Gegen Mobbing
In Nellys Klasse kommt nach den Sommerferien ein Neuer, Pepe heißt er und er verhält sich komisch. Offenbar hat er keine Angst vor Moritz, vor dem sonst alle Angst haben. Außerdem kriecht er in den Pausen ...
In Nellys Klasse kommt nach den Sommerferien ein Neuer, Pepe heißt er und er verhält sich komisch. Offenbar hat er keine Angst vor Moritz, vor dem sonst alle Angst haben. Außerdem kriecht er in den Pausen im Gebüsch herum und sammelt Insekten.
Nelly beobachtet ihn heimlich. Einerseits bewundert sie ihn für seinen souveränen Umgang mit dem Klassenschreck Moritz, andererseits ist er ihr nicht ganz geheuer.
Moritz merkt recht bald, dass er bei Pepe auf die bisherige Art nicht weiterkommt. So beginnt er, Nelly und ihre Freundin Susa unter Druck zu setzen, was eigentlich ziemlich unnötig ist, da sie sich sowieso nicht so sehr für Pepe interessieren.
Susa fürchtet sich vor Krabbeltieren. Als eines Tages lauter Insekten in ihrer Schultasche herumkrabbeln, steht für sie ohne jeden Zweifel fest, dass Pepe die da hinein getan hat.
Nelly ist sich nicht so sicher und stellt Pepe zur Rede, zumindest versucht sie es. Doch das Gespräch misslingt.
Die Situation eskaliert. Susa und Nelly streiten sich, und mit Pepe versteht Nelly sich auch nicht so richtig.
Jedes Kapitel dieses Buches beginnt mit dem Wochentag als Schmuckbuchstaben, jeder Leseabschnitt beginnt mit dem Kopf des Kindes, das jeweils die Erzählperspektive bestimmt. Das erleichtert es einerseits den Lesenden, sich zurechtzufinden. Gleichzeitig ermöglicht es der Autorin aber auch, die jeweiligen Gedanken der beteiligten Kinder in kurzen Abschnitten hintereinander zu setzen, so dass die Leserinnen und Leser sofort erkennen können, warum die Gespräche falsch laufen, wer da was anderes hört als gemeint ist und wie die eigenen Hintergründe beeinflussen, was man aufnimmt, wie man Sätze versteht, die andere sagen. Gerade bei Nelly und Pepe, aber auch gegenüber Susa spielen die Dinge, die nicht gesagt werden, eine große Rolle bei dem Dilemma, in das die drei geraten.
Doch die drei Kinder wählen immer wieder den Weg der Kontaktaufnahme. Sie ziehen keine Dritten mit in ihren Streit, alle drei wollen eigentlich eine einvernehmliche Lösung. Das gelingt ihnen am Ende auch, wobei jeder eine recht große Portion Mut aufbringen muss.
Das Hauptthema des Buches ist Mobbing. Dabei fällt positiv auf, dass auch dem Mobber eine Stimme verliehen wird, seine Beweggründe dargestellt werden.
Insgesamt setzt sich das Buch auf vielen Ebenen mit den „Gelingensbedingungen“ von Mobbing auseinander und stellt (unaufdringlich) die richtigen Fragen: Wer kann dazu beitragen, dass Mobbing aufhört? Was trage ich selbst dazu bei? Warum tut eigentlich keiner was? Warum schauen alle weg? Usw.
Eine Bereicherung sind auch die Illustrationen von Katharina Netolitzky. Detailliert und humorvoll stellt sie einzelne Szenen aus dem Roman in Schwarz-Weiß-Illustrationen dar.
Sprachlich ist die Autorin nah an den Kindern der Zielgruppe an, ohne ins Umgangssprachliche zu verfallen.
Schön auch, dass weder Eltern noch Lehrer durchgehend „Klappspaten“ sind, obwohl sie keine große Rolle spielen. Die Kinder sind so stark, dass sie mit wenig Unterstützung – aber viel Vertrauen im Hintergrund – selbst eine Lösung finden.
Allein Pepe fehlt die Unterstützung, die er sich wünscht. Dadurch sind auch die Familienkonstellationen im Hintergrund durchaus unterschiedlich und können Anregung für Gespräche bieten.
Das Buch eignet sich hervorragend als Klassenlektüre, da es klar gegliedert ist. Die unterschiedlichen Perspektiven keine Schwierigkeit darstellen, weil die Zeichnungen der Kinder klar darauf hinweisen. Inhaltlich bietet es zahlreiche Diskussionsansätze. Allerdings muss man wohl darauf achten, ob Schülerinnen oder Schüler bereits selbst schlechte Erfahrungen mit Mobbing gemacht haben und ihre eigenen Erinnerungen durch die Lektüre wieder aufgerührt werden.