Menschen, Götter, Hybris
Ein weiterer Band der Mythen der Antike Reihe durfte bei mir einziehen. Dieses Mal stehen zwei mythische Gestalten im Fokus, von denen die meisten wohl schon mal gehört haben, den genauen Mythos dahinter ...
Ein weiterer Band der Mythen der Antike Reihe durfte bei mir einziehen. Dieses Mal stehen zwei mythische Gestalten im Fokus, von denen die meisten wohl schon mal gehört haben, den genauen Mythos dahinter kennen jedoch viele nicht. Die Rede ist von dem Heiler Asklepios und König Sisyphos.
Der Arzt, der König und die Sache mit der Hybris
Fangen wir mit Asklepios an, denn entgegen dem Titel, startet auch die Graphic Novel mit ihm. Asklepios der Sohn Apollons und der Meister der Heilkunst der später von den Griechen sogar selbst als Gott der Heilkunst verehrt wurden und dessen Tempel zu den frühsten Zentren der Medizin wurden, zu denen Menschen aus aller Welt pilgerten, um Linderung zu erfahren. Hippokrates erlernte im Asklepios Heiligtum auf Kos sein Handwerk und auch in Rom hielt sein Kult Einzug. Und sein von einer Schlange umwundener Stab, der Asklepiosstab, auch Äskulapstab genannt, ist bis heute ein internationales Symbol der Medizin. Doch all das passierte nach dem irdischen Leben des Heilers, mit diesen beschäftigt sich jedoch diese Graphic Novel und erzählt Asklepios Geschichte von dessen dramatischen Geburt, bis zum Tod.
Darauf folgt recht übergangslos die Geschichte von König Sisyphos. Wo Asklepios den Menschen helfen wollte, hat Sisyphos hauptsächlich seien eigenen Interessen im Sinn. Seine Strafe, die als Redewendung für eine endlose, mühsame und sich nicht lohnende Arbeit, Eingang in unsere Sprache gefunden hat, ist das Ergebnis seiner verschlagenen Tricks, mit denen er sogar die Götter und den Tod übers Ohr hauen konnte.
Ein Heiler und ein verschlagener König, das scheint auf den ersten Blick eine seltsame Kombination zu sein. Der Kontrast zwischen Asklepios, der den Menschen helfen möchte und Sisyphos, der stets auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist, ist groß. Aber das ist wohl genau so beabsichtigt, denn Geschichten über die Folgen von Hybris, gibt es in der griechischen Mythologie viele, trotzdem entschied man sich, genau diese beiden in einem Doppelband zu vereinen. Vielleicht weil es zeigt, dass es keine Rolle spielt, aus welchem Grund man die natürliche Ordnung ins Wanken bringt, ob aus guter Absicht, wie Asklepios, oder puren Eigennutz, wie Sisyphos, das Ergebnis bleibt dasselbe: Die natürliche Ordnung des Universums muss wieder hergestellt werden. Im Nachwort geht Luc Ferry genau darauf näher ein und knüpft sogar Verbindungen zu neuzeitlichen Werken, wie z. B. Mary Shellys Frankenstein. Zwar hat er viele seiner Aussagen, schon so, oder in ähnlicher weise, in älteren Bänden getroffen und LeserInnen der Reihe, die schon länger dabei sind, erfahren leider kaum etwas Neues, für Einsteiger ist dieses Nachwort jedoch sehr erhellend.
Nun ist Sisyphos & Asklepios nicht der erste Doppelband in dieser Reihe, doch er macht seien Sache besser, als andere. Bei Orpheus und der Raub der Persephone hatte ich z. B. ein paar Kritikpunkte, die hier deutlich besser gemacht wurden. Gut gefallen hat mir, dass die Schlussfolgerungen auch ohne Nachwort schon aus den beiden Geschichten allein relativ klar wird, sodass es in diesem Punkt der lose Übergang von dem einem zum anderen Mythos nicht weiter schlimm ist. Auch ist kein Mythologievorwissen nötig, da beide Mythen leicht verständlich erzählt werden. Letztendlich sind es aber auch von der Länge sehr gut gewählte Geschichten. Während Orpheus und Persephone jeweils mehr Raum bzw. je einen eigenen Band gebraucht hätte, haben diese beiden Mythen die passende Länge, um zusammen in einem Band zu funktionieren.
Fazit:
Sisyphos & Asklepios ist ein Band in der Mythen der Antike Reihe, der mich wieder voll überzeugen konnte und zeigt, dass das Kombinieren zweier Mythen in einem Band doch sinnvoll möglich ist. Daher gibt es eine uneingeschränkte Leseempfehlung von mir.