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Veröffentlicht am 15.09.2022

Das Grauen steigert sich

Blutige Stufen (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 12)
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Der 12. Band um Robert Hunter „Blutige Stufen“ ist zugeklappt, ist ausgelesen. „Sind deine Nerven stark genug für Chris Carter?“ Oh ja, mittlerweile schon! Mehr noch – ich bin begeistert, kann so gar ...

Der 12. Band um Robert Hunter „Blutige Stufen“ ist zugeklappt, ist ausgelesen. „Sind deine Nerven stark genug für Chris Carter?“ Oh ja, mittlerweile schon! Mehr noch – ich bin begeistert, kann so gar nicht verstehen, dass ich so lange abstinent war. Mit seinem ersten Fall habe ich angefangen, es sind etliche Jahre vergangen und damals hatte ich genug. Wahrscheinlich waren meine Nerven zu der Zeit noch nicht so stark, ich kann es mir so gar nicht mehr erklären, warum ich Hunter die kalte Schulter gezeigt habe. Damit ist nun endgültig Schluss, ich will mehr von ihm.

Ziemlich beschwipst steigt sie aus dem Taxi, schafft es grad noch so ins Haus und schon piept ihr Handy – eine Textnachricht, die es in sich hat, erscheint. Sie schreibt zurück, denkt an den gelungenen Abend an der Bar… Ein Mentor will er sein. Derjenige, der diese Botschaften schreibt. „Bei der ersten Lektion geht es um Angst. Und dann lehre ich dich, was Schmerz bedeutet…“ Er steigert sich, es wird zunehmend beängstigend und furchteinflößend.

Derweilen genießt Hunter Carlos Garcias Grillkünste, auch hier bahnt sich ein geselliger Abend mit netten Gästen an - bis ein Anruf dem ein abruptes Ende bereitet. Hunter und Garcia treffen auf eine grauenvoll inszenierte Leiche, bald darauf finden sie eine rätselhafte Botschaft. Und nicht genug damit, wird die nächste brutal zugerichtete Tote gefunden, auch hier lesen sie Zeilen, mit denen sie nichts anfangen können. Man meint, schon alles gesehen, in jeden Abgrund geblickt zu haben und doch übertrifft das hier nochmal alles.

Chris Carter studierte forensische Psychologie, er hat sich schon früh mit den Ursachen der Verbrechensentstehung und –durchführung beschäftigt. Und genau das merkt man seinen Meisterwerken an. Seine Leser erfahren nie genug. Immer dann, wenn es auf ein Mehr an Wissen zusteuert, kommt das nächste Kapitel.

So etliche zwielichtige Gestalten lerne ich kennen, jedem einzelnen traue ich einen Mord zu. Um dann doch wieder zu zweifeln. Genau so, wie dieser ominöse Unbekannte Wege findet, sich einem Zugriff zu entziehen, versteht es Carter, mich zu täuschen. Der Killer ist schlau, hinterlässt keinerlei Spur. Was bedeuten die Botschaften, die sich ähneln – ein Gedicht, ein Brief? Sind diese Zeilen der Schlüssel zu allem? Hunter und Garcia kommen nicht voran, jeder Lösungsansatz führt ins Nichts.

Jeder Mord, jede Inszenierung der Leiche, wird detailliert beschrieben. Nichts für ängstliche Gemüter! Umso mehr für jeden Thriller-Fan. Und wenn man meint, das wars schon, sie kurz davor sind, den wahren Täter dingfest zu machen, hat man sich gründlich getäuscht. Furcht, Angst, Tod. Mordsmäßige Spannung ist hier garantiert – und das bis zum Schluss. Ein Leckerbissen für jeden Thriller-Fan.

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Veröffentlicht am 08.09.2022

Die Geschichte von Kya, dem Marschmädchen

Der Gesang der Flusskrebse
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„Am Morgen des 30. Oktober 1969 lag die Leiche in dem Sumpf, der sie sich bald lautlos, gelassen einverleibt hätte. Für alle Zeiten verborgen…“

Kya ist gerade mal sechs Jahre alt, als das Leben unerbittlich ...

„Am Morgen des 30. Oktober 1969 lag die Leiche in dem Sumpf, der sie sich bald lautlos, gelassen einverleibt hätte. Für alle Zeiten verborgen…“

Kya ist gerade mal sechs Jahre alt, als das Leben unerbittlich zuschlägt. Die Tür knallt zu, Ma hat die Hütte verlassen. Und nicht nur die Hütte, sie hat Kya verlassen, schaut nicht mal zurück. Niemand sprach je darüber, Pa schon gar nicht. Auch er wird gehen, später erst, aber doch ist Kya dann alleine, ganz auf sich gestellt. Sie lebt in den Sümpfen North Carolinas, das Marschmädchen wird sie genannt. Im nahen Örtchen Barkely Cove wird sie gemieden, lediglich ein älteres Paar steht zu ihr, kauf ihr ihre selbst gesammelten Muscheln ab. So verdient sie ein wenig Geld. Sie lebt zurückgezogen und fühlt sich in den Sümpfen am wohlsten. Hier kennt sie jeden Halm, jeden Stein, jedes Tier.

„Der Gesang der Flusskrebse“ ist eine zu Herzen gehende, tieftraurige, aber wunderschöne Erzählung. Die Geschichte eines Mädchens, das schon in jungen Jahren zur Außenseiterin wurde. Von den Erwachsenen verlassen, muss sie selber ihren Weg finden. Und den findet sie in der Natur. In Tate hat sie einen Freund, auch er ist sehr naturverbunden und eines Tages geht auch er fort. Zwar verspricht er, wiederzukommen, aber es vergehen Jahre ohne ihn. Und dann kommt Chase, der ihr den sprichwörtlichen Himmel auf Erden verspricht…

Luise Helm hat mit ihrer warmen, ausdrucksstarken Stimme das Marschmädchen sehr lebendig werden lassen. Das Hörbuch hat seinen ganz besonderen Reiz, die Stimmungen, die Stille – all das habe ich direkt gespürt. Kyas Einsamkeit, die Melancholie, aber auch ihren Überlebenswillen.

Das sechsjährige Mädchen wird erwachsen, wird zur Frau. Die bildgewaltige Erzählung ist voller Kraft und Magie. Zauberhaft und ursprünglich mit einem sehr überraschenden Ende, das aber wiederum genau zu Kya passt.

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Veröffentlicht am 08.09.2022

Sehr lesenswerter zweiter Teil der Pilger-Trilogie

Das Geheimnis des Pilgers
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Und wieder heißt es Abschied nehmen von den mir so vertrauten Romanfiguren, der zweite Band der Pilger-Trilogie ist ausgelesen. Dabei habe ich nicht mal alle gemocht, so manche sogar abgrundtief gehasst, ...

Und wieder heißt es Abschied nehmen von den mir so vertrauten Romanfiguren, der zweite Band der Pilger-Trilogie ist ausgelesen. Dabei habe ich nicht mal alle gemocht, so manche sogar abgrundtief gehasst, war immer ganz tief im Geschehen, habe mitgefiebert, mich mit ihnen gefreut und mich echauffiert über so manch finsteren Charakter.

Petra Schier nimmt ihre Leser mit nach Koblenz, wir schreiben das Jahr 1379. Hier begegne ich Reinhild, Conlin, Palmiro und ihren verzweigten Familien wieder. Auch wenn das Personenverzeichnis auf den ersten Blick ziemlich umfangreich aussieht, so versteht es die Autorin wunderbar, sie alle so nach und nach in die Geschichte einzuflechten, auch das vorherige Geschehen wird immer wieder dazwischen erwähnt. Gerade anfangs ist dies hilfreich, aber bald waren sie mir alle wieder sehr vertraut.

Turbulent geht es zu bei derer vom Langenreth. Conlin hat viel Ärger mit Oswald, seinem älteren Bruder, der den Familienbesitz heruntergewirtschaftet hat. Immer wieder muss der Jüngere eingreifen, ja Oswald vor sich selbst retten. Dabei hat Conlin eigene Pläne, seine Heirat steht an, die verwitwete Reinhild von Winneburg-Manten will er ehelichen. Die beiden kennen sich seit Kindertagen und doch ist es nicht schicklich, sich vor der Ehe näherzukommen. Reinhild hat ihn sich als zweiten Ehemann ausgesucht, eine alleinstehende Frau hatte es schwer.

Der junge Pelz- und Geschmeidehändler Palmiro Bongert ist dabei, sich in diesem Geschäft zu etablieren. Obwohl er um die Wegelagerer und Diebe weiß, geht er eher lässig mit der Sicherung seiner wertvollen Waren um. Auf Geheiß von Johann von Manten verdingt sich der ihnen bis dato unbekannte Benedikt vom Heidenstein als Wachhauptmann in Palmiros Lager. Dieser fühlt sich total überrumpelt, die beiden Männer können so gar nicht miteinander.

Die Autorin schreibt sehr lebendig, ihren authentischen Charakteren nehme ich all ihre Gefühlsregungen sofort ab. Wir sind im Mittelalter, ein lange gehütetes Geheimnis drängt an die Oberfläche, mein Bild von der ach so finsteren Zeit bekommt zunehmend Risse. Natürlich ist der Mann dominierend, aber auch die Frauen wissen sich zu behaupten. Nicht immer sind sie brave Mäuschen. Mariana, Reinhilds jüngere Schwester, ist ein gut gelungenes und sehr launiges Beispiel, ein durch und durch erfrischendes Geschöpf. Ihre schon freche, vorlaute Art hat mich öfter zum Schmunzeln gebracht.

Auch die Irrungen und Wirrungen der gleichgeschlechtlichen Liebe sind Thema. Im späten Mittelalter war die Gesellschaft geprägt von den Vorgaben und den engen Moralvorstellungen der Kirche. Die gleichgeschlechtliche Liebe wurde von ihr verteufelt, die Sünder gar als Ketzer verfolgt und hart bestraft bis hin zum Tod. Im sehr informativen Nachwort geht die Autorin nochmal genauer darauf ein.

Die zweite Etappe der Reise zurück ins Koblenz anno 1379 ist zu Ende, „Das Geheimnis des Pilgers“ gelüftet und nun warte ich gespannt auf den krönenden Abschluss der so lesenswerten wie unterhaltsamen, kurzweiligen und gut recherchierten Pilger-Trilogie.

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Veröffentlicht am 01.09.2022

Raffiniert konstruierter erster Fall um die Wiener „Mordgruppe“

Stille blutet
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Nadine Just stockt kurz, als sie diese eine Nachricht liest. Und doch spricht sie ihren eigenen Namen noch aus, verkündet vor laufender Kamera ihren baldigen Tod. Wer treibt hier ein äußerst perfides Spiel ...

Nadine Just stockt kurz, als sie diese eine Nachricht liest. Und doch spricht sie ihren eigenen Namen noch aus, verkündet vor laufender Kamera ihren baldigen Tod. Wer treibt hier ein äußerst perfides Spiel mit ihr? Das kann doch nur ein geschmackloser Scherz sein! Satire in ihrer niederträchtigsten Form! Doch diese teuflische Nachricht erweist sich bald als bittere Realität. Nadine Just wird tot aufgefunden.

Timo Glaser, der Ex von Nadine, erfährt von deren Tod. Er hat sich von ihr getrennt so wie von vielen anderen Freundinnen vorher, Nadine wollte ihn zurück, hat um ihn mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln gekämpft. Und Timo fährt in den Sender, forscht nach, macht sich sehr verdächtig. Seine Aktionen sind mehr als grenzwertig, aus seiner Sicht erfahre ich von ihm und seinem Vorleben so einiges. Und schüttle mehr als einmal den Kopf, möchte ihn vor so manch unüberlegtem Handeln zurückhalten. Oder steckt er hinter allem? Versucht, Spuren zu vertuschen? Die Autorin hat seine Figur sehr fragwürdig und zudem äußerst rätselhaft gezeichnet, hat somit Spannung bis zum überraschenden Ende erzeugt.

Dem fünfköpfigen Wiener Ermittlerteam „Mordgruppe“ gehört die junge Fina Plank an. Trotz ihrer Unerfahrenheit ist sie immer nah dran, sie hat ein Näschen für das Wesentliche. Auch mit ihr verfolge ich diesen und weitere Todesfälle, alle diese mysteriösen Morde wurden ähnlich vorbereitet.

Diesen beiden Erzählsträngen folgt noch eine weitere. Die Täterstimme. Sie lässt mir das Blut in den Adern gefrieren. Begegnen möchte ich diesem unheimlichen Typen nicht. Hier wird die Stärke des Hörbuches hörbar, lesend wäre das Grauen wohl in einem anderen Schriftbild dargestellt – der Horror hat für mich eine Stimme. Und dies ist Gänsehaut pur! Er sagt von sich in einem ruhigen, sachlichen Ton, dass er „…vorne Liebenswürdigkeit, hinten schwarzer Hass…“ ist. Bitterböse und gnadenlos ist er, genau so fühlt es sich an.

Für Argon Hörbuch hat Julia Nachtmann das Hörbuch eingesprochen. Sie gibt jedem Charakter seine ganz eigene Note, ich hatte keinerlei Probleme, die einzelnen Figuren auseinanderzuhalten. So konnte ich mich ganz auf die temporeiche Story konzentrieren.

Fina Plank wird weiter ermitteln. Es ist der Beginn einer neuen Thriller-Reihe, der erste Fall für die Wiener „Mordgruppe“. Ursula Poznanski hat hier einen raffiniert konstruierten Thriller vorgelegt, der mich bis zum Schluss rätseln ließ. Ihre Figuren sind allesamt stimmig, ich nehme ihnen ihre Charakterzüge voll und ganz ab. Ein gelungener Einstieg, als Hörbuch super vertont.

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Veröffentlicht am 27.08.2022

Schöne neue Welt...

Freiheitsgeld
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Ein spannendes Thema, durchaus denkbar, das bedingungslose Grundeinkommen wurde und wird diskutiert. Andreas Eschbach hat diesen Gedanken aufgenommen:

Das 30. Jubiläum seit Einführung des Freiheitsgeldes ...

Ein spannendes Thema, durchaus denkbar, das bedingungslose Grundeinkommen wurde und wird diskutiert. Andreas Eschbach hat diesen Gedanken aufgenommen:

Das 30. Jubiläum seit Einführung des Freiheitsgeldes steht an, der Autor zeigt die schöne neue Welt, wie sie sein könnte. Vom bedingungslosen Grundeinkommen – BGE abgekürzt - war früher die Rede, der Vater dieser schon lange umgesetzten Idee ist nun mit seinen 95 Jahren ein alter Mann. Er war Bundeskanzler, EU-Präsident, lebt luxuriös und in Sicherheit in der abgeschirmten, gut beschützten Oase. Mittlerweile ist er vom Freiheitsgeld und den daraus resultierenden Folgen so gar nicht mehr überzeugt und doch muss er sich auf die Feierlichkeiten körperlich und mental vorbereiten, unterstützt von Valentin, der mit seiner jungen Frau Lina gerade hierher gezogen ist, in eine Wohnung mit allen erdenklichen Annehmlichkeiten. Dieser verdient viel Geld mit seiner neuen Arbeit, die ihn in einen anderen Sektionsbereich führt, zu dem Lina keinen Zutritt hat.

Ein Szenario, das schöner nicht sein könnte. Keiner muss arbeiten, die Maschinen wuseln allerorten herum, erledigen vieles, der Mensch schaut zu. Natürlich kann jeder einer Arbeit nachgehen, so einige wollen das auch, sie werden schon gebraucht. Ahmad etwa, der für Ordnung sorgt. Denn natürlich müssen diejenigen, die arbeiten wollen, auch Steuern zahlen. Und das nicht gerade wenig, denn das jedem Erwachsenen zustehende Freiheitsgeld muss von irgendwem erwirtschaftet werden.

Ich reise in die Zukunft, ins Jahr 2064. Hier lerne ich sie kennen, folge ihnen ein Stück ihres Weges. Die einen leben privilegiert in der Oase, andere können sich diesen feudalen Lebensstil nicht oder nicht mehr leisten, werden gar hinauskomplimentiert. Das Bargeld ist abgeschafft, Kameras beobachten jeden Schritt, die Privatsphäre existiert nicht mehr. Jedoch sind sie dies gewohnt, sie sehen darin nur Vorteile. Kippt etwa einer in seiner Wohnung um, wird automatisch Hilfe geholt. Big Brother sieht alles…

Der Gedanke um die Freiheit eines jeden einzelnen – monetär abgesichert - ist sehr reizvoll. Dass hier sehr viel mehr bedacht werden muss, wird nur allzu deutlich. Die authentischen Charaktere zeigen anschaulich, in welche Richtung es gehen könnte. Ja, das ist Eschbachs Stärke - er ist immer am Puls der Zeit, bereitet aktuelle Themen gut lesbar auf. Das Freiheitsgeld, wie er es hier nennt, kann nicht für sich alleine stehen. Was wäre wenn… Diese Idee wird weitergesponnen, eins greift ins andere.

Fakt ist schon heute, dass massenhaft Daten gesammelt werden, nur allzu viele geben sie freiwillig her. Auch wenn der Aufschrei nach dem viel zitierten Datenschutz allgegenwärtig ist, so braucht man nur einen kurzen Blick ins weltweite Netz zu werfen und sieht, wie Persönlichstes vor aller Augen ausgebreitet wird.

Ein sehr lesenswerter Roman, der nachdenklich stimmt. Kurzweilig erzählt mit glaubhaften Charakteren und einem stimmigen Szenario, der gute Unterhaltung garantiert.

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