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SofieWalden

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.08.2022

Ein bisschen wie den Nil hinunterfahren, nach Agatha-Christie-Manier

Die Passage nach Maskat
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1929, die 'Champollion' verlässt Frankreich und macht sich auf den Weg in den Orieet. An Bord des Ozeanriesen eine illustre Gesellschaft unterschiedlicher Menschen, die alle ihr eigenes Süppchen kochen ...

1929, die 'Champollion' verlässt Frankreich und macht sich auf den Weg in den Orieet. An Bord des Ozeanriesen eine illustre Gesellschaft unterschiedlicher Menschen, die alle ihr eigenes Süppchen kochen und ihre Pläne sind nicht immer von positiver Natur. Unter ihnen die Kaufmannsfamilie Rosterg, zu der auch Tochter Dora gehört. Sie wird von ihrem Ehemann, dem Fotojournalisten Theodor Jung begleitet, für den diese Seereise eine persönlich sehr große Herausforderung ist, da damit ein Trauma aus seiner Zeit im 1.Weltkrieg verbunden ist. Dazu kommt, das ihm Doras Familie eher ablehnend gegenüber steht. Und der Prokurist der Firma, er hat ihn schon vorab bedroht, da er selbst ein Auge auf Tochter und Firma geworfen hat. Was dann passiert, für Jung ein Albtraum, denn plötzlich ist Dora unauffindbar. Und auf seine Nachfrage tragen alle großes Erstaunen zur Schau und behaupten, Dora wäre doch nie auf dem Schiff gewesen. Jung schwankt zwischen Zweifeln am eigenen Verstand und der sich immer mehr verstärkenden Erkenntnis, das dies hier ein abgekartetes Spiel ist und sollte er bis zur Anlandung in Maskat die Dinge nicht aufgeklärt haben, wird man ihn als Doras Mörder von Bord führen. Die Uhr tickt.
Dieses ein bisschen an Agatha Christie und ihren 'Tod auf dem Nil' erinnerndes Szenario, es hat, gerade unter diesem Aspekt durchaus seinen Reiz. Die Geschichte, zusätzlich sehr angenehm mit orientalischem Flair ausgebettet, ist sehr leicht und angenehm zu lesen. Spannung hat sie auch und am Ende erwartet man natürlich den großen Showdown, die sicherlich recht verästelte Aufklärung dieses bösen Spiels. Und gerade hier schwächelt es ein wenig. Eine komplett schlüssige Lösung, das gehört einfach dazu bei einem Kriminalroman, der irgendwie schon im Fahrtwasser der großen Agatha Christie unterwegs ist. Und da gilt auf alle Fälle: ermittelt, kombiniert, gelöst und dann nonchalant vorgetragen. Hecule Poirot lässt grüßen.
Eine Krimigeschichte, die am Ende etwas zu offen daherkommt, für mich.
Aber trotzdem sehr unterhaltsam und angenehm zu lesen.

Veröffentlicht am 22.08.2022

Eine futuristische Lebensordnung im kleinen und auch sie scheitert

Auf See
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Die 17-jährige Yada, deren Vater eine eigene abgekapselte Lebensgemeinschaft, die 'Seestadt', aufgebaut hat, bekommt eine gute Ausbildung, wird aber von medialen und auch kulturellen Anreizen regelrecht ...

Die 17-jährige Yada, deren Vater eine eigene abgekapselte Lebensgemeinschaft, die 'Seestadt', aufgebaut hat, bekommt eine gute Ausbildung, wird aber von medialen und auch kulturellen Anreizen regelrecht abgeschottet. Ihr wird suggeriert, ein Leben 'außerhalb ihrer Blase' wäre inzwischen nicht mehr möglich. Doch dies ist wie so vieles andere nicht die Wahrheit. Yada merkt, dass dieses künstlich geschaffene Lebenskonstrukt an allen Ecken und Enden bröckelt, im wahrsten Sinne des Wortes und sie begehrt auf, indem sie den Dingen nachgeht und immer mehr Klarheit darüber bekommt, was 'wirklich' ist.
Und auch jenseits von Yadas Welt findet Leben auf gar nicht so menschenfeindliche Weise statt. Hierfür steht Helena, eine durch Zufall zum Orakel hochstilisierten Frau, die so auch als Anführerin einer Art Sekte fungiert, sehr widerwillig, was dann auch Ambitionen bei anderen weckt.
Yada und Helena, irgendwie steuern sie langsam aufeinander zu. Das ist schon klar und darin liegt auch eine gewisse Spannung. Als drittes sozusagen neutrales Element taucht 'das Archiv' immer wieder im Verlauf der Geschichte auf. Dies steht für die reale Welt und erzählt von sektenähnlichen Gebilden, Lebensformen, Gesellschaften, die es tatsächlich, gestaltet von Menschen, einst gab und die alle gescheitert sind. Aus Utopie wird Dystopie und die lässt schmerzhaft grüßen.
Das Gesamtwerk, das daraus entstanden ist, dieses durchaus literarisch ambitionierte Gebilde, es hat seinen Reiz, aber ganz überzeugt hat es nicht. Ein starkes Ende, das das Gesamtpaket fest zusammenschnürt, und einem als Leser die etwas verlorengegangene Orientierung zurückgibt, darauf hat man gehofft und es der Geschichte gewünscht.
So aber bleiben interessante gut recherchierte Fakten und ein schriftstellerisches Experiment, das beileibe nicht in einer Dystopie endet, aber es gibt noch Luft nach oben.

Veröffentlicht am 21.08.2022

Sechs Tage bis zum Termin

Sanfte Einführung ins Chaos
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Marta und Daniel sind ein Paar. Anfang 30, leben sie zusammen mit ihrem Hund Rufus in einer kleinen Mietwohnung in Barcelona. Beide sind berufstätig, aber der große Durchbruch ist sowohl Marta, die Fotojournalistin ...

Marta und Daniel sind ein Paar. Anfang 30, leben sie zusammen mit ihrem Hund Rufus in einer kleinen Mietwohnung in Barcelona. Beide sind berufstätig, aber der große Durchbruch ist sowohl Marta, die Fotojournalistin ist wie auch Daniel, der Drehbücher schreibt, bisher nicht gelungen. Sie haben die Hoffnung fürs berufliche Fortkommen noch nicht aufgegeben und vielleicht eröffnet sich schon morgen eine Chance. Da bricht etwas völlig 'Ungeplantes' in ihren Alltag ein. Marta ist schwanger. Und als sie Daniel dies erzählt, meint sie auch, bereits einen Entschluss gefasst zu haben. Sie will das Kind nicht und sie hat bereits einen Termin für den Abbruch, in sechs Tagen. Daniels Haltung ist zu diesem Zeitpunkt nicht so eindeutig, aber er erklärt, jeden Weg, die Entscheidung, die Marta letztendlich trifft, mitzutragen. Und so erleben wir als Leser mit, wie sich die beiden mit ihrer Situation, sie und er, auseinandersetzen. Das Hin und Her der Gedanken, die Rückblenden auf die eigene Vergangenheit, unter der vor allem Daniel durch den frühen Tod des Vaters und dem Versprechen an sich selbst, sein Kind niemals im Stich zu lassen, sehr leidet, die Geschichte spiegelt dies sehr authentisch und nachvollziehbar wieder. Der Part des Mannes, hier ist er, sicherlich nicht so üblich, größer als der der schwangeren Marta. Und mein Gefühl, wirklich eingebunden zu sein, war bzgl. Daniel auch etwas tiefgreifender. Wie es in Marta aussah, da hätte man gerne noch mehr erfahren, aber insgesamt ist diese intensive Episode im Leben der beiden auch genauso bei einem selbst angekommen. Dieses Miterleben hat zu keiner Wertung geführt. Man hofft einfach, dass die Entscheidung, die ganz am Ende der Geschichte getroffen wird, die richtige für die beiden ist und sie in ihrem weiteren Leben nicht zu sehr 'beschwert'.
Ein Buch, dessen ruhiger fließender Schreibstil sehr an die sachte, sanfte Art, mit dem Thema umzugehen, angepasst ist und den Fokus auf die beiden Hauptpersonen nie behindert, ich finde es sehr lesenswert.

Veröffentlicht am 07.08.2022

Pudding Panda, eine sie und fast schon Mary Poppins

Ein Panda zieht ein
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Pudding Panda ist die Attraktion des Edingburgher Zoos, ein Star und jeden Tag gibt sie alles. Doch im Geheimen wünscht sie sich etwas anderes. Wie Mary Poppins als Kindermädchen die Probleme in einer ...

Pudding Panda ist die Attraktion des Edingburgher Zoos, ein Star und jeden Tag gibt sie alles. Doch im Geheimen wünscht sie sich etwas anderes. Wie Mary Poppins als Kindermädchen die Probleme in einer Familie wieder in Ordnung zu bringen und dann dazuzugehören, das ist ihr Traum. Und als sich herausstellt, dass man sie nach China verschiffen will und sie gleichzeitig, durch einen Zufall erfährt, dass Cal, der neunjährige Sohn der gerade etwas ins Schlingern geratenen Familie Campbell, sie um Hilfe bittet, gibt es kein Halten mehr und schon steht sie bei Cal vor der Tür. Cals Vater ist nach einem Streit mit seiner Frau nicht nach Hause gekommen, Mike aus der Schule hat Cal heute besonders schlimm schikaniert und sein Geburtstag, den hat seine Familie doch tatsächlich vergessen. Also jede Menge zu tun für Pudding Panda und die gibt wirklich ihr Bestes.
Es macht großen Spaß, dieses Tohuwabohu rund um Pudding Panda und ihre neue Familie mitzuerleben. Da geht es um ganz reale nicht so schöne Dinge, die einfach so passieren im Leben, aber auch um Freundschaft, Zusammenhalt und darum, dass mal ehrlich miteinander reden schon viel helfen kann. Und für all das steht eben diese Pandadame, die natürlich Fantasie ist, aber was macht das schon, manchmal darf es halt auch etwas kreativ sein, um zu merken, was wirklich wichtig ist. Und eine solche Panda-Mary Poppins in der eigenen Familie zu haben, das ist doch wohl toll.
Einfach eine schöne Geschichte.

Veröffentlicht am 30.07.2022

Wenn etwas Entscheidendes wegbricht, muss man sich neuen Halt suchen

Die Ewigkeit ist ein guter Ort
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Elke, Ende 20, studierte Theologin, ist es schon fast vorbestimmt, Pastorin zu werden, denn genau das erwartet ihr Vater, selbst Pastor einer Gemeinde, von ihr. Sie könnte ja bald seine Nachfolgerin werden. ...

Elke, Ende 20, studierte Theologin, ist es schon fast vorbestimmt, Pastorin zu werden, denn genau das erwartet ihr Vater, selbst Pastor einer Gemeinde, von ihr. Sie könnte ja bald seine Nachfolgerin werden. Im Moment arbeitet sie als Seelsorgerin in einem Altenheim und dort passiert es dann auch, das Vaterunser, sie hat es einfach vergessen und ebenso Zitate aus der Bibel. Alles, was mit Gott und ihrem Glauben zu tun hat, sie kann es nicht mehr aussprechen, sich nicht mehr daran erinnern. Gottesdemenz ist der von ihr kreierte Begriff dafür und sie ist, wie sollte es auch anders sein, schockiert. Elke verordnet sich eine 'Auszeit' und macht sich dann auf die Suche, nach eben dem, was sie bisher als ihr Lebensfundament angesehen hat. Das klappt so nicht und so bleibt nur, sich den eigenen Dämonen zu stellen, Druck und Erwartungen von anderen abzustreifen und sich selbst zu hinterfragen und auch vor dem Tod ihres Bruders vor 15 Jahren und den Umständen, wie dies geschah, nicht mehr davonzulaufen.
Den Weg, den Elke einschlägt, das ist abwechslungsreich und schon manchmal auch irritierend. Da hat man das Gefühl, ihrem Erleben sehr nah zu sein, dann wieder fragt man sich, ob man hier eine Heranwachsende vor sich hat oder eben eine erwachsenen Frau, die in Planung hat, der Rückhalt einer ganzen Kirchengemeinde zu sein. Aufgefangen werden die kleinen Holprigkeiten in der Geschichte aber sehr schön durch den Schreibstil und die feine Mischung aus Einfühlsamkeit, bildhafter Beobachtung und Humor, die die Verfasserin ihrem Debütroman angedeihen lässt.
Jeder muss seinen Weg selbst finden. Die Geschichte dazu, ich fand sie interessant und sehr unterhaltsam. Und ich bin gespannt, was die Autorin als nächstes für ein Thema aufgreifen wird.