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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.09.2022

Die dunklen Seiten der Leidenschaft

Sturmhöhe
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Yorkshire in England: Als Lockwood, der neue Mieter von Thrushcross Grange, in der Gegend ankommt, will er seinem Vermieter Heathcliff in Wuthering Heights einen Besuch abstatten. Nicht nur das Wetter ...

Yorkshire in England: Als Lockwood, der neue Mieter von Thrushcross Grange, in der Gegend ankommt, will er seinem Vermieter Heathcliff in Wuthering Heights einen Besuch abstatten. Nicht nur das Wetter ist frostig, sondern auch der Empfang. Doch von einer alten Haushälterin erfährt er, was sich vor etlichen Jahren ereignet und Heathcliff so verbittert hat…

„Sturmhöhe“ ist ein Romanklassiker von Emily Brontë, der zum ersten Mal 1847 erschienen ist.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 34 Kapiteln. Ansonsten ist der Aufbau erstaunlich raffiniert. Zum einen: Die Perspektive wechselt mehrfach, wobei die Erzählungen ineinander verschachtelt sind. Zum anderen: Es wird nicht chronologisch erzählt. Die Handlung beginnt 1801, springt mehrere Jahrzehnte nach vorne und dann ins Jahr 1802.

Auch in sprachlicher Hinsicht ist der Roman erstaunlich modern. Er lässt sich gänzlich ohne erklärende Anmerkungen oder Fußnoten verstehen. Zudem gelingt es der Autorin auf wunderbare Weise, mit ihren Beschreibungen sehr viel Atmosphäre und starke Bilder zu erzeugen.

Die Protagonisten sind äußerst interessant ausgestaltet. Sie kommen weder gefällig noch besonders sympathisch daher. Die meisten Figuren weisen sogar etliche menschliche Schwächen und düstere Charaktereigenschaften auf. Dennoch oder vielleicht gerade deshalb ist das Personal des Romans für mich sehr reizvoll. Etwas verwirrend ist allerdings die sehr ähnliche Namensgebung.

Vor der Lektüre hatte ich mich auf eine Liebesgeschichte eingestellt. Diese ist zwar durchaus vorhanden, aber weitaus weniger raumgreifend als vermutet und keineswegs kitschig. In inhaltlicher Sicht habe ich den Roman als überraschend vielschichtig und facettenreich empfunden. Menschliche Abgründe wie Hass und ungesunde Besessenheit spielen eine wichtige Rolle. Insgesamt könnte man sagen, dass es vor allem darum geht, wie Leidenschaft ins Negative umschlagen kann.

Obwohl der Roman mit fast 500 Seiten recht umfassend ist, konnte mich die Geschichte durchweg fesseln. Nennenswerte Längen gibt es nicht.

Mein Fazit:
Mit „Sturmhöhe“ ist Emily Brontë ein Roman gelungen, der auch mehr als 150 Jahre nach seinem Erscheinen nichts von seiner Faszination, seiner Lesbarkeit und seinem Unterhaltungswert eingebüßt hat. Eine empfehlenswerte Lektüre nicht nur für eingefleischte Liebhaber klassischer Literatur.

Veröffentlicht am 21.08.2022

Nicht nur die Vögel finden zurück

Die Rückkehr der Kraniche
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Vogelwartin Grete Hansen ist gerne draußen in der Natur. Ihr ganzes Leben hat die 49-Jährige im kleinen Dorf hinter dem Deich verbracht. Hier zog sie ihre Tochter Anne groß und half ihrer Mutter Wilhelmine ...

Vogelwartin Grete Hansen ist gerne draußen in der Natur. Ihr ganzes Leben hat die 49-Jährige im kleinen Dorf hinter dem Deich verbracht. Hier zog sie ihre Tochter Anne groß und half ihrer Mutter Wilhelmine mit Haus und Hof. Als Wilhelmine stürzt und ihr Zustand kritisch ist, reist Gretes jüngere Schwester Freya an und Gretes Pläne geraten ins Wanken. Auch Anne findet zurück ins Dorf. Mehrere Geheimnisse stehen allerdings zwischen den Frauen…

„Die Rückkehr der Kraniche“ ist ein Roman von Romy Fölck.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 31 angenehm kurzen Kapiteln. Erzählt wird abwechselnd aus der Sicht von Grete, Freya, Anne und Wilhelmine. Die Handlung ist nahe der Elbe verortet. Die Zeitangaben sind eher vage, aber die Chronologie wird eingehalten.

Der Schreibstil ist atmosphärisch, sehr anschaulich und eindringlich. Schon nach wenigen Seiten haben mich die tollen Naturbeschreibungen für die Geschichte gewinnen können.

Die vier Protagonistinnen sind interessant und lebensnah gestaltet. Ihre Gedanken und Gefühle lassen sich gut nachvollziehen.

Inhaltlich ist der Roman nicht besonders kreativ. Familiengeschichten mit Geheimnissen gibt es zuhauf. Dennoch hat mich die Umsetzung überzeugt. Die Handlung driftet nicht in Banalitäten ab und verharrt nicht an der Oberfläche. Thematisch ist der Roman zudem durchaus facettenreich.

Auf wenig mehr als 300 Seiten ist die Geschichte nicht immer turbulent, aber trotzdem nicht langatmig.

Das stimmungsvolle Cover ist nicht nur hübsch, sondern passt meiner Ansicht nach recht gut. Auch der Titel gefällt mir.

Mein Fazit:
Mit „Die Rückkehr der Kraniche“ hat Romy Fölck meine Erwartungen voll erfüllt. Ein lesenswerter Roman für schöne Lesestunden.

Veröffentlicht am 16.08.2022

Ein Finanzgenie

Treue
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New York in den 1920er-Jahren: Die Wirtschaft boomt, die Finanzbranche wächst. Und ein Mann profitiert davon besonders. Selbst beim großen Börsencrash 1929 fährt er saftige Gewinne ein. Welche Art Mensch ...

New York in den 1920er-Jahren: Die Wirtschaft boomt, die Finanzbranche wächst. Und ein Mann profitiert davon besonders. Selbst beim großen Börsencrash 1929 fährt er saftige Gewinne ein. Welche Art Mensch ist er? Und wie ist dieser erstaunliche Erfolg bloß möglich?

„Treue“ ist ein Roman von Hernan Diaz.

Meine Meinung:
Der Roman gliedert sich in vier Teile, die als Werke unterschiedlicher Urheber ausgegeben werden: der Roman „Verpflichtungen“, eine Autobiografie, ein Memoir und ein Tagebuch, erzählt aus verschiedenen Perspektiven. Ein interessanter und gut durchdachter Aufbau.

Die Geschichte fokussiert sich auf die 1920er- und 1930er-Jahre, umspannt aber auch weitere Jahrzehnte. Ihr Schwerpunkt liegt in New York.

Sprachlich variiert der Roman sehr stark. Das passt einerseits hervorragend zu den verschiedenen, teils unzuverlässigen Erzählstimmen, ihren jeweiligen Hintergründen und Intentionen. Andererseits sorgt dies dafür, dass mich manche Teile mehr, manche weniger angesprochen haben. Vor allem der zweite Teil ist in stilistischer Hinsicht kein Vergnügen. Festzustellen ist aber, dass es der Autor trefflich versteht, mit Sprache umzugehen. Immer wieder tauchen kluge Sätze und Gedanken auf, die man sich merken möchte.

Für mich gibt es im gesamten Roman keine klassischen Sympathieträger. Dennoch haben wir es mit reizvollen Charakteren zu tun, die bewusst ein wenig ambivalent und diffus bleiben.

Inhaltlich dreht sich die Geschichte - zumindest vordergründig - um Reichtum, Macht, Moral und Deutungshoheit. Der Handel an der Börse und die Finanzwelt nehmen breiten Raum ein. Davon sollte man sich jedoch nicht abschrecken lassen, denn es gelingt Diaz sehr gut, diese Themen verständlich zu machen. Darüber hinaus steckt aber noch viel mehr darin, wobei ich an dieser Stelle nicht zu viel vorwegnehmen möchte. Ich kann allerdings verraten, dass Täuschung und Wahrheit weitere zentrale Motive sind. Alles in allem ist die Geschichte facettenreich und vielschichtig angelegt.

Auf den mehr als 400 Seiten gibt es durchaus kleinere Längen. Durch die unterschiedlichen Perspektiven kommt aber dennoch keine Langeweile auf. Zum einen kann der Roman immer wieder überraschen. Zum anderen entsteht ein spannendes Verwirrspiel, was den Lesesog noch verstärkt. Sobald man glaubt, man habe verstanden, wie sich alles zugetragen hat, lässt ein neues Mosaiksteinchen das zuvor Gelesene in neuem Licht erscheinen. Erst am Ende ergibt sich ein vollständiges Bild. Dann wird die Gesellschaftskritik in Gänze ersichtlich, die dazu führt, dass der Roman noch länger nachhallt.

Nur ein kleines Manko: Der deutsche Titel kommt bei Weitem nicht an die Mehrdeutigkeit des englischsprachigen Originals („Trust“) heran und passt nach meinem Empfinden nur mäßig gut zum Inhalt.

Mein Fazit:
Mit „Treue“ ist Hernan Diaz ein in mehrfacher Sicht ungewöhnlicher und kreativer Roman gelungen. Eine besondere Geschichte mit vielen Ebenen, die zwar ein wenig Ausdauer erfordert, die sich aber lohnt. Eine empfehlenswerte Lektüre und ein Lesehighlight des Jahres 2022.

Veröffentlicht am 16.08.2022

Von übellaunigen Drachen und störrischen Prinzessinnen

Der kleine Raubdrache
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Der kleine Drache hat es nicht leicht. Er will keine Prinzessinnen rauben, weil das eine undankbare Aufgabe ist. Aber er hat keine Wahl und daher schlechte Laune. Und dann läuft auch noch alles schief…

„Der ...

Der kleine Drache hat es nicht leicht. Er will keine Prinzessinnen rauben, weil das eine undankbare Aufgabe ist. Aber er hat keine Wahl und daher schlechte Laune. Und dann läuft auch noch alles schief…

„Der kleine Raubdrache - Das vorschriftsmäßige Rauben von Prinzessinnen“ ist ein Kinderbuch von Dagmar H. Mueller, geeignet für Jungen und Mädchen ab fünf Jahren.

Meine Meinung:
Die Geschichte besteht aus 18 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Zeit und Ort bleiben unklar, sind aber fürs Verständnis irrelevant.

Die Sprache ist auf die Altersgruppe abgestimmt. Die Beschreibungen sind anschaulich und gut verständlich. Der Text eignet sich gut zum Vorlesen. Einzelne Wörter wie „mucksch“ sind allerdings schon recht speziell.

Der kleine Drache ist ein sympathischer Protagonist. Auch die frechen Prinzessinnen sind interessante Charaktere.

Auch in inhaltlicher Hinsicht hat uns das Buch überzeugt. Die Geschichte um Drachen und Prinzessinnen, die sich gegen Rollenerwartungen, Klischees und Zwänge auflehnen, ist nicht nur ein amüsantes Lesevergnügen. Sie liefert auch Gesprächsstoff und vermittelt begrüßenswerte Botschaften.

Die Illustrationen von Sabine Rothmund gefallen uns ebenfalls sehr gut: zeitgemäß, mit Liebe zum Detail und lustigen Elementen. Sie ergänzen die Geschichte perfekt.

Die Covergestaltung spricht uns ebenso sehr an. Der Titel ist recht lang und etwas redundant, aber passt zum Inhalt.

Mein Fazit:
Mit „Der kleine Raubdrache - Das vorschriftsmäßige Rauben von Prinzessinnen“ ist Dagmar H. Mueller ein witziges Vorlesebuch gelungen, das auf liebevolle Weise mit Geschlechter- und Rollenklischees spielt. Pädagogisch sinnvoll und zugleich unterhaltsam. Wir freuen uns schon jetzt auf die angekündigte Fortsetzung.

Veröffentlicht am 15.08.2022

Ein Jahr mit dem Zesel

Grimm und Möhrchen – Frühling, Sommer, Herbst und Zesel
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Buchhändler Grimm muss nicht mehr alleine in seinem Haus im Dorf leben. Der kleine Zesel Möhrchen ist zu einem Freund und Mitbewohner geworden. Zusammen entdecken sie die Bräuche der Menschen...

„Grimm ...

Buchhändler Grimm muss nicht mehr alleine in seinem Haus im Dorf leben. Der kleine Zesel Möhrchen ist zu einem Freund und Mitbewohner geworden. Zusammen entdecken sie die Bräuche der Menschen...

„Grimm und Möhrchen - Frühling, Sommer, Herbst … und Zesel“ von Stephanie Schneider ist der zweite Band um den Buchhändler und seinen ungewöhnlichen Mitbewohner, geeignet für Kinder ab fünf Jahren.

Meine Meinung:
Wieder ist das Kinderbuch in Kapitel mit einer angemessenen Länge eingeteilt. Dieses Mal sind es 14. Die Überschriften sind einfach, aber passend.

Die Beschreibungen sind anschaulich, alle Texte für die Altersgruppe entsprechend formuliert. Zum Vorlesen eignet sich das Buch sehr gut. Wegen der großen Schrift können Grundschüler aber auch alleine darin stöbern. Besonders gefallen hat mir der immer wieder aufblitzende Wortwitz.

Vorkenntnisse des ersten Bandes sind nicht vonnöten. Das Buch erschließt sich auch so. Ich empfehle dennoch, zunächst den Auftaktband zu lesen.

Wie schon im ersten Buch stehen der liebenswerte Buchhändler und der Zesel im Vordergrund der Geschichte. Ein wunderbares Gespann. Vor allem der freche, sympathische Zesel konnte mich erneut begeistern.

Inhaltlich begleitet der Leser die beiden chronologisch durch ein ganzes Jahr. Die Kapitel lassen sich auch einzeln lesen. Thematisch bietet es sich an, das Buch immer wieder zu den jeweiligen Anlässen hervorzuholen, zum Beispiel zu Karneval, im Herbst und an Weihnachten. Die Geschichte überzeugt mit fantasievollen Einfällen und pädagogisch einwandfreien Botschaften.

Praktisch sind die zwei Lesebändchen, farblich passend in Schwarz und Weiß, denn das Buch mit mehr als 130 Seiten lässt sich nicht in einem Rutsch lesen.

Die bunten Illustrationen von Stefanie Scharnberg sind rundum gelungen. Sie wirken zeitgemäß und sind mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Manche Zeichnungen erstrecken sich über eine Doppelseite, manche sind etwas kleiner. Allen gemeinsam ist, dass sie die Geschichte auf hübsche Weise bereichern und das Textverständnis erleichtern.

Das Cover ist ebenfalls wieder sehr ansprechend geworden. Der Titel ist treffend gewählt.

Mein Fazit:
Mit „Grimm und Möhrchen - Frühling, Sommer, Herbst … und Zesel“ ist Stephanie Schneider eine schöne Fortsetzung ihres kreativen Kinderbuches gelungen. Wir hoffen auf weitere Geschichten über dieses Duo.