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  • Verlag: Hanser Berlin in Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 25.07.2022
  • ISBN: 9783446275454
Hanna Bervoets

Dieser Beitrag wurde entfernt

Roman
Rainer Kersten (Übersetzer)

Wer oder was bestimmt unsere Weltanschauung? Hanna Bervoets erzählt von den Abgründen des virtuellen Raums. „Ein fein komponierter, psychologisch scharfsinniger und subtiler Roman einer seelischen Entblößung.“ (Ian McEwan)

Mindestens 500 Beiträge pro Tag, maximal 7 Minuten Pause, beim Gang aufs Klo läuft die Stoppuhr – die Arbeitsbedingungen bei HEXA sind hart. Aber Kayleigh gefällt der neue Job, das Gehalt ist gut, und die schrecklich verstörenden Bilder, die sie für die Plattform prüfen muss, behandelt sie mit professioneller Distanz. Als sie sich in ihre Kollegin Sigrid verliebt, scheint ihr Glück vollkommen. Bis ihre Kollegen plötzlich zusammenbrechen oder Verschwörungstheorien anhängen, und Sigrid sich immer mehr distanziert. Ist Kayleigh dem Job als Einzige gewachsen? Oder merkt sie nur nicht, wie auch ihr moralischer Kompass sich auf gefährliche Weise zu verschieben beginnt?
"Dieser Beitrag wurde entfernt" ist ein faszinierender, aufwühlender Roman darüber, wer oder was bestimmt, wie wir die Welt sehen, in der wir heute leben.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.07.2022

Bilder, die bleiben

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"Aber was ist das allerschlimmste das du gesehen hast?" (S. 9)

Kayleigh braucht Geld. Nachdem sie einige Monate im Callcenter arbeitete, sind ihre Ansprüche nun relativ gering und sie bewirbt ...

"Aber was ist das allerschlimmste das du gesehen hast?" (S. 9)

Kayleigh braucht Geld. Nachdem sie einige Monate im Callcenter arbeitete, sind ihre Ansprüche nun relativ gering und sie bewirbt sich auf eine Stelle, die zwar wenig aussagekräftig klingt, jedoch zwanzig Prozent mehr Lohn verspricht: "Mitarbeiter (m/w/d) im Qualitätsmanagement". Nach erfolgreicher Eignungsprüfung wird sie übernommen, arbeitet nun als Content Moderator für eine Social Media Plattform, deren Namen sie nicht nennen darf. Ihre Aufgabe: täglich mindestens 500 Videos und Postings ansehen, die als gewaltsam, rassistisch oder suizidal eingestuft wurden, und entscheiden, ob sie gelöscht werden oder stehen bleiben dürfen. Die Arbeitsbedingungen bei HEXA sind hart, die Arbeit zermürbend und die Gefahr, gekündigt zu werden, groß. Ein Team aus Supervisors bewertet ihre Arbeit, erstellt eine Erfolgsquote und analysiert, wie viel Zeit sie braucht, denn: Zeit ist Geld. Würde man Kayleigh nachts aufwecken, sie wüsste alle Regeln auswendig, und doch gelingt es ihr, trotz allem eine professionelle Distanz zu dem Gesehenen zu bewahren - und Spaß an der Arbeit zu finden. Nicht zuletzt wegen Sigrid. Während der gemeinsam im Pub verbrachten Feierabende kommen sie sich näher, verlieben sich; ihr Glück scheint vollkommen. Doch plötzlich verändert sich alles: Ihre Kollegen halten dem psychischen Druck nicht mehr stand, brechen zusammen, reden über Verschwörungstheorien - und Sigrid beginnt sich zunehmend von ihr zu distanzieren. Kayleigh versteht nicht, was vor sich geht. Ist sie die Einzige, die dem Druck standhalten kann - oder merkt sie nur nicht, wie sie sich allmählich verändert?

Eindringlich und aufwühlend entwirft Hanna Bervoets in ihrem Roman "Dieser Beitrag wurde entfernt" (OT: Wat wij zagen, aus dem Niederländischen von Rainer Kersten) ein Psychogramm der gegenwärtigen Gesellschaft, in der Social Media und die Nutzung von Smart Devices über den Alltag und die soziale Interaktion bestimmen. Ein Leben ohne wäre für die meisten undenkbar. Was wir sehen, beeinflusst uns und unser Handeln, unser Denken - unser Leben. Was nicht ungefährlich ist, denn: die Abhängigkeit entsteht leise. Hanna Bervoets blickt hinter das Bild, das wir auf unsere Bildschirmen sehen, unter Umständen selbst erzeugen: Sie deckt auf, unter welchen abstrusen, unmenschlichen Bedingungen die Menschen arbeiten, die darüber bestimmen, was wir in der digitalen Parallelwelt sehen, welchen Bildern sie ausgesetzt sind, um uns vor traumatischem oder negativ beeinflussendem Content zu schützen.

Nachdem ihre Kollegen bei HEXA gekündigt hatten, Kayleigh selbst auch schon seit mehreren Monaten nicht mehr dort arbeitete, wurde eine Sammelklage gegen die Arbeitsbedingungen und die Auswirkungen der Arbeit auf ihre mentale Gesundheit aufgesetzt. Herr Stisic, der zuständige Anwalt, fordert sie nun unerbittlich dazu auf, sich an der Klage zu beteiligen. Darauf hat Kayleigh keine Lust, doch sie ist bereit, ihm von ihren Erfahrungen bei HEXA zu erzählen, wenn er sie dafür in Ruhe lässt. Es gleicht einem Geständnis oder viel eher einer Offenbarung, wie Kayleigh ihre sexuellen Erfahrungen mit anderen Frauen, ihre Zeit als Content Moderator und die Beobachtungen und Erfahrungen, die sie machen musste, mitteilt. Nüchtern reflektiert sie, wie die Grenze zwischen moderierter und gelebter Realität allmählich verschwimmt, sie und ihre Kollegen ohne psychologische Betreuung in der Luft schweben mussten, immer unter dem Druck standen, zu versagen. Und das Bedürfnis verspürten, helfen zu müssen. Solange, bis sie daran zerbrechen.

Auf der einen Seite finde ich den Roman in seiner Intention unglaublich interessant, die Kritik, die die Autorin übt, und auch den sanft gezogenen Vergleich zwischen der Arbeit bei HEXA und der Unbeständigkeit von Kayleighs Beziehungen, dass all das der subjektiven Einschätzung, dem Blickwinkel unterliegt. Doch irgendwo fehlte mir die Tiefe in den Beschreibungen der psychologischen Auswirkungen, das gewisse Etwas und letztlich die Empathie und Nähe zu den Charakteren und ihren Schicksalen. Nichtsdestotrotz ein kurzweiliges, eindringliches Buch, das zum Denken anregt und Spuren hinterlässt.

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Veröffentlicht am 08.07.2022

hochaktuell

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Um ihre Schulden abzuzahlen nimmt Kayleigh einen recht gut bezahlten Job als Qualitätsmanagerin bei der Firma Hexa an. Sie soll Texte, Fotos und Videos, die von Usern einer Plattform als anstößig gemeldet ...

Um ihre Schulden abzuzahlen nimmt Kayleigh einen recht gut bezahlten Job als Qualitätsmanagerin bei der Firma Hexa an. Sie soll Texte, Fotos und Videos, die von Usern einer Plattform als anstößig gemeldet wurden, nach teilweise absurden Kriterien beurteilen und ggf. löschen. Dieser "Content" ist teilweise erschreckend und verstörend, doch Kayleigh schafft es das Ganze von sich weg zu schieben. Es entwickelt sich eine Freundschaft zwischen ihr und einige Kollegen und sogar eine Romanze mit Kollegin Sigrid. Doch die Beiträge und die unmenschlichen Arbeitsbedingungen setzen alle, scheinbar bis auf Kayleigh, immer weiter zu.

Vom Klappentext her habe ich einen Roman über Kayleigh erwartet, der Fokus liegt jedoch auf das Aufzeigen der harten Arbeitsbedingungen und auf die psychologischen Folgen vom Sichten des verstörenden Contents. Ein absolut wichtiges Thema, das nicht nur hochaktuell ist aber auch generell viel zu kurz kommt. Das Buch zählt nur 112 Seiten und bei einer solch geringen Seitenanzahl muss man sich natürlich für einen Schwerpunkt entscheiden. Dieser Part wird auch ausreichend beleuchtet. Allerdings bricht der Roman abrupt ab und lässt einen mit sehr vielen Fragen zurück. Das mag Absicht sein, mir wären allerdings weitere 20 Seiten mit einem rundem Abschluss lieber gewesen.
Die Protagonistin selbst wirkt distanziert, nicht nur in der Geschichte, auch dem Leser gegenüber. Sie war mir weder sympathisch noch unsympathisch, was gar nicht so einfach zu realisieren ist als Autor/in.
Aufgrund der geringen Seitenanzahl ist man mit der Lektüre recht schnell durch, dafür hallt der Inhalt noch eine Weile nach. Kann man mal schnell zwischendurch lesen, damit hätte man das Ziel der Autorin wohl verfehlt, die zum Nachdenken anregen möchte.
Mein Fazit: interessant, hochaktuell und spannend, wenn auch weitere 20 Seiten der Geschichte (nicht dem Thema) gut getan hätten.

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Veröffentlicht am 28.07.2022

Schwierig

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Dieser Beitrag wurde entfernt ist ein Buch, das mich mit sehr gemischten Gefühlen zurücklässt. Es hinterlässt auf der einen Seite Beklemmung und ist auf der anderen Seite so realitätsnah, erschreckend ...

Dieser Beitrag wurde entfernt ist ein Buch, das mich mit sehr gemischten Gefühlen zurücklässt. Es hinterlässt auf der einen Seite Beklemmung und ist auf der anderen Seite so realitätsnah, erschreckend und aufrüttelnd, dass ich eine geringere Bewertung für unangemessen halten würde, obwohl es meinen Geschmack persönlich nicht getroffen hat und ich das Ende ziemlich seltsam fand. Der Leser erhält keine richtige Auflösung und man weiß bis zum Schluss nicht, was wirklich passiert ist. Sehr viel Interpretationsspielraum. Dennoch finde ich das Thema interessant und wichtig. Es macht darauf aufmerksam, wie leicht sich Leute heutzutage durch und in Social Media und Fake News verlieren können und vermittelt eine Vorstellung davon, wie grausam es auf der Welt zugeht und welchen Belastungen Menschen in solchen Unternehmen ausgesetzt sind. Schwere Kost.

Veröffentlicht am 11.10.2022

Background sozialer Medien

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Der Titel "Dieser Beitrag wurde entfernt" hat mich sofort angesprochen.
Ein Satz der uns wohl allen schon einmal untergekommen ist.
Da die Medien in unserer heutigen Gesellschaft immer mehr Raum einnehmen ...

Der Titel "Dieser Beitrag wurde entfernt" hat mich sofort angesprochen.
Ein Satz der uns wohl allen schon einmal untergekommen ist.
Da die Medien in unserer heutigen Gesellschaft immer mehr Raum einnehmen und mittlerweile sehr viel Einfluss auf uns haben (ob gewollt oder nicht), war ich sehr gespannt auf diesen Roman.

Ich bin etwas zwiespalten was meine Meinung zu diesem Buch betrifft.

Auf der einen Seite fand ich es sehr spannend und ebenso schockierend zu lesen, wie es hinter den Kulissen der sozialen Medien zugehen könnte. Ebenso welche Auswirkungen diese Art von Arbeit auf mitarbeitende Personen haben kann.
Diesen Part des Buches fand ich sehr gut gelungen und spannend die Entwicklung der Personen hinter den Kulissen zu verfolgen.

Auf der andern Seite fand ich es schade, dass die eigentliche Thematik die Hälfte des Buches sehr in den Hintergrund rückt und eine Sidestory von 2er Protagnistinnen erzählt wird.
Das war für mich gar nicht stimmig und hat meine Lesefreude doch sehr geschmälert.

Gebe dem Buch dennoch 3 Sterne, da es mich trotzdem nachhaltig zum Nachdenken angeregt hat.

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Veröffentlicht am 22.08.2022

Hanna Bervoets - Dieser Beitrag wurde entfernt

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Kayleigh braucht einen neuen Job, da klingt das, was sie bei HEXA tun muss, geradezu verlockend: Internetbeiträge anschauen und unangemessene Inhalte löschen. Kann so schwer ja nicht sein. Doch die Rahmenbedingungen ...

Kayleigh braucht einen neuen Job, da klingt das, was sie bei HEXA tun muss, geradezu verlockend: Internetbeiträge anschauen und unangemessene Inhalte löschen. Kann so schwer ja nicht sein. Doch die Rahmenbedingungen sind hart und das, was die Mitarbeiter zu sehen bekommen, geht oftmals über das Ertragbare hinaus. Schnell wird eine verschworene Gemeinschaft aus der neuen Gruppe. Doch der Druck, das auszuhalten, was man Minute für Minute, Stunde für Stunde an Abgründen zu sehen bekommt, wird bald zur Belastung. Schließlich verklagen einige HEXA, Kayleigh jedoch nicht, einem Anwalt, der sie immer wieder mit Fragen bombardiert, erläutert sie, weshalb sie sich nicht anschließen möchte.

Hanna Bervoets Roman ist mir in den letzten Wochen mehrfach begegnet, weshalb ich neugierig auf das Buch wurde. „Dieser Beitrag wurde entfernt“ klang nach einem ähnlichen Thema wie Dave Eggers „The Circle“ und ich erwartete aufgrund des Klappentextes, meine Sensationslust mit einem Blick hinter die Kulissen eines Internetkonzerns stillen zu können. Leider musste ich schnell feststellen, dass das eigentliche Thema des Romans ein ganz anderes ist und es vorrangig um enttäuschte Liebe geht und die Arbeit bei HEXA nur den Hintergrund für diese liefert.

Bei Kayleighs Training bekommt man zwar Einblicke in die Regeln, nach welchen Beiträge gelöscht werden oder online bleiben, auch werden immer wieder Beispiele für unangemessene Inhalte eingefügt, aber dies bleibt nebensächlich. Die Figuren durchlaufen eine gewisse Entwicklung, denn so ganz spurlos kann diese Arbeit an niemandem vorbeigehen, mit Kayleigh als Erzählerin bleibt dies jedoch auch flüchtig und nur von außen sichtbar, sie selbst scheint kaum belastet durch das kritische Material. Ihr Thema ist Sigrid, eine Kollegin, in die sie sich verliebt und mit der sie eine Beziehung beginnt. Bald schon treten die ersten Schwierigkeiten auf, die sich noch kitten lassen, aufgrund ihrer bestimmenden und manipulativen Art, ist jedoch der große Knall mit Sigrid vorprogrammiert.

Aufgrund der Kürze mit nur knapp über 100 Seiten kann man sicherlich keine tiefgreifende Psychologisierung erwarten, vieles bleibt an der Oberfläche und wird nur angerissen. Da, wo es endlich spannend und interessant wird – wie gehen die Figuren mit den Verschwörungstheorien um, wer kann ihnen standhalten und warum, wie erträgt man brutale Gewaltexzesse ohne selbst aggressiv zu werden, welche Verantwortung tragen die Mitarbeiter, die von Straftaten erfahren - reißt die Handlung immer wieder ab, dabei wäre es das Motiv wert gewesen, tiefer beleuchtet zu werden. Thematisch hatte ich leider auch gänzlich andere Erwartungen, eine Frau, die einer toxischen Beziehung nachweint, ist schlichtweg nicht mein Thema und so konnte ich auch nur wenig Sympathie für die Erzählerin aufbringen.

Gute Ansätze, aus denen sich was hätte entwickeln können, die jedoch ohne Tiefgang bleiben und eine etwas irreführende Beschreibung – leider nicht mein Roman.