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Veröffentlicht am 27.08.2022

Eine asiatische Märchenwelt voller Magie, Schrecken und Schönheit

Ein Kleid aus Seide und Sternen 1: Ein Kleid aus Seide und Sternen
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Handlung: "Ein Kleid aus Seide und Sternen" stand seit dem Erscheinungstermin 2020 auf meiner Wunschliste ganz oben. Weshalb es jetzt doch zwei Jahre gedauert hat, bis ich endlich zu dem wunderschön gestalteten ...

Handlung: "Ein Kleid aus Seide und Sternen" stand seit dem Erscheinungstermin 2020 auf meiner Wunschliste ganz oben. Weshalb es jetzt doch zwei Jahre gedauert hat, bis ich endlich zu dem wunderschön gestalteten und inhaltlich vielversprechenden Buch gegriffen habe, ist mir ein Rätsel. Doch "besser spät als nie" hat nie besser gepasst als auf diese Geschichte, welche mich von der ersten Seite an mitgerissen, berührt und inspiriert hat! Aufgeteilt in drei Teile erzählt Elizabeth Lim hier die Geschichte einer jungen Schneiderin, welche sich gegen die Traditionen, Vorurteile und Grenzen ihrer Welt stemmt, um ihre Träume zu erfüllen, ihre Familie zu retten und ihr Glück zu finden. Dabei hat jeder der drei Teile der Handlung einen in sich abgeschlossenen Spannungsbogen und baut auf einer neuen Grundidee auf, was die Geschichte abwechslungsreich und durchgängig spannend macht. Zunächst lesen wir von einem Schneiderwettbewerb, in den sich Maia vergleichsweise wie in Disneys "Mulan" einschleicht, in dem sie sich als Junge verkleidet. Auf diese erste Einführung in das Leben im von asiatischen Märchen inspirierten Reich A´landi, der Politik im Kaiserpalast und die Vorstellung der Figuren, folgt dann eine abenteuerliche Reise durch das gesamte Reich, während derer Maia gemeinsam mit Edan magische Artefakte sammeln muss bevor in einem anschließenden Showdown ein Kampf gegen böse Mächte die Geschichte auf den Höhepunkt bringt. Für mich hatte jeder der Teile einen eigenen Reiz und wie die unterschiedlichen Lagen eines Kleids gelingt es Elizabeth Lim, die verschiedenen Ebenen ihrer Handlung zu einem stimmigen Gesamtkunstwerk zu verweben.

Schreibstil
: Dabei hilft ihr ohne Frage ihr Schreibstil. Schon in zahlreichen begeisterten Rezensionen habe ich Elizabeth Lim für ihre atmosphärische und magische Erzählweise gelobt gesehen und diesem Urteil kann ich mich auch definitiv nur anschließen. Was aber in keiner der Rezensionen hervorgehoben war und was mich demnach sehr positiv überrascht hat, ist wie schlank, funktional und auf das Nötigste reduziert die Erzählung bei all der sprachlichen Pracht ist. Hier gibt es keine unnötige Szene, keine Wiederholungen, keine Längen und der effiziente Handlungsaufbau bringt verschiedene Facetten von Lims Erzählkunst gelungen zur Geltung, dass man mit dem Lesen gar nicht mehr aufhören will. Dementsprechend habe "Ein Kleid aus Seide und Sternen" innerhalb eines Tages durchgelesen, was mir schon seit Monaten nicht mehr passiert ist!

Figuren:
Der ausdrucksstarke Schreibstil und die spannende Abenteuerhandlung in einer originellen, asiatischen Märchenwelt wird ergänzt durch sympathische Identifikationsfiguren. Zwar bedient sich Elizabeth Lim mit ihrem rebellischen Mädchen, das traditionelle Geschlechterrollen in Frage stellt und in einer Heldenprüfung den Außerwähltenstatus erringt sowie mit dem dunklen, mächtigen Zauberer, der sich doch bald als loyaler und liebenswerter Unterstützer entpuppt typischen Fantasy-Archetypen, da die Entwicklung von Maia und Edan sowie der zarten Liebesgeschichte zwischen den beiden aber wunderbar in die Geschichte integriert wurde, kann ich darüber gerne hinwegsehen. So entsteht eine märchenhafte Geschichte über Magie, Schneiderei, zum Leben erweckte Sagen und das Besiegen eigener Dämonen. Ich lieb´s und habe mir gleich Band 2 besorgt!


Die Zitate

"Die Geschichte eines Mädchens, das die Sonne, den Mond und die Sterne und drei Kleider genäht hatte, die Geschichte eines Mädchens, das sich einem Dämonen ausgeliefert hatte. Es war auch die Geschichte eines Jungen. Eines Jungen, der fliegen, aber nicht schwimmen konnte. Eines Jungen mit der Macht der Götter, aber den Fesseln eines Sklaven. Eines Jungen, der mich liebte. Es war eine Geschichte, die noch nicht zu Ende war."

"Alle Märchen besitzen einen Funken Wahrheit. Manchmal auch mehr als einen Funken."


Das Urteil

Elizabeth Lim mischt hier eine spannende Abenteuerhandlung mit lebendigen Identifikationsfiguren und erweckt mit ihrem ausdrucksstarken Schreibstil eine asiatische Märchenwelt voller Magie, Schrecken und Schönheit zum Leben. Ausdrückliche Leseempfehlung für Fantasy-Fans!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.08.2022

560 Seiten voller Magie, Stärke und Fantasie!

A Psalm of Storms and Silence. Die Magie von Solstasia
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Orientalische, von außereuropäischen Kulturen inspirierte Fantasy kriegt mich jedes Mal. Jedes. Einzelne. Mal. Da bildete auch "A Song of Wraiths and Ruin" von Roseanne A. Brown, welches ich Anfang April ...

Orientalische, von außereuropäischen Kulturen inspirierte Fantasy kriegt mich jedes Mal. Jedes. Einzelne. Mal. Da bildete auch "A Song of Wraiths and Ruin" von Roseanne A. Brown, welches ich Anfang April gelesen habe keine Ausnahme. Der Auftakt zum NA-Dilogie-Debüt erzählte ein modernes, diverses Fantasy-Abenteuer über eine pulsierende Wüstenstadt, ein magisches Fest und zwei verzweifelte Spieler in einem gigantischen Spiel um Leben und Tod, dem man sich nicht entziehen kann! Genauso spannend ging es nun Anfang August in "A Psalm of Storms and Silence" weiter. Auch wenn ich dank meines Bookhangovers nach "Crescent City" eine Weile gebraucht habe, um in die Geschichte einzusteigen, kann ich nach den 560 Seiten voller Magie, Stärke und Fantasie nun sagen, dass Band 2 den Auftakt sogar übertrifft.

Schon das Cover hat mich sofort angesprochen. Auch wenn man im Gegensatz zum englischen Original die Nahaufnahme eines Modelgesichts im Profil sieht, sind Atmosphäre, Farbgebung und die Figurendarstellung so treffend, dass selbst ich mit meiner "Mimimi-keine-echte-Gesichter-auf-Buchcover"-Einstellung mich nicht beschweren kann. Während der dunkelhäutige Junge mit den kurzen Haaren auf der Vorderseite des Buches eindeutig an unseren ersten Protagonisten Malik erinnert, ist auf der Rückseite des Buches unsere erste Protagonistin Karina abgebildet, welche ja auch schon Band 1 geziert hat. Neben der treffenden Auswahl der Models gefällt mir an der Gestaltung besonders gut, dass die beiden Figuren, die jeweils im Profil zu sehen sind, sich gegenseitig anschauen, wenn man das Buch dreht und der dunkle Bordeaux-Rotton des Hintergrunds sehr gut zur deutlich ernsteren und brutaleren Handlung dieses zweiten Teils passt. Um den runden, magischen Gesamteindruck abzurunden, hat meine Ausgabe zusätzlich einen farbigen Buchschnitt, welcher das orientalische Muster fortsetzt, welches im Hintergrund des Cover zu sehen ist. Der Titel gefällt mir ebenfalls und passt sehr gut zur Geschichte, auch wenn Titel nach dem Schema "A xxx of xxx and xxx" im Fantasy-Genre definitiv überstrapaziert werden.

Erster Satz: "Ihr seid also zurückgekommen, weil ihr eine weitere Geschichte über den Jungen und das Mädchen hören möchtet."

Innerhalb der Buchdeckel setzt die Geschichte nach einer kurzen Anmerkung der Autorin bezüglich potenziell triggernder Themen (TW: Gewalt, selbstverletzendes Verhalten, Angstzustände, emotionaler und körperlicher Missbrauch und Tod) und einer Karte von Sonande kurz nach dem Ende von Band 1 an. Während Malik in Ziran mit den Auswirkungen von Hananes Wiedererweckung und dem Staatsstreich zu kämpfen hat, befindet sich Prinzessin Karina auf der Flucht aus Ziran. Damit haben sich die Rollen aus dem ersten Band genau gegensätzlich umgekehrt und Malik ist in einer privilegierten Welt aus Macht und Intrigen gefangen, während Karina quer durch Sonande flüchtet und um ihr Leben bangt. Als hätten die beiden nicht schon genug um die Ohren, beginnen die Götter sich wütend zu erheben und fordern angesichts des zu Unrecht durchgeführten Ritus der Auferstehung ein neues Opfer. Um die Götter zu besänftigen, die bösen Plagen zu beenden und Sonande zu retten, müssen sich Malik und Karina ein weiteres Mal auf die Suche nach uralten Artefakten begeben und - noch viel wichtiger - herausfinden, welchen Weg sie gehen wollen...

Karina: "Sanftmütige, gütige Mädchen - Mädchen wie Aminata, Mädchen wie Hanane -, das waren Mädchen, die man rettete. Niemand riskierte sein Leben für zerbrochene Mädchen mit Giftzungen. Niemand betrauerte Mädchen, die auf Löwentatzen durch die Welt streiften und taten, als wären sie stark, um dahinter ihr zerschmettertes Herz zu verstecken."

Klingt nach einer verworrenen Handlung mit intensiven Gefühlen, fiesen Intrigen, überraschenden Wendungen und großer Spannung, oder? Genau das bekommen wir hier auch vorgesetzt. Nachdem ich einige Erinnerungslücken zur Handlung von Band 1 überwunden hatte, habe ich mich in einer tief durchgerüttelten Welt wiedergefunden, die uns LeserInnen mit göttlichen Plagen, uralten Ritualen, verfeindete Familien, uralte Blutschulden und einer überraschenden Liebe mitreißt. Schon in Band 1 sorgte ja die durch die wechselnde Erzählweise hervorgehobene besondere Konstellation zwischen den beiden Hauptfiguren, die sich egal was sie tun und egal was sie fühlen immer auf entgegengesetzten Seiten wiederzufinden scheinen, für besonders viel Spannung. Auch hier wird die Situation, in die sich Malik und Karina hineinmanövrieren immer verfahrener, sodass man bald nicht weiß, wie die beiden sich aus dem Spinnennetz aus Intrigen und heimlichen Plänen befreien sollen, ohne sich selbst, einander oder ihr Herz zu verlieren...

Malik: "Man bekommt sein Leben nicht, um es sich zu verdienen. Man bekommt es, um es zu leben. Wenn du nur eine Sache findest, die es wert ist, einen weiteren Tag zu erleben, dann hast du alles getan, was du tun sollst."

Dabei legt Roseanne A. Brown von Beginn an ein hohes Erzähltempo an den Tag, findet aber gleichzeitig genügend Raum, um ihre Geschichte stetig mit Beschreibungen, Details und Ausschmückungen anzureichern, sodass die Geschichte ein wenig wie ein Ausflug auf einen Gewürzmarkt wirkt: im ersten Moment vielleicht leicht überfordernd, aber nach kurzer Eingewöhnung sehr interessant und mit vielen tollen Eindrücken, die in Erinnerung bleiben! Zu ihrem charakteristischen Schreibstil zählen auch leicht sprunghafte und plötzliche Szenenwechsel, welche zu großen und kleinen Überraschungsmomenten führen, die Erzählung aber auch leicht chaotisch wirken lassen. Da die minimal überladene Erzählweise jedoch gut zur lauten, bunten Welt, der verworrenen Geschichte und der dichten Spannung passt und die Autorin in diesem zweiten Teil zu einer wesentlich gereifteren Erzählweise gefunden hat, will ich mich sicherlich nicht darüber beschweren!

Karina: "Karina sang dem Wind zu, und der Wind sang zurück, ihre Arme erschufen eine Melodie aus Magie, die nur sie hören konnte. Und während ihr Körper unter der Anstrengung nachzugeben drohte, war ihr Herz voller Lebenskraft."

Neben der spannenden Dynamik zwischen den beiden Hauptpersonen machen auch die schrittweise Erkundung des Settings, das langsame Erklären des Magiesystems und die Aufdeckung der Hintergründe der Handlung die Geschichte so mitreißend. Statt uns von Seite 1 genau zu erklären, wie die Welt funktioniert, in denen ihre Charaktere leben, lieben und leiden, muss man sich in Roseanne A. Browns Roman das Verständnis des Worldbuildings selbst erarbeiten, sodass sich erst im Laufe der Zeit ein einleuchtendes Gesamtbild aus den vielen Details des Settings zusammensetzt. Unser Fantasy-Land Sonande ist dabei ein eindeutig von westafrikanischer Folklore inspiriertes Setting, das die vielfältige Landschaft Afrikas in fantasievollen Gegensätzen vereint. Von der Wüte bis zum Dschungel, bergigen Provinzen bis zu reichen Städten, fruchtbaren Savannen und gefährlichen Gewässern erstreckt sich dieses vielseitige Land, von dem aus Vertreter und Erzählungen bis zu unserem Hauptschauplatz in der Wüstenstadt Ziran wandern. In Band 1 war ich durch die Vielzahl der verschiedenen Namen, der Fülle an Informationen, der Fremdheit der Ausdrücke und der Wiedergabe aus zweiter Hand noch etwas überfordert mit dem Setting und hatte gehofft, dass wir zusammen mit unseren Protagonisten in Band 2 die restliche Welt erkunden und mit eigenen Augen sehen dürfen, von was Reisende in Ziran berichten. Genau das macht Roseanne A. Brown in ihrer Fortsetzung nun auch. Auch wenn Ihr neben der turbulenten Handlung nur wenig Zeit bleibt, um ihre gesamte Fantasywelt zu entdecken, bringt sie hier durch verborgene Städte, verfluchte Länder, alte Artefakte, lebensfeindliche Wüsten, lebendige Urwälder und die Berge von Maliks Heimat eine Menge neuer Schauplätze und Bilder in ihre Geschichte.

Malik: "Manchmal trifft man im Leben Entscheidungen, die man weder rückgängig machen noch begraben kann. Man kann sie nur tragen, und entweder bricht man darunter zusammen, oder man wächst daran und wird stark genug, um nicht zusammenzubrechen. Und es lohnt sich immer, zu wachsen, wenn es einem dabei hilft, das nächste Etwas zu erreichen, das das Leben lebenswert macht."

Zusätzlich zu dem komplexen und vielversprechenden Worldbuilding, bei dem aber auch nach diesem Finale noch viel offenbleibt, reicht auch die Geschichte des Landes über 1000 von Jahren zurück und ist angereichert mit afrikanischen Mythen, dem Erbe der Pharaonen, Geistern, Kriegen und Heldensagen, die man erst mit der Zeit einzuordnen vermag. Der Magie kommt dabei eine düstere, gefährliche und schwer greifbare Rolle zu. Anders als in vielen anderen Fantasy-Reihen ist die Magie hier keine von vornherein klare Größe, mit der gearbeitet, die gelehrt und offen eingesetzt wird. Stattdessen finden die beiden Hauptfiguren erst mit der Zeit heraus, dass sie unterschiedliche Arten von Magie besitzen und sind mit deren Handhabung völlig auf sich alleine gestellt. Dadurch erhält die Geschichte zusätzlich zum durch das hohe Erzähltempo entstandenen gehetzten, verzweifelten Eindruck, eine düstere, geheimnisvolle Atmosphäre, der man sich nur schlecht entziehen kann.

Karina: "Keine Macht, die einer gerechtfertigten Hinterfragung nicht standhält, ist es wirklich wert, ihr Gefolgschaft zu leisten."

Mit Karina und Malik haben wir zwei sympathische Figuren mit vielen tollen Ansätzen, welche jedoch in meinen Augen in dieser voluminösen Geschichte immer noch zu wenig Raum erhalten. Dabei machen beide Figuren eine enorme Entwicklung durch und werden hier zu starken PoC-Charakteren. Karina erschien in band 1 zunächst wie das Klischee einer verzogenen und arglosen Prinzessin. Mit ihrer unreifen, impulsiven und stolzen Art (keine besonders gute Kombination, damit lebt man in Fantasy-Welten oft nicht so lange...) verrannte sie sich in der ein oder anderen unnötigen Schwierigkeit und nahm Handlungen vor, die ich zum Teil schlecht oder gar nicht nachvollziehen konnte. Um ihr Erbe gebracht und plötzlich auf sich allein gestellt, muss sie sich nun darauf zurückbesinnen, wer sie ist, woher sie kommt und was sie aus ihrer Vergangenheit und der Geschichte ihres Landes lernen kann...

Malik: "Malik hatte mehr Fehler gemacht, als er in Worte fassen konnte, aber diese Fehler hatten ihm auch gezeigt, wie stark er war. Ganz gleich, wie oft die Welt versuchte, ihn in die Knie zu zwingen, er fand immer einen Weg, wieder aufzustehen. Dies hatte ihm nicht Farid gegeben. Dies hatte ihm nicht seine Magie gegeben. Er selbst hatte es sich gegeben, und er würde nicht zulassen, dass diese Männer es ihm wegnahmen."

Auch Malik hat sich durch all die Strapazen ordentlich weiterentwickelt. Im Gegensatz zu Karina war ihm durch seine feinfühlige, sanfte Art der Weg in mein Herz schon von Anfang an garantiert. Mit seinem wild ausschlagenden moralischen Kompass, seiner körperlichen Schwäche und seinem täglichen Kampf gegen Panikattacken weicht er deutlich vom Stereotyp des starken Kämpferhelden ab und zeigt auf, dass wahre Stärke auch abseits von Schwertkämpfen und Duellen liegen kann: in Freundlichkeit, Güte oder der Kunst, eine Geschichte zu erzählen zum Beispiel... Hier muss er abermals mit Angst, Depression und Selbstmordgedanken umgehen, multiple Traumata bewältigen, mit einem Dämon in seinem Kopf fertigwerden und gleichzeitig noch die Welt retten. Dass ihn das regelmäßig an seine Grenzen - und darüber hinaus - bringt, ist wohl nicht sehr verwunderlich. Er zeigt uns aber auch, dass ganz unerwartete Dinge eine Stütze sein können...

Karina: "Hast du vergessen, wer du bist? Hast du vergessen, woher du kommst? Unsere Ahnen sind unsere Wurzeln, sie erden uns. Ich bin der Stamm, ich halte die Verbindung. Du, mein Mädchen, bist die Zweige, du bist die Blätter, du bist alles Gute und Grüne. Du kannst blühen und blühen, wenn du dir selbst nur die Chance dazu gibst." (...) Der Turmfalke beugte sich hinab und drückte die Lippen auf Karinas Stirn. Blumen füllten ihre Lungen, füllten ihr Blut, die Saat ihrer Ahnen, die in ihr Wurzeln schlug. "Eine neue Königin muss sich erheben."

Der starken Atmosphären, spannenden Handlung und dem schnellen Erzähltempo stehen wie in Band 1 also leider eine eher mittelmäßig überzeugende Romanze und außerdem ein leicht chaotisches Ende gegenüber. Um die Liebesgeschichte trotz der Tatsache, dass Karina und Malik über die größte Zeit der Handlung hinweg räumlich voneinander getrennt sind, weiterentwickeln zu können, hat die Autorin die beiden geistig verbunden und sie in ihren jeweiligen Träumen besuchen lassen. Auch wenn dies nicht die kreativste aller Lösungen ist, erhält die sich in Band 1 beinahe unglaubwürdig schnell entwickelte Romanze so mehr Glaubwürdigkeit und Tiefe. Angesichts der extrem geringen Zeit, die Karina und Malik tatsächlich zusammen verbringen und der noch geringeren Anzahl an Worten, die die beiden wechseln, hätte ich aber dennoch weiterhin eine zarte Freundschaft bevorzugt, die weniger Raum in Anspruch genommen und Platz für weitere Entwicklungen gelassen hätte.

Malik: "Die alten Geschichten hatten Malik gelehrt, dass die Liebe eine Angelegenheit großer Verkündungen und noch größerer Gesten war. Doch hier in den frühen Morgenstunden, während er Karina in den Armen hielt und sie an seiner Brust Rotz und Wasser heulen ließ, begriff er, dass die Liebe eher einem Kieselstein glich, der in einen Teich sank. Leise wie das Umblättern einer Seite in einem Märchenbuch. Trotzdem breiteten sich die davon ausgehenden Wellen weiter und weiter aus und erfassten jede Vorstellung, die er von der Welt und sich selbst hatte."

Neben den beiden Hauptfiguren, die wie gesagt abwechselnd erzählen, erhalten wir eine ganze Palette an bunten Nebenfiguren, die ich vor allem für ihre Diversität und ihre interessanten Dynamiken mit den beiden Hauptfiguren loben möchte. Zwei Beispiel dafür sind die wieder auferstandene Prinzessin Hanane (Spoiler: Wie sie in Karinas Wahrnehmung von "der Leiche" zu "ihrer Schwester" wechselt und sich von Farids schädlichem Einfluss löst, ist einfach wundervoll) und der Flussgeist Idris (Spoiler: Obwohl Idris in Band 1 ganz klar ein Antagonist ist und Malik zu Beginn große Schwierigkeiten bereitet, ist mir der Flussgeist als sarkastischer Kommentator von Maliks Leben und unerwarteter Retter in der Not im Laufe der Zeit immer mehr ans Herz gewachsen. Besonders eine Szene, in der wir bemerken, dass er und Malik durch ihre geteilten Erinnerungen zu einem gegenseitigen Verständnis gelangt sind, hat mich sehr berührt). Ebenfalls nennen möchte ich den Teenager Ife, welcher hier als erster Fantasy-Charakter ohne eindeutig zuweisbares Geschlecht auftaucht, von dem ich in diesem Genre je gelesen habe.

Auch vom Ende bin ich wie gesagt nicht hundertprozentig begeistert. "A Psalm of Storms and Silence" endet in einem epischen, aber leider ärgerlich unübersichtlichen Showdown. Genau wie in Band 1 werden die Karten hier nochmal ordentlich neu gemischt, dabei passiert aber sehr viel gleichzeitig und über einige gravierende Aspekte wie ein plötzlicher Tod einer Figur und eine Wiederbelebung oder ähnliches Kaliber wird nur grob hinweggegangen. Roseanne A. Brown führt hier zwar alle Handlungsstränge zu einem gelungenen Ende und versteht es, das Ende als offener Anfang einer neuen Geschichte zu modellieren, kann aber nicht alles Potenzial ihrer Geschichte in das Finale kanalisieren. Dennoch: ich bin sehr gespannt auf ihr nächstes Abenteuer!


Fazit:


"A Psalm of Storms and Silence" überzeugt wie sein Vorgänger mit einer starken Atmosphäre, einer spannenden Handlung, einem bunten Setting, sympathischen Figuren mit enormen Charakterentwicklungen und einem schnellen Erzähltempo. Leichten Abzug gibt es von mir nur für das leicht chaotische Ende und die eher mittelmäßigen Romanze.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.08.2022

560 Seiten voller Magie, Stärke und Fantasie!

A Psalm of Storms and Silence. Die Magie von Solstasia
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Orientalische, von außereuropäischen Kulturen inspirierte Fantasy kriegt mich jedes Mal. Jedes. Einzelne. Mal. Da bildete auch "A Song of Wraiths and Ruin" von Roseanne A. Brown, welches ich Anfang April ...

Orientalische, von außereuropäischen Kulturen inspirierte Fantasy kriegt mich jedes Mal. Jedes. Einzelne. Mal. Da bildete auch "A Song of Wraiths and Ruin" von Roseanne A. Brown, welches ich Anfang April gelesen habe keine Ausnahme. Der Auftakt zum NA-Dilogie-Debüt erzählte ein modernes, diverses Fantasy-Abenteuer über eine pulsierende Wüstenstadt, ein magisches Fest und zwei verzweifelte Spieler in einem gigantischen Spiel um Leben und Tod, dem man sich nicht entziehen kann! Genauso spannend ging es nun Anfang August in "A Psalm of Storms and Silence" weiter. Auch wenn ich dank meines Bookhangovers nach "Crescent City" eine Weile gebraucht habe, um in die Geschichte einzusteigen, kann ich nach den 560 Seiten voller Magie, Stärke und Fantasie nun sagen, dass Band 2 den Auftakt sogar übertrifft.

Schon das Cover hat mich sofort angesprochen. Auch wenn man im Gegensatz zum englischen Original die Nahaufnahme eines Modelgesichts im Profil sieht, sind Atmosphäre, Farbgebung und die Figurendarstellung so treffend, dass selbst ich mit meiner "Mimimi-keine-echte-Gesichter-auf-Buchcover"-Einstellung mich nicht beschweren kann. Während der dunkelhäutige Junge mit den kurzen Haaren auf der Vorderseite des Buches eindeutig an unseren ersten Protagonisten Malik erinnert, ist auf der Rückseite des Buches unsere erste Protagonistin Karina abgebildet, welche ja auch schon Band 1 geziert hat. Neben der treffenden Auswahl der Models gefällt mir an der Gestaltung besonders gut, dass die beiden Figuren, die jeweils im Profil zu sehen sind, sich gegenseitig anschauen, wenn man das Buch dreht und der dunkle Bordeaux-Rotton des Hintergrunds sehr gut zur deutlich ernsteren und brutaleren Handlung dieses zweiten Teils passt. Um den runden, magischen Gesamteindruck abzurunden, hat meine Ausgabe zusätzlich einen farbigen Buchschnitt, welcher das orientalische Muster fortsetzt, welches im Hintergrund des Cover zu sehen ist. Der Titel gefällt mir ebenfalls und passt sehr gut zur Geschichte, auch wenn Titel nach dem Schema "A xxx of xxx and xxx" im Fantasy-Genre definitiv überstrapaziert werden.

Erster Satz: "Ihr seid also zurückgekommen, weil ihr eine weitere Geschichte über den Jungen und das Mädchen hören möchtet."

Innerhalb der Buchdeckel setzt die Geschichte nach einer kurzen Anmerkung der Autorin bezüglich potenziell triggernder Themen (TW: Gewalt, selbstverletzendes Verhalten, Angstzustände, emotionaler und körperlicher Missbrauch und Tod) und einer Karte von Sonande kurz nach dem Ende von Band 1 an. Während Malik in Ziran mit den Auswirkungen von Hananes Wiedererweckung und dem Staatsstreich zu kämpfen hat, befindet sich Prinzessin Karina auf der Flucht aus Ziran. Damit haben sich die Rollen aus dem ersten Band genau gegensätzlich umgekehrt und Malik ist in einer privilegierten Welt aus Macht und Intrigen gefangen, während Karina quer durch Sonande flüchtet und um ihr Leben bangt. Als hätten die beiden nicht schon genug um die Ohren, beginnen die Götter sich wütend zu erheben und fordern angesichts des zu Unrecht durchgeführten Ritus der Auferstehung ein neues Opfer. Um die Götter zu besänftigen, die bösen Plagen zu beenden und Sonande zu retten, müssen sich Malik und Karina ein weiteres Mal auf die Suche nach uralten Artefakten begeben und - noch viel wichtiger - herausfinden, welchen Weg sie gehen wollen...

Karina: "Sanftmütige, gütige Mädchen - Mädchen wie Aminata, Mädchen wie Hanane -, das waren Mädchen, die man rettete. Niemand riskierte sein Leben für zerbrochene Mädchen mit Giftzungen. Niemand betrauerte Mädchen, die auf Löwentatzen durch die Welt streiften und taten, als wären sie stark, um dahinter ihr zerschmettertes Herz zu verstecken."

Klingt nach einer verworrenen Handlung mit intensiven Gefühlen, fiesen Intrigen, überraschenden Wendungen und großer Spannung, oder? Genau das bekommen wir hier auch vorgesetzt. Nachdem ich einige Erinnerungslücken zur Handlung von Band 1 überwunden hatte, habe ich mich in einer tief durchgerüttelten Welt wiedergefunden, die uns LeserInnen mit göttlichen Plagen, uralten Ritualen, verfeindete Familien, uralte Blutschulden und einer überraschenden Liebe mitreißt. Schon in Band 1 sorgte ja die durch die wechselnde Erzählweise hervorgehobene besondere Konstellation zwischen den beiden Hauptfiguren, die sich egal was sie tun und egal was sie fühlen immer auf entgegengesetzten Seiten wiederzufinden scheinen, für besonders viel Spannung. Auch hier wird die Situation, in die sich Malik und Karina hineinmanövrieren immer verfahrener, sodass man bald nicht weiß, wie die beiden sich aus dem Spinnennetz aus Intrigen und heimlichen Plänen befreien sollen, ohne sich selbst, einander oder ihr Herz zu verlieren...

Malik: "Man bekommt sein Leben nicht, um es sich zu verdienen. Man bekommt es, um es zu leben. Wenn du nur eine Sache findest, die es wert ist, einen weiteren Tag zu erleben, dann hast du alles getan, was du tun sollst."

Dabei legt Roseanne A. Brown von Beginn an ein hohes Erzähltempo an den Tag, findet aber gleichzeitig genügend Raum, um ihre Geschichte stetig mit Beschreibungen, Details und Ausschmückungen anzureichern, sodass die Geschichte ein wenig wie ein Ausflug auf einen Gewürzmarkt wirkt: im ersten Moment vielleicht leicht überfordernd, aber nach kurzer Eingewöhnung sehr interessant und mit vielen tollen Eindrücken, die in Erinnerung bleiben! Zu ihrem charakteristischen Schreibstil zählen auch leicht sprunghafte und plötzliche Szenenwechsel, welche zu großen und kleinen Überraschungsmomenten führen, die Erzählung aber auch leicht chaotisch wirken lassen. Da die minimal überladene Erzählweise jedoch gut zur lauten, bunten Welt, der verworrenen Geschichte und der dichten Spannung passt und die Autorin in diesem zweiten Teil zu einer wesentlich gereifteren Erzählweise gefunden hat, will ich mich sicherlich nicht darüber beschweren!

Karina: "Karina sang dem Wind zu, und der Wind sang zurück, ihre Arme erschufen eine Melodie aus Magie, die nur sie hören konnte. Und während ihr Körper unter der Anstrengung nachzugeben drohte, war ihr Herz voller Lebenskraft."

Neben der spannenden Dynamik zwischen den beiden Hauptpersonen machen auch die schrittweise Erkundung des Settings, das langsame Erklären des Magiesystems und die Aufdeckung der Hintergründe der Handlung die Geschichte so mitreißend. Statt uns von Seite 1 genau zu erklären, wie die Welt funktioniert, in denen ihre Charaktere leben, lieben und leiden, muss man sich in Roseanne A. Browns Roman das Verständnis des Worldbuildings selbst erarbeiten, sodass sich erst im Laufe der Zeit ein einleuchtendes Gesamtbild aus den vielen Details des Settings zusammensetzt. Unser Fantasy-Land Sonande ist dabei ein eindeutig von westafrikanischer Folklore inspiriertes Setting, das die vielfältige Landschaft Afrikas in fantasievollen Gegensätzen vereint. Von der Wüte bis zum Dschungel, bergigen Provinzen bis zu reichen Städten, fruchtbaren Savannen und gefährlichen Gewässern erstreckt sich dieses vielseitige Land, von dem aus Vertreter und Erzählungen bis zu unserem Hauptschauplatz in der Wüstenstadt Ziran wandern. In Band 1 war ich durch die Vielzahl der verschiedenen Namen, der Fülle an Informationen, der Fremdheit der Ausdrücke und der Wiedergabe aus zweiter Hand noch etwas überfordert mit dem Setting und hatte gehofft, dass wir zusammen mit unseren Protagonisten in Band 2 die restliche Welt erkunden und mit eigenen Augen sehen dürfen, von was Reisende in Ziran berichten. Genau das macht Roseanne A. Brown in ihrer Fortsetzung nun auch. Auch wenn Ihr neben der turbulenten Handlung nur wenig Zeit bleibt, um ihre gesamte Fantasywelt zu entdecken, bringt sie hier durch verborgene Städte, verfluchte Länder, alte Artefakte, lebensfeindliche Wüsten, lebendige Urwälder und die Berge von Maliks Heimat eine Menge neuer Schauplätze und Bilder in ihre Geschichte.

Malik: "Manchmal trifft man im Leben Entscheidungen, die man weder rückgängig machen noch begraben kann. Man kann sie nur tragen, und entweder bricht man darunter zusammen, oder man wächst daran und wird stark genug, um nicht zusammenzubrechen. Und es lohnt sich immer, zu wachsen, wenn es einem dabei hilft, das nächste Etwas zu erreichen, das das Leben lebenswert macht."

Zusätzlich zu dem komplexen und vielversprechenden Worldbuilding, bei dem aber auch nach diesem Finale noch viel offenbleibt, reicht auch die Geschichte des Landes über 1000 von Jahren zurück und ist angereichert mit afrikanischen Mythen, dem Erbe der Pharaonen, Geistern, Kriegen und Heldensagen, die man erst mit der Zeit einzuordnen vermag. Der Magie kommt dabei eine düstere, gefährliche und schwer greifbare Rolle zu. Anders als in vielen anderen Fantasy-Reihen ist die Magie hier keine von vornherein klare Größe, mit der gearbeitet, die gelehrt und offen eingesetzt wird. Stattdessen finden die beiden Hauptfiguren erst mit der Zeit heraus, dass sie unterschiedliche Arten von Magie besitzen und sind mit deren Handhabung völlig auf sich alleine gestellt. Dadurch erhält die Geschichte zusätzlich zum durch das hohe Erzähltempo entstandenen gehetzten, verzweifelten Eindruck, eine düstere, geheimnisvolle Atmosphäre, der man sich nur schlecht entziehen kann.

Karina: "Keine Macht, die einer gerechtfertigten Hinterfragung nicht standhält, ist es wirklich wert, ihr Gefolgschaft zu leisten."

Mit Karina und Malik haben wir zwei sympathische Figuren mit vielen tollen Ansätzen, welche jedoch in meinen Augen in dieser voluminösen Geschichte immer noch zu wenig Raum erhalten. Dabei machen beide Figuren eine enorme Entwicklung durch und werden hier zu starken PoC-Charakteren. Karina erschien in band 1 zunächst wie das Klischee einer verzogenen und arglosen Prinzessin. Mit ihrer unreifen, impulsiven und stolzen Art (keine besonders gute Kombination, damit lebt man in Fantasy-Welten oft nicht so lange...) verrannte sie sich in der ein oder anderen unnötigen Schwierigkeit und nahm Handlungen vor, die ich zum Teil schlecht oder gar nicht nachvollziehen konnte. Um ihr Erbe gebracht und plötzlich auf sich allein gestellt, muss sie sich nun darauf zurückbesinnen, wer sie ist, woher sie kommt und was sie aus ihrer Vergangenheit und der Geschichte ihres Landes lernen kann...

Malik: "Malik hatte mehr Fehler gemacht, als er in Worte fassen konnte, aber diese Fehler hatten ihm auch gezeigt, wie stark er war. Ganz gleich, wie oft die Welt versuchte, ihn in die Knie zu zwingen, er fand immer einen Weg, wieder aufzustehen. Dies hatte ihm nicht Farid gegeben. Dies hatte ihm nicht seine Magie gegeben. Er selbst hatte es sich gegeben, und er würde nicht zulassen, dass diese Männer es ihm wegnahmen."

Auch Malik hat sich durch all die Strapazen ordentlich weiterentwickelt. Im Gegensatz zu Karina war ihm durch seine feinfühlige, sanfte Art der Weg in mein Herz schon von Anfang an garantiert. Mit seinem wild ausschlagenden moralischen Kompass, seiner körperlichen Schwäche und seinem täglichen Kampf gegen Panikattacken weicht er deutlich vom Stereotyp des starken Kämpferhelden ab und zeigt auf, dass wahre Stärke auch abseits von Schwertkämpfen und Duellen liegen kann: in Freundlichkeit, Güte oder der Kunst, eine Geschichte zu erzählen zum Beispiel... Hier muss er abermals mit Angst, Depression und Selbstmordgedanken umgehen, multiple Traumata bewältigen, mit einem Dämon in seinem Kopf fertigwerden und gleichzeitig noch die Welt retten. Dass ihn das regelmäßig an seine Grenzen - und darüber hinaus - bringt, ist wohl nicht sehr verwunderlich. Er zeigt uns aber auch, dass ganz unerwartete Dinge eine Stütze sein können...

Karina: "Hast du vergessen, wer du bist? Hast du vergessen, woher du kommst? Unsere Ahnen sind unsere Wurzeln, sie erden uns. Ich bin der Stamm, ich halte die Verbindung. Du, mein Mädchen, bist die Zweige, du bist die Blätter, du bist alles Gute und Grüne. Du kannst blühen und blühen, wenn du dir selbst nur die Chance dazu gibst." (...) Der Turmfalke beugte sich hinab und drückte die Lippen auf Karinas Stirn. Blumen füllten ihre Lungen, füllten ihr Blut, die Saat ihrer Ahnen, die in ihr Wurzeln schlug. "Eine neue Königin muss sich erheben."

Der starken Atmosphären, spannenden Handlung und dem schnellen Erzähltempo stehen wie in Band 1 also leider eine eher mittelmäßig überzeugende Romanze und außerdem ein leicht chaotisches Ende gegenüber. Um die Liebesgeschichte trotz der Tatsache, dass Karina und Malik über die größte Zeit der Handlung hinweg räumlich voneinander getrennt sind, weiterentwickeln zu können, hat die Autorin die beiden geistig verbunden und sie in ihren jeweiligen Träumen besuchen lassen. Auch wenn dies nicht die kreativste aller Lösungen ist, erhält die sich in Band 1 beinahe unglaubwürdig schnell entwickelte Romanze so mehr Glaubwürdigkeit und Tiefe. Angesichts der extrem geringen Zeit, die Karina und Malik tatsächlich zusammen verbringen und der noch geringeren Anzahl an Worten, die die beiden wechseln, hätte ich aber dennoch weiterhin eine zarte Freundschaft bevorzugt, die weniger Raum in Anspruch genommen und Platz für weitere Entwicklungen gelassen hätte.

Malik: "Die alten Geschichten hatten Malik gelehrt, dass die Liebe eine Angelegenheit großer Verkündungen und noch größerer Gesten war. Doch hier in den frühen Morgenstunden, während er Karina in den Armen hielt und sie an seiner Brust Rotz und Wasser heulen ließ, begriff er, dass die Liebe eher einem Kieselstein glich, der in einen Teich sank. Leise wie das Umblättern einer Seite in einem Märchenbuch. Trotzdem breiteten sich die davon ausgehenden Wellen weiter und weiter aus und erfassten jede Vorstellung, die er von der Welt und sich selbst hatte."

Neben den beiden Hauptfiguren, die wie gesagt abwechselnd erzählen, erhalten wir eine ganze Palette an bunten Nebenfiguren, die ich vor allem für ihre Diversität und ihre interessanten Dynamiken mit den beiden Hauptfiguren loben möchte. Zwei Beispiel dafür sind die wieder auferstandene Prinzessin Hanane (Spoiler: Wie sie in Karinas Wahrnehmung von "der Leiche" zu "ihrer Schwester" wechselt und sich von Farids schädlichem Einfluss löst, ist einfach wundervoll) und der Flussgeist Idris (Spoiler: Obwohl Idris in Band 1 ganz klar ein Antagonist ist und Malik zu Beginn große Schwierigkeiten bereitet, ist mir der Flussgeist als sarkastischer Kommentator von Maliks Leben und unerwarteter Retter in der Not im Laufe der Zeit immer mehr ans Herz gewachsen. Besonders eine Szene, in der wir bemerken, dass er und Malik durch ihre geteilten Erinnerungen zu einem gegenseitigen Verständnis gelangt sind, hat mich sehr berührt). Ebenfalls nennen möchte ich den Teenager Ife, welcher hier als erster Fantasy-Charakter ohne eindeutig zuweisbares Geschlecht auftaucht, von dem ich in diesem Genre je gelesen habe.

Auch vom Ende bin ich wie gesagt nicht hundertprozentig begeistert. "A Psalm of Storms and Silence" endet in einem epischen, aber leider ärgerlich unübersichtlichen Showdown. Genau wie in Band 1 werden die Karten hier nochmal ordentlich neu gemischt, dabei passiert aber sehr viel gleichzeitig und über einige gravierende Aspekte wie ein plötzlicher Tod einer Figur und eine Wiederbelebung oder ähnliches Kaliber wird nur grob hinweggegangen. Roseanne A. Brown führt hier zwar alle Handlungsstränge zu einem gelungenen Ende und versteht es, das Ende als offener Anfang einer neuen Geschichte zu modellieren, kann aber nicht alles Potenzial ihrer Geschichte in das Finale kanalisieren. Dennoch: ich bin sehr gespannt auf ihr nächstes Abenteuer!


Fazit:


"A Psalm of Storms and Silence" überzeugt wie sein Vorgänger mit einer starken Atmosphäre, einer spannenden Handlung, einem bunten Setting, sympathischen Figuren mit enormen Charakterentwicklungen und einem schnellen Erzähltempo. Leichten Abzug gibt es von mir nur für das leicht chaotische Ende und die eher mittelmäßigen Romanze.

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Veröffentlicht am 25.08.2022

560 Seiten voller Magie, Stärke und Fantasie!

A Psalm of Storms and Silence. Die Magie von Solstasia
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Orientalische, von außereuropäischen Kulturen inspirierte Fantasy kriegt mich jedes Mal. Jedes. Einzelne. Mal. Da bildete auch "A Song of Wraiths and Ruin" von Roseanne A. Brown, welches ich Anfang April ...

Orientalische, von außereuropäischen Kulturen inspirierte Fantasy kriegt mich jedes Mal. Jedes. Einzelne. Mal. Da bildete auch "A Song of Wraiths and Ruin" von Roseanne A. Brown, welches ich Anfang April gelesen habe keine Ausnahme. Der Auftakt zum NA-Dilogie-Debüt erzählte ein modernes, diverses Fantasy-Abenteuer über eine pulsierende Wüstenstadt, ein magisches Fest und zwei verzweifelte Spieler in einem gigantischen Spiel um Leben und Tod, dem man sich nicht entziehen kann! Genauso spannend ging es nun Anfang August in "A Psalm of Storms and Silence" weiter. Auch wenn ich dank meines Bookhangovers nach "Crescent City" eine Weile gebraucht habe, um in die Geschichte einzusteigen, kann ich nach den 560 Seiten voller Magie, Stärke und Fantasie nun sagen, dass Band 2 den Auftakt sogar übertrifft.

Schon das Cover hat mich sofort angesprochen. Auch wenn man im Gegensatz zum englischen Original die Nahaufnahme eines Modelgesichts im Profil sieht, sind Atmosphäre, Farbgebung und die Figurendarstellung so treffend, dass selbst ich mit meiner "Mimimi-keine-echte-Gesichter-auf-Buchcover"-Einstellung mich nicht beschweren kann. Während der dunkelhäutige Junge mit den kurzen Haaren auf der Vorderseite des Buches eindeutig an unseren ersten Protagonisten Malik erinnert, ist auf der Rückseite des Buches unsere erste Protagonistin Karina abgebildet, welche ja auch schon Band 1 geziert hat. Neben der treffenden Auswahl der Models gefällt mir an der Gestaltung besonders gut, dass die beiden Figuren, die jeweils im Profil zu sehen sind, sich gegenseitig anschauen, wenn man das Buch dreht und der dunkle Bordeaux-Rotton des Hintergrunds sehr gut zur deutlich ernsteren und brutaleren Handlung dieses zweiten Teils passt. Um den runden, magischen Gesamteindruck abzurunden, hat meine Ausgabe zusätzlich einen farbigen Buchschnitt, welcher das orientalische Muster fortsetzt, welches im Hintergrund des Cover zu sehen ist. Der Titel gefällt mir ebenfalls und passt sehr gut zur Geschichte, auch wenn Titel nach dem Schema "A xxx of xxx and xxx" im Fantasy-Genre definitiv überstrapaziert werden.

Erster Satz: "Ihr seid also zurückgekommen, weil ihr eine weitere Geschichte über den Jungen und das Mädchen hören möchtet."

Innerhalb der Buchdeckel setzt die Geschichte nach einer kurzen Anmerkung der Autorin bezüglich potenziell triggernder Themen (TW: Gewalt, selbstverletzendes Verhalten, Angstzustände, emotionaler und körperlicher Missbrauch und Tod) und einer Karte von Sonande kurz nach dem Ende von Band 1 an. Während Malik in Ziran mit den Auswirkungen von Hananes Wiedererweckung und dem Staatsstreich zu kämpfen hat, befindet sich Prinzessin Karina auf der Flucht aus Ziran. Damit haben sich die Rollen aus dem ersten Band genau gegensätzlich umgekehrt und Malik ist in einer privilegierten Welt aus Macht und Intrigen gefangen, während Karina quer durch Sonande flüchtet und um ihr Leben bangt. Als hätten die beiden nicht schon genug um die Ohren, beginnen die Götter sich wütend zu erheben und fordern angesichts des zu Unrecht durchgeführten Ritus der Auferstehung ein neues Opfer. Um die Götter zu besänftigen, die bösen Plagen zu beenden und Sonande zu retten, müssen sich Malik und Karina ein weiteres Mal auf die Suche nach uralten Artefakten begeben und - noch viel wichtiger - herausfinden, welchen Weg sie gehen wollen...

Karina: "Sanftmütige, gütige Mädchen - Mädchen wie Aminata, Mädchen wie Hanane -, das waren Mädchen, die man rettete. Niemand riskierte sein Leben für zerbrochene Mädchen mit Giftzungen. Niemand betrauerte Mädchen, die auf Löwentatzen durch die Welt streiften und taten, als wären sie stark, um dahinter ihr zerschmettertes Herz zu verstecken."

Klingt nach einer verworrenen Handlung mit intensiven Gefühlen, fiesen Intrigen, überraschenden Wendungen und großer Spannung, oder? Genau das bekommen wir hier auch vorgesetzt. Nachdem ich einige Erinnerungslücken zur Handlung von Band 1 überwunden hatte, habe ich mich in einer tief durchgerüttelten Welt wiedergefunden, die uns LeserInnen mit göttlichen Plagen, uralten Ritualen, verfeindete Familien, uralte Blutschulden und einer überraschenden Liebe mitreißt. Schon in Band 1 sorgte ja die durch die wechselnde Erzählweise hervorgehobene besondere Konstellation zwischen den beiden Hauptfiguren, die sich egal was sie tun und egal was sie fühlen immer auf entgegengesetzten Seiten wiederzufinden scheinen, für besonders viel Spannung. Auch hier wird die Situation, in die sich Malik und Karina hineinmanövrieren immer verfahrener, sodass man bald nicht weiß, wie die beiden sich aus dem Spinnennetz aus Intrigen und heimlichen Plänen befreien sollen, ohne sich selbst, einander oder ihr Herz zu verlieren...

Malik: "Man bekommt sein Leben nicht, um es sich zu verdienen. Man bekommt es, um es zu leben. Wenn du nur eine Sache findest, die es wert ist, einen weiteren Tag zu erleben, dann hast du alles getan, was du tun sollst."

Dabei legt Roseanne A. Brown von Beginn an ein hohes Erzähltempo an den Tag, findet aber gleichzeitig genügend Raum, um ihre Geschichte stetig mit Beschreibungen, Details und Ausschmückungen anzureichern, sodass die Geschichte ein wenig wie ein Ausflug auf einen Gewürzmarkt wirkt: im ersten Moment vielleicht leicht überfordernd, aber nach kurzer Eingewöhnung sehr interessant und mit vielen tollen Eindrücken, die in Erinnerung bleiben! Zu ihrem charakteristischen Schreibstil zählen auch leicht sprunghafte und plötzliche Szenenwechsel, welche zu großen und kleinen Überraschungsmomenten führen, die Erzählung aber auch leicht chaotisch wirken lassen. Da die minimal überladene Erzählweise jedoch gut zur lauten, bunten Welt, der verworrenen Geschichte und der dichten Spannung passt und die Autorin in diesem zweiten Teil zu einer wesentlich gereifteren Erzählweise gefunden hat, will ich mich sicherlich nicht darüber beschweren!

Karina: "Karina sang dem Wind zu, und der Wind sang zurück, ihre Arme erschufen eine Melodie aus Magie, die nur sie hören konnte. Und während ihr Körper unter der Anstrengung nachzugeben drohte, war ihr Herz voller Lebenskraft."

Neben der spannenden Dynamik zwischen den beiden Hauptpersonen machen auch die schrittweise Erkundung des Settings, das langsame Erklären des Magiesystems und die Aufdeckung der Hintergründe der Handlung die Geschichte so mitreißend. Statt uns von Seite 1 genau zu erklären, wie die Welt funktioniert, in denen ihre Charaktere leben, lieben und leiden, muss man sich in Roseanne A. Browns Roman das Verständnis des Worldbuildings selbst erarbeiten, sodass sich erst im Laufe der Zeit ein einleuchtendes Gesamtbild aus den vielen Details des Settings zusammensetzt. Unser Fantasy-Land Sonande ist dabei ein eindeutig von westafrikanischer Folklore inspiriertes Setting, das die vielfältige Landschaft Afrikas in fantasievollen Gegensätzen vereint. Von der Wüte bis zum Dschungel, bergigen Provinzen bis zu reichen Städten, fruchtbaren Savannen und gefährlichen Gewässern erstreckt sich dieses vielseitige Land, von dem aus Vertreter und Erzählungen bis zu unserem Hauptschauplatz in der Wüstenstadt Ziran wandern. In Band 1 war ich durch die Vielzahl der verschiedenen Namen, der Fülle an Informationen, der Fremdheit der Ausdrücke und der Wiedergabe aus zweiter Hand noch etwas überfordert mit dem Setting und hatte gehofft, dass wir zusammen mit unseren Protagonisten in Band 2 die restliche Welt erkunden und mit eigenen Augen sehen dürfen, von was Reisende in Ziran berichten. Genau das macht Roseanne A. Brown in ihrer Fortsetzung nun auch. Auch wenn Ihr neben der turbulenten Handlung nur wenig Zeit bleibt, um ihre gesamte Fantasywelt zu entdecken, bringt sie hier durch verborgene Städte, verfluchte Länder, alte Artefakte, lebensfeindliche Wüsten, lebendige Urwälder und die Berge von Maliks Heimat eine Menge neuer Schauplätze und Bilder in ihre Geschichte.

Malik: "Manchmal trifft man im Leben Entscheidungen, die man weder rückgängig machen noch begraben kann. Man kann sie nur tragen, und entweder bricht man darunter zusammen, oder man wächst daran und wird stark genug, um nicht zusammenzubrechen. Und es lohnt sich immer, zu wachsen, wenn es einem dabei hilft, das nächste Etwas zu erreichen, das das Leben lebenswert macht."

Zusätzlich zu dem komplexen und vielversprechenden Worldbuilding, bei dem aber auch nach diesem Finale noch viel offenbleibt, reicht auch die Geschichte des Landes über 1000 von Jahren zurück und ist angereichert mit afrikanischen Mythen, dem Erbe der Pharaonen, Geistern, Kriegen und Heldensagen, die man erst mit der Zeit einzuordnen vermag. Der Magie kommt dabei eine düstere, gefährliche und schwer greifbare Rolle zu. Anders als in vielen anderen Fantasy-Reihen ist die Magie hier keine von vornherein klare Größe, mit der gearbeitet, die gelehrt und offen eingesetzt wird. Stattdessen finden die beiden Hauptfiguren erst mit der Zeit heraus, dass sie unterschiedliche Arten von Magie besitzen und sind mit deren Handhabung völlig auf sich alleine gestellt. Dadurch erhält die Geschichte zusätzlich zum durch das hohe Erzähltempo entstandenen gehetzten, verzweifelten Eindruck, eine düstere, geheimnisvolle Atmosphäre, der man sich nur schlecht entziehen kann.

Karina: "Keine Macht, die einer gerechtfertigten Hinterfragung nicht standhält, ist es wirklich wert, ihr Gefolgschaft zu leisten."

Mit Karina und Malik haben wir zwei sympathische Figuren mit vielen tollen Ansätzen, welche jedoch in meinen Augen in dieser voluminösen Geschichte immer noch zu wenig Raum erhalten. Dabei machen beide Figuren eine enorme Entwicklung durch und werden hier zu starken PoC-Charakteren. Karina erschien in band 1 zunächst wie das Klischee einer verzogenen und arglosen Prinzessin. Mit ihrer unreifen, impulsiven und stolzen Art (keine besonders gute Kombination, damit lebt man in Fantasy-Welten oft nicht so lange...) verrannte sie sich in der ein oder anderen unnötigen Schwierigkeit und nahm Handlungen vor, die ich zum Teil schlecht oder gar nicht nachvollziehen konnte. Um ihr Erbe gebracht und plötzlich auf sich allein gestellt, muss sie sich nun darauf zurückbesinnen, wer sie ist, woher sie kommt und was sie aus ihrer Vergangenheit und der Geschichte ihres Landes lernen kann...

Malik: "Malik hatte mehr Fehler gemacht, als er in Worte fassen konnte, aber diese Fehler hatten ihm auch gezeigt, wie stark er war. Ganz gleich, wie oft die Welt versuchte, ihn in die Knie zu zwingen, er fand immer einen Weg, wieder aufzustehen. Dies hatte ihm nicht Farid gegeben. Dies hatte ihm nicht seine Magie gegeben. Er selbst hatte es sich gegeben, und er würde nicht zulassen, dass diese Männer es ihm wegnahmen."

Auch Malik hat sich durch all die Strapazen ordentlich weiterentwickelt. Im Gegensatz zu Karina war ihm durch seine feinfühlige, sanfte Art der Weg in mein Herz schon von Anfang an garantiert. Mit seinem wild ausschlagenden moralischen Kompass, seiner körperlichen Schwäche und seinem täglichen Kampf gegen Panikattacken weicht er deutlich vom Stereotyp des starken Kämpferhelden ab und zeigt auf, dass wahre Stärke auch abseits von Schwertkämpfen und Duellen liegen kann: in Freundlichkeit, Güte oder der Kunst, eine Geschichte zu erzählen zum Beispiel... Hier muss er abermals mit Angst, Depression und Selbstmordgedanken umgehen, multiple Traumata bewältigen, mit einem Dämon in seinem Kopf fertigwerden und gleichzeitig noch die Welt retten. Dass ihn das regelmäßig an seine Grenzen - und darüber hinaus - bringt, ist wohl nicht sehr verwunderlich. Er zeigt uns aber auch, dass ganz unerwartete Dinge eine Stütze sein können...

Karina: "Hast du vergessen, wer du bist? Hast du vergessen, woher du kommst? Unsere Ahnen sind unsere Wurzeln, sie erden uns. Ich bin der Stamm, ich halte die Verbindung. Du, mein Mädchen, bist die Zweige, du bist die Blätter, du bist alles Gute und Grüne. Du kannst blühen und blühen, wenn du dir selbst nur die Chance dazu gibst." (...) Der Turmfalke beugte sich hinab und drückte die Lippen auf Karinas Stirn. Blumen füllten ihre Lungen, füllten ihr Blut, die Saat ihrer Ahnen, die in ihr Wurzeln schlug. "Eine neue Königin muss sich erheben."

Der starken Atmosphären, spannenden Handlung und dem schnellen Erzähltempo stehen wie in Band 1 also leider eine eher mittelmäßig überzeugende Romanze und außerdem ein leicht chaotisches Ende gegenüber. Um die Liebesgeschichte trotz der Tatsache, dass Karina und Malik über die größte Zeit der Handlung hinweg räumlich voneinander getrennt sind, weiterentwickeln zu können, hat die Autorin die beiden geistig verbunden und sie in ihren jeweiligen Träumen besuchen lassen. Auch wenn dies nicht die kreativste aller Lösungen ist, erhält die sich in Band 1 beinahe unglaubwürdig schnell entwickelte Romanze so mehr Glaubwürdigkeit und Tiefe. Angesichts der extrem geringen Zeit, die Karina und Malik tatsächlich zusammen verbringen und der noch geringeren Anzahl an Worten, die die beiden wechseln, hätte ich aber dennoch weiterhin eine zarte Freundschaft bevorzugt, die weniger Raum in Anspruch genommen und Platz für weitere Entwicklungen gelassen hätte.

Malik: "Die alten Geschichten hatten Malik gelehrt, dass die Liebe eine Angelegenheit großer Verkündungen und noch größerer Gesten war. Doch hier in den frühen Morgenstunden, während er Karina in den Armen hielt und sie an seiner Brust Rotz und Wasser heulen ließ, begriff er, dass die Liebe eher einem Kieselstein glich, der in einen Teich sank. Leise wie das Umblättern einer Seite in einem Märchenbuch. Trotzdem breiteten sich die davon ausgehenden Wellen weiter und weiter aus und erfassten jede Vorstellung, die er von der Welt und sich selbst hatte."

Neben den beiden Hauptfiguren, die wie gesagt abwechselnd erzählen, erhalten wir eine ganze Palette an bunten Nebenfiguren, die ich vor allem für ihre Diversität und ihre interessanten Dynamiken mit den beiden Hauptfiguren loben möchte. Zwei Beispiel dafür sind die wieder auferstandene Prinzessin Hanane (Spoiler: Wie sie in Karinas Wahrnehmung von "der Leiche" zu "ihrer Schwester" wechselt und sich von Farids schädlichem Einfluss löst, ist einfach wundervoll) und der Flussgeist Idris (Spoiler: Obwohl Idris in Band 1 ganz klar ein Antagonist ist und Malik zu Beginn große Schwierigkeiten bereitet, ist mir der Flussgeist als sarkastischer Kommentator von Maliks Leben und unerwarteter Retter in der Not im Laufe der Zeit immer mehr ans Herz gewachsen. Besonders eine Szene, in der wir bemerken, dass er und Malik durch ihre geteilten Erinnerungen zu einem gegenseitigen Verständnis gelangt sind, hat mich sehr berührt). Ebenfalls nennen möchte ich den Teenager Ife, welcher hier als erster Fantasy-Charakter ohne eindeutig zuweisbares Geschlecht auftaucht, von dem ich in diesem Genre je gelesen habe.

Auch vom Ende bin ich wie gesagt nicht hundertprozentig begeistert. "A Psalm of Storms and Silence" endet in einem epischen, aber leider ärgerlich unübersichtlichen Showdown. Genau wie in Band 1 werden die Karten hier nochmal ordentlich neu gemischt, dabei passiert aber sehr viel gleichzeitig und über einige gravierende Aspekte wie ein plötzlicher Tod einer Figur und eine Wiederbelebung oder ähnliches Kaliber wird nur grob hinweggegangen. Roseanne A. Brown führt hier zwar alle Handlungsstränge zu einem gelungenen Ende und versteht es, das Ende als offener Anfang einer neuen Geschichte zu modellieren, kann aber nicht alles Potenzial ihrer Geschichte in das Finale kanalisieren. Dennoch: ich bin sehr gespannt auf ihr nächstes Abenteuer!


Fazit:


"A Psalm of Storms and Silence" überzeugt wie sein Vorgänger mit einer starken Atmosphäre, einer spannenden Handlung, einem bunten Setting, sympathischen Figuren mit enormen Charakterentwicklungen und einem schnellen Erzähltempo. Leichten Abzug gibt es von mir nur für das leicht chaotische Ende und die eher mittelmäßigen Romanze.

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Veröffentlicht am 15.08.2022

Eine Liebesgeschichte mit einer klaren Botschaft!

The Fire in Your Heart
1

Nachdem ich von Kim Leopold im März schon "The Colors of Your Soul" und im Mai "The Sunrise in Your Eyes" lesen durfte, war ich sehr gespannt, wie es in Band 3 der California Dreams Reihe mit dem dritten ...

Nachdem ich von Kim Leopold im März schon "The Colors of Your Soul" und im Mai "The Sunrise in Your Eyes" lesen durfte, war ich sehr gespannt, wie es in Band 3 der California Dreams Reihe mit dem dritten Geschwister im Bunde - Micah - weitergehen wird. "The Fire in Your Heart" konnte mich genau wie Band 1 und 2 der Reihe sehr mitreißen, hat mich aber auf einer ganz anderen Ebene berührt als die Geschichte von Pax, Holly, Maverick und Allegra. Denn auch für ihr Finale hat Kim Leopold zusätzlich zur Liebesgeschichte mit Sexismus, sexuellen Übergriffe, Mobbing, dem Suizid eines Elternteils und Frauenfeindlichkeit bei der Feuerwehr ernste Themen ausgewählt, mit der sie eine klare Botschaft in die Welt sendet.

Das Cover von "The Fire in Your Heart" zeigt wie die Vorgängerbände einen Farbverlauf in warmen Sonnenaufgangsfarben, der mit goldenen Punkten durchzogen ist und durch die Textur ein wenig an einen Vorhang vor einer Feuersbrunst erinnert. Der geschwungene Titel ist diesmal in goldener Glitzerschrift abgedruckt. Auch wenn das Cover als Ganzes stimmig und hochwertig gestaltet ist, ist mir die Gestaltung für meinen persönlichen Geschmack aber wieder ein wenig zu bunt, zu glitzernd und insgesamt zu nichtssagend für diese bodenständige, ernste Geschichte. Anders als bei den vorherigen Geschichten passt hier aber endlich mal der Titel sehr gut zum Inhalt, da sowohl Micah als auch Quinn ordentlich Feuer im Herzen haben, sich der Titel auch in Quinns Blog wiederfindet und das Feuer durch ihren Job bei der Feuerwehr eine wichtige Rolle spielt.

Erster Satz: "Manchmal bestehen meine Tage nur noch aus Feuer und Adrenalin, Rauch und Erschöpfung."

Auch die Atmosphäre der Geschichte kann das fröhliche Cover nur zum Teil einfangen. Über die Tatsache hinaus, dass die Geschichte hier wieder im sommerlichen Kalifornien spielt, zeigt "The Fire in Your Heart" genau wie schon Band 1 und 2 deutlich mehr Tiefe als das verspielte Cover es vermuten lassen würde. Denn Kim Leopold hat sich entschieden in ihrem letzten Teil der California-Dreams-Reihe Sexismus, sexuellen Übergriffe, Mobbing und Frauenfeindlichkeit in uniformierten Berufen und hier speziell im LA Fire Department zum Thema zu nehmen. Dazu lässt sich parallel zum abwechselnden Erzählstrang aus der Sicht von Micah und Quinn Rückblicke zu den Erfahrungen, die Quinn während ihrer Ausbildung und an ihrer ersten Feuerwache gemacht hat, in separaten Kapiteln die Handlung miteinfließen. Bei einigen Erfahrungsberichten musste ich ganz schön schlucken und konnte oder wollte mir gar nicht vorstellen, dass Frauen heutzutage noch mit solchem Verhalten konfrontiert werden. Dass Sexismus kein Problem von gestern ist, zeigen ja leider immer wieder Berichte aus allen möglichen Berufs- und Lebenssparten und so finde ich es wichtig, dass die Autorin dies im Rahmen dieser Geschichte anprangert. Mit "The Fire in Your Heart" zeigt Kim Leopold also mal wieder, dass das New Adult Genre definitiv mehr kann als unterhaltsame Liebesgeschichten zu erzählen!

Quinn: "Er ist es. Er ist der Grund, warum ich morgens früher zu Arbeit fahre und später wieder zurückkehre, der Auslöser für mein Herzrasen, der Mann, von dem ich nachts träume. Er ist es. Er war es schon vom ersten Moment an."

Sehr gut gefallen hat mir aber, dass es Kim Leopold trotz der starken Kritik, die auch durch Quinns Blog "The Fire in Your Heart" in die Welt getragen wird gelingt, die Feuerwehr als einen attraktiven und wichtigen Beruf darzustellen, der von Kollegialität, Verantwortung und Abwechslung geprägt ist. Der Zusammenhalt auf der Feuerwache 12 gleicht dem einer Familie und hält den negativen Erfahrungen aus Quinns Vergangenheit ein positives Beispiel entgegen. Auch abseits der offensichtlichen Botschaft ist im Buch übrigens Quinns Kampf für Gleichberechtigung umgesetzt. Im Nachwort und in einem externen Instagram-Beitrag der Autorin habe ich gelesen, dass Kim Leopold es sich zum Ziel gesetzt hat, in ihrem Roman geschlechtsneutrale Bezeichnungen zu finden. Dass mir das beim Lesen gar nicht aufgefallen ist, ist also der perfekte Beweis dafür, dass es möglich ist, unaufdringlich zu gendern, sodass der Lesefluss nicht gestört, aber alle Personen miteingeschlossen werden. Wunderbar gelöst, das würde ich gerne in Zukunft häufiger so sehen!

Micah: "Das ist etwas anderes. Etwas, das ich nicht in Worte fassen kann. Aber vielleicht muss ich das auch nicht. Vielleicht kann ich auch einfach genießen, dass es noch Momente in meinem Leben gibt, in denen die Zeit stillsteht und für ein paar Augenblicke alles gut ist."

Trotzdass die drei Teile der California-Dreams-Reihe sehr unterschiedlich sind - die Thematiken und Atmosphären gehen so weit auseinander wie bei kaum einer anderen Reihe -, haben die drei Teile doch viele verbindenden Elemente. Zum einen spielt bei allen drei Bänden Social Media als Plattform mit vielen Stärken und Schwächen eine große Rolle. Darüber hinaus weist in jedem Band soziale Probleme und Missstände hin und gibt ihren Figuren eine Botschaft mit auf den Weg, die sie in die Welt verkünden. Und zum anderen spielen Familie und Freundschaften in allen Bänden eine große Rolle. Stimmung und Thematik betreffend würde ich Band 3 der Reihe insgesamt eher näher an Band 2 einordnen als an Band 1. Denn während sich die Geschichte von Pax und Holly in Band 1 auf angenehme Art und Weise mit den Themen Lebenssinn, Minimalismus, Social Media und Van-Leben auseinandersetze und insgesamt ein sommerlicher Feelgood-Roman war, widmete sich "The Sunrise in Your Eyes" dem Leid der Menschen in der sogenannten Skid Row LAs und war in der Gänze alles andere als eine leichte Sommerlektüre. Trotzdass "The Fire in Your Heart" wie Band 2 einige sehr abenteuerliche, actionreiche Szenen enthält und ein ernstes Thema behandelt, sind aber auch einige Wohlfühlelemente miteingebaut. Ich kann Kim Leopold also mal wieder dafür loben, dass der Spagat zwischen süßer Liebesgeschichte und düsterem Drama hier abermals erstaunlich gut gelungen ist.

Micah: "Wir sind zu schnell zugesteuert
auf die Klippe und gesprungen
ohne uns umzusehen,
ohne zu wissen,
was uns erwartet.
Fallen wir?
Oder lernen wir
fliegen?"

Denn neben dem Hauptthema des Sexismus und der teilweise sehr action- und abenteuerreichen Handlung bei Feuerwehreinsätzen steht natürlich das Kennenlernen und die Annäherung der beiden Hauptfiguren im Vordergrund. In den vorherigen Bänden fand ich es schwer, einen Zugang zu Micah zu finden und auch hier habe ich einige Kapitel benötigt, um mich in seiner Gedanken- und Gefühlswelt zurecht zu finden. Sehr gut hat mir gefallen, dass er im Rahmen einer Therapie anfängt, seine Gedanken in Gedichten zu ordnen, die wir teilweise auch abgedruckt lesen können. Wie er beginnt, sich auf Quinns Perspektive einzulassen und sein teilweise toxisch männliches Verhalten zu ändern, empfand ich als sehr spannend zu lesen. Quinn ist mir schon von der ersten Seite an ans Herz gewachsen. Sie ist stark und unabhängig, steht für ihre Überzeugungen ein und stellt sich ihren Dämonen mit geschwellter Brust. Die beiden in Kombination haben eine ganz andere Dynamik als die Paare aus den Vorgängerbänden entwickelt, da sie sich schon kennen und als Freunde schätzen, bevor sich ihre Beziehung dann schrittweise weiterentwickelt.

Micah: "Quinn. Ihr Namen landet auf der Seite. Schwarz auf weiß steht er da und ist Zeugnis dessen, was mich in den letzten Tagen beschäftigt hat. Vergessen ist der Streit mit Allegra, vergessen das Drama um Dad. Da ist bloß Quinn, Quinn, Quinn in meinen Gedanken."

Umrahmt wird diese Idee vom humorvollen, leicht träumerischen und authentischen Schreibstil der Autorin. Nach Band 1 und 2 der Reihe, "The Colors of your Soul", war "The Sunrise in Your Eyes" nun mein drittes Buch von Kim Leopold und ich bin mir nun sicher, dass noch einige weitere folgen werden. Denn auch hier hat es mir wieder wunderbar gefallen, wie sie ohne viele Worte einen greifbaren Eindruck von ihren Figuren vermittelt und einfühlsam deren teils schmerzhafte, teils befreiende Erkenntnisfindung beschreibt. Die beiden Ich-Erzähler sind mir demnach auch sehr schnell ans Herz gewachsen und entpuppten sich als komplexe und sympathische Figuren. Als Bonus erhalten wir auch hier wieder einige schöne Beschreibungen der Landschaft Kaliforniens, auch wenn hier durch die Gegenüberstellung der schönen und hässlichen Seiten gemischte Gefühle für LA zurückbleiben.

Micah: "Das ist dein Leben - der Einzige, den du wirklich glücklich machen musst, bist du."


Fazit:

In "The Fire in Your Heart" hat Kim Leopold mit Sexismus, sexuellen Übergriffe, Mobbing, dem Suizid eines Elternteils und Frauenfeindlichkeit bei der Feuerwehr wieder ernste Themen ausgewählt, die sie mit einer authentischen Liebesgeschichte und schönen Beschreibungen der Landschaft Kaliforniens zu einer lesenswerten Geschichte mischt. Klare Leseempfehlung!

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