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Veröffentlicht am 23.08.2022

Ein raffiniertes Verbrechen

Vermisst
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„Vermisst“ von Joseph Lemark ist bereits der fünfte Band der Kriminalroman-Reihe mit dem ehemaligen Kriminalbeamten Major Josef Vierziger alias Giuseppe Quaranta als Zentralfigur, und der zweite, der in ...

„Vermisst“ von Joseph Lemark ist bereits der fünfte Band der Kriminalroman-Reihe mit dem ehemaligen Kriminalbeamten Major Josef Vierziger alias Giuseppe Quaranta als Zentralfigur, und der zweite, der in Apulien spielt. Ein rätselhafter Fall mit überraschenden Wendungen und fühlbarem Italien-Flair.

Inhalt gemäß Klappentext:
Die erfolgreiche, aber für ihre fragwürdigen Verteidigungsmethoden berüchtigte Anwältin Rosaria Maci verschwindet spurlos. Ist ein bizarres Liebesspiel aus dem Ruder gelaufen? Hat sich einer ihrer Prozessgegner gerächt? Ist sie der apulischen Baumafia in die Quere gekommen? Oder war am Ende alles ganz anders? Josef Vierziger macht sich auf die Suche nach der Dottoressa Maci und stößt auf Abgründe.

Der Schreibstil ist flüssig. Die Kapitel sind angenehm kurz, ohne Orts- oder Zeitangaben. Der Krimi erschien 2022 und spielt in der Gegenwart, Corona wird lediglich ein-, zweimal kurz erwähnt. Der Roman ist ohne Kenntnis der Vorgängerbände problemlos verständlich.

Das italienische Ambiente macht neben dem sympathischen Protagonisten den Reiz dieser Serie aus. Die bildhaften, stimmungsvollen Schilderungen von Vierzigers Spaziergängen im Umland, seiner Markteinkäufe oder Besuche im Stammcafé, nicht zuletzt auch seiner Kochkünste, erzeugen ein gewisses Wohlfühlklima und auch Sehnsucht nach Italiens Lebensart. Und die Lektüre macht Appetit auf südländische Köstlichkeiten. Die zahlreichen italienischen Ausdrücke und kurzen Sätze unterstreichen dieses Gefühl – und im Glossar finden
sich im Übrigen die Übersetzungen hierzu.

Eigentlich würde Vierziger sein geruhsames Leben vorziehen, doch wenn er in einen interessanten Fall involviert wird, recherchiert er mit voller Energie und manövriert sich immer wieder in gefährliche Situationen. Der Fall erweist sich als komplexer als anfangs vermutet. Die verschwundene Anwältin hatte sich nicht nur bei diversen Prozessen Feinde gemacht, sondern führte auch ein umtriebiges Liebesleben. Vierziger sieht sich mit zahlreichen Verdächtigen und Motiven konfrontiert und verfolgt etliche Spuren. Als Leser kann man ausgezeichnet mit rätseln und die Spannung bleibt am Köcheln. Immer wenn man meint, den Täter entlarvt zu haben, dann gibt es erstaunliche neue Erkenntnisse, unerwartete Wendungen. Bis zuletzt die sprichwörtliche Bombe platzt und der Fall sich völlig überraschend klärt.

Nicht nur Vierzigers Wesen ist ausführlich charakterisiert, seine ruhige, zielführende Art der Recherche, seine Fähigkeit mit allen Sinnen zu genießen – ob es nun gutes Essen oder ein Spaziergang ans Meer ist, wo er alle Eindrücke in sich aufsaugt, sondern auch sämtliche Personen, die er im Zuge seiner Ermittlungen kontaktiert, wirken authentisch und lebendig.

Mit „Vermisst“ ist Joseph Lemark neuerlich ein packender Krimi mit einer einerseits beschaulichen Sichtweise auf Italien, abseits vom reinen Sonne-Meer-Urlaubsfeeling, gelungen, wo andererseits aber auch die in Italien allseits präsenten kriminellen Machenschaften der Mafia durchschimmern. Ich habe mit dem Buch erquickende Lesestunden verbracht und freue mich schon auf die Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 18.08.2022

Mörderischer Dominoeffekt

Flammen über der Marsch
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„Flammen über der Marsch“ von Heike Denzau ist ein mitreißender, vom Anfang bis zum Ende extrem spannender Krimi, actionreich und von selten erlebter Dramatik.

Inhalt laut Klappentext:
Vor vier Jahren ...

„Flammen über der Marsch“ von Heike Denzau ist ein mitreißender, vom Anfang bis zum Ende extrem spannender Krimi, actionreich und von selten erlebter Dramatik.

Inhalt laut Klappentext:
Vor vier Jahren verschwand die Studentin Mara Keller spurlos. Ein ungelöster Fall, in den unerwartet Bewegung kommt, als Kommissarin Lyn Harms von der Kripo Itzehoe in einer tödlichen Brandstiftung am Nord-Ostsee-Kanal ermittelt. Schnell gerät eine Unternehmerfamilie in den Fokus, in der offenbar jeder Dreck am Stecken hat – aber gleich zwei Morde? Lyn forscht im engsten Familienumfeld und kommt einem schrecklichen Geheimnis auf die Spur.

Mich sprach schon das Cover sehr an – diese rotglühenden Gräser. Irgendwie assoziierte ich damit schon Dramatisches. Es wurde nicht zu viel versprochen. Es war der packendste, emotionalste und am interessantesten ausgearbeitete Krimi seit langem. Man vergisst vor Spannung beinahe aufs Luftholen, so sehr wird man in die Handlung hineingesogen. Ich konnte das Buch kaum noch aus der Hand legen und habe es beinahe in einem Zug ausgelesen.

Der Schreibstil ist flüssig, anschaulich beschreibend, sodass man sich Personen und das regionale Umfeld gut vorstellen kann. Die Handlung spielt im Jahr 2021 (mit einem Rückblick auf 2017), Corona bleibt unerwähnt. Die kurzen Kapitel lesen sich flott, sind jedoch weder mit Orts- noch Zeitangaben versehen, dadurch verschwimmt die Dauer des Ermittlungszeitraums. Es ist dies bereits der 8. Fall mit Kommissarin Lyn Harms, problemlos ohne Kenntnis der Vorgängerbände lesbar. Aber wer sie noch nicht kennt, will nach diesem Buch garantiert die anderen sieben auch noch lesen!
Es gibt noch eine zweite Serie dieser Autorin, und zwar rund um einen Privatdetektiv, von der ich „Nordseegeheimnis“ gelesen habe, und die eine etwas lockerere und vor allem humorvolle Atmosphäre vermittelt.

Die Handlung setzt mit der Rückblende auf den Cold Case ein, mit jenem Tag, als das junge Mädchen 2017 verschwand. Es ist dies das erste Spannungshighlight von vielen, die dieser Roman noch zu bieten hat. Denn die Geschehnisse entwickeln sich temporeich, unerwartete Wendungen, erschütternde Erkenntnisse und tragische Ereignisse reihen sich aneinander. Zudem tragen die laufenden Orts- und Perspektivenwechsel dazu bei, den Spannungsbogen stets straff zu halten. Insbesondere die Gedankengänge des Täters, der getrieben von seiner Angst entlarvt zu werden, in seiner Verzweiflung weitere Verbrechen begeht, wühlen auf; man bangt mit seinen Opfern. Man mag es kaum für möglich halten, doch die dramatischen Ereignisse steigern sich bis zur letzten Seite, wo man dann das Buch erschüttert und erleichtert zugleich schließt.

Die Charaktere – ob Ermittlerteam oder Verdächtigenkreis – sind generell gut gezeichnet, sehr emotionell, mit Ecken und Kanten, unheimlich lebendig. Sie werden einem richtig vertraut, man hofft, bangt und leidet mit.

„Flammen über der Marsch“ zählt zu meinen Krimi-Highlights heuer – extrem fesselnd, gefühlsstark und bis ins kleinste Detail gut durchdacht. Am liebsten hätte ich 6 Sternchen vergeben!

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Veröffentlicht am 13.08.2022

Einsatz in Venedig - mörderisch und doch stimmungsvoll

Venezianisches Intermezzo
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„Venezianisches Intermezzo“ von Thomas Michael Glaw war nach „Siegmunds Rache mein zweiter Roman dieser Reihe und hat mich darin bestärkt, dass Kriminalrat Benedict Schönheit eindeutig zu meinen Lieblings-Protagonisten ...

„Venezianisches Intermezzo“ von Thomas Michael Glaw war nach „Siegmunds Rache mein zweiter Roman dieser Reihe und hat mich darin bestärkt, dass Kriminalrat Benedict Schönheit eindeutig zu meinen Lieblings-Protagonisten zählt.

Worum geht es?
Benedict Schönheit fliegt mit seiner Freundin Martina, einer Journalistin, nach Venedig, um seinem Bruder Jean-Baptiste zu Hilfe zu eilen, der unter Mordverdacht geraten ist. Es erfordert viel Fingerspitzengefühl, in die Ermittlungen der italienischen Polizei mit einbezogen zu werden.

Das Buch erschien 2022. Der Fall spielt in nicht näher bestimmter Gegenwart, Corona bleibt unerwähnt. Bereits das Cover mit den Gondeln in einem der schmalen Kanäle Venedigs stimmt auf den Roman ein, das Personenverzeichnis mit den humorvollen Beschreibungen auf den zu erwartenden lockeren Erzählstil des Autors. Die Ermittlungen erstrecken sich über zehn Tage, pro Tag ein Kapitel. Obwohl dies bereits der 6. Fall dieser Reihe ist, ist Kenntnis der Vorgängerbände nicht vonnöten.

Ich habe den Krimi sehr genossen, was primär an dem dialogreichen Schreibstil des Autors liegt – man fühlt sich, als wäre man mitten im Geschehen. Zudem strahlt KR Schönheit und sein Umfeld so viel Harmonie aus; es ist leider viel zu selten, dass polizeiliche Ermittler einträchtige, krisenfreie Beziehungen pflegen. Zudem wird die Handlung noch durch das Venedig-Flair von einer gewissen Leichtigkeit und einer Wohlfühlstimmung begleitet: so groß kann der Ermittlungsdruck gar nicht sein, dass nicht noch Zeit für einen Cappuccino wäre. Die kulinarischen Köstlichkeiten, die sich die Protagonisten gönnen, wecken Urlaubssehnsucht, machen Appetit und Lust auf einen Besuch beim Italiener.

Nichtsdestotrotz entwickelt sich der Fall reichlich komplex, die deutsch-italienische Kooperation funktioniert auch dank Benedicts gutem Draht zur Staatsanwaltschaft hervorragend. Die Beziehungen des ermordeten jungen Mannes erweisen sich als undurchsichtig; er war in Machenschaften verstrickt, die weitere Morde nach sich ziehen. Die Handlung bleibt unentwegt spannend. Nur Stück für Stück gelingt es Schönheit und seinem italienischen Kollegen Degasperi, Licht ins Dunkel zu bringen und den Fall zu lösen, insbesondere auch die Unschuld von Benedicts Bruder zu beweisen.

Die Charaktere sind anschaulich gezeichnet. Nicht nur die Protagonisten wirken lebendig, sondern auch Nebenfiguren sind gut vorstellbar. Insbesondere gefiel mir die Art und Weise, wie der Autor Stimmungen und Emotionen vermittelt – auch ohne Liebesszenen spürt man die Zuneigung zwischen Bene und Martina, das Vertrauen zueinander.

„Venezianisches Intermezzo“ war ein Krimi wie ich ihn ganz besonders liebe: sympathische Protagonisten, angenehme Atmosphäre, unblutig, Spannung ergibt sich durch einen interessant aufgebauten Fall, wobei es letztlich weniger auf kriminalistische Technik ankam als auf die Beobachtungs- und Kombinationsgabe der Kriminalbeamten. Für mich Lesegenuss par excellence und Vorfreude auf Fall Nummer sieben.

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Veröffentlicht am 02.08.2022

Verbrechen werfen lange Schatten

Mord mit Worten
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„Mord mit Worten – Rache ist nicht süss“ von Luc Winger ist der 16. Band einer meiner Lieblingskrimiserien. Es ist ein Wohlfühlkrimi mit französischem Flair und 70er Jahre Ambiente, rund um die kluge, ...

„Mord mit Worten – Rache ist nicht süss“ von Luc Winger ist der 16. Band einer meiner Lieblingskrimiserien. Es ist ein Wohlfühlkrimi mit französischem Flair und 70er Jahre Ambiente, rund um die kluge, beeindruckende Kommissarin Lucie Girard.

Worum geht es?
Vor sechs Jahren wurde Clare Archers Schwester in Saint-Tropez vergewaltigt und ermordet. Clares Recherchen ergaben, dass die Mörder sich der gerechtfertigten Strafe durch Flucht ins Ausland entziehen konnten. Clare hegt Rachepläne. Schneller als sie dachte kommt es zu einer Konfrontation mit dem Mörder.

Als treue Leserin dieser Serie war mir Lucie Girards Umfeld sofort wieder vertraut. Doch auch Neueinsteiger finden sicher leicht in die Geschichte hinein. Da dieser Fall an einen früheren Fall (Band 4 „Mord im Rausch“) anknüpft, sind die entscheidenden Fakten des damaligen Mordfalls kurz zusammengefasst – was ich im Übrigen auch geschätzt habe, manche Namen und Details des Falles hatte ich nicht mehr im Kopf. Grundsätzlich kann jedes Buch unabhängig von den Vorgängerbänden gelesen werden. Wer Lucies Werdegang, ihre Privatleben genauer verfolgen möchte, sollte mit Band 1 beginnen.

Mir gefällt an Luc Wingers Romanen – abgesehen von der sympathischen Protagonistin und den spannenden Fällen – insbesondere die Zeit, zu der die Serie spielt. Wenn man die Reihe kontinuierlich verfolgt, fällt einem sehr wohl die Entwicklung auf, dass z.B. immer mehr Technik ins tägliche Leben Einzug nimmt. So wurde die Polizeistation modernisiert, verfügt jetzt über elektrische Türöffner, eine elektrische Schreibmaschine. Thematisiert wird in diesem Band auch die Zunahme des Tourismus. Die Globalisierung beginnt bereits langsam, der Welthandel, das Eindringen fremder Strömungen. Aber nach wie vor muss die Ermittlerin in erster Linie die Fälle aufgrund ihrer eigenen Intuition und Kombinationsgabe lösen. Internet, Handys, DNA-Analysen sind noch kein Thema. Sogar die Übermittlung von Fahndungsfotos dauert Tage, weil viele Polizeistellen noch über kein Faxgerät verfügen.

Der Schreibstil ist flüssig, da fliegen die Seiten nur so dahin. Ich habe das Buch fast ein einem Zug ausgelesen. Das französische Flair ergibt sich aus gut dosierten (und stets übersetzten) französischen Dialogen, aber auch z.B. aus den Schilderungen des Strandlebens, die Erwähnung sehenswerter Ausflugsziele rund um Saint Tropez. Die Kapitel sind kurz, mit Orts- oder Zeitangaben versehen.

Der Fall ist packend aufgebaut. Dass die Journalistin etwas im Schilde führt, ist offensichtlich, doch was bleibt lange im Dunkeln. Ihre provozierende Art verursacht Unruhe, wirbelt vieles durcheinander. Orts-, Szenen-, Perspektivenwechsel gestalten die Handlung abwechslungsreich. Die sich entwickelnde Liebesbeziehung zwischen zwei Hotelgästen bringt ein wenig Erotik ins Spiel. Die Spannung hält sich kontinuierlich bis zum dramatischen Finale.

Im Gegensatz zum Vorgängerband bewegt sich Lucie Girard diesmal voll auf professioneller Ebene, das Privatleben bleibt außen vor. Mit Umsicht, Beharrlichkeit und dem richtigen Gespür verfolgt sie die Spuren und lässt sich nicht täuschen, kompetent unterstützt von ihrem Team, Bruno Purenne und Gendarm Hugo. Letztere sind liebenswürdig, aber auch originell charakterisiert. So manche ihrer Aktionen entlocken einem ein Schmunzeln. Generell sind die Personen lebendig charakterisiert, zeigen Facetten, Emotionen.

Mit „Mord mit Worten“ ist dem Autor wieder ein fesselnder Krimi gelungen, der geschickt an einen früheren Fall anknüpft. Mich hat das Buch erneut begeistert und ich bin voller Vorfreude auf den nächsten Fall, den die aparte Lucie Girard lösen muss.

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Veröffentlicht am 01.08.2022

Recht und Gerechtigkeit ist nicht dasselbe

Surfermord in Neuharlingersiel. Ostfrieslandkrimi
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„Surfermord in Neuharlingersiel“ von Rolf Uliczka ist bereits der 15. Band dieser Reihe, die ich seit Band 12 mit Begeisterung verfolge.

Schon nach wenigen Seiten war ich wieder heimisch in der Polizeistation ...

„Surfermord in Neuharlingersiel“ von Rolf Uliczka ist bereits der 15. Band dieser Reihe, die ich seit Band 12 mit Begeisterung verfolge.

Schon nach wenigen Seiten war ich wieder heimisch in der Polizeistation Wittmund. Sind mir doch alle längst vertraut. Doch auch Neueinsteiger haben sicher kein Problem, in die Geschichte hineinzufinden. Soweit zum Verständnis nötig, gibt es Hinweise auf frühere Fälle bzw. auf die Vorgeschichte der Protagonisten.

Aber worum geht es diesmal?
Theo, Bausachverständiger, Womanizer und begeisterter Kitesurfer, wird ermordet in seinem Campingwagen aufgefunden. Bei näherer Überprüfung des Mordopfers mangelt es weder an Motiven noch an Verdächtigen. War es ein durch ein Gutachten Geschädigter? Oder ein eifersüchtiger Ehemann? Oder jener Surfer, mit dem Theo kürzlich in Streit geriet?

Schon das Cover versetzt in Urlaubslaune: strahlendblauer Himmel, Meer und Strandkörbe. Wenn auch die Mördersuche im Mittelpunkt steht, ein bisschen etwas vom Nordseeflair ist dennoch zu verspüren. Man säße dann auch gerne in der Strandbar und ließe sich die sanfte Brise um die Nase wehen.

Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel haben eine angenehme Länge, Szenen-, Orts- und Perspektivenwechsel gestalten die Handlung abwechslungsreich. Einerseits erlebt man sehr detailliert den Ablauf der Ermittlungsarbeiten, erkennt, wie techniklastig die Polizeiarbeit heutzutage ist, vom Fingerabdruck- und DNA-Abgleich angefangen, über Internetrecherchen, GPS-Trecking und Auswertung von Handy- oder PC-Daten. Andererseits verfolgt man auch die Aktionen von Verdächtigen oder Tätern. Dass es sich um einen „Ostfrieslandkrimi“ handelt, wird durch einige im ostfriesischen Dialekt geführte Dialoge unterstrichen, was problemlos verständlich ist. Das Buch erschien 2022. Die Handlung spielt in der nicht näher bestimmten Gegenwart. Corona wird nicht erwähnt.

Es ist ein Merkmal dieser Reihe, dass es von Anfang an mehrere Verdächtige gibt, diese erst ausgeforscht werden müssen und dass das Mordmotiv völlig unklar ist. Das bietet reichlich Gelegenheit mitzurätseln und eigene Theorien aufzustellen, die meist durch überraschende Erkenntnisse und unerwartete Wendungen gleich wieder über den Haufen geworfen werden. Dadurch lässt die Spannung nie nach, im Gegenteil, sie steigert sich, je näher das Ermittlungsteam dem Täter kommt. Letztlich fügt sich alles schlüssig, der Fall ist gelöst. Dem Autor gelang es wieder einmal, alle Mitratenden zu überraschen.

Abgesehen von der im Vordergrund stehenden Suche nach dem Täter werden einige zur Diskussion anregende Themen angesprochen, wie häusliche Gewalt gegenüber Frauen, deren Opferrolle, die Rechte der Opfer gegenüber den Rechten der Täter, auch Rechtssprechung im Allgemeinen mit dem Fazit, dass Recht und Gerechtigkeit nicht selten divergieren. Im Übrigen erläutert der Autor im Epilog stets das vom Gericht letztlich verhängte, oft zu milde erscheinende Strafausmaß.

Als Fan der Reihe war ich froh, dass Bert genesen ist und, nachdem Nina anfangs alleine mit ihrem Team ermitteln musste, wieder seinen Dienst antreten konnte. Die beiden Kriminalbeamten sind Herz und Seele dieser Reihe, umgeben von einem sympathischen Team. Mir gefällt insbesondere die in diesem Team herrschende Harmonie der Zusammenarbeit.

„Surfermord in Neuharlingersiel“ hat mich wieder einmal begeistert. Ich freue mich schon jetzt auf den nächsten Fall!

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