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Veröffentlicht am 16.09.2022

Interessanter Einblick in die indische Gesellschaft, die Geschichte dreht sich jedoch ergebnislos im Kreis

Teen Couple Have Fun Outdoors
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Amma und Appa leben zusammen mit ihren erwachsenen Söhnen in einem kleinen Haus in Trivandrum. Sie sind stolz auf das, was sie sich erarbeitet haben und zeigen dies in dem neu erworbenen Honda Civic. Die ...

Amma und Appa leben zusammen mit ihren erwachsenen Söhnen in einem kleinen Haus in Trivandrum. Sie sind stolz auf das, was sie sich erarbeitet haben und zeigen dies in dem neu erworbenen Honda Civic. Die Freude über das Statussymbol währt jedoch nur kurz, da zeitgleich ein Video ihres ältesten Sohnes Sreenath und seiner Freundin Anita viral geht, das zumindest Sreenath nackt zeigt und auf einer Pornoseite hochgeladen wurde. Während Sreenath die Nachricht stoisch aufnimmt und sich keiner Schuld bewusst ist - schließlich hat er nichts Verbotenes getan, schämen sich seine Eltern in Grund und Boden. Der jüngere Bruder ist das vermittelnde Element, kann aber nicht verhindern, dass Sreenath ausziehen muss und ihm jede finanzielle Unterstützung entzogen wird.
Das Video zieht weite Kreise, eine Anzeige bei der Polizei wird erstattet, halbherzige Versuche unternommen, das Video löschen zu lassen, aber das Video ist in der Welt und die Familie muss sich zusammen mit den Eltern von Anita, die Amma und Appa zum Handeln auffordern, über Wochen hinweg auseinandersetzen.

Der Roman ist aus der Perspektive des jüngeren Bruders verfasst, der mit ansehen muss, wie seine Familie wegen eines heimlich aufgenommen Sextapes auseinanderbricht. Er ist bemüht, den Konflikt zwischen den Generationen zu lösen, auf beiden Seiten Verständnis für die andere zu erwirken, scheitert aber an der Sturheit von Eltern, für die der Ruf der Familie über alles geht, und des Bruders, der sich ärgerlich passiv verhält.

Es ist eine Geschichte über die Macht des Internets, über unterschiedliche Moralvorstellen, das Unverständnis und die Sprachlosigkeit zwischen den Generationen. Gleichzeitig wird das Kleinstadtleben in Südindien beleuchtet, wo es gilt, den schönen Schein zu wahren und wo Anstatt und Sitte einen hohen Stellenwert genießen.

Als "beißender Generationenroman" und "bittersüße Komödie" angekündigt, hatte ich etwas mehr Humor in der Geschichte erwartet, auch wenn sie ein ernstes Thema über die Verletzung der Privatsphäre und der demütigenden und zerstörerischen Folgen davon behandelt. Tatsächlich ist die Geschichte ernüchternd ernst und wird nach einem unterhaltsamen Einstieg recht monoton, indem sich retardierend gegenseitig Vorwürfe gemacht werden, ohne dass es zu einer vernünftigen Art der Kommunikation oder gar Aussprache kommt. Es entsteht das Gefühl, dass durch die andauernde Diskussion über das Video, das bereits vor längerer Zeit aufgenommen wurde, der Clip und die Sorge darum größer werden, als geboten erscheint.
Der Einblick in die indische Familie, in der noch höhere Moralvorstellungen als in der westlichen Gesellschaft herrschen, ist nicht uninteressant, jedoch dreht sich die Geschichte zu sehr im Kreis und führt am Ende einfach zu nichts, da keine Charakterentwicklung stattfindet und die Fronten verhärtet bleiben.

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Veröffentlicht am 07.09.2022

Ein Buch #GegendasVergessen mit einem realen Hintergrund - als fiktive Geschichte jedoch mit zu vielen Ungereimtheiten und damit nicht ganz schlüssig.

Das Verschwinden der Sterne
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Jona wurde 1922 im Alter von zwei Jahren von einer alten Frau entführt, die sie von Berlin mit in die Wälder Osteuropas, zwischen Polen und Belarus gebracht hat. Dort lernt sie von ihr das Überleben in ...

Jona wurde 1922 im Alter von zwei Jahren von einer alten Frau entführt, die sie von Berlin mit in die Wälder Osteuropas, zwischen Polen und Belarus gebracht hat. Dort lernt sie von ihr das Überleben in der Wildnis, bis diese im betagten Alter von 104 Jahren stirbt. Der Zweite Weltkrieg ist inzwischen ausgebrochen und Jona ahnt nichts von den Gräueltaten, die sich durch die Invasion der Deutschen in den nahgelegenen Orten ereignen. Sie trifft auf Juden, die in ihrer Verzweiflung in den Wald geflüchtet sind und erfährt auf diese Weise vom Holocaust. Sie beschließt, der Gruppe zu helfen und ihnen das notwendige Wissen zum Überleben beizubringen. Jona verliebt sich in deren Anführer, wird jedoch nie vollständig in die Gemeinschaft integriert. Nach einer herben Enttäuschung verlässt sie die Gruppe und möchte sich auf den Weg nach Berlin zu ihren Eltern machen, um endlich mehr über ihre Wurzeln zu erfahren. Dabei macht sie Halt in einem Dorf, das von Deutschen besetzt ist und trifft auf den Feind.

"Das Verschwinden der Sterne" ist inspiriert von wahren Geschichten polnischer Juden, die während des Zweiten Weltkrieges vor den Deutschen in die Wälder Osteuropas geflüchtet sind und dort überlebten. Die Figur der Jona, die in der Geschichte etwas mystisch wie ein rettender Engel wirkt, ist jedoch rein fiktiv.

Die Geschichte ist anders als die Romane, die ich bisher von Kristin Harmel gelesen habe, die von Romantik und bewegenden Familiengeschichten geprägt waren. "Das Verschwinden der Sterne" liest sich in der ersten Hälfte wie ein Abenteuerroman über das Überleben in der Wildnis. Jona ist dort aufgewachsen und kennt das Leben in der Zivilisation nicht, hat von ihrer Entführerin jedoch alles gelernt, was man zum Überleben braucht. Zudem hat sie Kenntnisse über das Judentum und spricht verschiedene Sprachen fließend. Jona ist eine gutherzige, hilfsbereite Heldin, die sich trotz ihres Lebens in der Isolation für andere Menschen einsetzt und ihnen bereitwillig hilft. Ob da auch die Sehnsucht nach einer Gemeinschaft mitschwingt, wird nicht deutlich. Es fällt überhaupt schwer, sich in Jona hineinzuversetzen und ihre Gefühle nachzuvollziehen. Die Entführung klingt wenig plausibel, für das Handeln der alten Dame fehlt eine Erklärung.

Die Geschichte wirkt distanziert, die Einzelschicksale können nicht wirklich berühren. Auch bleiben einige Fragen offen, wie Jona nach zwanzig Jahren in der Wildnis so menschlich, zivilisiert, gebildet und ohne jegliche Scheu auftreten kann.
Der historische Kontext tritt bei der Beschreibung des Überlebens im Wald in den Hintergrund. Die Tatsache, dass Krieg herrscht und dass es sich bei den Menschen um flüchtige Juden handelt, spielt eine untergeordnete Rolle. Ihr Leben auf der Flucht hätte jeden anderen Grund haben können. Durch die andauernde Gefahr und die dadurch immer wiederkehrenden gleichförmigen Tätigkeiten beim Auf- und Abbau der Lager und bei der Suche nach Nahrung hat der Roman einige Längen.
Erst als Jona in der Zivilisation angekommen ist, konnte mich das Buch mehr packen, auch wenn die Verbindung von Vergangenheit und der gegenwärtigen Situation durch einen gewaltigen Zufall reichlich konstruiert wirkt. Die Gräueltaten der Deutschen sind jedoch eindringlich geschildert und auch der Heldenmut der Dorfbewohner, auf die Jona trifft berührt und zeigt, dass selbst in dunklen Zeiten Lichtblicke, Hoffnung und Menschlichkeit herrschen können.
Aufgrund einiger Ungereimtheiten und der schon annähernd märchenhaften Geschichte konnte mich das Buch jedoch nicht in Gänze überzeugen. Die Anmerkungen der Autorin am Ende des Romans zeichnen dagegen ein erstaunliches Bild, dass Tausende Juden tatsächlich unerkannt aus den Ghettos in die polnischen Wälder flüchten konnten.

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Veröffentlicht am 05.09.2022

Mehr Familientragödie mit Krimielementen statt Thriller. Trotz interessanter Hauptfigur mit einem unnachahmlichen Gespür für die Toten nicht so spannend wie Band 1.

Wer mit den Toten spricht
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Cassie Raven, von Beruf Sektionsassistentin, hat eine Affinität zum Tod, seitdem ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind, als sie vier Jahre alt war. Dies dachte sie zumindest, bis ihre ...

Cassie Raven, von Beruf Sektionsassistentin, hat eine Affinität zum Tod, seitdem ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind, als sie vier Jahre alt war. Dies dachte sie zumindest, bis ihre Großmutter ihr, nachdem sie sich von einem Schlaganfall erholt hatte, beichtet, dass ihr Vater ihre Mutter ermordet hat und dafür lange Zeit im Gefängnis saß. Inzwischen ist Callum auf freiem Fuß und schwört, dass er seiner Ehefrau Kath nie hätte etwas antun können. Cassie möchte ihrem Vater gern glauben und zieht die Ermittlungen der Polizei in Zweifel, nachdem sie mit Bekannten ihrer Eltern gesprochen hat und es zudem Unsauberkeiten bei der Obduktion der Leiche ihrer Mutter gegeben hat. Cassies Vater wurde aufgrund von Indizien und der Aussage eines Zeugen überführt, Beweise für sein brutales Handeln gab es keine.
Mit Hilfe von Detective Sergeant Phyllida Flyte, mit der Cassie in einem vergangenen Todesfall zusammenarbeitete, von dem sie persönlich betroffen war, versucht sie herauszufinden, was vor 21 Jahren passiert ist und wird dabei von ihren vagen Kindheitserinnerungen und ihrer Intuition unterstützt.
"Wer mit den Toten spricht" ist nach "Tote schweigen nie" Band 2 der Reihe um die ungewöhnliche Sektionsassistentin mit Goth-Affinität. Das Buch ist als Thriller deklariert, liest sich jedoch lange wie ein Familiendrama. Der Fokus liegt auf der tragischen Vergangenheit von Cassies Familie und der Suche nach der Wahrheit. Cassie hat zudem mit Schuldgefühlen zu kämpfen, da sie sich für den Tod ihrer Mutter, die mit einem kleinen Kind überfordert schien, verantwortlich fühlt.
Auch der Erzählstrang um die Polizistin Phyllida, deren Baby nach der Geburt verstorben ist, ist von einer privaten Tragödie und der Frage Phyllidas geprägt, ob der Tod ihrer Tochter hätte verhindert werden können.
Beide Protagonistinnen müssen mit unverarbeiteter Trauer umgehen und sind auf der Suche nach Antworten.
Spannung zur Aufklärung des Mordes an Katherine Raven baut sich nur gemächlich auf und zieht erst im letzten Drittel an, als Cassie bewusst wird, dass irgendjemand versucht, ihre Recherchen gewaltsam zu unterbinden.
Die Sektionsassistentin ist wie schon im ersten Band eine interessante Figur, die ausgesprochen empathisch im Umgang mit den Toten und ihren Angehörigen agiert und die eine enge Verbundenheit zu den Toten spürt. Gut hat mir deshalb der Beginn des Romans gefallen, als ihre Arbeit, die ihre Berufung scheint, in den Vordergrund rückte und sie Signale von einem jungen vermeintlich Suizidalen empfängt, um seinen Tod aufzuklären. Auch der Schluss ist spannend in Szene gesetzt und fesselt durch die zunehmende Gefahr, in die sich Cassie durch ihre vehementen Recherchen begibt. Die Suche nach der Wahrheit empfand ich jedoch als langatmig und für einen Thriller zu dramatisch und wenig dynamisch.
Nachdem sich Cassie nun mit der Vergangenheit versöhnen kann, hoffe ich auf weniger persönliche Dramen und mehr Spannung und Forensik sowie mehr von Cassies Eigenarten im Umgang mit den Toten in den Folgebänden der Reihe.

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Veröffentlicht am 16.08.2022

Roman über Selbstwert und die Suche nach sich selbst. Schönes Setting, eingängiger Schreibstil, aber eine etwas eindimensionale Geschichte, die zwar Mut machend, aber sehr voraussehbar ist.

Herz sucht Zuhause
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Charly ist bei einer Pflegefamilie aufgewachsen und obwohl es ihr dort an nichts mangelte, hat sie sich doch stets ein wenig fehl am Platz gefühlt und sich gefragt, wer sie eigentlich ist. Ihre beste Freundin ...

Charly ist bei einer Pflegefamilie aufgewachsen und obwohl es ihr dort an nichts mangelte, hat sie sich doch stets ein wenig fehl am Platz gefühlt und sich gefragt, wer sie eigentlich ist. Ihre beste Freundin Mia hat sie schon immer um ihr Selbstbewusstsein und ihre unbeschwerte Art beneidet. Als diese sie bittet, während ihres Urlaubs zwei Wochen nach Starnberg zu kommen, um ein paar Kleinigkeiten für sie zu erledigen, willigt Charly, die gerade von ihrem Freund verlassen wurde, bereitwillig ein. Sie zieht dort nicht nur in eine Traumwohnung, sondern nimmt aufgrund eines Missverständnisses den Job an, auf den Mia sich beworben hatte. Charly schlüpft immer tiefer in die Rolle von Mia, bis die Situation so festgefahren ist, dass sie aus der Nummer nicht mehr herauskommt. Problematisch wird es insbesondere, als sie sich in Stuntman Sebastian verliebt, den sie damit von Anbeginn belügt.
Der Roman wird aus den Perspektiven von Charly und Sebastian geschildert, wobei das Hauptaugenmerk auf Charly liegt. Sie ist eine junge Frau, die zutiefst verunsichert ist und ohne Wurzeln auf der Suche nach ihrer Identität ist. Ursächlich für ihre Verlorenheit und Einsamkeit ist, dass sie ihre Mutter nicht kennt und sich von ihr im Stich gelassen fühlt. So ist es erklärlich, dass sie überrumpelt in die Rolle ihrer besten Freundin schlüpft, der sie in ihrer Abwesenheit nur einen Gefallen tun sollte. Charly läuft damit Gefahr, die Menschen vor den Kopf zu stoßen, die sie inzwischen lieb gewonnen hat, klärt die Verwechslung aber erst auf, als es gar nicht mehr anders geht.
Sebastian, in den sie sich verliebt, ist Stuntman, weil er den Adrenalinrausch braucht. Er birgt eine Traurigkeit, die er vor Mia alias Charly versteckt.
Der Roman handelt von Selbstwert und der Suche nach sich selbst. Durch Charlys Rolle als Mia tritt Charly aus ihrer Komfortzone, traut sich beruflich mehr zu und lernt neue Menschen kennen. Spannend bleibt dabei, wie sie den Schlamassel auflösen wird und ob ihr das falsche Spiel verziehen wird. Sebastians Sicht ist dagegen weniger bedeutend. Warum aus seiner Trauer so ein Geheimnis gemacht wird, ist unverständlich. Für die Geschichte hat sie keinen Mehrwert und macht ihn als Person nicht interessanter. Auch die Rolle der Mia ist eher fraglich. Als beste Freundin ist es seltsam, dass Charly nicht merkt, dass Mia ihr etwas verheimlicht.
Die Geschichte spielt mit den Bavaria Filmstudios, dem Starnberger See und München an interessanten Schauplätzen und liest sich aufgrund des eingängigen Schreibstils leicht, tritt jedoch lange auf der Stelle, während man wartet, dass sich Charly und Sebastian näher kommen und die Bombe um Charlys Ich endlich platzt. Ihr Weg zur Selbstfindung ist Mut machend, aber auch sehr vorhersehbar.

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Veröffentlicht am 08.08.2022

Roman über eine Autistin - etwas spröde, nüchtern und wenig lebendig. Der Geschichte fehlt es an fesselnden Momenten, Dramatik und Witz.

Wie Ellie Carr zu leben lernt
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Elvira Carr ist 27 Jahre alt und lebt bei ihrer Mutter Agnes, ihr Vater ist bereits verstorben. Als Agnes einen Schlaganfall erleidet und letztlich ins Pflegeheim muss, ist Ellie zum ersten Mal in ihrem ...

Elvira Carr ist 27 Jahre alt und lebt bei ihrer Mutter Agnes, ihr Vater ist bereits verstorben. Als Agnes einen Schlaganfall erleidet und letztlich ins Pflegeheim muss, ist Ellie zum ersten Mal in ihrem Leben auf sich allein gestellt, was in ihrem Alter nicht weiter ungewöhnlich ist, aber Ellie ist Autistin. Ihr fällt es schwer, Emotionen zu zeigen und einzuordnen, zu kommunizieren und die "normalen" Menschen zu verstehen. Sie hat keinen Sinn für Ironie oder Redewendungen und nimmt jedes Wort für bare Münze. Ellie hat nach der Schule keinen Beruf erlernt und war seitdem rund um die Uhr mit der Betreuung ihrer körperlich gebrechlichen Mutter beschäftigt. Diese hat Ellie nicht viel zugetraut und ihre Entfaltungsmöglichkeiten - auch aus Schutz vor Anfeindungen - stark eingeschränkt. Ellie kennt das wirkliche Leben nicht, denn weiter bis zum Supermarkt ist sie kaum gekommen.

Aus Angst, selbst in ein Heim zu müssen, strengt sich Ellie an, ein eigenständiges, selbstständiges Leben zu führen und stellt für sich sieben Regeln auf, die ihr den Umgang mit anderen Menschen erleichtern sollen, um nicht unangenehm aufzufallen. Hilfe erhält sie von ihrer Nachbarin Sylvia, die die Carrs schon lange kennt und Ellie mit Rat und Tat zur Seite steht. Ellie wagt es sodann aus sich herauszugehen und nimmt sogar ein Ehrenamt in einem Tierpark an.
Auch wenn sie immer wieder auf Schwierigkeiten stößt, andere vor den Kopf stößt und selbst vom Verhalten der "normalen" Menschen irritiert ist, lässt sie sich nicht unterkriegen. Sie stellt sich selbst zudem Fragen, auf die sie noch keine Antworten bekommen hat, denn das Verhältnis ihrer Eltern konnte sie nicht begreifen und auch welches Geheimnis ihr Vater verbarg, ist ihr bisher schleierhaft.

"Wie Ellie Carr zu Leben lernt" ist der passende Titel, denn er fasst den Inhalt des Romans treffend zusammen. Ellie ist Autistin, deshalb aber nicht weniger intelligent als andere Menschen. Sie hat Probleme mit dem Sozialverhalten und dem Umgang mit anderen Menschen. Diese Schwierigkeiten werden durch diverse Beispiele aus ihrem Alltag anschaulich geschildert. Auch wenn man sich nicht wirklich in Ellies Denkweise hineinversetzen kann, ist es von außen betrachtet nachvollziehbar, weshalb die soziale Interaktion mit anderen gestört ist und sich Ellie in Gesellschaft unbeholfen und unsicher fühlt. Selbst wenn sie sich anstrengt, genau das Richtige zu tun, macht sie Fehler, mit denen sie nicht gerechnet hat.

Ihre Mutter wird als unsympathisch und herrisch dargestellt, die ihre Tochter unterdrückt und von der Außenwelt abgeschottet hat. Durch Ellies Erlebnisse und Erinnerungen muss jedoch auch in Betracht gezogen werden, dass sie Ellie vor Fettnäpfchen bewahren und vor Verletzungen schützen wollte. Dennoch wirkt sie verbittert und als würde sie Ellie für ihr Schicksal verantwortlich machen.

Die Geschichte ist etwas spröde, zu nüchtern und wenig lebendig. Das Leben eines autistischen Menschen wird dabei plakativ dargestellt. Ähnlich wie in einem Ratgeber werden typische Probleme von Autisten aneinandergereiht, um diese Entwicklungsstörung anderen Menschen näher zu bringen und Verständnis dafür aufzubringen. Die Gedanken von Ellie wiederholen sich, auch werden immer wieder in den Dialogen aufgesetzt Redewendungen verwendet, die künstlich für Probleme sorgen. Auf die Dauer ist Ellie enervierend begriffsstutzig und gutgläubig und der Roman entwickelt sich nach dem Einschnitt zu Beginn nicht wirklich weiter. Ellie macht, nachdem sie sich mit dem Alleinleben arrangiert hat, keine entscheidende persönliche Entwicklung mehr durch. Die Aufdeckung des Geheimnisses des Vaters hätte der Geschichte einen neuen Impuls verleihen können, sein Handeln wirkte jedoch unglaubwürdig und arg konstruiert. Die Aufklärung dieser Räuberpistole wird durch die Unbeholfenheit Ellies zäh in die Länge gezogen.
Ich habe schon mehrere Bücher über Autisten gelesen, aber bei diesem fehlte mir der Charme. Ein wenig Spannung kam durch Ellies Überlegungen hinsichtlich des Geheimnisses ihres Vaters auf, dennoch fehlte es dem Roman an fesselnden Momenten, Dramatik und Witz.

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