Der Roman ist in 3 Teilen geschrieben (1. Bewahrung, 2. Zermürbung, 3. Wiederherstellung) und erstreckt sich von September 1939 bis Juni 1942. Die Handlung spielt im kriegsgebeutelten London und auf der Insel Malta, die von britischen Soldaten verteidigt wird.
Als im September 1939 Großbritannien dem Deutschen Reich den Krieg erklärt, nehmen die Bewohner Londons dies meist gelassen hin. Mary North, aus guter Familie und recht unbedarft, meldet sich voller Euphorie freiwillig für den Kriegsdienst. Entgegen ihrer Erwartungen wird sie „nur“ als Hilfslehrerin eingesetzt und als sie sich bei der Evakuierung der Kinder aufs Land mit ihrer Vorgesetzten überwirft, wird sie als ungeeignet entlassen. Mit ihrem Trotzkopf und einem langen Atem bedrängt sie Tom, der bei der Schulbehörde arbeitet, ihr eine neue Anstellung als Lehrerin zu geben. Tom lässt sich von Mary einwickeln und gibt ihr eine Klasse von Kindern, die aufgrund ihrer Hautfarbe oder Unzulänglichkeiten auf dem Land nicht aufgenommen und somit in London zurück gelassen wurden. Zu ihnen gehört der kleine, farbige Zachary, dessen Vater in einer Minstrel-Show auftritt. Hilda, Marys Freundin, kann nicht verstehen, dass sich Mary tatsächlich um diese Kinder kümmern und sie unterrichten will. Mit der Zeit entwickelt sich zwischen Tom und Mary eine Beziehung und so entsteht auch die Idee, sich zu viert zu treffen. Toms Mitbewohner Alistair, der sich freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet hatte, soll mit Hilda „verkuppelt“ werden. Doch das Treffen gestaltet sich ganz anders, denn von der ersten Sekunde an, fühlen sich Alistair und Mary unwiderstehlich zueinander hingezogen. Doch Mary hält an Tom fest und Alistair kehrt an die Front zurück. Hilda schreibt Alistair, denn sie hat sich in ihn verliebt. Doch ihr entgeht nicht, dass zwischen Alistair und Mary eine große Anziehungskraft besteht. Das führt nicht nur zu Unstimmigkeiten zwischen Hilda und Mary, sondern überschattet auch die Beziehung von Tom und Mary. Während die Bombardierung von London durch deutsche Kampfflieger beginnt, kümmert sich Mary liebevoll um ihre Schüler und vollzieht eine langsame Wandlung in ihrem Wesen. Von Blitzkrieg ist in der Bevölkerung nun keine Rede mehr und die Flucht in die Schutzkeller, der Fliegeralarm und das Rationieren von Lebensmitteln gehören mit der Zeit zum Alltag. Nur an Marys Familie scheint dies spurlos vorüberzugehen. Ihr Vater kümmert sich um Sitzungen im Ministerium und ihre Mutter versucht den guten Ruf der Familie zu wahren, was nicht ganz leicht ist, wenn die Tochter sich nicht standesgemäß verliebt und verhält. Dann schlägt das Schicksal gnadenlos zu, nimmt Mary während einer Theateraufführung geliebte Menschen und sie erleidet ein schweres Trauma.
In einer ganz anderen Situation findet sich Alistair auf der kargen Insel Malta wieder, wo er sich nicht nur auf die Belagerung durch die deutschen Truppen einstellen, sondern stets als Vorbild für seine Untergebenen stark sein muss. Er kämpft gegen Hunger, Tod, Hass, Verletzungen und den Unwillen der Malteser. Trotz der Grausamkeit des Krieges versucht er, sich seine Nächstenliebe und Menschlichkeit zu bewahren. Nicht zuletzt hilft ihm auch der Briefwechsel mit Mary, den die beiden heimlich angefangen haben.
In seiner Geschichte um Mary, ihre Freundin Hilda, Tom und seinen Freund Alistair verbindet Chris Cleave eine sehnsuchtsvolle Liebesgeschichte mit dem Drama des 2. Weltkriegs, der über London und auf Malta wütet. Das Augenmerk des Autors liegt dabei mehr auf dem Kriegsgeschehen und dessen Auswirkungen auf die Menschen und deren Beziehungen, als auf eine Liebesgeschichte bzw. Dreiecksbeziehung, wie der Covertext vermuten lässt. Dabei zieht er den Spannungsbogen von der ersten bis zur letzten Seite gekonnt durch, so dass der Leser sich weder dem Geschehen noch den Personen entziehen kann. Es entwickelt sich ein intensiver Roman, der die Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung aber vor allem auf die Soldaten in dieser zerstörerischen und grausamen Zeit beschreibt. Der gefühlvolle Schreibstil ist mit feinem Humor – vor allem in den Dialogen – durchsetzt und die Erzählweise wird von Seite zu Seite plastischer und beschwört Bilder von Zerstörung, Hass, Verlust, Angst, aber auch Kameradschaft, Freundschaft und Liebe herauf. Zudem befasst sich Chris Cleave auch mit dem Rassenproblem und Marys Morphium-Missbrauch, der durchaus nachvollziehbar, aber dadurch nicht weniger schlimm ist. Hier begegnen sich Mensch, die in Friedenszeiten gar nichts gemeinsam haben und wachsen – wie Mary und Alistair – über sich hinaus. Überhaupt sind die Charaktere im Buch interessant und lebhaft beschrieben und ihre Handlungen nachvollziehbar. Nur Tom bleibt etwas blass im Hintergrund. Wie sich ständige Alarmbereitschaft, die Bombardierung durch die deutsche Streitmacht, die Belagerung durch den Feind und Hunger aufgrund der Lebensmittelknappheit auf die menschliche Psyche auswirken, wird eindrucksvoll geschildert und wirkt sehr bedrückend. Dazu passt das Zitat ganz hervorragend: „Zentausende waren gestorben, und wer übrigblieb, war krank vor Elend. Dies war eine Eigenschaft des Krieges, vor der einen niemand warnte: dass der Tod die Krankheit der Lebenden war, ein Gift, das sich im Körper sammelte.“ (Seite 342 vorletzter Abschnitt) Am besten gefällt mir die Veränderung von Mary, die als verwöhnte Tochter aus gutem Hause sich gegen ihre Eltern durchsetzt und als Lehrerin ihr Herz für ausgegrenzte Kinder entdeckt. Gerade Zachary steht sie liebevoll zur Seite und das bewundere ich an ihr. Zu jener Zeit war ihr Verhalten undenkbar, vor allem da ihr Vater ungeachtet des Krieges seine politische Karriere unterstützt von Marys Mutter vorantreibt. Marys Mutter stellt für mich die typische Frau von Stand dar, die sich um Haus, Kinder und die Karriere ihres Mannes kümmert und dabei nicht über den Tellerrand blicken kann oder will. Es scheint, als ginge der Krieg spurlos an ihr vorüber. Alistair steht im Gegensatz zu Tom mit beiden Beinen im Leben und versucht, sich sein Mitgefühl und seine Werte auch in den schwierigsten Situationen zu bewahren. Die zarte Liebe zwischen Mary und Alistair steht für mich für die Hoffnung, dass auch in den schlimmsten Ruinen etwas Schönes und Großartiges entstehen kann. Dazu passt auch das Cover mit dem Bild eines zerstörten Gebäudes und der elegant gekleideten Frau im Vordergrund, die auf einen Briefkasten zugeht. Der Titel „Die Liebe in diesen Zeiten“ finde ich etwas holprig. Das Ende des Buches finde ich besonders gelungen. Ein klassisches Happy End wäre für mich unpassend gewesen und auch nicht glaubwürdig.
Insgesamt finde ich das Buch gelungen und es hat mir viele schöne Lesestunden beschert. Die geschichtlichen Fakten zum Krieg in London waren mir bisher unbekannt und daher finde ich den Roman sehr spannend, aber auch die Schilderungen der Verstümmelungen und das Leid der Bevölkerung und der Soldaten wirklich beängstigend. Die Liebesgeschichte zwischen Mary und Alistair ist dabei etwas in den Hintergrund geraten, was ich schade finde. Da hatte ich einfach etwas mehr erwartet.