Ein Leben am Rande der Gesellschaft
Das gelbe Tuch
Für Anna scheint das Leben nicht mehr viel zu bieten zu haben. Sie ist dazu gezwungen, als Dirne in einem Frauenhaus zu arbeiten. Die Bürger Nürnbergs meiden sie bei Tag, doch nachts gehören selbst die ...
Für Anna scheint das Leben nicht mehr viel zu bieten zu haben. Sie ist dazu gezwungen, als Dirne in einem Frauenhaus zu arbeiten. Die Bürger Nürnbergs meiden sie bei Tag, doch nachts gehören selbst die angesehenen Männer und auch die Priester zu ihren Kunden. Auch wenn ihre Arbeitsbedingungen gesetzlich geregelt sind, selten hält sich jemand daran. Anna ist dazu gezwungen, Dinge zu ertragen, die unerträglich sind. Doch dann stehen Veränderungen an, die Stadt Nürnberg rüstet sich für einen Krieg gegen den Ansbacher Markgrafen. Gleichzeitig taucht ein seltsamer Fremder Mann bei Anna im Bordell auf. Endres scheint Geheimnisse zu verbergen, doch schnell ist der jungen Frau klar, der Mann ist als Spion in der Stadt, aber soll sie das kümmern? Er behandelt sie mit Respekt und Anna sieht endlich eine Zukunft für sich selbst.
In dem neuen Roman von Priska Lo Cascio geht es um mehr als nur darum, das Leben einer Dirne im 15. Jahrhundert zu schildern. Die Autorin erzählt zwar davon, wie es kam, dass die junge Frau im Frauenhaus landete und auch davon, wie sie dort behandelt wurde. Sie erzählt von den unterschiedlichen Häusern und dem Leben darin, aber auch von dem Leben in Nürnberg in diesen Jahren um 1449. In dieser Zeit fällt nämlich der Krieg zwischen dem Ansbacher Markgrafen Albrecht Achilles aus dem Hause Zollern und der Stadt Nürnberg. Dieses Ereignis wird hier spannend aufgegriffen. Die Geschichte von Anna und Endres mag zwar fiktiv sein, aber der historische Hintergrund ist belegt und so wird aus dem Leben zweier Menschen erzählt, die so durchaus in dieser Zeit gelebt haben könnten. Ihr Schicksal und das der Menschen von Nürnberg wird detailliert geschildert. Ich fand es spannend davon zu lesen, was gerade Menschen, die am Rande der Gesellschaft lebten, alles für Auflagen befolgen mussten und voran sie sich zu halten hatten.
Der Erzählstil der Autorin ist angenehm und flüssig zu lesen. Sie wechselt im richtigen Moment die Szenen, sodass ich einfach immer weiter lesen musste, um nichts zu verpassen. Nicht nur die Handlung war spannend, auch haben mir die Protagonisten gut gefallen. Anna als Frau, die viel erleben musste und dabei nicht immer gut behandelt wurde. Und Endres, der sich sein Leben zwar mehr oder weniger selbst aussuchen konnte und unbeirrt seinen Weg geht und trotzdem seine Verpflichtungen nachkommen musste. Gleichzeitig wird aber auch eine Geschichte von Freundschaft und Vertrauen erzählt, die mich als Leserin berührt hat.
In einem Nachwort klärt die Autorin Fiktion und Wahrheit. Hier werden so einige spannende Details erläutert. Ein Personenregister zu Beginn sorgt für den Überblick über die Protagonisten und ein Glossar klärt einige fremde Begriffe. Ich mag solche Anhänge sehr gern.
Fazit:
„Das gelbe Tuch“ ist ein spannender historischer Roman über eine Frau, die ein schweres Schicksal hatte, aber nie die Hoffnung verloren hat. Zudem wird ein interessantes historisches Ereignis aus der Mitte des 15. Jahrhunderts zu Nürnberg geschildert. Mir hat die Geschichte gut gefallen, sie war spannend und abwechslungsreich. Die vorhandene Liebesgeschichte nicht zu vordergründig und das Schicksal der Charaktere glaubwürdig und nachvollziehbar.