Profilbild von evaczyk

evaczyk

Lesejury Star
offline

evaczyk ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit evaczyk über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.08.2022

Traumurlaub gerät zur Lebenskrise

Holiday – Sieben Tage. Drei Familien. Ein tödliches Geheimnis.
0

Es könnte so schön sein: Eine Traumvilla in Südfrankreich in malerischer Umgebung, zusammen mit den drei besten Freundinnen aus Studientagen plus Familien. Doch für die Engländerin Kate ist das traute ...

Es könnte so schön sein: Eine Traumvilla in Südfrankreich in malerischer Umgebung, zusammen mit den drei besten Freundinnen aus Studientagen plus Familien. Doch für die Engländerin Kate ist das traute Zusammensein vergällt, seit sie eine zufällig einen Chat auf dem Handy von Ehemann Sean liest. Er hat offensichtlich Geheimnisse vor ihr, die mit einer Frau mit dem Pseudonym Coral Girl zu tun haben. Für Kate ergibt sich nur eine logische Schlussfolgerung: Ihr Mann hat eine Affäre. Und der Chat legt nahe, dass es sich nur um eine ihrer drei besten Freundinnen handeln kann. Das macht den Vertrauensbruch nur noch schlimmer.

Doch wer kann es sein? Die ehrgeizige Unternehmerin, deren Mann Kate anvertraut, er befürchte, sie habe eine Affäre? Jennifer, die mit Sean zusammen war, als Kate ihn kennenlernte? Oder Weltenbummlerin Izzy, die wie er aus Irland stammte und mit ihm einst die Schule besuchte?

Die Angst um ihre Ehe ist nicht das Einzige, das Kate auf die Urlaubsstimmung drückt. Ihre 16-jährige Tochter Lucy verhält sich seltsam, zieht sich immer mehr zurück. Ist es mehr als pubertierendes Teenagerverhalten? Und hat Jennifers Ehemann Alastair ein etwas zu großes Interesse an der jungen Frau, die nur wenig älter ist als seine eigenen Teenagersöhne? Diese scheinen im übrigen selbst erkannt zu haben, dass das Mädchen, das sie seit der Kindheit kennen, zu einer ziemlich bemerkenswerten jungen Frau herangewachsen ist.

Um gute Stimmung zu machen, nehmen sie auch Kates neunjährigen Sohn Daniel mit zu ihren Unternehmungen. Da der Junge ein ziemlicher Nerd ist, freut sich Kate zunächst darüber. Doch vor allem Jennifers ältester Sohn Jake wird ihr zunehmend unheimlich mit seiner extremen Risikobereitschaft und seine Stimmungsumschwüngen.

Mit „Holiday“ hat T.M. Logan einen spannenden Psychothriller nicht nur für die Ferienzeit geschrieben. Er schafft es, mit Andeutungen und Spuren Kate (und die Leser) immer wieder auf neue Spuren zu lenken, die plausibel erscheinen, bis dann eine neue Entwicklung neue Fragen aufwirft. Bis Antworten auf alle Fragen gefunden werden, wird es jedenfalls sehr dramatisch und auch wenn die Auflösung am Ende schlüssig ist, gib es bei all den Wendungen immer wieder Überraschungsmomente. Nicht nur im Urlaub für spannende Lese-Momente empfohlen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.08.2022

Gift, Musik und Oligarchen

Die Cellistin
0

Es gibt schon so viele Bücher um den kunstsinnigen israelischen Agenten und Mossad-Chef Gabriel Allon - da könnte man davon ausgehen, dass Autor Daniel Silva irgendwann die Ideen ausgehen. Doch weit gefehlt ...

Es gibt schon so viele Bücher um den kunstsinnigen israelischen Agenten und Mossad-Chef Gabriel Allon - da könnte man davon ausgehen, dass Autor Daniel Silva irgendwann die Ideen ausgehen. Doch weit gefehlt - "Die Cellistin" weckt angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage Erinnerungen an reale Ereignisse, wenn es etwa um Giftmorde an Ex-Agenten oder sonstigen dem Kreml missliebigen Menschen geht.

Die Verwicklungen russischer Oligarchen in die Politik, die Sicherheitsdienste und ins Organisierte Verbrechen - darüber gibt es non-Fiction-Bücher voll beunruhigender Schilderungen. Das Szenario von "Die Cellistin" wirkt daher ziemlich lebensnah. Und auch die Entwicklung in den USA mit dem Auftrieb der extremen Rechten während der Trump-Präsidentschaft ist leider kein Fantasieprodukt Silvas.

Dabei will sich Gabriel Allon, nicht mehr der Jüngste und nach langer Geheimdienstlaufbahn doch eigentlich vor allem der Kunst und der Familie widmen, die in seinem Agentenleben oftmals zu kurz kamen. Und keinesfalls strebt er eine weitere Amtszeit als Mossad-Chef an. Doch als ein Kremlkritiker vergiftet wird und ausgerechnet eine investigative Journalistin unter Verdacht gerät, kann Allon dies nicht ignorieren, er kannte den Toten.

Internationale Finanzspekulationen, Geldwäsche, Machtspiele und Oligarchen, das ganze passenderweise zwischen London und Zürich - das Setting passt, und Allon kann sich auf Mitstreitet verlassen, die auch aus früheren Bänden vertraut sind. So hat die Arbeit an dem neuen Fall ein bißchen etwas von einem Familientreffen an sich.

Allerdings gibt es hier statt Kaffeetafel und Erinnerungen doppeltes Spiel, digitales und analoges Ausspähen, eine Falle für den obersten Geldwäscher des Kreml und wer weiß, vielleicht sogar für den Mann an der Spitze Ruslands selbst? Ein Trumpf in Allons Kartenset ist eine junge deutsche Finanzexpertin und begabte Cellistin, der der Roman den Titel verdankt. Wie so viele der Frauenfiguren, mit denen Allon zu tun hat, ist sie natürlich wieder unverschämt gut aussehend, aber na ja, wir wissen ja seit James Bond, dass unscheinbare Frauen in Spionagefilmen und -romanen nur als Leiche in den ersten Minuten/Buchseiten taugen, soviel Klischee muss wohl sein.

Bei aller Routine des Autors kommt keine Langweile auf. Der Plot ist spannend, die Umsetzung ebenso. Der Showdown ist diesmal sogar ganz besonders dramatisch. Bleibt nur die Frage, hält Daniel Silva Allon die Treue oder bahnt sich hier gerade eine neue Reihe an?

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.08.2022

Eleganter Krimi in der Verlagswelt

Eine verdächtig wahre Geschichte
0

Ein Bestseller, mehrere Morde und ein rätselhafter Autor - mit "eine verdächtig wahre Geschichte" führt Antoine Laurain die Leser*innen in die Welt des Pariser Literaturbetriebs. Sie ist womöglich noch ...

Ein Bestseller, mehrere Morde und ein rätselhafter Autor - mit "eine verdächtig wahre Geschichte" führt Antoine Laurain die Leser*innen in die Welt des Pariser Literaturbetriebs. Sie ist womöglich noch eine Spur eleganter, kapriziöser, großbürgerlicher als anderswo, jedenfalls wenn die Beschreibung der Figuren des Buchs ein Indiz ist. Violaine Lepage hat es aus bescheidenen Anfängen an die Spitze eines Literaturverlags geschafft, ist zugleich die Chefin der Manuskriptabteilung. Die Lektoren, die hier arbeiten, sind mit Trüffelschweinen der Literatur vergleichbar - shließlich müssen sie in dem Wust unverlangt eingesandte Manuskripte das Gespür für den Text haben, der auf dem Buchmarkt den Durchbruch schafft.

"Die Zuckerblumen" von Camille Desencres ist so ein Buch, mausert sich zur Sensation, wird für den wichtigsten Literaturpreis Frankreichs nominiert. Und plötzlich hat der Verlag ein Problem. Denn sobald der Preisträger oder die Preosträgerin bekannt ist, folgt eine Pressekonferenz mit Live-Übertragung, Fernsehauftritte und der Autor oder die Autorin wird zum öffentlichen Star. Leider weiß niemand, wer Camille Desencres ist, nicht einmal, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt - Das Manuskript wurde ohne Adresse eingesandt, alle Kontakte liefen über eine Email, Camille schwieg sich über sämtliche persönliche Informationen aus. Niemand hat ihn oder sie je zu Gesicht bekommen.

Und plötzlich interessiert sich auch die Polizei für das Buch. Denn sie ermittelt in zwei Mordfällen, die sich vor Erscheinen des Buchs ereignet haben und die in dem Text so genau beschrieben sind, dass es nach einer verdächtig wahren Geschichte aussieht, nach Täter- oder zumindest Zeugenwissen. Ist Camille Desencres ein Mörder? Dass Violaine nach einem Unfall im Koma lag und nun unter Gedächtnislücken und Visionen toter Autoren leidet, macht es nicht einfacher.

Doppelbödiges Versteckspiel mit Seitenhieben auf literarische Abgründe, Spannung und ein bißchen Liebe, viele Geheimnisse und ein fulminanter Abschluss - Laurain weiß, wie er seine Leser fesselt und unterhält. Das war mein erstes Buch des Autoren, den ich mir nun merken werde. Esprit und Überraschungen, elegante Literaturwelt und dunkle Vergangenheit machen die gerade mal gut 200 Seiten zum Lesegenuss und Rätselvergnügen gleichermaßen. Buchfans kommen da eigentlich nicht dran vorbei.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.07.2022

Kosaken, Sowjetmenschen und eine Welt im Umbruch

Samson und Nadjeschda
0

Vor wenigen Monaten las ich "Graue Bienen" von Andrej Kurkow und war ziemlich hingerissen. Als nun "Samson und Nadjeschda" als neuester Roman Kurkows erscheint, war für mich klar, dass ich ihn unbedingt ...

Vor wenigen Monaten las ich "Graue Bienen" von Andrej Kurkow und war ziemlich hingerissen. Als nun "Samson und Nadjeschda" als neuester Roman Kurkows erscheint, war für mich klar, dass ich ihn unbedingt lesen wollte. Gleich vorneweg - die Bücher unterscheiden sich beträchtlich, sowohl vom Zeitgefüge als auch in der Erzählweise. Eine Enttäuschung ist "Samson und Nadjeschda" allerdings dennoch nicht, sondern für sich ein spannender und erhellender Roman, für den Kurkow allerdings in die Vergangenheit eintaucht, als gäbe es aus seiner ukrainischen Heimat nicht aktuell unendlich viel Material für einen Schriftsteller.

Wobei: Die Unsicherheiten, die Gewalt, der Überlebenskampf, mit dem sich Samson im Kiew nach dem ersten Weltkrieg konfrontiert sieht, ähnelt dem vieler Kiewer gut 100 Jahre später. Wie allgegenwärtig der Tod ist, bekommt Samson gleich auf den ersten Seiten zu spüren. Kosaken töten seinen Vater, als er gemeinsam mit Samson unterwegs zum Schneider ist. Samson hätte ein ähnliches Schicksal erlitten, doch der Kosakensäbel traf "nur" sein Ohr, das künftig in einer Bonbondose ruht und noch eine ganz besondere Rolle spielen wird.

Samson bleibt alleine zurück in der großen, bürgerlichen Wohnung - Mutter und Schwester sind schon vor Jahren gestorben, Die Hausmeisterwitwe will ihn verkuppeln - einerseits, damit er jemand in seinem Leben hat, andererseits, weil sonst schon die neue Sowjetmacht jemanden in der für Samson viel zu großen Wohnung einquartieren dürfte. Mit Nadjeschda hat sie schon jemanden im Auge. Doch die junge Frau, deren Name "Hoffnung" bedeutet, hat ein ganz anderes Ziel als Amouren, will sie doch ein neuer Mensch sowjetischer Prägung sein und mit ihrer Arbeit im Amt für Statistik zum Erfolg der Weltrevolution beitragen.

Eher zufällig stolpert auch Samson in die Arme der Staatsmacht und wird in einem Schnellkurs sowjetischer Milizionär. Ein Kriminalfall, mit dem er es zu tun bekommt, hat indirekt auch mit ihm zu tun. Bei seinen Ermittlungen bewegt er sich in allen Gesellschaftsschichten, sucht in einer Welt, die sich noch selbst erfindet, nach Anhaltspunkten und Verlässlichkeiten. Das Kiew des Jahres 1919, es ist von Gewalt, Umsturz und Versorgungsknappheit gekennzeichnet. Auch ein historischer Roman kann recht aktuell klingen.

Wie es weitergeht mit Samson und Nadjeschda, den Rätseln eines Schneiders und eines Silberdiebstahls. das soll hier nicht verraten werden. Doch Kurkow hat schon angedeutet, dass weitere Abenteuer und Herausforderungen auf den Milizionär und die Statistikerin warten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.05.2022

Kommissar unter Verdacht

Böser Abschied
0

Die Krimiserie um die Sylter Kommissare Silja Blanck, Bastian Kreuzer und Sven Winterberg ist bisher an mir vorbeigeschrammt - mit "Böser Abchied" habe ich jetzt den bereits neunten Band der Reihe von ...

Die Krimiserie um die Sylter Kommissare Silja Blanck, Bastian Kreuzer und Sven Winterberg ist bisher an mir vorbeigeschrammt - mit "Böser Abchied" habe ich jetzt den bereits neunten Band der Reihe von Eva Ehley gelesen. Macht aber nichts - auch ohne die Vorgeschichte und die Beziehungen der Protagonisten zueinander genauer zu kennen, bin ich gut in dieses bereits entwickelte Geflecht hineingekommen. Der spannende Plot und viel Inselatmosphäre haben dann auch für spannende Unterhaltung und Kopfkino von Kliff, Dünen und Watt gesorgt.

Ein Junggesellenabend in lauer Sommernacht gerät gründlich daneben. Erst geht die Stimmung den Bach herunter, weil die alten Schulfreunde nicht gerade Freunde fürs Leben geblieben sind. Dann wird aus einer Polizeiwaffe geschossen, es gibt einen Toten und einen Vermissten. Sven Winterberg, der an dem Junggesellenabend teilgenommen hat, gerät plötzlich selbst unter Verdacht. Was ist geschehen in der Nacht, an die die Beteiligten nach reichlich Alkoholkonsum nur noch unklare Erinnerungen haben - oder dies zumindest behaupten?

Eingeschoben in den Erzählfluss sind immer wieder innere Monologe eines Menschen zwischen Leben und Tod und die Autorin schafft es so, lange Zeit die Spannung aufrechtzuerhalten: Wer redet hier, ist es der Tote, ist es der Vermisste, gibt es Rettung oder ist dies das Ende?

Die Ermittlungen, die auch einen Kollegen betreffen, sind für Silja Blanck und Bastian Kreuzer alles andere als Routine. Können sie hier überhaupt objektiv ihrer Arbeit nachgehen, oder sind sie persönlich involviert. Gut gefallen hat mir der herbe Charme der Staatsanwältin, die an einer Stelle auf ganz besondere Art in die Ermittlungen eingreift. Mit verschiedenen Spuren, die auf ganz unterschiedliche Motive und Täter hinweisen, schafft es die Autorin, das Rätselraten andauern zu lassen. Das war bestimmt nicht das letzte Buch von Eva Ehley, dass ich gelesen habe.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere