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Veröffentlicht am 03.10.2022

In unseren dunkelsten Momenten müssen wir uns auf das Licht fokusieren. (Aristoteles)

Kinderklinik Weißensee – Tage des Lichts (Die Kinderärztin 3)
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1929 Berlin. Während die Ärztin Marlene von Weilert in der Kinderklinik Weißensee erfolgreich Karriere gemacht und in der Arbeit ihre Erfüllung gefunden hat, steht es in ihrer Ehe mit Maximilian nicht ...

1929 Berlin. Während die Ärztin Marlene von Weilert in der Kinderklinik Weißensee erfolgreich Karriere gemacht und in der Arbeit ihre Erfüllung gefunden hat, steht es in ihrer Ehe mit Maximilian nicht gerade zum Besten, denn obwohl sich beide sehnlichst ein Kind wünschen, lässt der Nachwuchs auf sich warten. Ein Unfall bringt Marlene dazu, endlich beruflich kürzer zu treten, doch Alexander Flemings Entdeckung des Penicillins macht ihre Pläne zunichte, zu sehr brennt sie darauf, das Medikament bei den zu behandelnden Kindern anzuwenden. Ihre Schwester Emma arbeitet ist inzwischen Oberschwester in der Klinik, doch gönnt ihr diesen Erfolg nicht jeder und lässt sie das spüren. Ihr Sohn Theo hat in seinem Freundeskreis einige Nazisympathisanten, was Emma gar nicht gefällt, denn Theo droht sich von deren menschenverachtenden Weltanschauung blenden zu lassen…
Antonia Blum hat mit „Tage des Lichts“ den dritten Teil ihrer historischen Serie um die Kinderklinik Weißensee vorgelegt, in deren Mittelpunkt das Wirken und Schaffen der beiden Schwestern Marlene und Emma steht, die es aus eigener Kraft geschafft haben, sich ihre beruflichen Träume zu erfüllen. Der flüssige, bildhafte und empathische Erzählstil lässt den Leser in die Zeit der Weimarer Republik eintauchen, um den Schwestern bei ihren täglichen Herausforderungen über die Schulter zu sehen. Inzwischen sind einige Jahre ins Land gegangen, sowohl Marlene als auch Emma sind verheiratet und haben nicht nur beruflich alle Hände voll zu tun, sondern werden auch privat mit allerlei Problemen konfrontiert. Marlene ist als Ärztin dermaßen engagiert, dass sie kaum noch Zeit für ihren Ehemann hat, deshalb stellt sich auch der Nachwuchs nicht ein und entfremdet die beiden immer mehr. Emma ist als umsichtige Oberschwester dem Neid der Kollegen ausgesetzt, die ihr den Erfolg nicht gönnen. Gleichzeitig rutscht ihr Sohn durch seine Freunde in den Bannkreis der Nazis, die immer mehr Aufwind bekommen und mit ihren radikalen Ansichten Angst und Schrecken verbreiten. Die Autorin hat historischen Hintergrund gut recherchiert und mit ihrer Geschichte verwoben und vermittelt dem Leser dabei gekonnt die politische und gesellschaftliche Lage im damaligen Berlin. Dabei hat sie auch die Entdeckung des Penicillins durch Fleming einfließen lassen, dass für die medizinische Welt eine Revolution darstellte.
Die Charaktere haben eine realistische Weiterentwicklung erlebt und überzeugen den Leser mit ihren glaubwürdigen Ecken und Kanten, so dass dieser ihnen wie ein unsichtbarer Schatten folgt. Marlene ist Ärztin aus Leidenschaft, die kein Zeitgefühl mehr besitzt, wenn es um ihre kleinen Patienten geht. Durch ihren getriebenen Ehrgeiz verliert sie ihr Privatleben mit Max immer mehr aus den Augen, so dass die beiden sich immer fremder werden. Was wie gesunder Egoismus aussieht, wirkt bei Marlene schon fast wie eine Flucht. Emma ist ebenfalls erfolgreich als Oberschwester, doch mit ihrer feinfühligen Art schnappt sie die Stimmungen eher auf als ihre Schwester. Deshalb entgeht ihr auch das Abgleiten ihres Sohnes Theo nicht. Aber auch Max von Weilert, Theo, Kurt sowie einige andere Protagonisten tragen ihren Teil zum Unterhaltungswert dieser Geschichte bei.
„Tage des Lichts“ überzeugt mit einer Mischung aus gut recherchiertem historischem Hintergrund, Familiengeschichten, Liebe, Intrigen, realistischen familiären Problemen, Machtspielchen und einer bahnbrechenden medizinischen Entdeckung. Verdiente Leseempfehlung für gute Unterhaltung!

Veröffentlicht am 04.09.2022

Generationenwechsel bei den Hansens

Schritt ins Licht
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1924 Hamburg. Luises und Hamzas gemeinsame Tochter Amala Hansen reist von Amerika aus zum ersten Mal nach Deutschland, um zum ersten Mal in ihrem Leben auf ihre deutsche Verwandtschaft zu treffen. Ihr ...

1924 Hamburg. Luises und Hamzas gemeinsame Tochter Amala Hansen reist von Amerika aus zum ersten Mal nach Deutschland, um zum ersten Mal in ihrem Leben auf ihre deutsche Verwandtschaft zu treffen. Ihr 75-jährige Georg Hansen freut sich über den Besuch seiner Nichte, denn inzwischen fühlt er sich in der Familienvilla recht allein. Die 24-jährige Amala träumt von einer Schauspielkarriere, und Georg hofft, sie dabei nach Kräften unterstützen zu können. Doch die junge Frau muss schon bald merken, dass ihr aufgrund ihrer Hautfarbe Ressentiments entgegenschlagen. Wird sich Amala davon entmutigen lassen? Währenddessen hat Franz Loising die Führung des Wiener Kaffeehauses seiner Mutter Therese übernommen, der er mehr schlecht als recht gerecht wird. Zu sehr machen ihm noch die schrecklichen Erlebnisse aus dem Ersten Weltkrieg zu schaffen. Ob es ihm gelingen wird, die schlimmen Erinnerungen endlich loszuwerden?
Ellin Carsta hat mit „Schritt ins Licht“ den Auftaktband ihrer neuen historischen Saga rund um die Kinder der Hansen-Dynastie vorgelegt, die nicht nur einen Generationenwechsel einläutet, sondern mit wechselnden Schauplätzen sowie unterschiedlichsten Lebensläufen der einzelnen Familienmitglieder den Leser gut zu unterhalten weiß. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser auf eine Zeitreise ins vergangene Jahrhundert ein, um dort nicht nur auf manch altbekannten Charakter zu treffen, sondern vor allem die junge Generation beim „Wachwechsel“ zu beobachten und ihre jeweiligen Erlebnisse zu verfolgen. Über wechselnde Perspektiven steht der Leser mal an der Seite von Amala in Hamburg, dann wieder an Franz Seite in Wien sowie an Eduards in Berlin. Amala hat in Amerika eine Schauspielschule erfolgreich abgeschlossen, jedoch bisher aufgrund ihrer Hautfarbe in ihrem Beruf nicht Fuß fassen können. Nach dem Tod ihrer Mutter Luise hofft sie, nicht nur in den deutschen Familienzweig aufgenommen zu werden, sondern vielleicht ihrer Karriere in Deutschland einen Turbo zu verpassen mit Georgs Hilfe und Unterstützung. Derweil hadert Franz immer noch mit seinen Kriegserlebnissen, die ihn bei der täglichen Arbeit im Kaffeehaus behindern. Gleichzeitig hat der Leser oft das Gefühl, dass Franz nicht mit dem Herzen dabei ist und eigentlich ganz andere Lebensvorstellungen hat. Amalas Cousin Eduard dagegen steht auf Dauerkriegsfuß mit seinen säumigen Kunden und seine Mutter Martha geht ihm mit ihrer ständigen Nörgelei auf die Nerven. Während der Leser zwischen den einzelnen Hotspots hin- und her wandelt, lässt die Autorin den damaligen Zeitgeist sowie die gesellschaftlichen und historischen Ereignisse in die Geschichte miteinfließen.
Die Charaktere sind liebevoll und facettenreich ausgestaltet. Sie können mit glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften überzeugen, so dass der Leser sich gern unter sie mischt und mit ihnen hofft, bangt und fiebert. Amala ist eine liebenswerte junge Frau, die ein festes Ziel vor Augen hat und dieses mit dem nötigen Ehrgeiz verfolgt. Obwohl sie mit Vorurteilen zu kämpfen hat, lässt sie sich nicht entmutigen. Georg ist ein liebevoller, herzlicher und großzügiger Mann, der keine Vorbehalte hat und froh über die Beendigung seiner Einsamkeit ist. Franz steht sein Kriegstrauma im Weg, er fühlt sich unzulänglich, hilflos, aber auch unsicher, was sein restliches Leben angeht. Eduard ist Geschäftsmann, jedoch hat er weder seine Kunden noch seine Mutter Martha im Griff. Aber auch Frederike und Therese spielen in dieser Handlung eine tragende Rolle.
„Mit Schritt ins Licht“ ist der Autorin der Generationenwechsel innerhalb der Hansen-Dynastie gut gelungen. Carsta versteht es, den Leser mit ihren unterschiedlichen Familienschauplätzen abwechslungsreich zu unterhalten und die Neugier auf die Fortsetzung zu schüren. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 04.09.2022

Das Leben kann schlimmer sein als jeder Albtraum. (Stephen King)

Kein Entkommen - Still Missing
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Die Maklerin Annie O’Sullivan lebt mit Freund und Hund ein beschauliches Leben im kanadischen Vancouver Island, das von einer auf die andere Sekunde aus den Fugen gerät. Bei einer Open-House-Besichtigung ...

Die Maklerin Annie O’Sullivan lebt mit Freund und Hund ein beschauliches Leben im kanadischen Vancouver Island, das von einer auf die andere Sekunde aus den Fugen gerät. Bei einer Open-House-Besichtigung wird Annie von einem vermeintlichen Interessenten überfallen, betäubt und in eine Hütte mitten im Wald verschleppt, wo sie dann ein Martyrium aus körperlichem und seelischem Missbrauch erlebt, aus dem sie sich über ein Jahr lang nicht befreien kann. Nach der Befreiung ist es Annie kaum möglich, in ein normales Leben zurückzukehren. Bei der Aufarbeitung der Geschehnisse gemeinsam mit einer Therapeutin kommt erst nach und nach an die Oberfläche, warum es ausgerechnet Annie getroffen hat und wie perfide der Täter vorgegangen ist…
Chevy Stevens hat mit „Kein Entkommen-Still Missing” einen spannenden Psychothriller vorgelegt, der den Leser von der ersten bis zur letzten Seite an den Seiten kleben lässt und ihn dabei gut zu unterhalten weiß. Der flüssige Erzählstil bringt den Leser schnell an die Seite von Annie, wo er gemeinsam mit ihr an den Therapiesitzungen teilnimmt, anhand derer er das ganze Ausmaß des Verbrechens an Annie aus erster Hand geschildert bekommt. Die Autorin hat sich mit ihrer Art, die Handlung an den Leser zu bringen, eines geschickten Tricks bedient. Auch wenn man schon schnell weiß, dass Annie dem Verbrecher entkommen konnte, so erfährt er doch erst durch die laufenden Therapiebesuche nach und nach, wie perfide der Täter agierte und wie sehr er Annie malträtiert hat. Dabei stellt man sich unentwegt die Frage, wer Annie dies angetan hat und vor allem warum. Die Grausamkeiten, die Annie durchleben musste, während sie ihrem Täter über diesen langen Zeitraum ausgeliefert war, sind kaum zu ertragen; der Alptraum lässt beim Leser die Haare zu Berge stehen und das gesamte Gefühlsbarometer durchlaufen, denn ihre Angst, Verzweiflung und Machtlosigkeit sind konstant spürbar. Auch den polizeilichen Ermittlungen wird in der Geschichte Platz eingeräumt und lässt mit Annies Familien- und Freundeskreis eine Riege von Verdächtigen auflaufen. Der Leser rätselt ununterbrochen mit, wer für die Tat in Frage kommt und wird am Schluss doch überrascht.
Die Charaktere sind lebhaft in Szene gesetzt und kommen mit ihren menschlichen Eigenheiten glaubhaft beim Leser an. Annie ist eine junge Frau, die etwas durchleben musste, was sie wohl nie verwinden wird. War sie früher offen, fröhlich und lebensbejahend, so ist sie nun nur noch ein Schatten ihrer selbst und sich selbst fremd. Sie wagt sich kaum noch aus dem Haus und misstraut jedem, was nach so einer Tat völlig verständlich ist. Dabei zeigt sie aber auch Mut durch den Besuch der Therapiesitzungen, denn sie will nicht nur das an ihr begangene Verbrechen verarbeiten, sondern sucht auch nach Antworten auf ihre Fragen. Die Therapeutin Nadine Lavoie ist behutsam und einfühlsam, sie gibt Annie ein Gefühl von Sicherheit. Polizist Gary ist ein hartnäckiger Kerl, der nicht locker lässt und Annie unbedingt helfen will.
„Kein Entkommen-Still Missing” ist von der ersten Minute an rasant und packend. Die dort beschriebenen menschlichen Abgründe lassen den Leser schauern und hoffen, so etwas nie erleben zu müssen. Verdiente Leseempfehlung für spannende Unterhaltung!

Veröffentlicht am 27.08.2022

Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen, man weiß nie, was man kriegt. (Forrest Gump)

Sonnenblumentage
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Mit ihrer Mutter, einer gefragten Künstlerin, hat Floristin Marie jahrelang ein ruheloses Leben geführt, so dass sie sich nach deren Tod in einem kleinen Dorf in der Nähe von Bamberg niedergelassen hat. ...

Mit ihrer Mutter, einer gefragten Künstlerin, hat Floristin Marie jahrelang ein ruheloses Leben geführt, so dass sie sich nach deren Tod in einem kleinen Dorf in der Nähe von Bamberg niedergelassen hat. Dort arbeitet sie gemeinsam mit ihrem Freund Fabian in einer Gärtnerei und führt ein recht beschauliches Leben, doch richtig zufrieden ist sie im Herzen nicht. Sie stellt ihr Leben insgeheim ständig in Frage und weiß selbst nicht so richtig, welche Richtung sie einschlagen soll. Da trifft es sich gut, dass ein gemeinsames Wellness-Wochenende mit ihrer Tante auf dem Plan steht. Marie erhofft sich davon nicht nur körperliche Entspannung, sondern hofft auch darauf, dass ihr Gedankenkarussel endlich Ruhe gibt. Doch dann kommt alles ganz anders, denn Marie muss plötzlich eine Entscheidung treffen, die weitreichende Folgen für ihr zukünftiges Leben haben wird…
Frieda Bergmann hat mit „Sonnenblumentage“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, der dem Leser oftmals den Spiegel vorhält, während dieser Protagonistin Marie durch die Handlung begleitet. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil holt den Leser sofort ab und stellt ihn Marie an die Seite, deren Gedanken- und Gefühlswelt wie ein offenes Buch sind und den Leser einladen, daran rege teilzuhaben. Über zwei miteinander verknüpfte Handlungsstränge lässt die Autorin den Leser in Maries Welt eintauchen, indem sie parallel mal den einen Entscheidungspfad, mal den anderen aufzeigt. Je nachdem, welchen Weg Marie einschlägt, entwickelt sich daraus auch ein anderes Ergebnis, das dann auch eine andere Tragweite für ihr Leben hat. Während der Leser Maries Talent für farbenprächtige Blumengestecke regelrecht vor dem inneren Auge bewundern kann, sind es vor allem die innere Zerrissenheit von Marie und ihr fehlender Mut zum Risiko, die den Leser bewegen. Sie ist wie ein Krebs – immer zwei Schritte vorwärts, drei zurück –, einerseits wünscht sie sich Veränderung, andererseits fehlt ihr die Courage, diese selbst in die Wege zu leiten aus Angst, sich falsch entschieden zu haben. Ein Richtig und Falsch gibt es nicht, denn man kann nie wissen, wie es anders ausgesehen hätte, womöglich gibt es sogar mehrere Möglichkeiten, die man gar nicht in Erwägung zog und vielleicht zu einem noch besseren Ergebnis geführt hätte. Ketten müssen gesprengt werden, um endlich frei für das Leben zu sein, indem man sich wohlfühlt. Bergmann gestaltet Maries „zweiseitigen“ Werdegang sehr gefühlvoll und nachvollziehbar, wobei sie ihre Protagonistin eine Wandlung durchleben lässt.
Die Charaktere wirken mit ihren Ecken und Kanten lebendig und glaubwürdig. Der Leser folgt ihnen gern auf Schritt und Tritt, um keinen Moment zu verpassen, wobei er vor allem mit Marie hofft und fiebert. Marie ist eine Frau, die den Tod ihrer Mutter noch nicht verarbeitet hat und sich dahinter versteckt. Das unstete Leben hat ihr nie eine Heimat geboten, so dass Marie sich nun in einem biederen Umfeld wiederfindet und sich in der Beständigkeit eingerichtet hat, obwohl sie sich damit nicht wirklich wohl fühlt. Marie ist unsicher, traut sich selbst nicht über den Weg und will kein Risiko eingehen. Fabian ist nicht gerade der ehrgeizige Typ Mann, Sean das genaue Gegenteil, so dass Marie endlich aus ihrem Schneckenhaus heraustritt und mutiger wird. Ebenso wichtig für die Handlung sind die Tanten Hilda und Vee, Lio, Magnus und einige mehr.
„Sonnenblumentage“ ist ein Roman, der nicht nur seine Hauptprotagonistin Marie vor die Wahl ihres Lebens stellt, sondern auch beim Leser das Gedankenkarussel in Gang bringt, während er schöne Lesestunden mit der Lektüre verbringt. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 14.08.2022

Wenn die Wurzeln tief sind, braucht man den Wind nicht zu fürchten. (chin. Weisheit)

Ein unerwartetes Vermächtnis
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Melissa Green lebt im californischen Pasadena und arbeitet dort recht erfolgreich als Innenarchitektin. Als sie einen Brief erhält, der ihr die Erbschaft über Immobilien von ihrer Großmutter in Colorado ...

Melissa Green lebt im californischen Pasadena und arbeitet dort recht erfolgreich als Innenarchitektin. Als sie einen Brief erhält, der ihr die Erbschaft über Immobilien von ihrer Großmutter in Colorado eröffnet, fällt sie aus allen Wolken. Melissa hat ihre Kindheit als Pflegekind in mehreren Familien verbracht und ihre leibliche nie kennengelernt. Um ihr Erbe zu sichten, ihre Neugier zu stillen und endlich etwas über ihre eigene Familie zu erfahren, reist Melissa in den kleinen Ort Jasper Lake, wo sie schon bald vor fünf historischen Häusern steht. Schon bald steckt Melissa mitten in der Spurensuche nach ihrer eigenen Vergangenheit, bei der sie von Bürgermeister Gabriel Brandt tatkräftig unterstützt wird. Wird Melissa ihre Wurzeln finden und sich mit der Vergangenheit versöhnen können?
Carla Laureano hat mit „Ein unerwartetes Vermächtnis“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, der nicht nur mit einer gefühlvollen Handlung aufwartet, sondern gleichzeitig beim Leser auch mit lebendigen, farbenfrohen Landschaftsbeschreibungen für ein schönes Kopfkino während der Lektüre sorgt. Der flüssige und empathische Erzählstil lässt den Leser schnell in der Geschichte versinken, um sich zu orientieren und die Protagonisten kennenzulernen. Mit ihren geschickt gesetzten Perspektivwechseln erlaubt die Autorin dem Leser, nicht nur Melissa samt ihrer Gedanken- und Gefühlswelt, sondern auch Bürgermeister Gabriel Brandt gut kennenzulernen. Melissa hat an dem Verlust ihrer leiblichen Familie schwer zu knabbern, obwohl sie ihre Kindheit in liebevollen Pflegefamilien verbracht hat. Sie ist geprägt von Verlustängsten und gerade diese stehen ihr immer wieder im Weg. Das Erbe der fünf Häuser gibt ihr die Möglichkeit, nicht nur als Architektin zu wirken, sondern vor allem etwas über ihre Vergangenheit herauszubekommen, um in ihrer geschundenen Seele endlich Frieden zu finden. Gabriel ist als Bürgermeister des kleinen Ortes sehr engagiert und möchte die historischen Gebäude für Jasper Lake erhalten, wobei er viel Unterstützung der Bewohner bekommt. Die Autorin schafft interessante Parallelen in Melissas und Gabriels Vergangenheit in Bezug auf ihre Familien. Die Spannung steigt mit der voranschreitenden Spurensuche von Melissa und dem Schicksal der fünf historischen Häuser. Der christliche Glaube wird unaufdringlich mit der Handlung verbunden und lässt vor allem die Gespräche zwischen Melissa und Gabriel realistisch wirken. Ihre Zweifel und ihre Hoffnungen werden ebenso thematisiert wie ihre Einstellung zum Glauben. Verzeihen, Vergeben und Gottvertrauen spielen dabei eine große Rolle.
Lebendig gezeichnete Charaktere mit menschlichen Eigenheiten können den Leser schnell für sich einnehmen und lassen ihn mithoffen, miträtseln und mitfiebern. Melissa ist nach außen eine starke Frau, die in ihrem Leben bereits viel erreicht hat. Doch innerlich ist sie auf der Suche nach ihren Wurzeln und ihrer Identität, sie hat Verlustängste und fühlt sich ungeliebt. Deshalb schottet sie ihr Herz und ihre Seele von der Außenwelt ab, gibt kaum etwas von sich preis. Gabriel ist ein offener, sympathischer Mann, der mit seinem Optimismus die Menschen mitreißt. Er ist umsichtig, vertrauenswürdig und vor allem empathisch. Melissas Freundin Sophie ist eine Genießerin und voller Lebensfreude. Delia hat das Herz am rechten Fleck und nimmt andere gern unter ihre Fittiche.
„Ein unerwartetes Vermächtnis“ überzeugt nicht nur mit einer spannenden und tiefgründigen Handlung, sondern auch mit stark ausgearbeiteten Charakteren und plakativen Landschaftsbeschreibungen. Die Lektüre spendiert dem Leser ein schönes Kopfkino, in dem es neben Liebe und Vergangenheitsbewältigung auch um das Heilen von Herz und Seele geht. Verdiente Leseempfehlung!