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Veröffentlicht am 13.09.2022

Der Tod geht um

Kieler Kriminalitäten
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Der Küsten Krimi "Kieler Kriminalitäten" von Cornelia Leymann erscheint im Emons Verlag.

Auf den ersten Blick könnte man meinen, Ellen führt ein schönes Leben. Sie arbeitet halbtags und wohnt mit Mann ...

Der Küsten Krimi "Kieler Kriminalitäten" von Cornelia Leymann erscheint im Emons Verlag.

Auf den ersten Blick könnte man meinen, Ellen führt ein schönes Leben. Sie arbeitet halbtags und wohnt mit Mann und zwei Kindern im großen Haus ihrer Schwiegermutter. Doch die friedliche Idyle täuscht, denn das Zusammenleben mit der Schwiegermutter hat auch seine Schattenseiten. Ein tragischer Unfall bringt das Familiengefüge ins Wanken und löst eine Kettenreaktion an tragischen Ereignissen aus, die sogar Kommissar Janssen hellhörig werden lassen. Noch nie hatte er es mit solch kniffligen Fällen zu tun und ist bemüht, den Durchblick zwischen den Fällen zu behalten.


Bei diesem Krimi darf trotz einiger Toter gelacht werden!

In gewohnt humorvoll lockerer Art lässt uns Cornelia Leymann an ihrer besonderen Krimigeschichte teilhaben, die auf spezielle Weise tragisch, aber auch sehr ironisch erzählt wird. In einer harmlosen und normalen Familie aus Kiel wird kriminelle Energie freigesetzt, die man so nicht vermutet hätte und hat seine liebe Mühe, um die unterschiedlichen Motive, Tatvorgänge und Tatverdächtigen richtig einschätzen zu können. Damit hat auch Kommissar Janssen seine Probleme, so ein abgebrühter Kriminaler ist er ja eigentlich nicht. Aber er hat schon den richtigen Riecher und löst nach und nach das mörderische Durcheinander auf seine Weise.

Diesen Krimi habe ich verschlungen und mich über die vielen humorigen und spitzen Bemerkungen amüsiert! Natürlich sorgen die Todesfälle auch für traurige Momente und ich habe munter mitgerätselt, wer aus der Familie sie denn wohl auf dem Gewissen haben könnte.

Das Alltagsleben der Familie wird treffend geschildert und auch die Charaktere sind nachvollziehbar und in ihren speziellen Eigenarten lebendig und individuell gezeichnet, sodaß ich sie alle gut vor Augen hatte. Die bestimmten Vorstellungen der Großmutter sorgen für einigen Mismut, der angepasste Ehemann gibt kaum Kontra, Ellen soll zu ihrem eigenen Haushalt auch noch den der Schwiegermutter erledigen und ihr Shopping-Wahn und das dadurch verspätete Heimkommen nach der Arbeit sorgt immer wieder für Ärger und Verdruss. Und als dann auch noch ein Geliebter und eine ausgebremste Geliebte auf das Parkett treten, ist in der Story soviel los, dass man sich vor ungebremster Lesefreude kaum noch zügeln kann.

Ich habe für die Situationen der Ehefrau und Mutter Verständnis gehabt, konnte mich in die Gefühlswelt der Kinder einfühlen und war von der ins Groteske abgleitenden friedlichen Familienidylle und den unerwarteten Todesfällen immer wieder überrascht. Trotz all der Tragik der Morde sorgt der ironische Erzählton ständig für strapazierte Lachmuskeln.

Wer einen Krimi mit interessanter Personenlage sucht und witziger Erzählweise nicht abgeneigt ist, wird dieses Buch lieben.


Herrlich ironischer Humor mit kriminellem Charme! In dieser Familie geht es echt mörderisch zu! Wieder ein großer Lesespaß von Cornelia Leymann.

Veröffentlicht am 08.09.2022

Eine bildgewordene Hommage an die Schönheit unserer Erde!

Let's Get Lost: Der perfekte Augenblick an den schönsten Orten der Welt
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Der Prestel Verlag ist Garant für tolle Fotobildbände. In "Let´s get lost" hat der Herausgeber und preisgekrönte Fotograf Finn Beales eine Reihe von Naturfotografien zusammen gestellt, die rund um die ...

Der Prestel Verlag ist Garant für tolle Fotobildbände. In "Let´s get lost" hat der Herausgeber und preisgekrönte Fotograf Finn Beales eine Reihe von Naturfotografien zusammen gestellt, die rund um die Welt führen und die Schönheit wilder Natur abbilden.

Der Herausgegeber Finn Beales hat in diesem Buch faszinierende Fotoaufnahmen von namhaften Fotograf:innen gesammelt. Die Kapitel teilen sich in : Gebirge, Karge Natur, Küste, Eis & Schnee, Flüsse & Seen und Wälder.

Die gezeigten Orte sind über die ganze Welt verstreut und zeigen eine Vielzahl von unterschiedlichen Formen der Natur, von Motiven, Stimmungen und Eindrücken, die die Besonderheit der Gegend in den Vordergrund stellen. Hier werden Momentaufnahmen gezeigt, die Eindrücke widergeben, besondere Stimmungen widerspiegeln und durch die Lichtverhältnisse eine besondere Wirkung darstellen und den Betrachter einfach nur verzaubern. Entstanden sind traumhaft schöne Aufnahmen aus der Natur, die einfach nur wunderschön sind und staunen lassen. Fotofreunde und Naturliebhaber werden gleichermaßen begeistert und verzückt sein.

Diese Aufnahmen wecken Fernweh, zu jedem Schauplatz gibt es die genauen Koordinaten und stimmungsvolle und informative Texte zu den Hintergründen und den Besonderheiten der Gegend. Interessant finde ich auch die speziellen Tipps und Angaben der Fotograf:innen zu den bestmöglichen Aufnahme-Momenten ihrer Motive.



Dieser wunderschöne Fotobildband dokumentiert einzigartige Sehnsuchtsorte und traumhafte Locations aus aller Welt. Gezeigt werden atemberaubend schöne Bilder aus der Natur, die künstlerisch in Form von fantastischer Fotografie-Kunst präsentiert werden. Das Buch ist eine Hommage an die Schönheit unserer Erde!

Veröffentlicht am 13.08.2022

Ein großartig erzählter Roman, mein bisheriges Jahreshighlight

Drei Tage im August
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Anne Sterns Roman "Drei Tage im August" erscheint im Aufbau Taschenbuch Verlag.

Berlin, 5.-7. August 1936: Die Stadt ist Ausrichter der Olympischen Spiele und Menschen aus aller Welt besuchen die Hauptstadt. ...

Anne Sterns Roman "Drei Tage im August" erscheint im Aufbau Taschenbuch Verlag.

Berlin, 5.-7. August 1936: Die Stadt ist Ausrichter der Olympischen Spiele und Menschen aus aller Welt besuchen die Hauptstadt. Einige verirren sich auch in die Chocolaterie Sawade, die in der Straße Unter den Linden ansässig ist, wo bereits Hakenkreuzfahnen gehisst sind. Dort führt die alleinstehende, etwas schwermütige Elfi als Prokuristin die Geschäfte, sie lebt für das kleine Pralinengeschäft. Es ist ihre Zuflucht und gegen ihre Schwermut helfen ihr die wunderbaren Kreationen aus Nougat, Krokant und Schokolade und an diesem wunderbaren Ort, erhält sie sich die Menschlichkeit in einer Zeit, als der Einfluß der Nationalsozialisten immer mehr zunimmt. Als Elfie von dem Geheimnis einer besonderen Praline erfährt, gerät ihr sonst so ruhiges und beständiges Leben in Aufruhr. Wird sie ihre eigenen Sehnsüchte entdecken und verfolgen?


Kakaobäume und Linden gehören zu den Malvengewächsen, deshalb wundert es nicht, dass den Linden in diesem Roman eine Erzählerstimme gegeben wird und sie in unmittelbarer Nachbarschaft zur Chocolaterie Sawade stehen.
Anne Stern hat ihren wunderbar erzählten Roman genau in die Prachtstraße "Unter den Linden" hineingepflanzt und lässt uns drei Tage im August 1936 miterleben. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen mehrere Personen, die in dieser Zeit dort leben und unter dem Einfluß der zunehmenden Unmenschlichkeit Einschränkungen erfahren oder persönliche Veränderungen erleben. Elfie hat sich ihren eigene kleine Welt inmitten der Chocolterie geschaffen, der Duft von Schokolade und der Anblick der Pralinen machen sie glücklich. Da wäre noch ihre Kollegin Trude, die den jüdischen Buchhändler Franz Marcus verehrt, der nicht weiß, ob er noch in Berlin bleiben kann. Das kleine Blumenmädchen Rosa, der Barbesitzer El Hamady, der jetzt bestimmte Musik nicht mehr spielen darf. Über der Chocolaterie wohnt die hochbetagte Madame Conte, die jede Woche ihre Pralinenbestellung aufgibt. Sie lädt Elfie zu sich ein und erzählt ihr ihre Lebensgeschichte, die das Geheimnis des Hauses Sawade enthält.

Anne Stern hat mich mit diesem Roman von Anfang bis Ende gebannt, unglaublich berührt und wunderbar unterhalten und mich in eine Welt voller süßer Köstlichkeiten geführt. Gleichzeitig hat sie mich aber auch drei Tage in einem gefährlichen Berlin erleben lassen, als die Nazis die Menschlichkeit aufhoben und zur Gefahr wurden. Es ist ihr ganz hervorragend gelungen, zwischen diesen kleinen schönen Zufluchtsorten, freundschaftlichen Momenten auch die schrecklichen politischen Veränderungen der Zeit einfließen zu lassen. Ich bin eingetaucht in eine andere Zeit, einen anderen Ort und war in einer Atmosphäre gefangen, die mich kapitelweise von einer Figur zur nächsten geführt hat, immer begleitet von den Linden, die die Szenerie allseits begleiten und ihre Gedanken beifügen.

Der Erzählstil ist ein echter Genuss, die sprechenden Linden wirken regelrecht poetisch, die Alltagsszenen werden lebendig geschildert und sorgen mittels Berliner Dialekt für authentisches Flair. Die Charaktere sind bunt gemischt und suchen sich ihren Zufluchtsort oder Zufluchtsmoment. Alle haben in dieser Zeit mit Problemen zu kämpfen, mal mehr, mal weniger brisant.

Ein ganz großartiger und berührender Roman, der von menschlicher Sehnsucht handelt, von Zuversicht und Lebenswillen in schwierigen Zeiten erzählt und mir den verführerischen Zauber der Chocolaterie vorgespielt hat, dass ich schon fast süße Halluzinationen hatte. Was soll ich groß sagen? Es ist mein bisheriges Highlight des Jahres! Chapeau, liebe Anne Stern!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.07.2022

Ein tolles Kunstwerk, das Wissen vermittelt und Appetit anregt

Olaf Hajeks fantastische Früchte
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"Olaf Hajeks fantastische Früchte" von Annette Roeder erscheint im Prestel Verlag und eignet sich für Kinder ab acht Jahren.

Olaf Hajek lässt mit unterschiedlichen Obstsorten farbenfrohe und kunstvolle ...

"Olaf Hajeks fantastische Früchte" von Annette Roeder erscheint im Prestel Verlag und eignet sich für Kinder ab acht Jahren.

Olaf Hajek lässt mit unterschiedlichen Obstsorten farbenfrohe und kunstvolle Bilder entstehen, die man sich gerne ansieht und dabei so manches entdecken kann.

In den dazugehörigen Texten liefert Annette Roeder interessante und überraschende Fakten, die von der Herkunft, über die Vitamine und den Geschmack bis hin zu den biologischen Hintergründen reichen.

Ein außergewöhnliches Buch über Früchte: Von Ananas bis Zitrone.

Es ist ein Buch, dass vor wissenswerten Fakten nur so strotzt und trotzdem gut unterhält. Wir erfahren, dass ein Granatapfel eigentlich eine Beere ist. Oder dass die Ananas überall Ananas heißt. Aber habt ihr schon mal was von Zitrullengurke gehört oder von Muttergottesbeeren? Nein? Die Lösung könnt ihr im Buch finden und noch viele andere Namen, die rund um den Erdball für Früchte verwendet werden. Dazu erfährt man Zungenbrecher, Volksweisheiten und die jeweiligen Herkunftsländer der gesunden Obstsorten.

Was gehört in euren Obstsalat? Äpfel, Erdbeeren und Bananen kennt jedes Kind, aber es gibt noch soviel mehr, wie Physalis, Avocado, Passionsfrucht und Kaki. Was möchtet ihr unbedingt mal probieren? Blättert mal rein, es gibt viel zu entdecken.

Mich faszinieren Olaf Hajeks fantastische Bilder, sie sind eine Augenweide, fantasievoll und kunterbunt und treffen dennoch naturgetreu die Abbildung der jeweiligen Frucht. Annette Roeder hat die Texte sehr verständlich formuliert und sorgt durch die Fülle an Fakten für viel Wissen und unterhaltsame Lesemomente. Am Ende des Buches gibt es noch einen märchenhaften Exkurs in Sachen Obstsalat und Infos über Nachhaltigkeit und biologischen Anbau. Toll finde ich auch, dass dieses Buch klimaneutral produziert wird.

Ich bin mal wieder begeistert! Was für ein lehrreiches und wunderschön illustriertes Buch über heimische und exotische Obstsorten! Es eignet sich zum Stöbern, Entdecken und Kennenlernen der unterschiedlichen Früchte und macht damit richtig Appetit auf einen gesunden Obstsalat.

Veröffentlicht am 22.07.2022

Hat mich emotional mitgerissen!

Findelmädchen
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Lilly Bernsteins historischer Roman "Findelmädchen" erscheint im Ullstein Verlag.

Köln 1955: Die Französin Claire rettete die Geschwister Helga und Jürgen nach Kriegsende aus einem Keller in Köln und ...

Lilly Bernsteins historischer Roman "Findelmädchen" erscheint im Ullstein Verlag.

Köln 1955: Die Französin Claire rettete die Geschwister Helga und Jürgen nach Kriegsende aus einem Keller in Köln und nahm sie mit nach Frankreich. Als 1955 der Vater aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückkehrt, erfährt er über den Suchdienst vom Verbleib seiner Kinder und sie kehren zu ihm zurück. Von ihrer Mutter Elisa fehlt immer noch jede Spur und die kaltherzige Tante Meta hat den Haushalt übernommen. Der Vater baut sich mit einem Büdchen eine neue Existenz auf, Jürgen arbeitet bei Ford und Helga möchte aufs Gymnasium, wird aber auf eine Haushaltsschule geschickt. Bei einem Praktikum in einem Waisenhaus erlebt sie, wie schlecht es den Kindern dort ergeht. Besonders ein »Besatzerkind« muss viel aushalten und Helga versucht dem Mädchen zu helfen. Sie kämpft gegen die Schatten des Krieges an und hofft, am Ende doch noch ihr eigenes Glück zu finden.

Nach der tollen Lektüre des Romans "Trümmermädchen" war ich natürlich auf diesen Nachfolgeband neugierig. Von Anfang war ich gebannt von Helgas und Jürgens Schicksal und habe mit ihnen gefühlt und gelitten. Der Erzählstil ist eingängig und zeigt mit bildhafter Genauigkeit die Szenerie und auch die zeitlichen Besonderheiten. Besonders eindrücklich und spannungsfördernd lesen sich die stückweise in den Roman eingefügten Einträge aus Elisas Tagebuch von 1945, die am Ende ein grausames Geheimnis enthüllen.

Lilly Bernstein zeichnet ihre Charaktere mit feiner Hand in vielen Facetten und lässt sie damit absolut lebendig erscheinen. Besonders Helgas und Jürgens Gefühle werden sehr nachfühlbar geschildert und man merkt ihnen ihre Emotionen in Form von Liebe, Hoffnungen und Ängsten deutlich an. Neben einigen liebenswerten Menschen gibt es auch schlechte Figuren, die mir von Anfang an ein Dorn im Auge waren. Die unterschiedlichen Erlebnisse der Familie sind mir sehr nahe gegangen, sie haben mich berührt und damit den Figuren sehr nahe gebracht.

Die zeitliche Reise führt in ein Nachkriegs-Deutschland, das sich zwar im wirtschaftlichen Wiederaufbau befindet, wo aber die diskriminierenden Nazigedanken unter der Bevölkerung dennoch weiterhin präsent sind. Deshalb hat es gerade das farbige Besatzerkind Bärbel im Waisenhaus so schwer. Und auch die Rolle der Frau ist immer noch auf eine Ehe ausgerichtet und mit der Haushaltsführung verknüpft.

Dieser bewegende Roman steckt voller intensiv erzählter Szenen, die glaubhaft erscheinen und für ein Nachempfinden dieser Zeit sorgen Es ist eine lebendig erzählte, mitreißende Nachkriegsgeschichte, die den Zeitgeist hervorragend abbildet. Diese Lektüre wird noch eine Zeitlang in mir nachhallen.