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Veröffentlicht am 14.09.2022

Vielschichtige Story

Das neunte Gemälde
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Es geht um Beutekunst. „Das neunte Gemälde“ wird auf mehreren Zeitebenen erzählt. Den Wechsel zwischen dem Gestern und dem Heute hat mir Julian Mehne sehr bildhaft und spannend vorgelesen. So einige Personen ...

Es geht um Beutekunst. „Das neunte Gemälde“ wird auf mehreren Zeitebenen erzählt. Den Wechsel zwischen dem Gestern und dem Heute hat mir Julian Mehne sehr bildhaft und spannend vorgelesen. So einige Personen gilt es auseinanderzuhalten, auch die wechselnden Örtlichkeiten verlangen schon nach konzentriertem Zuhören, um dem Geschehen folgen zu können.

Durch einen mysteriösen Anruf wird Lennard Lomberg, seines Zeichens Kunstexperte, auf ein verschollenes Gemälde aufmerksam. Im Laufe der Recherchen blitzt immer wieder Picasso auf – das gesuchte Kunstwerk sollte von ihm stammen.

Sehr anschaulich wird der Weg dieses neunten Gemäldes nachgezeichnet. Dass so manch strammer Nazi in der jungen Bundesrepublik die Karriereleiter hochklettert, ist nichts Neues.

Um die Kunstwerke, die NS-verfolgungsbedingt entzogen wurden, in diesem speziellen Fall um das neunte Gemälde, rankt Andreas Storm seine Kriminalgeschichte vor historischem Hintergrund, der von Bonn in etliche europäische Städte führt. Lennard Lomberg ist nicht nur im Kunstmilieu unterwegs, er erfährt auch die unrühmliche Geschichte seiner Vorfahren.

Eine vielschichtige, fiktive Story, die sich so oder so ähnlich durchaus hätte zutragen können. Die anfangs nicht sehr nahbaren Charaktere werden zunehmend greifbarer. Ein Streifzug beginnend im besetzten Paris anno 1943 mit Rückblicken zu Picassos Zeiten über die unruhigen 1966er Jahre hin zum Heute – hier sind wir im Jahre 2016 angelangt. Ein Hörbuch vom Argon-Verlag, perfekt in Szene gesetzt von Julian Mehne. Der erste Fall für Lennard Lomberg, auf „Die Tirade von Madrid“ muss ich noch ein Weilchen warten.

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Veröffentlicht am 04.09.2022

Jahre des Erwachsenwerdens

Jahre mit Martha
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Die „Jahre mit Martha“ waren so ganz anders, als ich sie mir vorgestellt habe. Es sind Jahre des Erwachsenwerdens mit Musikbegleitung. Die Geschichte von Jimmy, der eigentlich Zeljko heißt. Er ist fünfzehn, ...

Die „Jahre mit Martha“ waren so ganz anders, als ich sie mir vorgestellt habe. Es sind Jahre des Erwachsenwerdens mit Musikbegleitung. Die Geschichte von Jimmy, der eigentlich Zeljko heißt. Er ist fünfzehn, als alles beginnt und sie, die Professorin, ist um einiges älter. Ganz und gar unterschiedliche Welten sind es, die aufeinandertreffen, sich ergänzen, sich nie so ganz aus den Augen verlieren, die immer einen Weg zueinander finden. Diese Jahre mit Martha sind eher zweitrangig, es geht vielmehr um Jimmy in all seinen Facetten.

Die beiden Darsteller lernen sich kennen, sind neugierig aufeinander, sie haben sofort einen Draht zueinander. Sie fördert ihn, den sehr intelligenten Jimmy, zeigt ihm viele Möglichkeiten auf und doch lässt sie ihn seine eigenen Erfahrungen machen.

Der Migrationshintergrund ist Thema. Zeljkos Familie stammt aus dem ehemaligen Jugoslawien, hier in Deutschland leben sie eher beengt zu fünft in einer Zweizimmerwohnung, die Eltern malochen, sie können den Kindern nicht viel bieten. Als der Fünfzehnjährige Martha kennenlernt, ändert sich für ihn alles. Sie unterstützt ihn, auch wenn zwischendurch immer wieder ihr und auch sein Begehren aufblitzt, ist es seine Geschichte.

Es ist eine Einwanderungsgeschichte, Jimmy stellt die zweite Generation dar. Sie sind schon selbstbewusster als ihre Eltern, gehören eher hier her als in die alte Heimat. Es bieten sich viele Chancen, so manche verstreichen ungenutzt. Ich sehe nicht nur das Migrantenkind, ich sehe einen jungen Mann, der seine Bestimmung sucht. Der vieles ausprobiert, vieles verwirft und letztendlich doch seinen ureigenen Weg findet.

Ich fand Gefallen daran, schwamm mit ihnen mit, ließ alles auf mich zufließen. Ein ruhiger Fluss, eine unaufgeregte Story. Und doch waren es anregende Jahre hin zur Selbstfindung. Schön erzählt.

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Veröffentlicht am 31.08.2022

Berührende Familiengeschichte

Die Rückkehr der Kraniche
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Drei Frauengenerationen – Mutter Wilhelmine, die beiden Schwestern Grete und Freya sowie Anne, Gretes Tochter – treffen in ihrem alten Haus aufeinander. Während Grete immer hier in der Elbmarsch lebte, ...

Drei Frauengenerationen – Mutter Wilhelmine, die beiden Schwestern Grete und Freya sowie Anne, Gretes Tochter – treffen in ihrem alten Haus aufeinander. Während Grete immer hier in der Elbmarsch lebte, war Freya schon bald weg, sie hat sich in Berlin ihr Leben eingerichtet. Auch Anne ist schon lange ausgezogen, Wilhelmines Schwächeanfall hat sie alle wieder hierher verschlagen.

Ganz und gar unterschiedliche Lebensentwürfe prallen regelrecht aufeinander. Freya steht vor einem Scherbenhaufen – ihr Freund hat sie verlassen, mit ihrer Firma steht es nicht zum Besten und nun steht sie vor ihrer Schwester, die mit ihrem Besuch so gar nicht gerechnet hat. Ist es wirklich der schlechte Gesundheitszustand der Mutter, der Freya in das Haus ihrer Kindheit hat kommen lassen? Und Grete, die als Vogelwirtin ein verlockendes Angebot erhält - wird sei es wagen, neue Wege zu beschreiten? Zu ihrer Tochter Anne gab es von jeher eine Distanz, die wie eine unsichtbare Wand zwischen den beiden stand und immer noch steht.

Die Mutter hat ihre Töchter alleine großgezogen, der Vater ist schon lange tot. Es war kein Zuckerschlecken, Wilhelmine ist darüber hart geworden, konnte ihre Liebe nie richtig zeigen. Hat sie diese Distanziertheit an die nächste Generation weitergegeben? Viel haben sie sich wohl nicht zu sagen, Grete hat ihre Erfüllung in der Natur gefunden, ihr Beruf ist Berufung für sie. Und Freya liebt ihr Großstadtleben.

Romy Fölck ist eine unaufgeregte Erzählung gelungen, die genau beobachtet. Die Charaktere sind authentisch, werden ungeschönt in all ihren Unzulänglichkeiten dargestellt. Eine Familie, wie es sie viele gibt. In alle Winde verstreut, man kennt sich und doch ist keiner dem anderen wirklich nahe, weiß um dessen Leben. Die Umstände erfordern es, dass man sich doch öffnet, auch wenn es weh tun mag. Auch die Landschaft ist in ihrer Ursprünglichkeit gut beschrieben, die Rückkehr der Kraniche auf Gretas Ostseeinsel hatte ich vor Augen…

…ihre Rufe waren direkt zu hören. Und dafür hat Tessa Mittelstaedt gesorgt, die das Hörbuch vom Argon Verlag gekonnt vorgetragen hat, die Stimmungen gut einzufangen wusste. Jeder der vier Frauen hat sie ihre individuelle Note gegeben, das Hören war durchweg angenehm.

Den Alltag leben Wilhelmine und Grete im Einklang mit der Natur, sind weitgehend Selbstversorger, für Träume und ein ausschweifendes Leben war nie Platz. Der andere wird stillschweigend toleriert, vieles bleibt ungesagt. So auch bei den Hansen-Frauen. Dass jede so ihre Geheimnisse hat, gärt unter der Oberfläche. Lange habe ich auf Wilhelmines Geschichte gewartet, auch Grete rückt endlich mit der Wahrheit heraus.

Eine Familiengeschichte, leise und doch kraftvoll erzählt. Eingebettet in eine Landschaft voll sprödem Charme - ein Blick auf das gelungene Cover verstärkt diesen Eindruck.

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Veröffentlicht am 29.08.2022

Spannend

Die Vergessene
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Andrea Oliver ist jetzt US-Marshal, ihr erster Einsatz führt sie nach Longbill Beach. Gut 24 Stunden nach ihrer Diplomverleihung bearbeitet sie nun zwei verschiedene Fälle: Mit Debuty Leonard Bible bildet ...

Andrea Oliver ist jetzt US-Marshal, ihr erster Einsatz führt sie nach Longbill Beach. Gut 24 Stunden nach ihrer Diplomverleihung bearbeitet sie nun zwei verschiedene Fälle: Mit Debuty Leonard Bible bildet sie ein Team, sie sind für die Sicherheit einer Richterin verantwortlich, nachdem diese Morddrohungen erhalten hat. Außerdem will sie unbedingt dafür sorgen, dass ihr Vater hinter Gitter bleibt. Sie ist davon überzeugt, dass er ein längst vergessenes Mädchen ermordet hat, den Beweis für seine Schuld will sie erbringen.

Das Cover passt sich dem Gelesenen an, nach vier Jahrzehnten ist „Die Vergessene“ eher schemenhaft, ihr Licht ist noch nicht ganz erloschen und so ganz vergessen ist sie nicht denn jeder, der damals mit ihr zu tun hatte, erinnert sich noch gut an sie und vor allem an jenen Abend, als das Unheil seinen Lauf nahm.

Auf zwei Zeitebenen wird abwechselnd erzählt, beide Erzählstränge waren für sich genommen spannend. Es beginnt vierzig Jahre vorher, Emily will nun doch auf den Abschlussball, ihre langjährige Clique ist auch da. Der Abend verläuft jedoch ganz anders, als sie es sich vorgestellt hat. Das Gestern wechselt sich ab…

… mit dem Heute, mit Oliver und ihrem neuen Job. Sie ist zwar Anfängerin und doch erkennt Bible ihr Potential. Er ist ein alter Hase und hat eine ganz eigene Art, ihr den Job näher zu bringen. Seine Marshal-Regeln etwa, für die er sehr sinnige Metapher wählt, wie seine Regel Nummer fünf, in der er ihr rät, sich auf eine Sache zu konzentrieren: „Du kannst nicht zwei Pferde mit einem A…. reiten.“ Die beiden mögen sich von Anfang an, sie sind ein super Team.

Durch die ersten 100, 150 Seiten musste ich mich zwar nicht quälen, aber doch überwinden, weiterzulesen. So nach und nach lernte ich sie alle besser kennen, nicht nur die beiden Marshalls, ein wenig auch ihr Umfeld in der genau richtigen Dosis. Die Charaktere waren gut gezeichnet, jeder hatte seine Eigenheiten, sodass ich sie mir gut vorstellen konnte und doch kam mir keiner der Personen nahe, sie alle hatten eine beinahe unnahbare Aura um sich, die ich nicht immer zu durchdringen vermochte.

Die beiden Erzählstränge haben auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun, aber im Laufe der Ermittlungen nähern sie sich an, es kommt tief Verborgenes ans Licht, das für so manchen sehr unangenehme Folgen nach sich zieht. „Manchmal denken sie sich Lügen aus, um den Verdacht auf jemanden anderen zu lenken.“ Dieser Satz passt sich so manchem hier Agierenden perfekt an.

Karin Slaughter hat mir trotz des holprigen Einstiegs spannende Lesestunden beschert, es hat sich gelohnt, dran zu bleiben.

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Veröffentlicht am 24.08.2022

Ein gelebtes Leben – der erste Teil

Die karierten Mädchen
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Die mittlerweile 93jährige Klara hat immer noch einen sehr wachen Verstand, betont auch gelegentlich, dass sie noch nie gefallen ist. Gut zu Fuß ist sie dennoch nur bedingt, da ihr Augenlicht sie im Stich ...

Die mittlerweile 93jährige Klara hat immer noch einen sehr wachen Verstand, betont auch gelegentlich, dass sie noch nie gefallen ist. Gut zu Fuß ist sie dennoch nur bedingt, da ihr Augenlicht sie im Stich gelassen hat – sie ist blind. Und voller Erinnerungen, von denen sie nun endlich erzählen will. Mit einer Hand voll Kassetten fängt sie an, es werden immer mehr, sie hat das starke Bedürfnis, ihre Geschichte zu erzählen…

…welche mir Tessa Mittelstaedt nähergebracht hat. Die ungekürzte Hörbuchfassung von Hörbuch Hamburg dauert 11 Stunden und 27 Minuten, es waren schon kurzweilige Stunden, die mich aber zuweilen ob dem naiven Umgang mit dem Gedankengut und der Handlungsweise der Nationalsozialisten fassungslos machten.

Die junge Klara bekommt eine Anstellung in einem Kinderheim, sie ist sofort mit Leib und Seele dabei, zudem kann sie dadurch ihre Familie finanziell unterstützen. Bald wird die kleine Tolla ins Heim gebracht, vorgesehen war ursprünglich für sie nur ein kurzer Aufenthalt.

Unsere Geschichte beginnt 1929 inmitten der Weltwirtschaftskrise und zieht sich bis zur Zeit des Nationalsozialismus. Das Heim gerät in finanzielle Turbulenzen, die staatliche Bezuschussung steht auf wackligen Füßen und die Nähe zu den immer stärker werdenden neuen Machthabern ist deutlich spürbar. Das Kinderheim wird ganz nach dem Geschmack der Nationalsozialisten in ein Frauenbildungsheim umgestaltet. Und mittendrin Klara, die alles mitmacht – zum Wohle der Einrichtung?

Die Erzählung beleuchtet hauptsächlich die Zeit vor 70 Jahren, um immer wieder nahtlos im Heute zu landen. Ob dieser harte Übergang dem Hörbuch, dem Vorlesen geschuldet ist, kann ich nicht beurteilen. Diese abrupten Schnitte sind gewöhnungsbedürftig, anfangs musste ich zurückspulen, da ich dachte, Sequenzen überhört zu haben. Dem war aber nicht so. Schnell aber gewöhnte ich mich an diese Art des Vortrages, es hat dann schon gepasst. Ich wollte ja Klaras Geschichte hören, die mir die Sprecherin mit ihrer klaren, hellen Stimme gut vermittelt hat.

Alexa Henning von Lange hat erst zwanzig Jahre nach dem Tod ihrer Großmutter die 130 Tonbandkassetten gehört und aus deren Erinnerungen so einiges in „Die karierten Mädchen“ einfließen lassen. Und sie hat viel recherchiert, die Dramatik der damaligen Zeit mit den Schilderungen auf den Kassetten verwoben. So haben sich Fiktion und Wirklichkeit zu einem homogenen Ganzen vermengt. Klara Möbius ist eine Romanfigur, die so oder so ähnlich hätte agieren können.

„Die karierten Mädchen“ ist das erste von drei Büchern, die Klaras Geschichte weitererzählen. Die Figur der Klara wird als unkritisch abgetan, sie ist eher Mitläuferin, schlängelt sich durch, geht den Weg des geringsten Widerstandes, obwohl sie es auch dank ihres Umfeldes besser wissen müsste. Mit Tolla als Gegenpart ist sie die Kämpferin, die sehr wohl um die Gefährlichkeit weiß, der sie sich aussetzt, indem sie ein jüdisches Mädchen mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln beschützen will.

Es ist eine interessante Lebensgeschichte, kurzweilig erzählt mit einem langen, sehr informativen Nachwort der Autorin. Auf die beiden nächsten Teile bin ich gespannt, Klara und ihre Familie inklusive Tolla werde ich weiterverfolgen.

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