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Veröffentlicht am 15.10.2022

Unterhaltsam, verstörend und inspirierend

Achtsam morden
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Handlung: Nachdem mir "Achtsam morden" nun schon von ganz unterschiedlichen Seiten herzlich empfohlen wurde, musste ich mir den Hype um Karsten Dusses Crime-Comedy-Achtsamkeitsratgeber selbst ansehen. ...

Handlung: Nachdem mir "Achtsam morden" nun schon von ganz unterschiedlichen Seiten herzlich empfohlen wurde, musste ich mir den Hype um Karsten Dusses Crime-Comedy-Achtsamkeitsratgeber selbst ansehen. Und tatsächlich: wie der Autor eine spannende Kriminalhandlung mit morbidem Witz und hilfreichen Achtsamkeitsratschlägen verbindet ist tatsächlich so einmalig wie lesenswert. Betrachtet man die Handlung, die den Werdegang eines gestressten Anwalts zu einem achtsam mordenden Kopf eines Verbrechersyndikats beschreibt, kritisch, so hat sie definitiv 100 Seiten Übergewicht und hätte ohne einige Wiederholungen brillieren können. Zuviel über die Logik der Handlung nachgrübeln darf man ebenfalls nicht, aber dank ständigen Überraschungen und wohlplatziertem Witz, hat man dazu auch keinen Anlass.

Schreibstil:
Das Beste an der Geschichte ist der sehr morbide, schwarze Humor. Egal ob es um die Knappheit an Kindergartenplätzen, explodierende Autobomben, die Hochschulabschlüsse von Schwerverbrechern, die Nährwerte von McDonalds-Essen oder Elektroschockfolter geht - Karsten Dusse schreibt mit rabenschwarzem Sarkasmus und provozierender Ehrlichkeit, was wir alle schonmal gedacht haben, aber uns nie auszusprechen getraut hätten. Als weiteren stimmungsvollen Kontrapunkt zu der blutigen Handlung und dem absurden Humor streut er Achtsamkeitsübungen, Ratschläge und Lebensweisheiten des fiktiven Coaches Joschka Breitners aus dessen Ratgeber "Entschleunigt auf der Überholspur - Achtsamkeit für Führungskräfte" ein. Diese kurze Einschübe lockern nicht nur die Erzählung gelungen auf, sondern regen tatsächlich nebenbei zum Nachdenken an und inspirieren - hoffentlich zu keiner Straftat -, aber vielleicht doch zu dem ein oder anderen größeren oder kleineren Lebenswandel.

Figuren:
Gut gefallen hat mir auch die Hauptfigur Björn Diemel, die abseits jeglicher Moral, politischer Korrektheit oder Gesetz agiert, dabei aber dennoch eine sympathische Identifikationsfigur bleibt. Egal wie tief sich der Anwalt und Ich-Erzähler in der Welt des Verbrechens verstrickt, man fiebert unweigerlich mit, drückt ihm die Daumen, dass seine zwielichtigen Pläne aufgehen und bewundert insgeheim seine gelassene Effizienz, mit der er sich Probleme vom Hals schafft. Auch einige seiner Verbrecher-Kumpels wachsen einem mit der Zeit überraschend ans Herz, sodass ich gerade überlege trotz des sehr stimmigen und eigentlich abgeschlossenen Endes auch die Folgebände zu lesen.

Das Zitat

"Wenn Sie vor einer Tür stehen und warten, stehen Sie vor einer Tür und warten. Wenn Sie sich mit Ihrer Frau streiten, streiten Sie sich mit Ihrer Frau. Das ist Achtsamkeit. Wenn Sie vor einer Tür stehen und warten und die Wartezeit dazu nutzen, sich in Gedanken zusätzlich noch mit Ihrer Frau zu streiten, dann ist das nicht Achtsamkeit, dann ist das einfach nur blöd."



Das Urteil:


"Achtsam morden" ist unterhaltsam, verstörend und inspirierend in einem. Karsten Dusse verbindet hier eine spannende Kriminalhandlung mit morbidem Witz und hilfreichen Achtsamkeitsratschlägen und schafft so eine einmalige wie lesenswerte Geschichte!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.10.2022

Unterhaltsam, verstörend und inspirierend

Achtsam morden
0

Handlung: Nachdem mir "Achtsam morden" nun schon von ganz unterschiedlichen Seiten herzlich empfohlen wurde, musste ich mir den Hype um Karsten Dusses Crime-Comedy-Achtsamkeitsratgeber selbst ansehen. ...

Handlung: Nachdem mir "Achtsam morden" nun schon von ganz unterschiedlichen Seiten herzlich empfohlen wurde, musste ich mir den Hype um Karsten Dusses Crime-Comedy-Achtsamkeitsratgeber selbst ansehen. Und tatsächlich: wie der Autor eine spannende Kriminalhandlung mit morbidem Witz und hilfreichen Achtsamkeitsratschlägen verbindet ist tatsächlich so einmalig wie lesenswert. Betrachtet man die Handlung, die den Werdegang eines gestressten Anwalts zu einem achtsam mordenden Kopf eines Verbrechersyndikats beschreibt, kritisch, so hat sie definitiv 100 Seiten Übergewicht und hätte ohne einige Wiederholungen brillieren können. Zuviel über die Logik der Handlung nachgrübeln darf man ebenfalls nicht, aber dank ständigen Überraschungen und wohlplatziertem Witz, hat man dazu auch keinen Anlass.

Schreibstil:
Das Beste an der Geschichte ist der sehr morbide, schwarze Humor. Egal ob es um die Knappheit an Kindergartenplätzen, explodierende Autobomben, die Hochschulabschlüsse von Schwerverbrechern, die Nährwerte von McDonalds-Essen oder Elektroschockfolter geht - Karsten Dusse schreibt mit rabenschwarzem Sarkasmus und provozierender Ehrlichkeit, was wir alle schonmal gedacht haben, aber uns nie auszusprechen getraut hätten. Als weiteren stimmungsvollen Kontrapunkt zu der blutigen Handlung und dem absurden Humor streut er Achtsamkeitsübungen, Ratschläge und Lebensweisheiten des fiktiven Coaches Joschka Breitners aus dessen Ratgeber "Entschleunigt auf der Überholspur - Achtsamkeit für Führungskräfte" ein. Diese kurze Einschübe lockern nicht nur die Erzählung gelungen auf, sondern regen tatsächlich nebenbei zum Nachdenken an und inspirieren - hoffentlich zu keiner Straftat -, aber vielleicht doch zu dem ein oder anderen größeren oder kleineren Lebenswandel.

Figuren:
Gut gefallen hat mir auch die Hauptfigur Björn Diemel, die abseits jeglicher Moral, politischer Korrektheit oder Gesetz agiert, dabei aber dennoch eine sympathische Identifikationsfigur bleibt. Egal wie tief sich der Anwalt und Ich-Erzähler in der Welt des Verbrechens verstrickt, man fiebert unweigerlich mit, drückt ihm die Daumen, dass seine zwielichtigen Pläne aufgehen und bewundert insgeheim seine gelassene Effizienz, mit der er sich Probleme vom Hals schafft. Auch einige seiner Verbrecher-Kumpels wachsen einem mit der Zeit überraschend ans Herz, sodass ich gerade überlege trotz des sehr stimmigen und eigentlich abgeschlossenen Endes auch die Folgebände zu lesen.

Das Zitat

"Wenn Sie vor einer Tür stehen und warten, stehen Sie vor einer Tür und warten. Wenn Sie sich mit Ihrer Frau streiten, streiten Sie sich mit Ihrer Frau. Das ist Achtsamkeit. Wenn Sie vor einer Tür stehen und warten und die Wartezeit dazu nutzen, sich in Gedanken zusätzlich noch mit Ihrer Frau zu streiten, dann ist das nicht Achtsamkeit, dann ist das einfach nur blöd."



Das Urteil:


"Achtsam morden" ist unterhaltsam, verstörend und inspirierend in einem. Karsten Dusse verbindet hier eine spannende Kriminalhandlung mit morbidem Witz und hilfreichen Achtsamkeitsratschlägen und schafft so eine einmalige wie lesenswerte Geschichte!

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.09.2022

Ein lehrreiches wie kurzweiliges Lesevergnügen

Monster auf der Couch
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Handlung: Fiktive Monster, die auf der Couch einer modernen Psychotherapeutin ihre Probleme in einer dringend benötigten Therapie angehen? Was für eine unwahrscheinlich coole Idee, die mich als angehende ...

Handlung: Fiktive Monster, die auf der Couch einer modernen Psychotherapeutin ihre Probleme in einer dringend benötigten Therapie angehen? Was für eine unwahrscheinlich coole Idee, die mich als angehende Psychologin und Klassikerfan natürlich noch mehr interessiert. Sehr gefreut habe ich mich dementsprechend, als meine liebste Buddyreadpartnerin Sofia von @SofiasWorldofBooks (HIER geht´s übrigens zu ihrer Rezension zu diesem Buch, welche mit meiner stark übereinstimmt) mir das Buch zum Geburtstag geschenkt hat. Nach den 464 Seiten bin ich immer noch sehr überzeugt von der grandiosen Grundidee, habe jedoch auch einige kleine Kritikpunkte zur Umsetzung. Im Klapptext wird dem Roman das Verschwinden der hier therapierenden Psychologin J. als Rahmen festgesteckt. Die Aufgabe für uns LeserInnen besteht nun darin, aus den vier Fallakten, die Transkripte der Therapiesitzungen zu den vier "Monstern", Dr. Jekyll, der Vampirin Carmilla, der Familie Frankenstein und Dorian Grey enthalten und zusätzlich durch Briefe, Mails, Anmerkungen der Autorin in einem sogenannten "Arbeitsbuch" und Recherchen das Gesamtbild zusammenzusetzen und herauszufinden, was mit J. geschehen ist. Ich finde Bücher, in denen wir selbst zu Detektiven werden und ein Rätsel lösen müssen immer sehr interessiert. Etwas schade ist hierbei nur, dass die Andeutungen und der rote Faden zwischen den einzelnen Materialien wirklich minimal bleibt. Die Krimihandlung rund um das Verschwinden der Autorin hätte für meinen Geschmack noch deutlich mehr ausgebaut sein können, um die einzelnen Fälle stimmig abzurunden. Kritisieren muss ich auch, dass einige der Akten stark verfrüht enden und ich mir für ein stimmiges Gesamtbild noch eine weitere Sitzung gewünscht hätte. Zwar wird im weiteren Verlauf der Geschichte auch in anderen Akten nochmal auf Patienten vom Anfang Rückbezug genommen, am Ende blieben mir aber doch noch zu viele Fragen offen.

Aufmachung
: Der Roman ist wie bereits gesagt aufgeteilt in die vier verschiedenen Handakten, die vergleichbar mit einer normalen Therapieakte mit Transkripten der Therapiesitzungen, handschriftlichen Notizen, Anmerkungen der Psychologin, Recherchen, Sachbuchauszügen und Zeitungsartikeln gefüllt sind. Geschwärzte Passagen, dunkle Ränder, Blutflecken, Kritzeleien, Kaffeeränder, Notizzettel, Knicke, Lockerabdrücke, Scans, Bilder und verschiedene Schriftarten machen die 464 Seiten dabei lebendig und lassen sie wie tatsächliche Akten aussehen. Positiv hervorheben möchte ich auch die Illustrationen von Erin Sandström, die die Sitzungsprotokolle ab und zu durchbrechen. So entsteht ein sehr lebendiger und spannender Gesamteindruck!

Figuren:
Die vier "Monster" werden hier ja nur kurz angerissen, durch die starke Zentrierung auf das ihr Innenleben lernen wir sie aber doch als mehrdimensionale Figuren kennen und bekommen Einblick in deren psychische Probleme und Persönlichkeit. Auch Psychologin J. verrät zwischen den Zeilen in den Fragen, die sie stellt, in ihren Notizen und Mails viel über sich, ihre Gedanken, Gefühle und Probleme. Wir erfahren beispielsweise, dass sie unter Beziehungsproblemen leidet und nach der Geburt ihres Kindes ebenfalls mentale Probleme entwickelt hat. Spannend ist auch, dass wir durch die historischen (Roman-)Figuren aus verschiedenen Zeiten stark den Wertewandel und das unterschiedliche Rollendenken der Zeitepochen vor Augen geführt bekommen. Die Unterschiedlichen Standpunkte der Figuren aus dem 18. und dem 21. Jahrhundert zu Themen wie Sexualität, Geschlecht, Beziehungsformen und gesellschaftliche Hierarchien kommen im Gespräch sehr gut zur Geltung. Zudem lernt man beim Lesen nebenbei natürlich auch das ein oder andere über die Romanfiguren, Grundsätze der Psychotherapie und gewisse Erkrankungen. Zwar werden hier recht viele psychoanalytische Ideen verwendet, welchen ich etwas kritisch gegenüberstehe, aber insgesamt sind die drehbuchartigen Dialoge sehr nah an einer realistischen Therapiesitzung gehalten und vermitteln somit, wie eine Therapie ablaufen kann. In Zeiten, in denen es immer noch stigmatisiert ist, sich in Psychotherapie zu begeben definitiv ein guter Ansatz!


Das Urteil:


Mit ihrer Mischung aus Krimi, Sachbuch und Fallakte unterhalten Psychologin Jenny Jägerfeld und Autor Mats Strandberg und regen zum Miträtseln an. "Monster auf der Couch" ist ein lehrreiches wie kurzweiliges Lesevergnügen, welches für meinen Geschmack jedoch noch eine etwas ausführlichere Rahmenhandlung hätte haben können.

  • Einzelne Kategorien
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  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.08.2022

Eine hoffnungsvolle, aber auch schmerzhaft intensive Liebesgeschichte

Fühle mich. Unendlich
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Mit "Fühle mich. Unendlich" geht die Finde-mich-Reihe von Kathinka Engel in eine überraschende vierte Runde. Ursprünglich war die Reihe als Trilogie gedacht, da mir die Reihe aber gut gefallen hat (naja, ...

Mit "Fühle mich. Unendlich" geht die Finde-mich-Reihe von Kathinka Engel in eine überraschende vierte Runde. Ursprünglich war die Reihe als Trilogie gedacht, da mir die Reihe aber gut gefallen hat (naja, bis auf Band 1, warum dieser mich nicht überzeugen konnte, erzähle ich HIER), habe ich mich sehr gefreut, als Verlag und Autorin noch einen vierten Band angekündigt hatten. Nach "Finde mich. Jetzt", Halte mich. Hier" und "Liebe mich. Für immer" erzählt Kathinka Engel in "Fühle mich. Unendlich" gewohnt magisch-verträumt davon, wie Amys neuste Straftäterin Sophia und Zeldas Freund, der Anwalt Philip zusammenfinden und hat dabei bei mir gemischte Gefühle hinterlassen.

Bevor ich versuche, meinen vielfältigen Eindruck zu erklären, will ich wie immer noch kurz einige Worte zur Gestaltung sagen. Die Cover der "Believe in Second Chances"-Trilogie sind aufeinander abgestimmt, sodass die ersten drei Bände nebeneinander liegend zusammen ein Unendlichkeitszeichen ergeben. Dazu passend sind auch die Titel so gewählt, dass sie in Kombination zueinander passen und "Finde mich. Halte mich. Liebe mich. Jetzt. Hier. Für immer" ergeben. Der vierte Band zeigt nun ergänzend ein vollständiges Unendlichkeitszeichen und ist in den Farben aller drei Bände gehalten. Auch der Titel fügt sich von der Machart her gut in die Reihe ein. Ich finde die Idee grundsätzlich wirklich klasse - als Einzelwerk, wenn man sich nicht auf den Gesamteindruck konzentriert, sind mir die glitzernde Bögen und der bunte, Wasserfarbenverlauf im Hintergrund aber zu kitschig und nichtssagend. Sehr nett finde ich wiederum die kurzen Steckbriefe zu den zwei Hauptprotagonisten in den Leselaschen und die kleinen Unendlichkeitszeichen inklusive Name an den Kapitelanfängen, welche angeben, aus welcher Perspektive gerade erzählt wird. Auch wenn ich das Cover an sich also nicht unbedingt umwerfend finde, ist die Gestaltung des Piper Verlags als Ganzes wirklich sehr detailgetreu und liebevoll ausgearbeitet!

Sehr gefreut habe ich mich zudem auch über das tolle Themenpaket, welches der Everlove Imprint rund um die Veröffentlichung von "Fühle mich. Unendlich" von zusammengestellt und an mich verschickt hat. Um uns LeserInnen darauf einzustellen, dass nach drei Bänden und viel Wartezeit endlich wieder zurück nach Pearley geht, hat der Verlag neben dem Buch an sich eine tolle Tasse mit dem Logo von Imogen´s Café, entkoffeinierter Kaffee von Frida & Fritz, ein Lesezeichen, Maliks geheimes Cookie-Rezept sowie einen Flaschenöffner-Schlüsselanhänger und coole Sticker der Brauerei von Che in das Paket gepackt. Ich habe mich riesig gefreut beim Auspacken und konnte Euch ein kurzer Begeisterungssturm über das Paket nicht vorenthalten.

Erster Satz: "Herzlich willkommen in meinem kleinen Reich."

So, jetzt aber wirklich zur Geschichte. Diese beginnt mit einer Zusammenstellung der Gespräche zwischen Sophia und ihrer Sozialarbeiterin Amy, die in das Leben der rehabilitierten Straftäterin einführen und die sechs Monate vor dem Einstieg in die Geschichte kurz zusammenfassen. Anschließend lesen wir abwechselnd aus der Sicht von Sophia und Philip davon, wie die beiden sich durch das Patenprogramm, bei dem Philips Großmutter eine Patenschaft für Sophia übernimmt, kennenlernen und schrittweise annähern. Da die beiden nicht aus unterschiedlicheren Welten kommen könnten und verkörpern, was der jeweils andere zugleich fürchtet und anstrebt, ist eine Menge Konfliktpotenzial vorhanden, sodass ich trotz der recht geringen Handlungsdichte von Anfang an emotional involviert war. Bis auf wenige soziale Events und Anekdoten aus dem alltäglichen Leben der Figuren passiert in "Fühle mich. Unendlich" nicht besonders viel und auch die beiden Figuren nähern sich nur langsam an, was gemeinsam mit dem relativ langen durch die Erzählung abgedeckten Zeitraum natürlich keine besonders guten Voraussetzungen für eine spannende Handlung schafft.

Sophia: "Amy ist einfach so verflucht nett. Amy, die Nette. Zelda ist die Quirlige. Tamsin - Rhy´s Freundin - die Kluge. Ich bin... Keine Ahnung. Die auf Zehenspitzen. Die mit der Liste aus fremden Gefühlen."

Das kann man der Geschichte aber sehr gerne verzeihen, denn dies ist keine rasante, leidenschaftliche Liebesgeschichte mit endlosen Sexszenen, triefendem Herzschmerz und ewigem Geschmachte, sondern viel mehr die Entwicklungsgeschichte zweier Figuren, die lernen müssen, auf ihre eigenen Bedürfnisse zu achten, für sich einzustehen, loszulassen, zu vertrauen und sich vollkommen in die Liebe zu stürzen. Vor allem Sophia ist dabei keine leichte Protagonistin. Sie ist speziell in ihrer Art zu denken und sich auszudrücken, was sich in ihrer Erzählperspektive durch sprunghafte Gedankengänge und viel Gefluche niederschlägt. Dennoch gelingt es der Autorin, sie so greifbar darzustellen, dass man meint, sie durch das Buch hindurch in den Arm nehmen zu können. Ihrem langsamen Aufblühen zusehen zu können, zu beobachten, wie sie immer mehr Gefühle zulässt und einen positiveren, hoffnungsvolleren Blick auf die Welt entwickelt ist einfach hinreißend. Auch Philip hat einige Entwicklungsschritte vor sich und muss während der 415 Seiten lernen, sein Leben nicht an den Erwartungen anderer auszurichten, sondern auf seine eigene innere Stimme zu hören. Dabei können die beiden sich gegenseitig eine Menge beibringen und bilden einen wunderbaren, stimmigen Kontrast zueinander.

Philip: "Sie hat etwas Wildes, Ungezähmtes. Es erinnert mich an die Leute, die ich auf meiner Reise kennengelernt habe. Menschen, die sich nicht darum kümmern, was von ihnen erwartet wird. Die leben. Die erleben."

Doch warum hat "Fühle mich. Unendlich" nun gemischte Gefühle bei mir hinterlassen? Beim Lesen habe ich Mitgefühl, Glück und Hoffnung gefühlt, wurde aber auch zum ein oder anderen schmerzvollen Stich oder einem genervten Augenrollen verführt. Denn genau wie in den ersten drei Büchern der Reihe spricht die Autorin hier nebenbei ernste Themen an, die in den USA nochmals deutlich aktueller sind als hierzulande. Vergleichbar mit den Vorgängerbänden stehen hier Ungerechtigkeit, soziale Abgründe, Rehabilitation, Selbstwertprobleme und verpasste Träume genauso im Vordergrund wie zweite Chancen, soziale Unterstützung und eine in einer wild zusammengewürfelten Gruppe an Freunden gefundene Familie. Während Band 1-3 dennoch für mich gemütliche Wohlfühlbücher waren, habe ich die Atmosphäre von "Fühle mich. Unendlich" anders wahrgenommen. Denn die Geschichte von Sophia und Philip hat trotz Happy-End-Garantie eine Düsternis in sich, die mich irgendwie emotional mitgenommen hat und die ich gar nicht so recht in Worte fassen kann.

Sophia: "Ich streichle seine Haare, bis er regelmäßig atmet. Die rotblonden Locken, deren Farbe ich auch in der Dunkelheit noch genau erkenne und die so gut duften. Nach Philips Kopf. Nach seiner Klugheit. Und seiner Nettigkeit. Und der Sicherheit und Wärme. Klugheit und Nettigkeit und Sicherheit und Wärme, die ich so sehr mag, dass ich eine alte Frau anschreie. Bei dem Gedanken daran muss ich fast kichern, doch weil Philips Kopf genau da liegt, wo das Kichern herkommt, unterdrücke ich es. Klugheit und Nettigkeit und Sicherheit und Wärme, die machen, dass ich über mich hinauswachse, wenn es nötig ist."

Fest steht, dass Kathinka Engels Schreibstil hier gewohnt lebendig, ehrlich und emotional ist, dabei aber nie die Charakterentwicklung und ihre Themen aus dem Blick verliert. Die Autorin kleidet hier so viele Glücksgefühle, aber auch so viel Traurigkeit in Worte, dass ich dachte, ich würde emotional zerspringen. Neben den eben genannten inhaltlichen Schwerpunkten wird auch wieder das Setting von Pearly miteingebunden und wir feiern ein Wiedersehen mit den Protagonisten der anderen Bände. Egal ob Rhys, Tamsin, Malik, Zelda, Sam, Amy, Jeannie, Che, Celia oder Ollie - wir nehmen unsere liebgewonnene Figuren nochmal in den Fokus, vertiefen ihre Happy Ends und klären die letzten offenen Fragen. Eine dieser letzten großen offenen Stellen ist der Prozess um Rhys´ Unschuld, den hier Philip für ihn gegen den Staat Kalifornien ausfechtet. Für Fans der Reihe, die die anderen Bände auch gelesen und geliebt haben, ist das natürlich wundervoll, wer aber mit dem letzten Band einsteigt und diesen als Einzelband liest, wird zwischendurch mal eine Durststrecke erleben.

Philip: "So unsicher meine Zukunft im Moment auch ist, es gibt Dinge, deren ich mir absolut sicher sein kann. Dazu gehören meine Freunde. Dieser Ort. Meine Freundin. Und das macht mich glücklich".

Dennoch: ich kann euch wirklich nur ans Herz legen, selbst zu diesem Buch zu greifen und herauszufinden, was es mit dem Streberpardel dem Selbstschutzluchs und den kahlen Hühnern auf sich hat. Denn trotz gemischter Eindrücke ist "Fühle mich. Unendlich" definitiv mein Lieblingsband der "Believe in second chances"-Reihe und hat mich sehr neugierig auf weitere Projekte der Autorin gemacht.


Fazit:


Kathinka Engel erzählt hier eine hoffnungsvolle, aber auch schmerzhaft intensive Liebesgeschichte über zwei ganz unterschiedliche Figuren, die gegenseitig viel von sich lernen können und sich stimmig ergänzen. Trotz des gewohnt einfühlsamen Schreibstils und der klaren Happy-End-Garantie hatte das Buch aber eine unbestimmbare Düsternis an sich, die mich etwas ratlos zurückgelassen hat.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.08.2022

Eine hoffnungsvolle, aber auch schmerzhaft intensive Liebesgeschichte

Fühle mich. Unendlich (Finde-mich-Sequel) (Finde-mich-Reihe 4)
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Mit "Fühle mich. Unendlich" geht die Finde-mich-Reihe von Kathinka Engel in eine überraschende vierte Runde. Ursprünglich war die Reihe als Trilogie gedacht, da mir die Reihe aber gut gefallen hat (naja, ...

Mit "Fühle mich. Unendlich" geht die Finde-mich-Reihe von Kathinka Engel in eine überraschende vierte Runde. Ursprünglich war die Reihe als Trilogie gedacht, da mir die Reihe aber gut gefallen hat (naja, bis auf Band 1, warum dieser mich nicht überzeugen konnte, erzähle ich HIER), habe ich mich sehr gefreut, als Verlag und Autorin noch einen vierten Band angekündigt hatten. Nach "Finde mich. Jetzt", Halte mich. Hier" und "Liebe mich. Für immer" erzählt Kathinka Engel in "Fühle mich. Unendlich" gewohnt magisch-verträumt davon, wie Amys neuste Straftäterin Sophia und Zeldas Freund, der Anwalt Philip zusammenfinden und hat dabei bei mir gemischte Gefühle hinterlassen.

Bevor ich versuche, meinen vielfältigen Eindruck zu erklären, will ich wie immer noch kurz einige Worte zur Gestaltung sagen. Die Cover der "Believe in Second Chances"-Trilogie sind aufeinander abgestimmt, sodass die ersten drei Bände nebeneinander liegend zusammen ein Unendlichkeitszeichen ergeben. Dazu passend sind auch die Titel so gewählt, dass sie in Kombination zueinander passen und "Finde mich. Halte mich. Liebe mich. Jetzt. Hier. Für immer" ergeben. Der vierte Band zeigt nun ergänzend ein vollständiges Unendlichkeitszeichen und ist in den Farben aller drei Bände gehalten. Auch der Titel fügt sich von der Machart her gut in die Reihe ein. Ich finde die Idee grundsätzlich wirklich klasse - als Einzelwerk, wenn man sich nicht auf den Gesamteindruck konzentriert, sind mir die glitzernde Bögen und der bunte, Wasserfarbenverlauf im Hintergrund aber zu kitschig und nichtssagend. Sehr nett finde ich wiederum die kurzen Steckbriefe zu den zwei Hauptprotagonisten in den Leselaschen und die kleinen Unendlichkeitszeichen inklusive Name an den Kapitelanfängen, welche angeben, aus welcher Perspektive gerade erzählt wird. Auch wenn ich das Cover an sich also nicht unbedingt umwerfend finde, ist die Gestaltung des Piper Verlags als Ganzes wirklich sehr detailgetreu und liebevoll ausgearbeitet!

Sehr gefreut habe ich mich zudem auch über das tolle Themenpaket, welches der Everlove Imprint rund um die Veröffentlichung von "Fühle mich. Unendlich" von zusammengestellt und an mich verschickt hat. Um uns LeserInnen darauf einzustellen, dass nach drei Bänden und viel Wartezeit endlich wieder zurück nach Pearley geht, hat der Verlag neben dem Buch an sich eine tolle Tasse mit dem Logo von Imogen´s Café, entkoffeinierter Kaffee von Frida & Fritz, ein Lesezeichen, Maliks geheimes Cookie-Rezept sowie einen Flaschenöffner-Schlüsselanhänger und coole Sticker der Brauerei von Che in das Paket gepackt. Ich habe mich riesig gefreut beim Auspacken und konnte Euch ein kurzer Begeisterungssturm über das Paket nicht vorenthalten.

Erster Satz: "Herzlich willkommen in meinem kleinen Reich."

So, jetzt aber wirklich zur Geschichte. Diese beginnt mit einer Zusammenstellung der Gespräche zwischen Sophia und ihrer Sozialarbeiterin Amy, die in das Leben der rehabilitierten Straftäterin einführen und die sechs Monate vor dem Einstieg in die Geschichte kurz zusammenfassen. Anschließend lesen wir abwechselnd aus der Sicht von Sophia und Philip davon, wie die beiden sich durch das Patenprogramm, bei dem Philips Großmutter eine Patenschaft für Sophia übernimmt, kennenlernen und schrittweise annähern. Da die beiden nicht aus unterschiedlicheren Welten kommen könnten und verkörpern, was der jeweils andere zugleich fürchtet und anstrebt, ist eine Menge Konfliktpotenzial vorhanden, sodass ich trotz der recht geringen Handlungsdichte von Anfang an emotional involviert war. Bis auf wenige soziale Events und Anekdoten aus dem alltäglichen Leben der Figuren passiert in "Fühle mich. Unendlich" nicht besonders viel und auch die beiden Figuren nähern sich nur langsam an, was gemeinsam mit dem relativ langen durch die Erzählung abgedeckten Zeitraum natürlich keine besonders guten Voraussetzungen für eine spannende Handlung schafft.

Sophia: "Amy ist einfach so verflucht nett. Amy, die Nette. Zelda ist die Quirlige. Tamsin - Rhy´s Freundin - die Kluge. Ich bin... Keine Ahnung. Die auf Zehenspitzen. Die mit der Liste aus fremden Gefühlen."

Das kann man der Geschichte aber sehr gerne verzeihen, denn dies ist keine rasante, leidenschaftliche Liebesgeschichte mit endlosen Sexszenen, triefendem Herzschmerz und ewigem Geschmachte, sondern viel mehr die Entwicklungsgeschichte zweier Figuren, die lernen müssen, auf ihre eigenen Bedürfnisse zu achten, für sich einzustehen, loszulassen, zu vertrauen und sich vollkommen in die Liebe zu stürzen. Vor allem Sophia ist dabei keine leichte Protagonistin. Sie ist speziell in ihrer Art zu denken und sich auszudrücken, was sich in ihrer Erzählperspektive durch sprunghafte Gedankengänge und viel Gefluche niederschlägt. Dennoch gelingt es der Autorin, sie so greifbar darzustellen, dass man meint, sie durch das Buch hindurch in den Arm nehmen zu können. Ihrem langsamen Aufblühen zusehen zu können, zu beobachten, wie sie immer mehr Gefühle zulässt und einen positiveren, hoffnungsvolleren Blick auf die Welt entwickelt ist einfach hinreißend. Auch Philip hat einige Entwicklungsschritte vor sich und muss während der 415 Seiten lernen, sein Leben nicht an den Erwartungen anderer auszurichten, sondern auf seine eigene innere Stimme zu hören. Dabei können die beiden sich gegenseitig eine Menge beibringen und bilden einen wunderbaren, stimmigen Kontrast zueinander.

Philip: "Sie hat etwas Wildes, Ungezähmtes. Es erinnert mich an die Leute, die ich auf meiner Reise kennengelernt habe. Menschen, die sich nicht darum kümmern, was von ihnen erwartet wird. Die leben. Die erleben."

Doch warum hat "Fühle mich. Unendlich" nun gemischte Gefühle bei mir hinterlassen? Beim Lesen habe ich Mitgefühl, Glück und Hoffnung gefühlt, wurde aber auch zum ein oder anderen schmerzvollen Stich oder einem genervten Augenrollen verführt. Denn genau wie in den ersten drei Büchern der Reihe spricht die Autorin hier nebenbei ernste Themen an, die in den USA nochmals deutlich aktueller sind als hierzulande. Vergleichbar mit den Vorgängerbänden stehen hier Ungerechtigkeit, soziale Abgründe, Rehabilitation, Selbstwertprobleme und verpasste Träume genauso im Vordergrund wie zweite Chancen, soziale Unterstützung und eine in einer wild zusammengewürfelten Gruppe an Freunden gefundene Familie. Während Band 1-3 dennoch für mich gemütliche Wohlfühlbücher waren, habe ich die Atmosphäre von "Fühle mich. Unendlich" anders wahrgenommen. Denn die Geschichte von Sophia und Philip hat trotz Happy-End-Garantie eine Düsternis in sich, die mich irgendwie emotional mitgenommen hat und die ich gar nicht so recht in Worte fassen kann.

Sophia: "Ich streichle seine Haare, bis er regelmäßig atmet. Die rotblonden Locken, deren Farbe ich auch in der Dunkelheit noch genau erkenne und die so gut duften. Nach Philips Kopf. Nach seiner Klugheit. Und seiner Nettigkeit. Und der Sicherheit und Wärme. Klugheit und Nettigkeit und Sicherheit und Wärme, die ich so sehr mag, dass ich eine alte Frau anschreie. Bei dem Gedanken daran muss ich fast kichern, doch weil Philips Kopf genau da liegt, wo das Kichern herkommt, unterdrücke ich es. Klugheit und Nettigkeit und Sicherheit und Wärme, die machen, dass ich über mich hinauswachse, wenn es nötig ist."

Fest steht, dass Kathinka Engels Schreibstil hier gewohnt lebendig, ehrlich und emotional ist, dabei aber nie die Charakterentwicklung und ihre Themen aus dem Blick verliert. Die Autorin kleidet hier so viele Glücksgefühle, aber auch so viel Traurigkeit in Worte, dass ich dachte, ich würde emotional zerspringen. Neben den eben genannten inhaltlichen Schwerpunkten wird auch wieder das Setting von Pearly miteingebunden und wir feiern ein Wiedersehen mit den Protagonisten der anderen Bände. Egal ob Rhys, Tamsin, Malik, Zelda, Sam, Amy, Jeannie, Che, Celia oder Ollie - wir nehmen unsere liebgewonnene Figuren nochmal in den Fokus, vertiefen ihre Happy Ends und klären die letzten offenen Fragen. Eine dieser letzten großen offenen Stellen ist der Prozess um Rhys´ Unschuld, den hier Philip für ihn gegen den Staat Kalifornien ausfechtet. Für Fans der Reihe, die die anderen Bände auch gelesen und geliebt haben, ist das natürlich wundervoll, wer aber mit dem letzten Band einsteigt und diesen als Einzelband liest, wird zwischendurch mal eine Durststrecke erleben.

Philip: "So unsicher meine Zukunft im Moment auch ist, es gibt Dinge, deren ich mir absolut sicher sein kann. Dazu gehören meine Freunde. Dieser Ort. Meine Freundin. Und das macht mich glücklich".

Dennoch: ich kann euch wirklich nur ans Herz legen, selbst zu diesem Buch zu greifen und herauszufinden, was es mit dem Streberpardel dem Selbstschutzluchs und den kahlen Hühnern auf sich hat. Denn trotz gemischter Eindrücke ist "Fühle mich. Unendlich" definitiv mein Lieblingsband der "Believe in second chances"-Reihe und hat mich sehr neugierig auf weitere Projekte der Autorin gemacht.


Fazit:


Kathinka Engel erzählt hier eine hoffnungsvolle, aber auch schmerzhaft intensive Liebesgeschichte über zwei ganz unterschiedliche Figuren, die gegenseitig viel von sich lernen können und sich stimmig ergänzen. Trotz des gewohnt einfühlsamen Schreibstils und der klaren Happy-End-Garantie hatte das Buch aber eine unbestimmbare Düsternis an sich, die mich etwas ratlos zurückgelassen hat.

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