebe es, dass seine Bücher immer aktuelle Themen aus Politik und Wirtschaft aufgreifen und damit automatisch eine gewisse Brisanz schaffen. So auch hier, ich kann mich gut erinnern, dass als das Buch erschien, gerade der französische Ex-Präsident Sarkozy verhaftet wurde. Bessere PR kann sich ein Autor doch für sein Buch gar nicht wünschen. Leider versauerte das Buch dann aufgrund seines Umfangs auf meinem SuB. Muss gestehen, dass mich so dicke Politthriller immer irgendwie abschrecken. Hätte mir aber keine Sorgen machen müssen, denn Elsberg weiß einfach,. was er tut.

Zum Inhalt: bei einem Besuch in Athen wird der Ex-Präsident der Vereinigten Staaten Douglas Turner im Auftrag des Internationalen Strafgerichtshofs verhaftet. Ihm werden Kriegsverbrechen vorgeworfen. Der Aufschrei der Weltpolitik lässt nicht lange auf sich warten und die USA, die sich mitten in einem neuen Präsidentschaftswahlkampf befinden, fühlen sich gedemütigt, von einem Gericht, dass sie noch nicht einmal anerkennen. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Uhr für Juristin Dana Marin, die Douglas unbedingt hinter Gittern halten will und ein Kampf um sein leben für den vermeintlichen Whistleblower.

Der Start ins Buch war richtig stark. Ohne viel Geplänkel geht es direkt los und man steigt quasi unmittelbar in die Verhaftung ein. Es ist also direkt schon zu Anfang es Buches richtig spannend, weil man als Leser natürlich auf die Reaktion der USA wartet, aber auch darauf, was dem Ex-Präsidenten eigentlich vorgeworfen wird.

Ich fand vor allem anfangs die ganzen Namen und Tätigkeitsbereiche etwas überfordernd, aber mit der Zeit kommt man da rein. Es gibt einfach sehr viele Interessensparteien, was auch absolut authentisch wirkt, die aber vom Leser erstmal eingeordnet werden müssen. Das ist eigentlich auch mein hauptkritikpunkt: es wird sehr viel gedroht, abgewogen, verhandelt und diskutiert. Natürlich läuft das vermutlich genau so ab, aber es gibt dem Buch öfter mal eine Länge, die ich etwas anstrengend zu lesen fand.

In der zweiten Hälfte nimmt das Buch dann richtig Fahrt auf, was mir richtig gut gefallen hat, es wird hier auch etwas actionreicher, was ich für den Spannungsbogen gut fand. Ich weiß nicht, ob ich sonst drangeblieben wäre, wenn ich ehrlich bin. Aber so hat mir die Entwicklung der Handlung echt gut gefallen, auch die Dramatik um das Thema Whistleblowing.

Durch die Fülle an Personen gab es in meinen Augen keinen echtem Sympathieträger. Dana steht zwar im Zentrum der Handlung, aber warm geworden bin ich mit ihr nicht. Ihr angedeutetes Privatleben bleibt auch schnell auf der Strecke. Beeindruckend ist, dass sie sich nicht unterkriegen lässt und fast schon verbissen ihren Fall verfolgt.

Für mich thematisch nicht mein liebster Elsberg, aber hervorragend geschrieben und sehr itneressant.



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Veröffentlicht am 15.08.2022

Die Hansen Frauen

Die Rückkehr der Kraniche
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„Die Rückkehr der Kraniche“ ist für mich der erste Roman von Autorin Romy Fölck. Ich fand das Cover einfach anziehend, fast schon ätherisch: die sich spiegelnde Landschaft, die verschleierten Farben. Das ...

„Die Rückkehr der Kraniche“ ist für mich der erste Roman von Autorin Romy Fölck. Ich fand das Cover einfach anziehend, fast schon ätherisch: die sich spiegelnde Landschaft, die verschleierten Farben. Das wirkt alles direkt stimmungsvoll und in sich friedlich. Dieses Buch klang nach Urlaub, barg aber auch eine ordentliche Prise Drama.

Zum Inhalt: als ihre Mutter aufgrund eines Herzfehlers ins Krankenhaus muss, kehrt Freya aus Berlin zurück in ihr Heimatdorf. Seitdem sie mit 18 Jahren ausgezogen ist, war sie dort nur sporadischer Besucher. Ganz im Gegensatz zu ihrer Schwester Grete, die geblieben ist, ein Kind gekommen und den Haushalt geschmissen hat und sich nun um die Mutter kümmert.Jetzt treffen drei Generationen von Hansen Frauen aufeinander, in der stillen Vorahnung, dass es das letzte Mal sein könnte.

Der Titel ist in diesem Buch quasi Programm, denn nicht nur arbeitet Protagonistin Grete für einen Verbund, bei den sie tagtäglich mit Vögeln zu tun hat, die gefiederten Lebewesen sind auch eine große Leidenschaft von ihr. So werden im Buch immer wieder Vogelbeobachtungen und -Gesänge geschildert. Irgendwie schafft das eine sehr ausgeglichene, ruhige Atmosphäre wenn Grete sich für ihren Job oder um den Kopf freizubekommen in der Natur aufhält. Das steht in starkem Kontrast zum Familienleben, wo immer wieder angeeckt und viel zu oft geschwiegen wird.

Zentrales Thema ist die Beziehung der Schwestern untereinander, aber auch zu den Eltern, zum Dorf in dem sie aufwuchsen, aber auch zu alltäglichen Themen wie Karriere, Geld und Familie. Die Probleme der Familie sind sehr nahbar, einfach weil es Themen sind, die jede Familie auf die eine oder andere Art beschäftigen. Jede der Hansen Frauen trägt ein Geheimnis mit sich herum, dass an Ende des Buches offenbart wird und die Beziehung belastete. Die Gewichtung dieser Geheimnisse habe ich dabei sehr ungleich empfunden, was aber für die Handlung irrelevant ist.

Prinzipiell kann man sagen, dass das Buch einen aktiven Handlungsrahmen von einer Woche umreißt, in der die Protagonistinnen versuchen, sich einander anzunähern und reinen Tisch zu machen. Es passiert also eigentlich nicht viel, trotzdem liest sich das Buch wirklich schön. Es lebt vom Innenleben der Figuren, vom Aufarbeiten alter Wunden und der Konfrontation mit sich selbst. Mit den Themen oder zumindest einem Teil davon können sich sicher viele identifizieren, was den Charme der Geschichte ausmacht.

Insgesamt ein sehr schöner Roman.

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