Eine Ode an die wahre Liebe
Eines Tages erhält der 84-jährige Ezio Ortolani einen Brief, auf den er schon 60 Jahre wartet. Er ist von Giovanna Berlucci, der einzigen Frau, die er je geliebt hat, seiner ganz großen Herzensliebe. 1945 ...
Eines Tages erhält der 84-jährige Ezio Ortolani einen Brief, auf den er schon 60 Jahre wartet. Er ist von Giovanna Berlucci, der einzigen Frau, die er je geliebt hat, seiner ganz großen Herzensliebe. 1945 lernten sich die beiden am Strand von San Cataldo in Stiefelabsatz von Italien kennen. Giovanna, gerade dem Meer entstiegen, in einem notdürftig geknoteten Badeanzug, der Jahre später als Bikini durchgehen würde, ist für Ezio wie eine Traumerscheinung. Der schüchterne junge Mann rennt ihr entgegen und ihm fällt nichts anderes ein, als Giovanna zu fragen „Darf ich Dich küssen?“, um sich dann auf dem Absatz umzudrehen und Giovanna stehen zu lassen aus Angst vor der eigenen Courage. Doch Giovanna ist neugierig und lebenshungrig, sie läuft Ezio hinterher. Damit beginnt eine Liebe, die nur einen Sommer dauert, aber ein Leben lang hält. Als Ezio ihr die Frage aller Fragen in den Sand schreibt, gibt ihm Giovanna keine Antwort, sondern springt ins Meer. Ezio flüchtet vor Giovanna in den Norden Italiens, doch seine Gedanken machen die Flucht nicht mit, sie sind immer bei Giovanna in Süditalien geblieben. Der Brief bringt ihn zurück zu ihr…
Ernest van der Kwast erzählt mit seinem Roman „Fünf Viertelstunden bis zum Meer“ eine leise, ruhige und doch so poetische und zauberhafte Liebesgeschichte, die einen als Leser mitten ins Herz trifft. Der Schreibstil ist liebevoll und sanft. Die Handlung ist eingebettet in die gesellschaftlichen und politischen Ereignisse, die in den 60 Jahren zwischen Abschied und Wiedersehen von Ezio und Giovanna geschehen sind. Die Übergänge zwischen Gegenwart und Vergangenheit sind so fließend, im einen Moment ist man noch im Hier und Jetzt und erlebt den hastigen Aufbruch des Postboten zu seiner schwangeren Frau ins Krankenhaus, im nächsten Augenblick durchlebt man mit Ezio seine überstürzte Abreise im Jahr 1945 nach Bozen und seine Gedanken und verletzten Gefühle leisten einem dabei Gesellschaft.
„Fünf Viertelstunden bis zum Meer“ ist reine Poesie und Romantik, die allerdings nicht kitschig wirkt, sondern tief im Inneren den Wunsch weckt, dass das Leben so sein möge. Der Augenblick des Wiedersehens zwischen Ezio und Giovanna am Bahnsteig nach über 60 Jahren macht deutlich, dass die wahre Liebe alles überdauert und alles verzeiht, dass sich die Menschen, die zusammengehören, auch finden werden, auch wenn die Jugend vorbei ist und das Lebensende vielleicht naht. Ein Wunsch, der in uns allen tief verwurzelt ist. Einfach zauberhaft erzählt. Hier gilt eine absolute Leseempfehlung!