Hoffnungen, Toleranz und geplatzte Träume
Café HoffnungSylt 1985: unter der Leitung von Olaf und Brit floriert das Café König Augustin. Tochter Kari jedoch fühlt sich im Hotelbetrieb zu sehr eingeengt und denkt nicht daran, den Betrieb eines Tages zu übernehmen. ...
Sylt 1985: unter der Leitung von Olaf und Brit floriert das Café König Augustin. Tochter Kari jedoch fühlt sich im Hotelbetrieb zu sehr eingeengt und denkt nicht daran, den Betrieb eines Tages zu übernehmen. Statt eine Ausbildung zu beginnen, lebt sie in den Tag hinein und feiert wilde Partys mit der Schickaria, bis zum Filmriss. Ihre Eltern sind zutiefst beunruhigt, für Kari ein Grund mehr, sie aus ihrer Obhut befreien zu wollen. Also schlägt sie dem Modedesigner Mike Heiser eine Scheinehe vor. In seiner abgelegenen Villa könnte sie frei leben, ohne Aufsicht ihrer Eltern und Mike könnte die Gerüchte zerstreuen, dass er homosexuell sei. In den Achtziger Jahren für die meisten Karrieren der Todesstoß. Doch kaum hat Kari diesen Schritt gewagt, bereut sie ihn schon. So frei, wie sie dachte ist sie bei Mike nicht. Weder bietet er ihr kreative Beschäftigung, noch kann sie weiter machen wie bisher, da sie ja den Schein der liebenden Ehefrau wahren muss. Wie wird Mike auf ihre Mitteilung reagieren, dass sie ein Kind erwartet, aber keine Ahnung hat, wer der Vater ist?
Ich war ja auf die Sylt Saga gespannt, weil Gisa Pauly mir nur als Krimi-Autorin bekannt war und sie mit dieser Saga eigentlich ein ganz untypisches Terrain betritt. Eigentlich, denn schon relativ bald entwickelt sich diese Familiengeschichte, deren Schicksale sich rund um die Insel Sylt ranken, mit ihren Skandalen, Hoffnungen und Träumen, zu einem Entführungsdrama, das mehr als die Hälfte dieses Bandes einnimmt. Das finde ich sehr schade. Es werden noch Themen wie die Vorurteile gegenüber Homosexuellen und Farbigen in den 80ern angesprochen, ebenso dass es wichtig ist, immer den schönen Schein zu wahren, aber statt Hotelintrigen, geht es hier vor allem um einen Kriminalfall. Schade, ich hätte gerne mehr von Karis Cousine Nicole mitbekommen, die nun bei Romy in die Lehre geht. Sie ist tatsächlich meine Lieblingsfigur in diesem Band, mit ihrer Bescheidenheit und Unsicherheit, aber entgegen aller Vorurteile ist sie nicht auf den Kopf gefallen, während Kari gar nicht zu schätzen weiß, wie gut es ihr geht. Ich empfinde diese Fortsetzung als Bruch mit dem Auftakt der Reihe. Zwar spricht sich auch dieser Band für Toleranz und Offenheit statt Geheimnissen und falscher Scham aus, aber er umfasst einen kürzeren Zeitraum, so dass es keine langfristigen Entwicklungen in den Persönlichkeiten gibt. Es spitzt sich vor allem auf ein-zwei besonders dramatische Erlebnisse zu, nachdenen anschließend für alle alles anders ist. Das finde ich schade. Allerdings habe ich mich auch an Kleinigkeiten erfreuen können, wie Frieda Häflig, die ihrem Mann tierisch auf den Geist geht, weil sie inzwischen stets mit Begeisterung im ganzen Haus Radio hört. Die kleine, feine Rebellion der unterdrückten Ehefrau, hat es mir angetan. So sind es oft die Randfiguren, die es mir dieses Mal angetan haben. Romy kann nicht aus ihrer Haut und bringt mich dabei zum Schmunzeln. Als es aber darauf ankommt, ist sie wieder die absolut Patente, der Fels in der Brandung, der auch schweigen kann wie ein Grab! Da ich die Achtziger Jahre selbst erlebt habe, hatte ich auch einige Wiedererkennungsmomente, sowohl bei der Mode, den Frisuren oder auch der Musik. Das fand ich sehr gut in die Geschichte eingebracht, ohne dass es sich aufdrängte. Es war nur eben damals so...
Simone Kabst verleiht mit ihrer vollen, warmen, weiblichen Stimme dieser Saga eine geballte Packung Weiblichkeit. Dabei spricht sie lebendig und voller Anteilnahme und klingt dabei stets völlig authentisch. Das Hörbuch ist wieder sehr ansprechend mit einer atmosphärischen Klap-Papp-Hülle mit Landschaftsaufnahmen und Zitaten gestaltet.