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Veröffentlicht am 05.12.2022

Weihnachtsgeschichte ohne Weihnachtsflair

Eine wundersame Weihnachtsreise
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EINE WUNDERSAME WEIHNACHTSREISE
Corina Bomann

Die Studentin Anna wird von ihrer besten Freundin Paula Grinch genannt - und das aus gutem Grund: Anna hasst Weihnachten.
Seitdem ihr Vater sie und ihre ...

EINE WUNDERSAME WEIHNACHTSREISE
Corina Bomann

Die Studentin Anna wird von ihrer besten Freundin Paula Grinch genannt - und das aus gutem Grund: Anna hasst Weihnachten.
Seitdem ihr Vater sie und ihre Mutter verließ, sind ihr Weihnachtseinkäufe, Heiligabend und Weihnachtsmusik, allen voran 🎶 WHAM's Last Christmas 🎶, ein Graus.
Die letzten Jahre umging sie die Einladung ihrer Mutter und ihres Stiefvaters zum Weihnachtsfest galant, indem sie mit ihrer Freundin Paula in den Urlaub fuhr.
Doch dieses Jahr hat Paula keine Zeit. Schweren Herzens, und auch nur ihrem geliebten kleinem Halbbruder zuliebe, nimmt sie die diesjährige Einladung zum Weihnachtsfest bei den Eltern an.
Einen Tag vor Weihnachten steigt Anna in die Bahn, um von Leipzig nach Berlin zu fahren, doch sie schläft ein und erwacht erst an der Endhaltestelle an der Ostsee, wo ein Schneesturm wütet und die Bahn zum Ausfall zwingt.
Dies ist der Beginn von aufeinanderfolgenden Verkettungen in die Anna stolpert.

Eigentlich bin ich ein Fan von Corina Boman. Ihr Buch Winterengel habe ich damals gerne gelesen, aber diese Weihnachtsgeschichte konnte mich leider nicht überzeugen - zu unrealistisch - so viele Zufälle kann es nicht geben und irgendwann hat mich die Protagonistin Anna nur noch genervt.
Etwas weniger wäre hier sicherlich mehr gewesen. Schade.

Da der Schreibstil allerdings wie gewohnt flüssig ist, es kleine schöne Lebensweisheiten gibt (die mich zum durchhalten animiert haben), und ich am Ende eine Träne vergossen habe, gebe ich dem Buch 3/ 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 28.09.2022

Starker Anfang, schwaches Ende

Auf See
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Yada wächst in einer nicht explizit genannten Zukunft, auf einer schwimmenden Seestatt in der Ostsee, auf. Ihr Vater hat die wabenförmige Insel einst erbaut, um sich und andere vor der chaotischen und ...

Yada wächst in einer nicht explizit genannten Zukunft, auf einer schwimmenden Seestatt in der Ostsee, auf. Ihr Vater hat die wabenförmige Insel einst erbaut, um sich und andere vor der chaotischen und untergehenden Welt zu retten.
Ihr Tagesplan ist straff: Online wird sie vormittags von den besten Lehrern unterrichtet, am Nachmittag folgen Sport und dann wieder Unterricht, bis sich das Licht automatisch um 21 Uhr ausschaltet.
Yada ist alleine. Sie hat weder Zugang zum Internet, noch Freunde. Ihre Mutter starb an einer rätselhaften Krankheit und ihr Vater ist viel auf Reisen.

Eines Tages erfährt sie, dass die Angestellten auf dem Angestelltenboot gar nicht freiwillig auf der Seestatt sind. Als ihr Vater wieder auf Reisen ist, sucht sie auf seinem Computer nach Antworten und findet mehr als diese.

Helen ist Künstlerin und Anführerin einer Sekte, dessen Gründung sie eigentlich nie bewusst im Visier hatte - aus Spass hat sie nämlich ein Orakel vorhergesagt und dieses in YouTube gepostet. Als diese Vorhersagen nacheinander wirklich eintrafen, wurde sie von immer mehr Leuten als eine „Wissende“ angesehen.


In mehreren Erzählsträngen und in einem angenehmen und anspruchsvollen Schreibstil erzählt Theresia Enzenberger ihre Dystopie:
- Yada, eine Coming-of-Age-Geschichte
- Helena
- Ein sogenanntes Archiv, wo historische Geschehnisse erzählt werden
- Zu einem späteren Zeitpunkt: Yada und Helena gemeinsam


Währen mich zu Beginn die Handlung und der Handlungsort, besonders der von Yada, wirklich packen konnte, so liess mein Interesse ab dem Zusammentreffen von Yada und Helena ganz plötzlich nach.
Die versprochene Dystopie blieb aus. Alles was am Anfang dramatisch wirkte, löste sich in Luft auf. Wirklich schade.

Nüchtern und eher empathielos liest die Autorin selbst ihre Geschichte. Die Stimme hätte mich bei jedem anderen Buch gestört, hier passte sie allerdings perfekt.

Leider konnte mich das Buch nicht durchgängig überzeugen.
3 /5

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Veröffentlicht am 31.08.2022

Beeren

Nachtbeeren
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''Ich bin eine 35-jährige gläubige, fromme und bekehrte Mennoniten, und mein Mann ist weg. Vielleicht, um bei der Frau zu sein, die er liebt. Ich frage mich, ob einer meiner Brüder ihn töten würde, wenn ...

''Ich bin eine 35-jährige gläubige, fromme und bekehrte Mennoniten, und mein Mann ist weg. Vielleicht, um bei der Frau zu sein, die er liebt. Ich frage mich, ob einer meiner Brüder ihn töten würde, wenn ich nur den Mund aufkriegen und fragen würde.’’ (Tolino S. 32)

Nachtbeeren
Elina Penner

Die 35-jährige Nelli, ist fromm. Ein Nesthäkchen und Nachzügler, mit vier älteren Brüdern. Sie selbst wurde direkt nach ihrer Metzgerlehre, mit zwanzig Jahren, schwanger und heiratete den Kindesvater. Seitdem sie im Alter von vier Jahren nach Deutschland kam, wohnt sie in Minden und dort spricht sie mit ihrer Familie ‚Plautdietsch‘. Doch vor allem ist sie Tochter von 'Russlanddeutschen‘.

''Ich wusste, wenn ich Leuten erzählte, wo ich herkam und wer ich war, dann würden Hiesige an die russischen Schminktanten denken.
Wir waren einfach Russen, die ins Land gekommen waren, Tausende von ihnen. Wir alle tranken Wodka, konnten kein Deutsch, hatten aber deutsche Nachnamen. So stellen sich die Hiesigen das vor. So machte es Sinn. Ich erklärte immer und immer wieder, alles, auch meinen Nachnamen, meine Sprache, doch niemand hörte richtig zu. Sie lächelten verständnisvoll und nickten nur.’’ (Tolino S. 73)

Jeden Sonntag trifft sich die Familie bei 'Öma' oder bei den Brüdern, es wird gegessen und viel getrunken. Meistens sind es die selben Themen, über die sie sprechen: Über die Flucht, den Glauben und die Kartoffeln. Einst waren sie froh, nach der Flucht aus Russland, in einer Notunterkunft zu wohnen. In der Notunterkunft waren sie noch mit einer Herdplatte zufrieden gewesen. Hauptsache weg aus Russland! Doch im Laufe der Jahre schimpfen sie immer mehr auf die Deutschen, die Kartoffeln.

Nelli, lehnte einst den Glauben ab, aber nach der Totgeburt ihres zweiten Kindes, und dem Tode ihrer geliebten ‚Öma‘ wurde sie depressiv, starrte tagelang ins Leere und fand Trost im Gebet.
Als ihr Mann Kornelius ihr beichtet, dass er eine andere liebt, ist sie so verwirrt, dass sie sich am nächsten Tag nicht mehr daran erinnern kann, ob sie ihren Mann vielleicht umgebracht hat - zumindest ist er weg.

Der Debütroman von Elina Penner sprach mich mit seinem besonderen Cover sofort an. Die Schreibweise und die kurzen Sätze sind unaufgeregt, passen aber hervorragend zur Geschichte.
Besonders gut gefiel mir der Einblick in die Denkweise, ja in die Zerrissenheit der Aussiedler, nach der Flucht. Dies wird sehr gut und glaubwürdig dargestellt. Auch die liebevolle Mutter-Sohn-Beziehung gefiel mir hervorragend.
Worüber ich mich jedoch sehr gestört habe, sind die Vorurteile/Verallgemeinerungen über die Deutschen, sowie dass die Deutschen insgesamt 14 Mal als ‚Kartoffeln' bezeichnet wurden.

Fazit: Ein interessantes Debüt, mit zartem schwarzem Humor, aber auch nicht mehr.
3/ 5

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Veröffentlicht am 30.06.2022

Gutes Debüt

Das Marterl
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"Wie viel trauriger als wenn man kein Eis bekommt, ist man, wenn jemand stirbt? Zehnmal? Einhundertmal?" (S. 115)

Das Marterl
Johannes Laubmeier

Johannes kommt nach 10 Jahren aus England nach A., einer ...

"Wie viel trauriger als wenn man kein Eis bekommt, ist man, wenn jemand stirbt? Zehnmal? Einhundertmal?" (S. 115)

Das Marterl
Johannes Laubmeier

Johannes kommt nach 10 Jahren aus England nach A., einer kleinen Stadt in Bayern, zu Besuch.
Lange hat er es vermieden zurückzukehren, obwohl seine Mutter noch immer dort wohnt.

„Am 4.Juni 2009 ist mein Vater gestorben. Und das ist mir wirklich passiert.“ (S. 265)
Verunglückt bei einem Motorradunfall verstirbt sein Vater mit 55 Jahren, ihm wurde die Vorfahrt genommen.

Nun ist Johannes wieder da und stellt sich seinen Erinnerungen aus seiner Kindheit, Jugend und den Tagen vor dem Unfall.
„Vielleicht ist es gut, traurig zu sein. Vielleicht wird es dann irgendwann besser. Vielleicht wird es nicht besser, und ich werde nur besser darin, es auszuhalten.“ (S.264)

Laubmeier erzählt seine Geschichte auf zwei Zeitebenen. Immer wieder gibt es Rückblicke in seine Kindheit, wobei hier der Erzähler Johannes nur als „der Junge“ tituliert.

Der Schreibstil ist wunderbar, doch Laubmeier schafft es nicht mich durchgehend zu fesseln. Einige Passagen und das letzte Drittel fand ich packend, ansonsten ist mir einfach zu wenig passiert.
Das Cover finde ich sehr gelungen, so dass ich hier auf mehr als „nur" eine Trauerbewältigungs-Geschichte gehofft habe. Dennoch ein gutes Debüt und ich hoffe, dass wir noch viel vom Autor lesen werden.

Leseempfehlung für diejenigen, die Trauerbewältigung mögen.
3 Sterne

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Veröffentlicht am 25.05.2022

Wichtiges Thema, konnte mich aber nicht packen

Der Mann im Untergrund
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Der Mann im Untergrund
Richard Wright
aus dem Amerikanischen von Werner Löcher-Lawrence,
gesprochen von Patrick Abozen und Timo Weisschnur


Der schwarze Arbeiter Fred Daniels erhält am Ende der Woche ...

Der Mann im Untergrund
Richard Wright
aus dem Amerikanischen von Werner Löcher-Lawrence,
gesprochen von Patrick Abozen und Timo Weisschnur


Der schwarze Arbeiter Fred Daniels erhält am Ende der Woche seinen Lohn und geht zur Bushaltestelle, um nach Hause, zu seiner hochschwangeren Frau, zu fahren.
Aufgehalten wird er von drei weißen Polizisten, die ihn beschuldigen, die Nachbarn seiner Arbeitgeberin kaltblütig ermordet zu haben. Fred streitet alles ab, er sei noch nie im Hause der Nachbarn gewesen und einen Doppelmord könnte er, ein treuer Kirchgänger, schon gar nicht verüben.
Die Polizisten hören ihm nicht zu, inhaftieren ihn, foltern und manipulieren ihn so lange psychisch und physisch, bis er ein Schuldgeständnis unterschreibt.
Fred kann flüchten, hebt einen Kanaldeckel an und versteckt sich in der Kanalisation.
In diesem zweitem Teil des Buches verliert er seine Unschuld und kommt zu einer überwältigenden Einsicht, die ihn im dritten Teil des Buches zu den Polizisten zurückführt.


Der afroamerikanische Autor Richard Wright (1908-1960) war einer der einflussreichsten Schriftsteller seiner Zeit in Amerika. Der Roman wurde bereits 1941/42 geschrieben, jedoch zunächst von seinem Verleger abgelehnt. Heute erscheint dieser Roman erstmals in ungekürzter Fassung.
Leider ist "polizeiliche Gewalt“ in Amerika noch immer hochaktuell #blacklivesmatters und daher auch ein wichtiges Thema, jedoch konnte mich der Roman nicht ganz einfangen.
Begonnen hat er so eindrücklich, dass ich Fred am liebsten zur Hilfe geeilt wäre, aber für mich verlor sich die Spannung, als er in die Kanalisation floh. Die erlebten Geschichten im Untergrund wurden mir lang, trotz der sehr guten Sprecher des Hörbuchs.
Dennoch 3 Sterne für den spannenden Einstieg ins Buch, das gute Cover und das wichtige Thema, was bestimmt viele Leser finden wird.

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