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Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Sommer der Suche

Die Inselfrauen
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Als junge Frau hat die 61-jährige Journalistin Nina in den Ferien in der Pension ihrer Tante Theda auf Borkum gejobbt und in einem Sommer mit Klaas die Liebe ihres Lebens getroffen. Doch alles war von ...

Als junge Frau hat die 61-jährige Journalistin Nina in den Ferien in der Pension ihrer Tante Theda auf Borkum gejobbt und in einem Sommer mit Klaas die Liebe ihres Lebens getroffen. Doch alles war von einem auf den anderen Tag vorbei, und Nina hat sich ihr ganzes Leben danach nicht von dieser zerbrochenen Liebe erholt. Nun kehrt Nina nach vielen Jahren der Abwesenheit zur Erholung von ihrem Burn-out in die Pension ihrer Tante Theda auf der Insel Borkum zurück und trifft dort ihre Nichte Rosalie an, die Tante Theda dort für einige Zeit zur Hand geht, bevor sich die alte Dame endgültig entscheidet, die Pension zu verkaufen. Gemeinsam verleben die drei Frauen eine Zeit der Erinnerung, der neuen Erfahrungen und der Entscheidungen für ihr weiteres Leben. Wird es mit der Pension Theda weitergehen?
Sylvia Lott hat mit ihrem Buch „Die Inselfrauen“ einen wunderschönen, unterhaltsamen und emotionalen Roman vorgelegt, voller Musik und feiner Backwarenkunst, aber auch voller Herzschmerz und Vergänglichem. Der Schreibstil ist herrlich flüssig, der Leser spürt beim Lesen den Wind in den Haaren und den salzigen Geruch der Nordsee in der Nase. Die Landschaftsbeschreibungen sind so detailliert, dass man das Gefühl hat, sich sofort auf der Insel Borkum zurechtfinden zu können. Auch die spezifischen Eigenheiten der Borkumer wurden durch Redewendungen in Plattdeutsch sowie deren Sitten und Gebräuche sehr schön in die Handlung integriert. Die Geschichte selbst setzt sich aus zwei Handlungssträngen zusammen, zum einen aus dem Gegenwartsteil im Jahre 2010 und zum anderen aus Ninas Erfahrungen in der Vergangenheit im Jahre 1967. Unterstützt wird die Handlung noch durch eingefügte Geschichten und Legenden, die das Leben der Borkumer Frauen in vergangenen Jahrhunderten beschreiben und Teile von Rosalies Diplomarbeit darstellen.
Die Charaktere wurden von der Autorin liebevoll skizziert, wirken sehr authentisch und lebendig. Sie haben durchweg Ecken und Kanten, wirken manchmal nüchtern, rauh oder unnahbar, aber dann wieder gefühlsbetont und mit dem Herz auf der Zunge. Nina ist eine sehr sympathische Frau, die den Verlust ihrer ersten großen Liebe nie verwunden hat und deren Leben zwar den im Teenageralter gewünschten Verlauf genommen, ihr aber stattdessen nie mehr wirklich die Erfüllung gebracht hat, die sie sich erträumte. Mit 61 stellt sie nun fest, dass sie eigentlich recht allein ist und sich immer mehr von den Menschen zurückgezogen hat, um nicht nochmals so enttäuscht zu werden. Während ihres Aufenthalts auf Rügen und der Aufarbeitung ihrer Vergangenheit kann man wunderbar beobachten, wie sich Nina immer mehr öffnet und sich entwickelt. Die alte Theda ist mit ihren 80 Jahren der vielen Arbeit müde und will ihr Lebenswerk verkaufen. Doch ihr Herz hängt daran und macht es ihr schwer, eine Entscheidung zu treffen. Da kommen ihre Nichte und ihre Enkelin gerade recht, um wieder etwas Schwung in die Pension zu bringen und sie auf andere Gedanken zu bringen. Rosalie steht kurz vor dem Abschluss ihres Lehrerexamens und stellt plötzlich ihre Berufswahl in Frage. Auch ihre langjährige Beziehung zu ihrem Freund Fabian steht auf dem Prüfstand, zumal dieser für einen Job auf die andere Seite der Welt gezogen ist und die Beziehung momentan nur über SMS und Skype weiterläuft. Auch die anderen Protagonisten sind wunderbar in Szene gesetzt und bereichern die Handlung mit ihren eigenen Geschichten.
„Die Inselfrauen“ ist ein herrliches Buch über den Umbruch im Leben, über die Suche nach sich selbst und den Kampf für das Glück im Leben, über die Musik, die einen über alle Jahrzehnte begleitet und über Entscheidungen, die gefällt werden müssen, um wieder in Zufriedenheit leben zu können. Ein wunderbares und emotionales Buch, dass jeden berühren wird. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Das Strahlen der Sonnenblumen

Das Sonnenblumenhaus
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Als der Vater vor 15 Jahren die Familie wegen einer anderen Frau verlässt, bricht Nora jeden Kontakt zu ihm ab. Inzwischen ist Nora 28 Jahre alt und als Autorin recht erfolgreich. Doch ihr nächstes Buch ...

Als der Vater vor 15 Jahren die Familie wegen einer anderen Frau verlässt, bricht Nora jeden Kontakt zu ihm ab. Inzwischen ist Nora 28 Jahre alt und als Autorin recht erfolgreich. Doch ihr nächstes Buch lässt auf sich warten, da sie sich so gar nicht konzentrieren kann. Als ihre Mutter Miriam einen Aufenthalt im „Sonnenblumenhaus“ für sie organisiert, dem Tiertherapiezentrum ihres Vaters Oskar, dass dieser mit seiner 2. Ehefrau Alexa führt, damit Nora sich endlich mit ihrem Vater versöhnt, ringt sich Nora dazu durch, ihn dort zu besuchen und etwas Abstand zwischen sich und all die Ablenkungen zu bringen, die sie am Schreiben hindern. Kaum am Domizil angekommen, wird Nora von einer wunderschönen Landschaft und einem gemütlichen Haus empfangen, dessen Bewohner ebenfalls freundlich und positiv miteinander umgehen. Doch in Noras Innerem sind immer noch der Verrat des Vaters, dessen Verlust und die vielen Jahre ohne ihn gespeichert, so dass sie lange braucht, um zu erkennen, dass alles ganz anders ist, als es den Anschein hatte. Wird es eine Versöhnung zwischen Vater und Tochter geben?
Nancy Salchow hat mit ihrem Buch „Das Sonnenblumenhaus“ einen sehr unterhaltsamen und gefühlvollen Familienroman vorgelegt. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig zu lesen, der Leser taucht mit den ersten Zeilen in Noras Leben ein und steht ihr als unsichtbarer Beobachter zur Seite, erfährt von ihren Gedanken, Ängsten und Sehnsüchten. Die Landschaftsbeschreibungen rund ums Sonnenblumenhaus sind so detailliert, als würde man selbst in dieser herrlichen Natur umherwandeln, den Duft der Blüten einatmen oder mit den Tieren durch die Gegend streifen. Am liebsten möchte man auch sogleich im „Sonnenblumenhaus“ einziehen, so heimelig und gemütlich wirken die Erzählungen.
Die Charaktere sind liebevoll und lebendig in Szene gesetzt, die Personen haben allesamt Ecken und Kanten. Gerade ihre Eigenheiten machen sie so authentisch und liebenswert, lassen sie aber auch fast durchweg als Sympathieträger durchgehen. Nora geht auf die 30 zu, wirkt zu Beginn aber eher wie ein Teenager, etwas bockig und anstrengend, wobei manche ihrer Reaktionen verständlicherweise auf den Verlust ihres Vaters in der Kindheit zurückzuführen ist. Sie wirkt oft verunsichert, um dann im Trotz über zu reagieren, womit sie sich noch mehr in Schwierigkeiten bringt und sich zurückzieht. Doch im Verlauf der Handlung kann man eine Entwicklung an ihr beobachten, mehr und mehr wird sie vor den Augen des Lesers „erwachsen“ und lernt endlich mit ihrer Vergangenheit umzugehen und den Blick nach vorn zu wagen. Oskar ist ein sehr sympathischer Mann, der sich nach der Liebe seiner Tochter sehnt und die verlorene Zeit endlich nachholen möchte. Seine Hingabe zu Tieren und seinen Mitmenschen ist sehr einnehmend und vermittelt Harmonie. Alexa ist zwar die „böse“ Stiefmutter, jedoch ist sie gar nicht übel, sondern eine sehr patente und liebevolle Frau, die selbst einige Entbehrungen für ihre Beziehung auf sich genommen hat. Auch die anderen Charaktere beleben mit ihren ganz eigenen Geschichten die Handlung und unterstützen diese zusätzlich. Nicht zu vergessen die wunderbaren und einzigartigen Hunde, die einen ganz gewichtigen Teil der Story ausmachen und von denen man alle am liebsten sofort adoptiert hätte.
„Das Sonnenblumenhaus“ ist ein gefühlvoller Roman über Liebe, Verrat und Geheimnisse innerhalb der Familie, so authentisch beschrieben, dass sie auch in der heutigen Zeit überall im täglichen Leben zu finden sind. Absolute Leseempfehlung für wunderbare Unterhaltung!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Familienzusammenführung auf italienisch

Mit Oma in Roma
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Oma Inge Ritter ist in den 70gern und plant mit ihrer Gemeindegruppe eine Reise nach Rom zur Audienz beim Papst. Als der Ausflug kurzfristig abgesagt wird, macht sich Inge auf eigene Faust auf nach Italien, ...

Oma Inge Ritter ist in den 70gern und plant mit ihrer Gemeindegruppe eine Reise nach Rom zur Audienz beim Papst. Als der Ausflug kurzfristig abgesagt wird, macht sich Inge auf eigene Faust auf nach Italien, ohne allerdings ihrer Tochter Heike, die sowieso nicht gut auf Inge zu sprechen ist, oder Enkelin Nina Bescheid zu geben, die ihrerseits mit ihrer Mutter Heike ihre Probleme hat. Voller Sorge um Inge, die ohne ein Wort verschwunden ist und eine Broschüre über Sterbehilfe hat liegen lassen, machen sich Heike und Nina mit geringen Bargeldmitteln gemeinsam als Zweckgemeinschaft per Anhalter auf den Weg nach Italien, während Inge in Rom schon das Dolce Vita genießt, den Vatikan erkundet und bereits mit Carlo eine Herrenbekanntschaft geschlossen hat. Mit ihm verlässt Oma Inge Rom in dem Moment in Richtung Pompeji, als Heike und Nina sie in der Ewigen Stadt fast gefunden hätten. Also begeben sich die beiden weiter auf die Verfolgung des älteren Gespanns und landen dabei in Ischia in einem Luxushotel, wo auf einmal alle überraschend zusammentreffen und es zu einigen Verwicklungen kommt.
Tessa Hennig hat mit ihrem Buch „Mit Oma in Roma“ einen sehr humorvollen Unterhaltungsroman vor der malerischen Kulisse Italiens vorgelegt. Der Schreibstil ist wunderbar eingängig, locker-flockig und mit Witz gespickt, so dass dem Leser gar nichts anderes übrig bleibt, als mit den Protagonisten im Kopf auf Reisen zu gehen und sie bei ihrem Abenteuer zu begleiten. Die Landschaftsbeschreibungen von Rom und der italienischen Landschaft sowie von der Insel Ischia sind so farbenfroh und lebendig, dass das Kopfkino anspringt und man am liebsten die Koffer packen und selbst hinreisen möchte. Die abgehandelten familiären Probleme sind fast jedem ein Begriff, man hat sie eventuell selbst erfahren oder im Bekannten- oder Freundeskreis miterlebt. Alles ist sehr menschlich und aus dem täglichen Leben gegriffen.
Die Charaktere sind sehr liebevoll ausgestaltet, wirken dabei sehr lebendig und authentisch, so dass sich der Leser sehr gut mit dem einen oder anderen identifizieren kann. Oma Inge gehört noch lange nicht zum alten Eisen. Sie ist eine rüstige und unternehmungslustige sympathische Frau, die in ihrem Leben noch etwas erleben möchte und sich mit der Reise nach Italien einen langehegten Traum erfüllen will. Das Verhältnis zu ihrer Enkelin Nina ist gut, das zu ihrer eigenen Tochter Heike angespannt. Doch Inge hat das Herz auf dem richtigen Fleck und meint es eigentlich immer nur gut mit allen. Carlo ist ein Mann in Inges Alter, der seiner verstorbenen Frau nachtrauert und sich die Schuld am Tod seiner Tochter gibt. Er ist zu Beginn ein Zyniker aus Verzweiflung, doch im Kern ist er ein Mann auf der Suche nach Vergebung, nach Liebe und dem letzten verbleibenden Rest Familie, die er noch hat. Heike ist arbeitslos, arbeitet schwarz als Masseuse in den eigenen vier Wänden und hadert mit allem und jedem, seit sie von ihrem Mann wegen einer anderen verlassen wurde. Das Verhältnis zu Tochter Nina ist nicht sonderlich gut, denn Nina erinnert sie zu sehr an ihre eigene Mutter Inge, die immer alles besser zu wissen scheint. Nina ist Jurastudentin, vergräbt sich in ihre Bücher und hat anscheinend verlernt, das Leben zu genießen. Sie wirkt durchweg zu vernünftig und bodenständig, ihr fehlt die Lockerheit der Jugend. Oftmals hat man das Gefühl, das eher Nina die Mutter ist und Heike die Tochter. Doch die Entwicklung der einzelnen Charaktere innerhalb der Handlung zu sehen, macht viel Freude. Auch die Nebenprotagonisten steuern mit ihren kleinen Geschichten und Episoden ein wundervolles Rahmenprogramm zu der Handlung bei.
„Mit Oma in Roma“ ist rundum ein gelungener sommerlicher Unterhaltungsroman, der mit Humor und Witz besticht und mit eindrucksvollen Landschaftsbeschreibungen das Urlaubsfeeling selbst bei Regen und Kälte aufkommen lässt. Eine absolute Leseempfehlung für alle, die vielleicht keinen Urlaub machen können, sich aber gerne einen herträumen wollen. Das gelingt hier ganz bestimmt! Einfach wunderbar!

Veröffentlicht am 15.09.2016

"Deutschenmädchen"

Das Haus der verlorenen Kinder
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1941 Norwegen: Seit ihrer Kindheit sind Lisbet und Oda eng miteinander befreundet und fast wie Schwestern. Als ihr Ort von deutschen Soldaten besetzt wird, verlieben sich die beiden gleichzeitig in den ...

1941 Norwegen: Seit ihrer Kindheit sind Lisbet und Oda eng miteinander befreundet und fast wie Schwestern. Als ihr Ort von deutschen Soldaten besetzt wird, verlieben sich die beiden gleichzeitig in den “Feind”, was in ihrer Umgebung nicht gern gesehen wird. Sowohl Lisbet als auch Oda lassen sich diese Liebe nicht ausreden und schon bald müssen sie sich von ihren Liebsten trennen, die an eine andere Kriegsfront geschickt werden. Doch beide Frauen sind schwanger und gelten fortan bei ihrem eigenen Volk als Geächtete, als Deutschenmädchen, was ihnen das Leben zur Hölle macht. Ganz auf sich allein gestellt und nur die jeweilige Freundin an der Seite versuchen Oda und Lisbeth, dem Schicksal zu trotzen, doch dann passiert etwas Furchtbaren…

2005 Wiesbaden: Die junge Marie hat jahrelang in Heimen und Pflegefamilien zugebracht, nachdem sie ihre Eltern als Zweijährige durch einen Unfall verloren hat. Als sie durch das sie betreuende Amt einige wenige Dinge ihrer verstorbenen leiblichen Eltern erhält, macht sie sich auf die Suche nach ihren Wurzeln und landet in einem Seniorenpflegeheim in Wiesbaden, wo zur Zeit des 2. Weltkrieges ein Lebensbornkinderheim untergebracht war. Im Heim lernt sie die 84-jährige Norwegerin Betty kennen, die beiden mögen sich sofort und unternehmen einiges miteinander. Einiges Tages verschwindet Betty spurlos und ein One-Night-Stand klaut Marie das Tagebuch ihrer Großmutter. Marie macht sich auf den Weg sowohl Betty als auch Antworten zu finden und reist nach Norwegen.

Linda Winterberg hat mit ihrem Roman “Das Haus der vergessenen Kinder” einen sehr emotionalen und berührenden historischen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und fesselt den Leser ab der ersten Seite. Die beiden Handlungsstränge sind parallel angelegt und durch die jeweiligen Kapitelüberschriften gekennzeichnet. Der Spannungsbogen ist sehr schön angelegt und zieht sich wie ein roter Faden durch beide erzählten Geschichten hindurch. Der Leser wird dazu angehalten, mitzurätseln und sich seine eigenen Gedanken zu machen, während man wie im Flug durch die Handlung läuft, so wunderbar ist dieser Roman geschrieben. Auch der historische Hintergrund über die Lebensborneinrichtungen und die Besatzung in Norwegen sind sehr schön recherchiert und der Handlung unterlegt.

Die Charaktere wurden von der Autorin sehr liebevoll gestaltet und ausgearbeitet. Sie wirken alle durchweg sehr lebendig, lebensecht und authentisch. Lisbeth ist in einem liebevollen und behüteten Zuhause aufgewachsen. Sie wirkt eher zurückhaltend und etwas unsicher, ist sich ihrer eigenen Körperlichkeit nicht so sehr bewusst wie ihre Freundin Oda. Doch Lisbeth hat ein besonders gutes Herz, versucht immer, das Beste in den Dingen zu sehen und nicht den Mut zu verlieren. Oftmals wirkt sie dann überraschenderweise wie die Stärkere der beiden Frauen. Oda ist impulsiv, fröhlich und draufgängerisch, aber sie ist auch oftmals boshaft, verletzend und missgünstig, was unter Freundinnen eigentlich nicht sein sollte. Marie ist eine sehr zurückhaltende junge Frau, die schon sehr viel Schlimmes im Leben erlebt hat und nach ihren Wurzeln sucht, um sich endlich eine Identifikation zu geben und ihr eigenes Leben starten zu können. Die ganze Unwissenheit hält sie gefangen in ihrer momentanen Lebenssituation, doch sie möchte endlich die Wahrheit wissen.

“Das Haus der vergessenen Kinder” ist ein wundervoller und gefühlvoller Roman, der den Leser durch die zauberhafte Erzählweise der Autorin nicht loslässt und auch nach der letzten Seite noch in Gedanken verharren lässt. Nur ungern lässt man Marie, Oda und Lisbet ziehen, hat man doch das Gefühl, man wäre mit ihnen nach der Lektüre regelrecht verwachsen. Ein absolutes Lesehighlight für alle, die sich sowohl für historische Romane als auch für Familiengeheimnisse interessieren und die es lieben, sich in einem Roman verlieren zu können. Chapeau, wundervoll gemacht!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine Ode an die wahre Liebe

Fünf Viertelstunden bis zum Meer
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Eines Tages erhält der 84-jährige Ezio Ortolani einen Brief, auf den er schon 60 Jahre wartet. Er ist von Giovanna Berlucci, der einzigen Frau, die er je geliebt hat, seiner ganz großen Herzensliebe. 1945 ...

Eines Tages erhält der 84-jährige Ezio Ortolani einen Brief, auf den er schon 60 Jahre wartet. Er ist von Giovanna Berlucci, der einzigen Frau, die er je geliebt hat, seiner ganz großen Herzensliebe. 1945 lernten sich die beiden am Strand von San Cataldo in Stiefelabsatz von Italien kennen. Giovanna, gerade dem Meer entstiegen, in einem notdürftig geknoteten Badeanzug, der Jahre später als Bikini durchgehen würde, ist für Ezio wie eine Traumerscheinung. Der schüchterne junge Mann rennt ihr entgegen und ihm fällt nichts anderes ein, als Giovanna zu fragen „Darf ich Dich küssen?“, um sich dann auf dem Absatz umzudrehen und Giovanna stehen zu lassen aus Angst vor der eigenen Courage. Doch Giovanna ist neugierig und lebenshungrig, sie läuft Ezio hinterher. Damit beginnt eine Liebe, die nur einen Sommer dauert, aber ein Leben lang hält. Als Ezio ihr die Frage aller Fragen in den Sand schreibt, gibt ihm Giovanna keine Antwort, sondern springt ins Meer. Ezio flüchtet vor Giovanna in den Norden Italiens, doch seine Gedanken machen die Flucht nicht mit, sie sind immer bei Giovanna in Süditalien geblieben. Der Brief bringt ihn zurück zu ihr…

Ernest van der Kwast erzählt mit seinem Roman „Fünf Viertelstunden bis zum Meer“ eine leise, ruhige und doch so poetische und zauberhafte Liebesgeschichte, die einen als Leser mitten ins Herz trifft. Der Schreibstil ist liebevoll und sanft. Die Handlung ist eingebettet in die gesellschaftlichen und politischen Ereignisse, die in den 60 Jahren zwischen Abschied und Wiedersehen von Ezio und Giovanna geschehen sind. Die Übergänge zwischen Gegenwart und Vergangenheit sind so fließend, im einen Moment ist man noch im Hier und Jetzt und erlebt den hastigen Aufbruch des Postboten zu seiner schwangeren Frau ins Krankenhaus, im nächsten Augenblick durchlebt man mit Ezio seine überstürzte Abreise im Jahr 1945 nach Bozen und seine Gedanken und verletzten Gefühle leisten einem dabei Gesellschaft.

„Fünf Viertelstunden bis zum Meer“ ist reine Poesie und Romantik, die allerdings nicht kitschig wirkt, sondern tief im Inneren den Wunsch weckt, dass das Leben so sein möge. Der Augenblick des Wiedersehens zwischen Ezio und Giovanna am Bahnsteig nach über 60 Jahren macht deutlich, dass die wahre Liebe alles überdauert und alles verzeiht, dass sich die Menschen, die zusammengehören, auch finden werden, auch wenn die Jugend vorbei ist und das Lebensende vielleicht naht. Ein Wunsch, der in uns allen tief verwurzelt ist. Einfach zauberhaft erzählt. Hier gilt eine absolute Leseempfehlung!