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Veröffentlicht am 19.08.2022

Eine hoffnungsvolle, aber auch schmerzhaft intensive Liebesgeschichte

Fühle mich. Unendlich
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Mit "Fühle mich. Unendlich" geht die Finde-mich-Reihe von Kathinka Engel in eine überraschende vierte Runde. Ursprünglich war die Reihe als Trilogie gedacht, da mir die Reihe aber gut gefallen hat (naja, ...

Mit "Fühle mich. Unendlich" geht die Finde-mich-Reihe von Kathinka Engel in eine überraschende vierte Runde. Ursprünglich war die Reihe als Trilogie gedacht, da mir die Reihe aber gut gefallen hat (naja, bis auf Band 1, warum dieser mich nicht überzeugen konnte, erzähle ich HIER), habe ich mich sehr gefreut, als Verlag und Autorin noch einen vierten Band angekündigt hatten. Nach "Finde mich. Jetzt", Halte mich. Hier" und "Liebe mich. Für immer" erzählt Kathinka Engel in "Fühle mich. Unendlich" gewohnt magisch-verträumt davon, wie Amys neuste Straftäterin Sophia und Zeldas Freund, der Anwalt Philip zusammenfinden und hat dabei bei mir gemischte Gefühle hinterlassen.

Bevor ich versuche, meinen vielfältigen Eindruck zu erklären, will ich wie immer noch kurz einige Worte zur Gestaltung sagen. Die Cover der "Believe in Second Chances"-Trilogie sind aufeinander abgestimmt, sodass die ersten drei Bände nebeneinander liegend zusammen ein Unendlichkeitszeichen ergeben. Dazu passend sind auch die Titel so gewählt, dass sie in Kombination zueinander passen und "Finde mich. Halte mich. Liebe mich. Jetzt. Hier. Für immer" ergeben. Der vierte Band zeigt nun ergänzend ein vollständiges Unendlichkeitszeichen und ist in den Farben aller drei Bände gehalten. Auch der Titel fügt sich von der Machart her gut in die Reihe ein. Ich finde die Idee grundsätzlich wirklich klasse - als Einzelwerk, wenn man sich nicht auf den Gesamteindruck konzentriert, sind mir die glitzernde Bögen und der bunte, Wasserfarbenverlauf im Hintergrund aber zu kitschig und nichtssagend. Sehr nett finde ich wiederum die kurzen Steckbriefe zu den zwei Hauptprotagonisten in den Leselaschen und die kleinen Unendlichkeitszeichen inklusive Name an den Kapitelanfängen, welche angeben, aus welcher Perspektive gerade erzählt wird. Auch wenn ich das Cover an sich also nicht unbedingt umwerfend finde, ist die Gestaltung des Piper Verlags als Ganzes wirklich sehr detailgetreu und liebevoll ausgearbeitet!

Sehr gefreut habe ich mich zudem auch über das tolle Themenpaket, welches der Everlove Imprint rund um die Veröffentlichung von "Fühle mich. Unendlich" von zusammengestellt und an mich verschickt hat. Um uns LeserInnen darauf einzustellen, dass nach drei Bänden und viel Wartezeit endlich wieder zurück nach Pearley geht, hat der Verlag neben dem Buch an sich eine tolle Tasse mit dem Logo von Imogen´s Café, entkoffeinierter Kaffee von Frida & Fritz, ein Lesezeichen, Maliks geheimes Cookie-Rezept sowie einen Flaschenöffner-Schlüsselanhänger und coole Sticker der Brauerei von Che in das Paket gepackt. Ich habe mich riesig gefreut beim Auspacken und konnte Euch ein kurzer Begeisterungssturm über das Paket nicht vorenthalten.

Erster Satz: "Herzlich willkommen in meinem kleinen Reich."

So, jetzt aber wirklich zur Geschichte. Diese beginnt mit einer Zusammenstellung der Gespräche zwischen Sophia und ihrer Sozialarbeiterin Amy, die in das Leben der rehabilitierten Straftäterin einführen und die sechs Monate vor dem Einstieg in die Geschichte kurz zusammenfassen. Anschließend lesen wir abwechselnd aus der Sicht von Sophia und Philip davon, wie die beiden sich durch das Patenprogramm, bei dem Philips Großmutter eine Patenschaft für Sophia übernimmt, kennenlernen und schrittweise annähern. Da die beiden nicht aus unterschiedlicheren Welten kommen könnten und verkörpern, was der jeweils andere zugleich fürchtet und anstrebt, ist eine Menge Konfliktpotenzial vorhanden, sodass ich trotz der recht geringen Handlungsdichte von Anfang an emotional involviert war. Bis auf wenige soziale Events und Anekdoten aus dem alltäglichen Leben der Figuren passiert in "Fühle mich. Unendlich" nicht besonders viel und auch die beiden Figuren nähern sich nur langsam an, was gemeinsam mit dem relativ langen durch die Erzählung abgedeckten Zeitraum natürlich keine besonders guten Voraussetzungen für eine spannende Handlung schafft.

Sophia: "Amy ist einfach so verflucht nett. Amy, die Nette. Zelda ist die Quirlige. Tamsin - Rhy´s Freundin - die Kluge. Ich bin... Keine Ahnung. Die auf Zehenspitzen. Die mit der Liste aus fremden Gefühlen."

Das kann man der Geschichte aber sehr gerne verzeihen, denn dies ist keine rasante, leidenschaftliche Liebesgeschichte mit endlosen Sexszenen, triefendem Herzschmerz und ewigem Geschmachte, sondern viel mehr die Entwicklungsgeschichte zweier Figuren, die lernen müssen, auf ihre eigenen Bedürfnisse zu achten, für sich einzustehen, loszulassen, zu vertrauen und sich vollkommen in die Liebe zu stürzen. Vor allem Sophia ist dabei keine leichte Protagonistin. Sie ist speziell in ihrer Art zu denken und sich auszudrücken, was sich in ihrer Erzählperspektive durch sprunghafte Gedankengänge und viel Gefluche niederschlägt. Dennoch gelingt es der Autorin, sie so greifbar darzustellen, dass man meint, sie durch das Buch hindurch in den Arm nehmen zu können. Ihrem langsamen Aufblühen zusehen zu können, zu beobachten, wie sie immer mehr Gefühle zulässt und einen positiveren, hoffnungsvolleren Blick auf die Welt entwickelt ist einfach hinreißend. Auch Philip hat einige Entwicklungsschritte vor sich und muss während der 415 Seiten lernen, sein Leben nicht an den Erwartungen anderer auszurichten, sondern auf seine eigene innere Stimme zu hören. Dabei können die beiden sich gegenseitig eine Menge beibringen und bilden einen wunderbaren, stimmigen Kontrast zueinander.

Philip: "Sie hat etwas Wildes, Ungezähmtes. Es erinnert mich an die Leute, die ich auf meiner Reise kennengelernt habe. Menschen, die sich nicht darum kümmern, was von ihnen erwartet wird. Die leben. Die erleben."

Doch warum hat "Fühle mich. Unendlich" nun gemischte Gefühle bei mir hinterlassen? Beim Lesen habe ich Mitgefühl, Glück und Hoffnung gefühlt, wurde aber auch zum ein oder anderen schmerzvollen Stich oder einem genervten Augenrollen verführt. Denn genau wie in den ersten drei Büchern der Reihe spricht die Autorin hier nebenbei ernste Themen an, die in den USA nochmals deutlich aktueller sind als hierzulande. Vergleichbar mit den Vorgängerbänden stehen hier Ungerechtigkeit, soziale Abgründe, Rehabilitation, Selbstwertprobleme und verpasste Träume genauso im Vordergrund wie zweite Chancen, soziale Unterstützung und eine in einer wild zusammengewürfelten Gruppe an Freunden gefundene Familie. Während Band 1-3 dennoch für mich gemütliche Wohlfühlbücher waren, habe ich die Atmosphäre von "Fühle mich. Unendlich" anders wahrgenommen. Denn die Geschichte von Sophia und Philip hat trotz Happy-End-Garantie eine Düsternis in sich, die mich irgendwie emotional mitgenommen hat und die ich gar nicht so recht in Worte fassen kann.

Sophia: "Ich streichle seine Haare, bis er regelmäßig atmet. Die rotblonden Locken, deren Farbe ich auch in der Dunkelheit noch genau erkenne und die so gut duften. Nach Philips Kopf. Nach seiner Klugheit. Und seiner Nettigkeit. Und der Sicherheit und Wärme. Klugheit und Nettigkeit und Sicherheit und Wärme, die ich so sehr mag, dass ich eine alte Frau anschreie. Bei dem Gedanken daran muss ich fast kichern, doch weil Philips Kopf genau da liegt, wo das Kichern herkommt, unterdrücke ich es. Klugheit und Nettigkeit und Sicherheit und Wärme, die machen, dass ich über mich hinauswachse, wenn es nötig ist."

Fest steht, dass Kathinka Engels Schreibstil hier gewohnt lebendig, ehrlich und emotional ist, dabei aber nie die Charakterentwicklung und ihre Themen aus dem Blick verliert. Die Autorin kleidet hier so viele Glücksgefühle, aber auch so viel Traurigkeit in Worte, dass ich dachte, ich würde emotional zerspringen. Neben den eben genannten inhaltlichen Schwerpunkten wird auch wieder das Setting von Pearly miteingebunden und wir feiern ein Wiedersehen mit den Protagonisten der anderen Bände. Egal ob Rhys, Tamsin, Malik, Zelda, Sam, Amy, Jeannie, Che, Celia oder Ollie - wir nehmen unsere liebgewonnene Figuren nochmal in den Fokus, vertiefen ihre Happy Ends und klären die letzten offenen Fragen. Eine dieser letzten großen offenen Stellen ist der Prozess um Rhys´ Unschuld, den hier Philip für ihn gegen den Staat Kalifornien ausfechtet. Für Fans der Reihe, die die anderen Bände auch gelesen und geliebt haben, ist das natürlich wundervoll, wer aber mit dem letzten Band einsteigt und diesen als Einzelband liest, wird zwischendurch mal eine Durststrecke erleben.

Philip: "So unsicher meine Zukunft im Moment auch ist, es gibt Dinge, deren ich mir absolut sicher sein kann. Dazu gehören meine Freunde. Dieser Ort. Meine Freundin. Und das macht mich glücklich".

Dennoch: ich kann euch wirklich nur ans Herz legen, selbst zu diesem Buch zu greifen und herauszufinden, was es mit dem Streberpardel dem Selbstschutzluchs und den kahlen Hühnern auf sich hat. Denn trotz gemischter Eindrücke ist "Fühle mich. Unendlich" definitiv mein Lieblingsband der "Believe in second chances"-Reihe und hat mich sehr neugierig auf weitere Projekte der Autorin gemacht.


Fazit:


Kathinka Engel erzählt hier eine hoffnungsvolle, aber auch schmerzhaft intensive Liebesgeschichte über zwei ganz unterschiedliche Figuren, die gegenseitig viel von sich lernen können und sich stimmig ergänzen. Trotz des gewohnt einfühlsamen Schreibstils und der klaren Happy-End-Garantie hatte das Buch aber eine unbestimmbare Düsternis an sich, die mich etwas ratlos zurückgelassen hat.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.08.2022

Eine hoffnungsvolle, aber auch schmerzhaft intensive Liebesgeschichte

Fühle mich. Unendlich (Finde-mich-Sequel) (Finde-mich-Reihe 4)
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Mit "Fühle mich. Unendlich" geht die Finde-mich-Reihe von Kathinka Engel in eine überraschende vierte Runde. Ursprünglich war die Reihe als Trilogie gedacht, da mir die Reihe aber gut gefallen hat (naja, ...

Mit "Fühle mich. Unendlich" geht die Finde-mich-Reihe von Kathinka Engel in eine überraschende vierte Runde. Ursprünglich war die Reihe als Trilogie gedacht, da mir die Reihe aber gut gefallen hat (naja, bis auf Band 1, warum dieser mich nicht überzeugen konnte, erzähle ich HIER), habe ich mich sehr gefreut, als Verlag und Autorin noch einen vierten Band angekündigt hatten. Nach "Finde mich. Jetzt", Halte mich. Hier" und "Liebe mich. Für immer" erzählt Kathinka Engel in "Fühle mich. Unendlich" gewohnt magisch-verträumt davon, wie Amys neuste Straftäterin Sophia und Zeldas Freund, der Anwalt Philip zusammenfinden und hat dabei bei mir gemischte Gefühle hinterlassen.

Bevor ich versuche, meinen vielfältigen Eindruck zu erklären, will ich wie immer noch kurz einige Worte zur Gestaltung sagen. Die Cover der "Believe in Second Chances"-Trilogie sind aufeinander abgestimmt, sodass die ersten drei Bände nebeneinander liegend zusammen ein Unendlichkeitszeichen ergeben. Dazu passend sind auch die Titel so gewählt, dass sie in Kombination zueinander passen und "Finde mich. Halte mich. Liebe mich. Jetzt. Hier. Für immer" ergeben. Der vierte Band zeigt nun ergänzend ein vollständiges Unendlichkeitszeichen und ist in den Farben aller drei Bände gehalten. Auch der Titel fügt sich von der Machart her gut in die Reihe ein. Ich finde die Idee grundsätzlich wirklich klasse - als Einzelwerk, wenn man sich nicht auf den Gesamteindruck konzentriert, sind mir die glitzernde Bögen und der bunte, Wasserfarbenverlauf im Hintergrund aber zu kitschig und nichtssagend. Sehr nett finde ich wiederum die kurzen Steckbriefe zu den zwei Hauptprotagonisten in den Leselaschen und die kleinen Unendlichkeitszeichen inklusive Name an den Kapitelanfängen, welche angeben, aus welcher Perspektive gerade erzählt wird. Auch wenn ich das Cover an sich also nicht unbedingt umwerfend finde, ist die Gestaltung des Piper Verlags als Ganzes wirklich sehr detailgetreu und liebevoll ausgearbeitet!

Sehr gefreut habe ich mich zudem auch über das tolle Themenpaket, welches der Everlove Imprint rund um die Veröffentlichung von "Fühle mich. Unendlich" von zusammengestellt und an mich verschickt hat. Um uns LeserInnen darauf einzustellen, dass nach drei Bänden und viel Wartezeit endlich wieder zurück nach Pearley geht, hat der Verlag neben dem Buch an sich eine tolle Tasse mit dem Logo von Imogen´s Café, entkoffeinierter Kaffee von Frida & Fritz, ein Lesezeichen, Maliks geheimes Cookie-Rezept sowie einen Flaschenöffner-Schlüsselanhänger und coole Sticker der Brauerei von Che in das Paket gepackt. Ich habe mich riesig gefreut beim Auspacken und konnte Euch ein kurzer Begeisterungssturm über das Paket nicht vorenthalten.

Erster Satz: "Herzlich willkommen in meinem kleinen Reich."

So, jetzt aber wirklich zur Geschichte. Diese beginnt mit einer Zusammenstellung der Gespräche zwischen Sophia und ihrer Sozialarbeiterin Amy, die in das Leben der rehabilitierten Straftäterin einführen und die sechs Monate vor dem Einstieg in die Geschichte kurz zusammenfassen. Anschließend lesen wir abwechselnd aus der Sicht von Sophia und Philip davon, wie die beiden sich durch das Patenprogramm, bei dem Philips Großmutter eine Patenschaft für Sophia übernimmt, kennenlernen und schrittweise annähern. Da die beiden nicht aus unterschiedlicheren Welten kommen könnten und verkörpern, was der jeweils andere zugleich fürchtet und anstrebt, ist eine Menge Konfliktpotenzial vorhanden, sodass ich trotz der recht geringen Handlungsdichte von Anfang an emotional involviert war. Bis auf wenige soziale Events und Anekdoten aus dem alltäglichen Leben der Figuren passiert in "Fühle mich. Unendlich" nicht besonders viel und auch die beiden Figuren nähern sich nur langsam an, was gemeinsam mit dem relativ langen durch die Erzählung abgedeckten Zeitraum natürlich keine besonders guten Voraussetzungen für eine spannende Handlung schafft.

Sophia: "Amy ist einfach so verflucht nett. Amy, die Nette. Zelda ist die Quirlige. Tamsin - Rhy´s Freundin - die Kluge. Ich bin... Keine Ahnung. Die auf Zehenspitzen. Die mit der Liste aus fremden Gefühlen."

Das kann man der Geschichte aber sehr gerne verzeihen, denn dies ist keine rasante, leidenschaftliche Liebesgeschichte mit endlosen Sexszenen, triefendem Herzschmerz und ewigem Geschmachte, sondern viel mehr die Entwicklungsgeschichte zweier Figuren, die lernen müssen, auf ihre eigenen Bedürfnisse zu achten, für sich einzustehen, loszulassen, zu vertrauen und sich vollkommen in die Liebe zu stürzen. Vor allem Sophia ist dabei keine leichte Protagonistin. Sie ist speziell in ihrer Art zu denken und sich auszudrücken, was sich in ihrer Erzählperspektive durch sprunghafte Gedankengänge und viel Gefluche niederschlägt. Dennoch gelingt es der Autorin, sie so greifbar darzustellen, dass man meint, sie durch das Buch hindurch in den Arm nehmen zu können. Ihrem langsamen Aufblühen zusehen zu können, zu beobachten, wie sie immer mehr Gefühle zulässt und einen positiveren, hoffnungsvolleren Blick auf die Welt entwickelt ist einfach hinreißend. Auch Philip hat einige Entwicklungsschritte vor sich und muss während der 415 Seiten lernen, sein Leben nicht an den Erwartungen anderer auszurichten, sondern auf seine eigene innere Stimme zu hören. Dabei können die beiden sich gegenseitig eine Menge beibringen und bilden einen wunderbaren, stimmigen Kontrast zueinander.

Philip: "Sie hat etwas Wildes, Ungezähmtes. Es erinnert mich an die Leute, die ich auf meiner Reise kennengelernt habe. Menschen, die sich nicht darum kümmern, was von ihnen erwartet wird. Die leben. Die erleben."

Doch warum hat "Fühle mich. Unendlich" nun gemischte Gefühle bei mir hinterlassen? Beim Lesen habe ich Mitgefühl, Glück und Hoffnung gefühlt, wurde aber auch zum ein oder anderen schmerzvollen Stich oder einem genervten Augenrollen verführt. Denn genau wie in den ersten drei Büchern der Reihe spricht die Autorin hier nebenbei ernste Themen an, die in den USA nochmals deutlich aktueller sind als hierzulande. Vergleichbar mit den Vorgängerbänden stehen hier Ungerechtigkeit, soziale Abgründe, Rehabilitation, Selbstwertprobleme und verpasste Träume genauso im Vordergrund wie zweite Chancen, soziale Unterstützung und eine in einer wild zusammengewürfelten Gruppe an Freunden gefundene Familie. Während Band 1-3 dennoch für mich gemütliche Wohlfühlbücher waren, habe ich die Atmosphäre von "Fühle mich. Unendlich" anders wahrgenommen. Denn die Geschichte von Sophia und Philip hat trotz Happy-End-Garantie eine Düsternis in sich, die mich irgendwie emotional mitgenommen hat und die ich gar nicht so recht in Worte fassen kann.

Sophia: "Ich streichle seine Haare, bis er regelmäßig atmet. Die rotblonden Locken, deren Farbe ich auch in der Dunkelheit noch genau erkenne und die so gut duften. Nach Philips Kopf. Nach seiner Klugheit. Und seiner Nettigkeit. Und der Sicherheit und Wärme. Klugheit und Nettigkeit und Sicherheit und Wärme, die ich so sehr mag, dass ich eine alte Frau anschreie. Bei dem Gedanken daran muss ich fast kichern, doch weil Philips Kopf genau da liegt, wo das Kichern herkommt, unterdrücke ich es. Klugheit und Nettigkeit und Sicherheit und Wärme, die machen, dass ich über mich hinauswachse, wenn es nötig ist."

Fest steht, dass Kathinka Engels Schreibstil hier gewohnt lebendig, ehrlich und emotional ist, dabei aber nie die Charakterentwicklung und ihre Themen aus dem Blick verliert. Die Autorin kleidet hier so viele Glücksgefühle, aber auch so viel Traurigkeit in Worte, dass ich dachte, ich würde emotional zerspringen. Neben den eben genannten inhaltlichen Schwerpunkten wird auch wieder das Setting von Pearly miteingebunden und wir feiern ein Wiedersehen mit den Protagonisten der anderen Bände. Egal ob Rhys, Tamsin, Malik, Zelda, Sam, Amy, Jeannie, Che, Celia oder Ollie - wir nehmen unsere liebgewonnene Figuren nochmal in den Fokus, vertiefen ihre Happy Ends und klären die letzten offenen Fragen. Eine dieser letzten großen offenen Stellen ist der Prozess um Rhys´ Unschuld, den hier Philip für ihn gegen den Staat Kalifornien ausfechtet. Für Fans der Reihe, die die anderen Bände auch gelesen und geliebt haben, ist das natürlich wundervoll, wer aber mit dem letzten Band einsteigt und diesen als Einzelband liest, wird zwischendurch mal eine Durststrecke erleben.

Philip: "So unsicher meine Zukunft im Moment auch ist, es gibt Dinge, deren ich mir absolut sicher sein kann. Dazu gehören meine Freunde. Dieser Ort. Meine Freundin. Und das macht mich glücklich".

Dennoch: ich kann euch wirklich nur ans Herz legen, selbst zu diesem Buch zu greifen und herauszufinden, was es mit dem Streberpardel dem Selbstschutzluchs und den kahlen Hühnern auf sich hat. Denn trotz gemischter Eindrücke ist "Fühle mich. Unendlich" definitiv mein Lieblingsband der "Believe in second chances"-Reihe und hat mich sehr neugierig auf weitere Projekte der Autorin gemacht.


Fazit:


Kathinka Engel erzählt hier eine hoffnungsvolle, aber auch schmerzhaft intensive Liebesgeschichte über zwei ganz unterschiedliche Figuren, die gegenseitig viel von sich lernen können und sich stimmig ergänzen. Trotz des gewohnt einfühlsamen Schreibstils und der klaren Happy-End-Garantie hatte das Buch aber eine unbestimmbare Düsternis an sich, die mich etwas ratlos zurückgelassen hat.

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Veröffentlicht am 17.08.2022

Ein kurzweiliges Lesevergnügen!

Die Ladys von London - Lady Prudence und der verwegene Lord
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Die Eindrücke

Handlung: Mit "Lady Prudence und der verwegene Lord" erschien Ende Juli ein Auftakt zu einer weiteren Regency-Romance-Reihe, die - durch den Bridgerton-Hype bin ich aktuell total im Regency-Fieber ...

Die Eindrücke

Handlung:
Mit "Lady Prudence und der verwegene Lord" erschien Ende Juli ein Auftakt zu einer weiteren Regency-Romance-Reihe, die - durch den Bridgerton-Hype bin ich aktuell total im Regency-Fieber - natürlich sofort meine Aufmerksamkeit erweckt hat. Als ich dann noch sah, dass einer der Protagonistinnen Sophia heißt, war der Deal perfekt und der Buddyread zusammen mit Sofia von @SofiasworldofBooks (wie immer ein kleines Shoutout an dieser Stelle - schaut unbedingt mal auf Ihrem Blog oder Instagram vorbei!) konnte losgehen. Trotzdass ich beim Lesen von der Grundidee stark an die Geschichte von Kate und Anthony aus dem zweiten Teil der Bridgerton-Reihe erinnert wurde (wenn man diese lange Reihe gelesen hat, kennt man nun mal leider schon ein Großteil aller Regency-Tropes und wird nur noch selten von Neuem überrascht), hat mir dieser Reihenauftakt sowohl inhaltlich als auch sprachlich sehr gut gefallen.

Schreibstil:
Rachael Anderson, welche in den USA Bestsellerautorin ist, von der ich bisher aber noch nie etwas gehört hatte, findet hier sprachlich eine sehr gute Balance zwischen modernem, lockeren Esprit und historischer Glaubwürdigkeit. Einige Szenen lesen sich zwar etwas überspitzt und beinahe albern, da dies aber wunderbar zu den auf die Spitze getriebenen Figuren passt, finde ich das eher unterhaltsam als kritikwürdig. Obwohl auf der reinen Handlungsebene nicht mehr passiert als einige zufällige Treffen der beiden auf Spaziergängen und ein wenig Briefverkehr, fließen die 285 Seiten also nur so dahin und garantieren ein kurzweiliges Lesevergnügen!

Figuren
: Eine nette Abwechslung fand ich auch, dass die Autorin ihren Auftaktband nicht wie gewohnt mitten in der Londoner Ballsaison ablaufen lässt, sondern für die Annäherung von Prudence und Lord Knave das abgelegenere Oxfordshire in England wählt. So kommen die drei Hauptfiguren - unsere Heldin Prudence, der "verwegene Lord" Knave und Prudence Schwester Sophia - ganz wunderbar zur Geltung und werden nicht von etlichen äußeren Umständen abgelenkt. Vor allem Prudence ist mir im Laufe der Geschichte sehr ans Herz gewachsen. Jung, spritzig, humorvoll und Romantikerin durch und durch ist sie eine der Hauptstützen der Handlung sowie der Atmosphäre und sorgt für viel Trubel und amüsante Wordgefechte mit Lord Knave (über dessen Vornamen Hildebrand Sofia und ich uns beim Buddyread übrigens köstlich amüsiert haben). Mein geheimer Favorit war der kleine Welpe "Frechdachs", der als Kuppler zwischen unserem verbotenen Liebespaar fungiert und auch sonst für Herzchenaugen beim Lesen sorgt. Die Nebenfiguren werden hier wie gesagt nicht zu sehr vertieft, die Geschichte macht aber schon mal ordentlich Lust auf Band 2 und 3, in denen Abigails und Sophias Geschichte erzählt wird.


Das Zitat:


“Doch darin lag die Schönheit einer wahren Geschichte im Gegensatz zu einer ausgedachten. Prudence hatte gelernt, dass es die Unwägbarkeiten waren, die dem Leben Farbe, Komplexität und Tiefe einhauchten.”


Fazit:


"Lady Prudence und der verwegene Lord" ist eine unterhaltsame Geschichte, die man in null Komma nichts weglesen kann. Viel Neues und Außergewöhnliches liefert der Roman zwar nicht, insgesamt hat mir der Reihenauftakt aber sowohl inhaltlich als auch sprachlich sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 15.08.2022

Eine intensive Geschichte über Familie, Zuhause, Suchen und Ankommen

With you I hope
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Nachdem mir mein erstes Buch von Justine Pust, der ich schon seit Jahren auf Instagram folge, wo sie als @justinethereadingmermaid unterwegs ist, so gut gefallen hat, war klar, dass ich die Belmont Bay ...

Nachdem mir mein erstes Buch von Justine Pust, der ich schon seit Jahren auf Instagram folge, wo sie als @justinethereadingmermaid unterwegs ist, so gut gefallen hat, war klar, dass ich die Belmont Bay Reihe dringend weiterverfolgen muss. Nach dem NA-Auftakt "With you I dream" ist nun Anfang August mit "With you I hope" Band 2 der Reihe erschienen und entführt abermals ins malerische Belmont Bay für eine intensive Geschichte über Familie, Zuhause, Suchen und Ankommen.

Megan: "Manchmal halte ich mich so sehr an den Erinnerungen fest, damit mir nicht schwindlig von den vielen Veränderungen in meinem Leben wird. Doch so spielt das Leben eben, oder? Alles verändert sich, auch wenn man selbst am liebsten stehen bleiben würde, und dafür bleiben genau die Dinge unbeweglich, von denen man sich wünscht, sie würden sich verändern."

Erstmal vorweg: ich liebe, liebe, LIEBE das Cover!!! Mit der karminroten Blume im Hintergrund, deren durchscheinende Blütenblätter stark an einen Klatschmohn erinnern, dem geschwungenen, weißen Titel und den vereinzelten, goldenen Sprenkeln ist es schlicht und einfach wunderschön gestaltet und passt perfekt zum blauen Band 1. Der Titel klingt auch ganz hübsch und anders als beim ersten Band wird hier auch eine klare Verbindung zum Inhalt gezogen. Positiv hervorheben möchte ich noch die toll gestalteten Leselaschen der broschierten Ausgabe, in denen Eindrücke aus der fiktiven Kleinstadt Belmont Bay zu sehen sind, welche das Setting für die gleichnamige Belmont-Bay-Reihe bildet. Was die Optik angeht, hat der Knaur Verlag sich hier also wirklich mal wieder selbst übertroffen!!!

Erster Satz: "Erinnerungen sind ebenso wertvoll wie zerbrechlich."

Wir steigen einige Zeit nach Band 1 zu einem Zeitpunkt in Megans Leben ein, an dem durch den Auszug ihrer Schwester Mia, die zu deren Freund Connor zieht, einiges ins Rollen kommt und die drohende Einsamkeit in ihr abermals den Wunsch weckt, ihre leiblichen Eltern ausfindig zu machen. Dieser Wunsch hat sie vor einiger Zeit in das lauschige Belmont Bay in der wild-romantischen Natur Idahos geführt, das für sie eine neue Heimat geworden ist. Als der Privatermittler Leo durch einen Auftrag in die Stadt kommt, sieht sie ihre Chance gekommen, das Geheimnis ihrer Herkunft endlich zu ergründen. Doch noch weiß sie nicht, dass Leo in mehr als nur einer Hinsicht der Schlüssel zu ihren Fragen ist...

Megan: "Ich bin vierundzwanzig. Wenn ich jetzt schon wüsste, wie der Rest meines Lebens aussehen soll, wäre das ziemlich langweilig, oder?" Obwohl es mir nicht gefällt, dass es mich schon wieder zum Lächeln gebracht hat, nicke ich. Wenn ich etwas verstehen kann, dann den Drang, nicht ständig den Erwartungen anderer zu entsprechen. Das ist wohl die größte Diskrepanz zwischen meiner Familie und mir. Mom ist eine Planerin, Mia ist eine Planerin, und ich sitze zwischen all diesen Plänen und weiß nicht, wo mir der Kopf steht. Pläne engen mich ein, Erwartungen machen mir Druck. Ich will kein durchgeplantes Leben. Keinen Zehn-Schritte-Plan zum Glück, sondern Abenteuer, die mich finden, und Tänze im Regen bei jedem Gewitter."

Mit der Suche nach der eigenen Herkunft und Enttäuschungen beim Treffen eines bisher unbekannten Elternteils hat Justine Pust genau wie in Band 1 wieder ein sehr persönliches und für sie ebenfalls relevantes Thema aufgegriffen. Für die Überwindung und die emotionale Arbeit, die die Autorin in diese Geschichte gesteckt haben muss, kann ich abermals nur den Hut vor ihr ziehen! Anders als das cozy Kleinstadtsetting vermuten lassen würde, sind die behandelten Themen hier also wieder alles andere als gemütlich. Wie die sehr umfangreiche Triggerwarnung schon vermuten lässt, schlägt die Autorin mit den Themen Adoption, Gewalt gegen Frauen, Traumata, Victim Blaming, häusliche Gewalt, Sexismus und Drogenkonsum eine gesellschaftskritische und emotional arbeitsintensive Richtung für ihre Geschichte ein und kombiniert dies mit einer spannenden und dramatischen Handlung. An einigen Stellen empfand ich die Handlung als eine Winzigkeit überzogen und konstruiert. Da das äußere Chaos aber wunderbar Megans inneren Aufruhr widerspiegelt, konnte ich darüber gerne hinwegsehen.

Megan:"Ich bin der vollen Überzeugung, dass alles an der Liebe einfacher wäre, wenn man nur wirklich miteinander sprechen würde. Ohne Zwang. Ohne auferlegte Ideale."

"With you I hope" ist also genau wie sein Vorgänger "With you I dream" mehr als eine Liebesgeschichte und besticht mit emotionaler Tiefe und wichtige Themen. Schade ist nur, dass dabei auf den 368 Seiten abermals vieles nur angerissen bleibt. Megans Aufwachsen, ihr Verhältnis zu ihrer Schwester, zu ihrer Mutter, zu ihrem Studium, ihre zurückliegende Beziehung, ihr Leben in Belmont Bay... da bleiben viele Fragen offen. Was hat Ihr außer dem Fotografieren Freude bereitet, hat sie irgendwelche anderen Hobbies oder Freizeitbeschäftigungen, hat sie prägende Freundschaften geschlossen? Ich kann gut verstehen, dass sich die Autorin hier ganz auf das Hier und Jetzt konzentrieren wollte, in dem Megan sich in die Suche nach Informationen und Halt stürzt, aber leider haben mir hier noch ein paar Details gefehlt, um sie als Figur richtig greifen zu können. Die Informationen über Leo sind hingegen noch spärlicher und der gesamte Handlungsstrang rund um das dunkle Geheimnis seiner Familie wird gegen Ende mehr schlecht als recht aufgelöst.

Megan: "Idahos Schönheit zeigt sich nach Sonnenuntergang. Erinnerungen sind wie Sterne in der Nacht, die in unseren Herzen funkeln, obwohl ihr Licht längst verloschen ist. Ich hoffe, dass dieser Abend eine der besonderen Erinnerungen wird, eine Seite in meinen Alben, über die ich zärtlich streiche, wenn ich alt bin und mich an das Gefühl erinnere, das ich jetzt in mir habe."

Auch andere Aspekte der Handlung werden für meinen Geschmack auf den letzten Seiten wieder zu schnell und zu einfach abgehakt im Vergleich zu den dramatischen Umständen zuvor. Das finde ich extrem schade und ich bin mir sicher, dass zusätzliche 100 Seiten der Geschichte gutgetan hätten, sodass alle losen Enden verstaut und die Figuren mit ein bisschen mehr Lebendigkeit und Details versehen hätten werden können. Im jetzigen Zustand finde ich die Geschichte sehr gut, mit ein bisschen mehr Umfang hätte sie aber grandios sein können. Denn beide Figuren sind mir sehr ans Herz gewachsen. Vor allem Megans innere Aufruhr und die Beweggründe hinter ihrer verzweifelten Suche sind mir sehr ans Herz gegangen, obwohl ich selbst mit dem Thema Adoption und Herkunft nur wenig anfangen kann. Grundsätzlich ist Megan eine spannenden, wenn auch nicht ganz einfache Protagonistin, da sie permanent in einem Wirrwarr an Emotionen gefangen ist und andere deshalb wild von sich stößt. Das macht sie aber nicht weniger liebenswert und verspricht eine interessante Dynamik für die Liebesgeschichte.

Megan: "Früher war mein Herz eine Straße, auf der jeder so weit gehen konnte, wie er wollte, doch nun ist es ein unüberwindbarer Gipfel, zu dem sich niemand mehr hochschlagen kann. Niemand"

Auch die langsame Annäherung und die prickelnde Chemie zwischen Megan und Leo hat mir sehr gut gefallen. Es gab einige Szenen, die habe ich beinahe als Filmsequenzen vor mir gesehen, weil sie so eine lebendige Dynamik hatten. Das mag vielleicht auch mit Justine Pusts Schreibstil zusammenhängen. Neben den Konflikten der Figuren und deren wachsender Nähe dürfen wir auch die Natur Idahos bewundern und abermals im Wohlfühlort Belmont Bay mit all seinen liebenswerten Schauplätzen und Originalen schwelgen. Genau wie beim Lesen von Band 1 habe ich deshalb wieder eine Menge schöner Zitate und Aussprüche markiert und gesammelt, von denen meine Highlights der Rezension beigefügt sind. Besonders der alte Bennett hat es mir ja insgeheim angetan. Ich freue mich also sehr darauf, im Januar 2023 wieder nach Belmont Bay zurückkehren zu können und dort dann die Geschichte von Bennetts Enkelin Sophia und dem genesenden Drogensüchtigen Arin zu lesen.

Megan: "Ich weiß, dass ich das Richtige tue. Nicht nur für mich selbst, sondern für uns alle. Für meine Familie. Die, mit der mich das gleiche Blut verbindet, und die, die mich schon mein ganzes Leben lang begleitet. Sie gehören beide zu mir, mit allen Schattenseiten und jedem Sonnenstrahl. Und wir werden das hier durchstehen. Gemeinsam."


Fazit:


"With you I hope" ist wie Band 1 eine cozy Kleinstadt-Romance mit nicht ganz so cozy Themen. Justine Pust entführt abermals für eine intensive Geschichte über Familie, Zuhause, Suchen und Ankommen ins malerische Belmont Bay und überzeugt mit emotionaler Tiefe, wichtigen Botschaften und wunderschönen Landschaftsbeschreibungen. Leichten Abzug gibt es für den in meinen Augen zu geringen Umfang, wodurch einige Fragen offen und das Ende zu überstürzt bleiben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.08.2022

Eine intensive Geschichte über Familie, Zuhause, Suchen und Ankommen

With you I hope
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Nachdem mir mein erstes Buch von Justine Pust, der ich schon seit Jahren auf Instagram folge, wo sie als @justinethereadingmermaid unterwegs ist, so gut gefallen hat, war klar, dass ich die Belmont Bay ...

Nachdem mir mein erstes Buch von Justine Pust, der ich schon seit Jahren auf Instagram folge, wo sie als @justinethereadingmermaid unterwegs ist, so gut gefallen hat, war klar, dass ich die Belmont Bay Reihe dringend weiterverfolgen muss. Nach dem NA-Auftakt "With you I dream" ist nun Anfang August mit "With you I hope" Band 2 der Reihe erschienen und entführt abermals ins malerische Belmont Bay für eine intensive Geschichte über Familie, Zuhause, Suchen und Ankommen.

Megan: "Manchmal halte ich mich so sehr an den Erinnerungen fest, damit mir nicht schwindlig von den vielen Veränderungen in meinem Leben wird. Doch so spielt das Leben eben, oder? Alles verändert sich, auch wenn man selbst am liebsten stehen bleiben würde, und dafür bleiben genau die Dinge unbeweglich, von denen man sich wünscht, sie würden sich verändern."

Erstmal vorweg: ich liebe, liebe, LIEBE das Cover!!! Mit der karminroten Blume im Hintergrund, deren durchscheinende Blütenblätter stark an einen Klatschmohn erinnern, dem geschwungenen, weißen Titel und den vereinzelten, goldenen Sprenkeln ist es schlicht und einfach wunderschön gestaltet und passt perfekt zum blauen Band 1. Der Titel klingt auch ganz hübsch und anders als beim ersten Band wird hier auch eine klare Verbindung zum Inhalt gezogen. Positiv hervorheben möchte ich noch die toll gestalteten Leselaschen der broschierten Ausgabe, in denen Eindrücke aus der fiktiven Kleinstadt Belmont Bay zu sehen sind, welche das Setting für die gleichnamige Belmont-Bay-Reihe bildet. Was die Optik angeht, hat der Knaur Verlag sich hier also wirklich mal wieder selbst übertroffen!!!

Erster Satz: "Erinnerungen sind ebenso wertvoll wie zerbrechlich."

Wir steigen einige Zeit nach Band 1 zu einem Zeitpunkt in Megans Leben ein, an dem durch den Auszug ihrer Schwester Mia, die zu deren Freund Connor zieht, einiges ins Rollen kommt und die drohende Einsamkeit in ihr abermals den Wunsch weckt, ihre leiblichen Eltern ausfindig zu machen. Dieser Wunsch hat sie vor einiger Zeit in das lauschige Belmont Bay in der wild-romantischen Natur Idahos geführt, das für sie eine neue Heimat geworden ist. Als der Privatermittler Leo durch einen Auftrag in die Stadt kommt, sieht sie ihre Chance gekommen, das Geheimnis ihrer Herkunft endlich zu ergründen. Doch noch weiß sie nicht, dass Leo in mehr als nur einer Hinsicht der Schlüssel zu ihren Fragen ist...

Megan: "Ich bin vierundzwanzig. Wenn ich jetzt schon wüsste, wie der Rest meines Lebens aussehen soll, wäre das ziemlich langweilig, oder?" Obwohl es mir nicht gefällt, dass es mich schon wieder zum Lächeln gebracht hat, nicke ich. Wenn ich etwas verstehen kann, dann den Drang, nicht ständig den Erwartungen anderer zu entsprechen. Das ist wohl die größte Diskrepanz zwischen meiner Familie und mir. Mom ist eine Planerin, Mia ist eine Planerin, und ich sitze zwischen all diesen Plänen und weiß nicht, wo mir der Kopf steht. Pläne engen mich ein, Erwartungen machen mir Druck. Ich will kein durchgeplantes Leben. Keinen Zehn-Schritte-Plan zum Glück, sondern Abenteuer, die mich finden, und Tänze im Regen bei jedem Gewitter."

Mit der Suche nach der eigenen Herkunft und Enttäuschungen beim Treffen eines bisher unbekannten Elternteils hat Justine Pust genau wie in Band 1 wieder ein sehr persönliches und für sie ebenfalls relevantes Thema aufgegriffen. Für die Überwindung und die emotionale Arbeit, die die Autorin in diese Geschichte gesteckt haben muss, kann ich abermals nur den Hut vor ihr ziehen! Anders als das cozy Kleinstadtsetting vermuten lassen würde, sind die behandelten Themen hier also wieder alles andere als gemütlich. Wie die sehr umfangreiche Triggerwarnung schon vermuten lässt, schlägt die Autorin mit den Themen Adoption, Gewalt gegen Frauen, Traumata, Victim Blaming, häusliche Gewalt, Sexismus und Drogenkonsum eine gesellschaftskritische und emotional arbeitsintensive Richtung für ihre Geschichte ein und kombiniert dies mit einer spannenden und dramatischen Handlung. An einigen Stellen empfand ich die Handlung als eine Winzigkeit überzogen und konstruiert. Da das äußere Chaos aber wunderbar Megans inneren Aufruhr widerspiegelt, konnte ich darüber gerne hinwegsehen.

Megan:"Ich bin der vollen Überzeugung, dass alles an der Liebe einfacher wäre, wenn man nur wirklich miteinander sprechen würde. Ohne Zwang. Ohne auferlegte Ideale."

"With you I hope" ist also genau wie sein Vorgänger "With you I dream" mehr als eine Liebesgeschichte und besticht mit emotionaler Tiefe und wichtige Themen. Schade ist nur, dass dabei auf den 368 Seiten abermals vieles nur angerissen bleibt. Megans Aufwachsen, ihr Verhältnis zu ihrer Schwester, zu ihrer Mutter, zu ihrem Studium, ihre zurückliegende Beziehung, ihr Leben in Belmont Bay... da bleiben viele Fragen offen. Was hat Ihr außer dem Fotografieren Freude bereitet, hat sie irgendwelche anderen Hobbies oder Freizeitbeschäftigungen, hat sie prägende Freundschaften geschlossen? Ich kann gut verstehen, dass sich die Autorin hier ganz auf das Hier und Jetzt konzentrieren wollte, in dem Megan sich in die Suche nach Informationen und Halt stürzt, aber leider haben mir hier noch ein paar Details gefehlt, um sie als Figur richtig greifen zu können. Die Informationen über Leo sind hingegen noch spärlicher und der gesamte Handlungsstrang rund um das dunkle Geheimnis seiner Familie wird gegen Ende mehr schlecht als recht aufgelöst.

Megan: "Idahos Schönheit zeigt sich nach Sonnenuntergang. Erinnerungen sind wie Sterne in der Nacht, die in unseren Herzen funkeln, obwohl ihr Licht längst verloschen ist. Ich hoffe, dass dieser Abend eine der besonderen Erinnerungen wird, eine Seite in meinen Alben, über die ich zärtlich streiche, wenn ich alt bin und mich an das Gefühl erinnere, das ich jetzt in mir habe."

Auch andere Aspekte der Handlung werden für meinen Geschmack auf den letzten Seiten wieder zu schnell und zu einfach abgehakt im Vergleich zu den dramatischen Umständen zuvor. Das finde ich extrem schade und ich bin mir sicher, dass zusätzliche 100 Seiten der Geschichte gutgetan hätten, sodass alle losen Enden verstaut und die Figuren mit ein bisschen mehr Lebendigkeit und Details versehen hätten werden können. Im jetzigen Zustand finde ich die Geschichte sehr gut, mit ein bisschen mehr Umfang hätte sie aber grandios sein können. Denn beide Figuren sind mir sehr ans Herz gewachsen. Vor allem Megans innere Aufruhr und die Beweggründe hinter ihrer verzweifelten Suche sind mir sehr ans Herz gegangen, obwohl ich selbst mit dem Thema Adoption und Herkunft nur wenig anfangen kann. Grundsätzlich ist Megan eine spannenden, wenn auch nicht ganz einfache Protagonistin, da sie permanent in einem Wirrwarr an Emotionen gefangen ist und andere deshalb wild von sich stößt. Das macht sie aber nicht weniger liebenswert und verspricht eine interessante Dynamik für die Liebesgeschichte.

Megan: "Früher war mein Herz eine Straße, auf der jeder so weit gehen konnte, wie er wollte, doch nun ist es ein unüberwindbarer Gipfel, zu dem sich niemand mehr hochschlagen kann. Niemand"

Auch die langsame Annäherung und die prickelnde Chemie zwischen Megan und Leo hat mir sehr gut gefallen. Es gab einige Szenen, die habe ich beinahe als Filmsequenzen vor mir gesehen, weil sie so eine lebendige Dynamik hatten. Das mag vielleicht auch mit Justine Pusts Schreibstil zusammenhängen. Neben den Konflikten der Figuren und deren wachsender Nähe dürfen wir auch die Natur Idahos bewundern und abermals im Wohlfühlort Belmont Bay mit all seinen liebenswerten Schauplätzen und Originalen schwelgen. Genau wie beim Lesen von Band 1 habe ich deshalb wieder eine Menge schöner Zitate und Aussprüche markiert und gesammelt, von denen meine Highlights der Rezension beigefügt sind. Besonders der alte Bennett hat es mir ja insgeheim angetan. Ich freue mich also sehr darauf, im Januar 2023 wieder nach Belmont Bay zurückkehren zu können und dort dann die Geschichte von Bennetts Enkelin Sophia und dem genesenden Drogensüchtigen Arin zu lesen.

Megan: "Ich weiß, dass ich das Richtige tue. Nicht nur für mich selbst, sondern für uns alle. Für meine Familie. Die, mit der mich das gleiche Blut verbindet, und die, die mich schon mein ganzes Leben lang begleitet. Sie gehören beide zu mir, mit allen Schattenseiten und jedem Sonnenstrahl. Und wir werden das hier durchstehen. Gemeinsam."


Fazit:


"With you I hope" ist wie Band 1 eine cozy Kleinstadt-Romance mit nicht ganz so cozy Themen. Justine Pust entführt abermals für eine intensive Geschichte über Familie, Zuhause, Suchen und Ankommen ins malerische Belmont Bay und überzeugt mit emotionaler Tiefe, wichtigen Botschaften und wunderschönen Landschaftsbeschreibungen. Leichten Abzug gibt es für den in meinen Augen zu geringen Umfang, wodurch einige Fragen offen und das Ende zu überstürzt bleiben.

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