Gediegen
Das neunte GemäldeDer Kunstexperte Lennard Lomberg wird aufgrund seines Fachwissens über Beutekunst im 3. Reich in die Geschichte eines Gemäldes hineingezogen, dessen Existenz Rätsel aufgibt, das durch Zufälle die Bilderverbrennung ...
Der Kunstexperte Lennard Lomberg wird aufgrund seines Fachwissens über Beutekunst im 3. Reich in die Geschichte eines Gemäldes hineingezogen, dessen Existenz Rätsel aufgibt, das durch Zufälle die Bilderverbrennung entarteter Kunst im besetzten Paris durch die Nazis überstand, damit auch zu einem dunklen Flecken der Familiengeschichte Lombergs selbst wurde und letztlich zu einem Mord führt. Verwickelt in die Aufklärung dieses Mordes wird Lennard Lomberg nicht zur zum Ermittler in Sachen Kunst und der Herkunft des neunten Gemäldes, sondern auch hinein gesogen in die eigene Familiengeschichte, in Fragen der Schuld, der Rache, der Verantwortung, der Auflehnung und der Wiedergutmachung. Der Roman spielt auf drei Ebenen: 1940 im besetzten Paris, 1966, als Lombergs Vater in der jungen BRD zum Bundesgeneralanwalt aufsteigt, und 2016, als die ganze Geschichte Lomberg selbst einholt.
Gediegen war das erste Wort, was mir in den Sinn kam, als ich die Einführung in das Leben eines Kunstexperten namens Lennard Lomberg las. Zuhause in London, aber auch in Bonn, in den Kunst- und Akademikerkreisen, auf einem französischen Weingut sowie der Finanzwelt, für die er zwecks Versicherung Kunstwerke begutachtet, führt er ein gediegenes Leben in Hinsicht auf Lifestyle, Mobiliar, Essen, Kleidung und Automobil. Aber auch die Sprache des Krimis ist gediegen, passend zum Ambiente. Und der Plot selbst ist insofern gediegen, als der Leser sehr genau aufpassen muss, nicht die Übersicht zu verlieren über das Personal, die Zeitebenen und die vielen Verwicklungen untereinander und den verschiedensten Schauplätzen: Bonn, London, Paris, ein Weingut in der Provence, ein Bahnhof in Avignon, Spanien, Mallorca, Berlin, die DDR. Immer verwickelter wird die Handlung, die sich aber zunehmend auch mit vielen interessanten Wendungen und Drehs entwickelt und im letzten Drittel zu fulminanten Lösungen führt. Es liegt kein klassischer Krimi vor, es geht weniger um die Suche nach einem Mörder, die immer mehr an den Rand gerückt wird. Es ist vielmehr ein intelligentes Verwirrspiel mit politisch-historischem und kunsthistorischem Tiefgang. Anhand der vielschichtigen Personen und ihrer dramatischen Schicksale zeigt der Autor auf, dass die Kategorien von Schwarz und Weiß der Frage nach Opfer und Täter, nach Schuld und Sühne nicht gerecht werden. So einfach ist es nicht. Ein kluges Lesevergnügen mit Geschmack, gediegen eben.