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SofieWalden

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.08.2022

Ein Bild als Beweis und die Wette ist gewonnen

Ein Bild von einer Frau
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Es gibt eine Fotografie, weltbekannt und sie zeigt den Schriftsteller Ernest Hemingway. Es ist ein Bild, ganz er, ganz seinem gewollten Image entsprechend und man denkt automatisch an eine der wohl bekanntesten ...

Es gibt eine Fotografie, weltbekannt und sie zeigt den Schriftsteller Ernest Hemingway. Es ist ein Bild, ganz er, ganz seinem gewollten Image entsprechend und man denkt automatisch an eine der wohl bekanntesten Geschichten seines Schaffens. Und aufgenommen, ihn eingefangen in dieser Fotografie, hat ihn Inge Schönthal, eine Frau, die ihren Weg machen wird, als Fotografin und Verlegerin.
Dieses Buch greift dies auf und erzählt die Geschichte rund um die Entstehung dieses Fotos, wie sie vielleicht hätte sein können und als Leser kommt es einem durchaus so vor, als ob die Autorin, auch dank ihrer ausgedehnten Recherchen, ziemlich nah dran ist, an dem wahren Geschehen. Die Fotografin hier heißt Insa Schönberg, eine tatkräftige junge Frau, die sich Ziele setzt, um voran zu kommen und sich davon dann auch nicht abbringen lässt. Mit dem Verleger Ledig-Rowohlt wettet sie sozusagen um ihren Erfolg. Den berühmten Schriftsteller Ernest Hemingway will sie in dessen Haus auf Kuba besuchen, wir haben 1953, und ihn ablichten. Ein schwierigeres Unterfangen als Insa selbst geglaubt hat, denn Hemingways Ruf stellt sich als geradezu authentisch heraus. Gute Manieren hat er nicht nötig. Er ist mürrisch und unhöflich und mit 'Krauts' gibt er sich schon gar nicht ab. Doch an der jungen Frau prallt alle Zurückweisung ab, seine Spielchen können sie nicht vergraulen und so schafft sie es letztendlich tatsächlich, Zutritt zu seinem Haus zu bekommen. Und trotz regelrechter auch verbaler Schlachten darf sie ihn schließlich fotografisch begleiten. Und dafür steht, auch symbolisch für die ganze Geschichte, dieses Foto, Hemingway, Fotografin, Marlin.
Dieses Buch, es ist angenehm leicht zu lesen, lebhaft, schwungvoll, nach vorne strebend, genau wie es auch dem Wesen der Hauptprotagonistin entspricht. Die historischen Fixpunkte, allen voran das besagte Foto, sie geben der Geschichte einen besonderen Reiz. Man ist sich der fiktiven Ausgestaltung 'drumherum' durchaus bewusst, aber im positiven Sinne und man fühlt sich hier bestens unterhalten. Und nur so als kleine Anmerkung: Ein ordentlich Maß an natürlich gelebter Emanzipation bringt der frische Wind, mit dem die Heldin durch diese Geschichte weht, auch gleich noch mit.

Veröffentlicht am 30.08.2022

Poetisch und das genaue Gegenteil, eine abgründige Liebesaffäre

Blinder Spiegel
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Elle und Lui, zwei sich fremde Menschen, betreten ein Café und erkennen sich. Elle, Frau eines politisch ambitionierten Unternehmers, einsam, unbefriedigt, alleingelassen, Lui, Fluglotse, mit dem Gefühl, ...

Elle und Lui, zwei sich fremde Menschen, betreten ein Café und erkennen sich. Elle, Frau eines politisch ambitionierten Unternehmers, einsam, unbefriedigt, alleingelassen, Lui, Fluglotse, mit dem Gefühl, Nähe als Enge zu empfinden und häufigen Ortswechseln, um dem zu entgehen, zwei Getriebene auf der Suche nach Halt. Sie stürzen sich in eine zerstörerische und einen, auch als Leser, verstörende Affäre, brutal, abgründig, schonungslos. Und doch ist dieses Drama von Poesie und Melancholie durchflutet. Und obwohl man teilweise auch Befremden empfindet, lässt man sich hineinziehen, in diesen Sog des Untergangs.
Diese Geschichte, es ist das danach und es ist bereits geschehen, als es Lui aus dem Gefängnis heraus aufschreibt, erzählt von diesem hypnothisch voneinander angezogenen Paar, zwei Ertrinkenden im Gefüge der Welt, die hoffnungslos hofften und natürlich scheiterten.
Ein faszinierendes kleines Werk, das einen, nach oder trotz dessen atemberaubender Sprachgewalt, zurücklässt, erst einmal ohne Worte.
Ein Ereignis!

Veröffentlicht am 28.08.2022

Manchmal sind die Menschen gar nicht so schlecht und sie helfen, wenn du es ihnen erlaubst

Neun Wünsche für Archie
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Archie ist ein eher in sich zurückgezogener Junge. Er hält sich tatsächlich für einen 'unbrauchbaren Mensch' und wenn dass ein Kind von sich denkt, dann ist das schon richtig schlimm.
Zuhause muss sich ...

Archie ist ein eher in sich zurückgezogener Junge. Er hält sich tatsächlich für einen 'unbrauchbaren Mensch' und wenn dass ein Kind von sich denkt, dann ist das schon richtig schlimm.
Zuhause muss sich der Junge um alles kümmern, einkaufen, meistens für etwas zu essen sorgen und die Wohnung in Ordnung halten. Seine Mutter liegt nämlich den ganzen Tag nur im Bett, weil sie immer so müde ist. Bei seinem Vater, der eine neue Familie hat, ist er alle zwei Wochen zu Besuch, aber willkommen fühlt er sich dort nicht. Nur mit seiner kleinen Halbschwester hat er ein sehr inniges Verhältnis.Und dann hat Archie ein Fahrradunfall. Nichts schlimmes, doch plötzlich sieht er seinen Lieblingsfußballspieler vor sich stehen. Archie erzählt ihm etwas von sich und dieser schenkt ihm '9 Wünsche'. Menschen verändern können sie nicht, aber sonst ist alles möglich. Und Archie beginnt zu wünschen. Dabei merkt er, dass es gar nicht so leicht ist, dieses Geschenk sinnvoll zu nutzen. Aber irgendwie bringen sie doch Gutes für sich und für andere.
Und die Geschichte entwickelt sich und Archie auch. Er wird offener und fühlt sich nicht mehr so allein. Und ab und zu ist da sogar so etwas wie Glücklichsein.
Dieses Buch, es erzählt keine Heile-Welt-Geschichte. Aber trotzdem ist es schön, Archie auf seinem Weg zu begleiten. Hier geht es darum, dass das Leben manchmal einfach schwierig ist. Aber es kann auch wieder anders werden und dafür muss man selbst etwas tun. Alleine damit fertig werden, dass klappt meist nicht und wenn einem die Menschen um einen herum Hilfe anbieten, nehmt sie an. Auch Archie hat das dann getan. Und das ist ein ziemlich guter Anfang dafür, dass die Dinge wieder besser werden. Und Erwachsenen, wie Archies Vater, denen darf man ruhig mal die Leviten verlesen, damit sie aufwachen und beweisen, dass sie wirklich erwachsen sind.
Ein tolles Buch, eine Geschichte so richtig aus dem realen Leben und das Ende ist ein wirklich ein guter Anfang.

Veröffentlicht am 26.08.2022

Drei Freundinnen, die geliebte Rollschuhbahn und plötzlich geht Zusammenhalt

Stella rollt an
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Die drei Freundinnen Stella, Nelly und Lou, als Rolling Angels unterwegs, lieben das Rollschuhfahren über alles und verbringen jede freie Minute auf der Brezi, einer Rollschuhbahn. Auch die Skating Devils, ...

Die drei Freundinnen Stella, Nelly und Lou, als Rolling Angels unterwegs, lieben das Rollschuhfahren über alles und verbringen jede freie Minute auf der Brezi, einer Rollschuhbahn. Auch die Skating Devils, das sind Mo, Lous Zwillingsbruder, Eric und Ronni, sind oft hier und versuchen beim Rollhockey besser zu werden. Beide Gruppen gehen sich dauernd gegenseitig auf die Nerven und Streit gibt es auch. Doch dann soll ihre geliebte Brezi abgerissen werden und sehr schnell merken alle sechs, dass sie nur zusammen eine Chance haben, die Bahn
zu rettten.
Eine nette erfrischende Geschichte rund um das Thema Zusammenhalt, etwas für andere tun und natürlich die Erkenntnis, Mädchen bzw. Jungens sind nicht immer doof, meistens sogar echt ok. Und dass der Rollschuhsport ist eine echt schöne Sache ist, davon kann man sich hier auch überzeugen. Versucht es doch einfach mal selbst.
Bald soll es ja auch schon weitergehen, mit Stella und ihren Freundinnen. Schon hier sind ja auf sehr lockere Weise einige Themen mit eingeflossen, die einfach ganz selbstverständlich dazu gehören und ich bin mir sicher, auch der nächste Band wird uns richtig gute Leseunterhaltung bieten. Wir freuen uns darauf.

Veröffentlicht am 26.08.2022

Ein Mensch erlebt 'Berührungen' und ist sich dessen sehr bewusst

Intimitäten
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Eine Frau, sie hat keinen Namen in dieser Geschichte, erzählt aus ihrem momentanen Leben, den feinen Verästelungen und Gefühlen in ihrem inneren Sein, den Empfindungen mit anderen und von dem, was sie ...

Eine Frau, sie hat keinen Namen in dieser Geschichte, erzählt aus ihrem momentanen Leben, den feinen Verästelungen und Gefühlen in ihrem inneren Sein, den Empfindungen mit anderen und von dem, was sie beschäftigt, privat und vor allem in ihrem Beruf.
Nachdem sie nichts mehr an ihr altes Zuhause, New York, bindet, der Vater ist gestorben und die Mutter in ihre alte Heimat zurückgekehrt, nimmt sie am interntionalen Gerichtshof in Den Haag eine Stelle als Dolmetscherin an. Irgendwie wurzellos sucht sie privat nach einem Halt, einem Zuhause und die findet es in Adriaan. Doch dieser ist noch verheiratet. Um seine Angelegenheiten zu regeln bzgl. der Scheidung von seiner Frau, reist er nach Lissabon zurück und sie bleibt allein, mit einem Gefühl von Zurückgelassenheit und der Unwägsamkeit, ob ihre Beziehung eine Zukunft hat. Vor diesem Hintergrund wird ihre Arbeit zu einem noch wichtigeren Teil ihres Lebens. Ein afrikanischer Ex-Präsident, der sich für seine Menschenrechtsverletzungen zu verantworten hat, ist die Person, den sie als Dolmetscherin während des Prozesses begleiten soll. Ihre Arbeit hier, dass was sie hört, kommunizieren soll, neutral, unbeeinflusst, ohne Wertung, es verlangt ihr viel ab und sie beginnt, die Dinge zu reflektieren, ausgedehnt, was durch die instablie Lage ihres Privatlebens noch weit sensibler, zweifelnder erfolgt. Sie benennt die Intimität, die entsteht, zwischen ihr und diesem Mann, rein beruflich natürlich, aber doch erschreckend klar, die Intimität dadurch, sein Sprachrohr zu sein, eine Fortführung seines Denkens und seiner Manipulationen. Und es gibt auch Intimität in Form von Nähe, wenn die Situation es erfordert, ihm die Worte ins Ohr zu flüstern, gesteuert?, manupuliert, ebenfalls durch ihn?
Diese Geschichte, dieses Anteilnehmen lassen der Ich-Erzählerin an ihren innerlich ausgetragenen Kämpfen, ihrer Gefühlswelt, so präzise und intensiv immer im richtigen Maß, um als Leser sozusagen an ihren Lippen zu hängen, das ist ganz groß. Hier passiert eigentlich so wenig und doch so viel, atemberaubend durch den Schreibstil der Autorin transportiert. Mich hat dieses Buch sehr mitgenommen. Es ist ein besonderes Buch, auf seine Art einzig und unbedingt lesenswert.
Ich kann es nur empfehlen.