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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.07.2017

Sorgt für Gesprächsstoff über Jugendliche in der Pubertät

Hier stirbt keiner
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„Hier stirbt keiner“ von Lola Renn ist ein Buch für Jugendliche ab 12 Jahren und es ist im Roman so, wie der Titel es bereits verrät, denn es stirbt wirklich niemand. Aber stirbt man nicht ein wenig, wenn ...

„Hier stirbt keiner“ von Lola Renn ist ein Buch für Jugendliche ab 12 Jahren und es ist im Roman so, wie der Titel es bereits verrät, denn es stirbt wirklich niemand. Aber stirbt man nicht ein wenig, wenn man allein zurück gelassen wird? Die Protagonistin Annika hat schon mal das Gefühl, dass sie das letzte Lebewesen auf der Welt ist und alle übrigen sind bereits ausgestorben. Wenn sie sich in diesen Momenten wie das Mädchen auf dem Cover auf den Boden legt, ändert sich natürlich ihr Blick auf ihr Umfeld. Ihre Eindrücke sind dann sehr ungewöhnlich und sie unterstützen ihre Einsamkeit noch. Aber darüber spricht sie mit keinem.

Annika ist 15 Jahre alt, hat einen älteren Bruder und eine beste Freundin. Sie ist eine eher unauffällige Schülerin. Doch innerhalb kurzer Zeit ändert sich ihr Leben drastisch, denn ihr Bruder Marek fliegt ohne festen Pläne nach Nordamerika, sie streitet sich mit ihrer Freundin und zu Hause herrscht Kleinkrieg zwischen ihren Eltern. Hat sie vorher noch mit Marek die Sorgen um die Ehe ihrer Eltern teilen können, so beschränkt er jetzt den Kontakt zu Annika auf wenige Sätze. Nur Chris, der beste Freund von Marek ist ihr auch weiterhin ein guter Freund. Aber er plant ein Studium im fernen München. Annika zaudert, tiefere Gefühle zuzulassen, um nicht noch einen Weggang verschmerzen zu müssen.

Die Protagonistin hat nicht nur mit ihren sich verändernden Gefühlen zurecht zu kommen und sich in diversen Gruppen Gleichaltrigen zu behaupten, sondern ihr sicherer Ruhehafen zu Hause befindet sich ebenfalls im Aufruhr. Ihre Eltern bringen nicht das nötige Verständnis für die Sorgen ihrer Tochter auf, denn ihre eigenen massiven Probleme miteinander wollen auch gelöst werden. In ihrem Alter hat Annika allerdings auch nicht das nötige Potential die Situation danach einzuschätzen, dass nicht nur sie diejenige ist, die unter der Reise ihres Bruders und dem Stress der Eltern leidet. In der Folge fühlt sie sich unverstanden und zieht sich immer mehr zurück. Mit Chris und ihrem Bruder hat sie schon viele unmögliche, aber auch wunderschöne Erlebnisse gehabt. Zuerst mag sie gar nicht glauben, dass sie auch weiterhin für Chris interessant ist. Erstaunt stellt sie fest, dass sie in ihm nahezu einen Seelengefährten hat, denn auch er kennt psychisch schwierige Situationen.

Lola Renn erzählt ganz nah am Leben und gerade das macht den Roman so nachvollziehbar. Ihre Charaktere haben Ecken und Kanten. Annika hilft in vielen Situationen unaufgefordert in der Pension ihrer Mutter, was ich nicht selbstverständlich fand. Ihr Verhalten zu Bezugspersonen war dagegen häufiger unfreundlich. Die Autorin beschreibt in diesem Bereich aber beispielsweise nicht nur den Streit zwischen Annika und ihrer Freundin, sondern sie bietet auch einen möglichen Weg aus der Krise an. Chris wird zu Annikas Zuflucht, aber auch ihrem wunden Punkt, der sehr schnell verletzt werden kann. Lola Renn erzählt den Umgang von Annika mit ihren Eltern und Freunden ohne selbst zu werten. Annika wird zunehmend deutlich, dass auch ihr eigenes Verhalten auf andere verletzend wirkt.

Der Roman bietet ausreichend Gesprächsstoff über die Leere, die sich durch den Weggang eines Geschwisters ergibt, Streit in einer langen Freundschaft, Selbstmordgedanken, Einordnen von Gefühlen bei erwachender Liebe,
Kommunikationsprobleme mit Vater und Mutter sowie Trennung der Eltern. Ich empfehle das Buch daher nicht nur Jugendlichen, sondern auch deren Eltern oder das Lesen in einer Gruppe. Nicht für jedes Problem gibt es eine ideale Lösung, im Buch werden aber einige Möglichkeiten angedeutet. Das Ende bietet Potential für eine Fortsetzung.

Veröffentlicht am 10.07.2017

Romantik, ein Familiengeheimnis und ein Hauch Mystik

Monsieur Picasso und der Sommer der französischen Köstlichkeiten
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Der Roman „Monsieur Picasso und der Sommer der französischen Köstlichkeiten“ von Camille Aubray spielt auf mehreren Zeitebenen auf zwei Kontinenten. Bereits das Titelbild lässt den Leser wissen, dass ein ...

Der Roman „Monsieur Picasso und der Sommer der französischen Köstlichkeiten“ von Camille Aubray spielt auf mehreren Zeitebenen auf zwei Kontinenten. Bereits das Titelbild lässt den Leser wissen, dass ein Teil der Geschichte in Frankreich stattfindet. Kleine Gassen und gemütliche Cafés gehören zum Ort Juan-les-Pins an der Cote d‘azur auf der Halbinsel Antibes. Hierhin hat sich Pablo Picasso im Jahr 1936 für einige Wochen zurückgezogen.

Im Mittelpunkt der Erzählung steht Céline, Mitte 30 und inzwischen eine erfolgreiche Make-Up-Artistin in Hollywood, wo sie auch lebt. Ihr Vater ist ein angesehener Anwalt, ansässig in der Nähe von New York, der wie im alten Stil als Patriarch seine Familie führt und vor allem seinen Sohn aus erster Ehe bevorzugt. Ihre Mutter gibt Céline eines Tages ein Notizheft mit Aufzeichnungen ihrer Großmutter Ondine mit aufgeführten Gerichten, die diese im Frühjahr 1936 für Pablo Picasso gekocht hat.

Céline begegnete ich im Buch zum ersten Mal in der Gegenwart, während sie an der französischen Riviera an Bord einer Luxusyacht geht und dort auf etwas ungeduldig wartete. Das machte mich natürlich neugierig darauf, welche Angelegenheit die US-Amerikanerin dorthin gebracht hat. Bis zur Auflösung musste ich lange warten und solange habe ich eine turbulente, schicksalsschwere Geschichte gelesen, die ihren Ausgangspunkt in eben jenem Jahr Mitte der 1930er nahm und sich über Jahrzehnte bis in die Gegenwart streckte.

Jedes Kapitel ist durch seinen Titel fest verortet und half mir bei der jeweiligen Einordnung in den zeitlichen Rahmen. Die Autorin hat zur geschichtlichen Figur von Pablo Picasso, die eine große Rolle in ihrem Roman spielt, sehr gut recherchiert und das Bild, das sie in ihren Schilderungen entwickelt, passt zu dem, welches sich beim Nachlesen aus den Medien ergibt. Seine Bilder werden von ihr so beschrieben, dass ich sie mir gut vorstellen konnte. Im Internet sind sie aufzufinden, mit Ausnahme einer fiktiven Malerei. Céline, ihre Mutter und ihre Großmutter Ondine sind liebevoll entwickelte Charaktere, deren Entwicklung von ihrem Umfeld und der jeweiligen Zeit abhängig gestaltet sind.

Mit dem Setting an der französischen Küste, mit den Beschreibungen der feinen Köstlichkeiten mit all ihren Kräutern, dem frischen Fisch und dem duftenden Brot wünschte ich mir, beim Lesen vor Ort sein zu können. Das Buch enthält nur eine Auflistung der Zutaten und eine Beschreibung der Zubereitung, aber keine Rezepte.

Camille Aubray versteht es, trotz aller Dramatik. dem Roman eine gewisse Leichtigkeit zu verleihen mit viel Romantik und einem Hauch Spannung, der sich durch die Suche nach einer bestimmten Sache ergibt. Außerdem sorgt ein Familiengeheimnis für ein Rätsel und ein Hauch Mystik hilft bei der Auflösung. Insgesamt ergibt sich eine realistisch vorstellbare Geschichte. Ich wurde durch die Erzählung sehr gut unterhalten und daher empfehle ich sie gerne.

Veröffentlicht am 29.06.2017

Eindringliches Plädoyer für den Respekt der Persönlichkeit

Stell dir vor, dass ich dich liebe
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„Stell dir vor, dass ich dich liebe“ ist nach „All die verdammt perfekten Tage“ (meine Rezension dazu hier: KLICK) ein neues Buch von der US-Amerikanerin Jennifer Niven für Jugendliche ab 14 Jahren. Der ...

„Stell dir vor, dass ich dich liebe“ ist nach „All die verdammt perfekten Tage“ (meine Rezension dazu hier: KLICK) ein neues Buch von der US-Amerikanerin Jennifer Niven für Jugendliche ab 14 Jahren. Der Titel allein verdient ein Ausrufezeichen in Bezug auf den Inhalt der Geschichte, denn es scheint unmöglich zu sein, dass die Protagonisten in Liebe zueinander finden. Jack und Libby begegnen einander am ersten Tag der elften Klasse der Highschool in Amos/Ohio. Auf dem Cover ist ein Stern, denn wie Sterne sind die Sommersprossen von Libby für Jack und erst sehr viel später merkt er, dass er Libby damit identifiziert und mit vielem mehr, dass ihre Persönlichkeit ausmacht. Das ist für beide wichtig, denn Libby ist übergewichtig und Jack gesichtsblind. So braucht es eine Menge Zeit und viele Einsichten, damit beide eine Brücke des Verstehens zueinander bilden können.

Jack ist der smarte Typ, gut aussehend und amüsant. An potentiellen Freundinnen mangelt es ihm nicht. Doch durch einen Unfall in seiner Kindheit ist ihm die Möglichkeit, Gesichter zu erkennen, abhanden gekommen. Selbst seine Eltern und beiden Brüder vermag er nicht durch bloßes Ansehen zu erinnern. Keiner weiß davon und so lebt er ständig auf einem Pulverfass, dass seine Unfähigkeit auffliegt. Eine Art Sicherheit geben ihm seine besten Freunde, die so prägnante Merkmale aufweisen, dass er sie von anderen unterscheiden kann. Leider ist er dadurch in einer gewissen Abhängigkeit von deren Verhalten anderen gegenüber und ihren Vorstellungen, wie er selbst zu agieren hat.

Libby kehrt nach einer langen Zeit wieder zur Schule zurück. Nach dem Tod ihrer Mutter hat sie begonnen, sinnlos zu essen. Mit fast dreihundert Kilogramm war sie schließlich zu dick, das Haus zu verlassen. Ihr Weg ins Krankenhaus ging durch sämtliche Medien. Etwa die Hälfte ihres Gewichts hat sie inzwischen verloren, aber ihr Bild in der Öffentlichkeit hat sich manifestiert. Am ersten Schultag nach den Ferien wird sie genau zu der von Libby erwarteten Zielscheibe für den Spott der Klassenkameraden, die sie von früher her wieder erkennen und miteinander über sie zu tuscheln beginnen. Bei einem besonders gemeinen Spiel mit ihr beweist Jack seine Solidarität zu seinen Schulfreunden, trifft Libby damit aber an ihrem wunden Punkt.

Laut der Autorin ist der Roman ein persönliches Buch und genau das ist es, was die Geschichte so glaubwürdig und realistisch macht. Jennifer Niven hat als Jugendliche selber Gewichtsprobleme gehabt und lässt ihre Erfahrungen hier einfließen. Noch eindringlicher wird die Schilderung durch das Stilmittel der Übertreibung, denn erst durch Libby besonders hohes Gewicht werden auch die Medien auf sie aufmerksam und bringt ihr eine nicht wünschenswerte Form der Bekanntheit und Stigmatisierung.

Zum Thema Prosopagnosie (Gesichtsblindheit) hat die Autorin sehr gut recherchiert und das Gespräch mit Betroffenen gesucht, davon einige in ihrer Familie. So ist auch die Darstellung des Charakters Jack authentisch, sein Verhalten für mich als Leser nachvollziehbar. Eindringlich ist die Auseinandersetzung mit der Bedeutung von Peergroups in der Erzählung, anschaulich beschreibt Jennifer Niven die Entstehung und Ausführung von Bullying sowie die Probleme von Lehrern und Eltern im Umgang mit den betroffenen Jugendlichen. Der schulische Lösungsansatz erschien mir sinnvoll. Bis auf ein paar versteckten Hinweisen fehlte mir jedoch ein wenig der Hinweis auf die gesundheitlichen Folgen von Übergewicht.

„Stell dir vor, dass ich dich liebe“ ist ein wichtiges Buch um zu zeigen, dass jede Person einzigartig ist und sich diese Verschiedenartigkeit durch psychische und physische Unterschiede ergeben. Jeder hat seine Talente und ist zu respektieren. An einem Maß bestimmter Verhaltensregeln kommt man im Alltag nicht vorbei, ansonsten sollte jeder so leben können, wie er sich wohlfühlt ohne dafür schikaniert zu werden. Gerne empfehle ich das Buch weiter, auch an Erwachsene.

Veröffentlicht am 29.06.2017

Familiengeschichte in bewegten Zeiten

Alles, was folgte
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Fast 48 Jahre sind vergangen seit Oskar „seine“ Ingrid im Februar 1942 beim Tanzen kennen gelernt hat. Es ist ein wichtiger Tag für ihn, der seine folgenden Wochen, Monate und Jahre geprägt hat. Im Buch ...

Fast 48 Jahre sind vergangen seit Oskar „seine“ Ingrid im Februar 1942 beim Tanzen kennen gelernt hat. Es ist ein wichtiger Tag für ihn, der seine folgenden Wochen, Monate und Jahre geprägt hat. Im Buch „Alles, was folgte“ schildert Renate Ahrens nicht nur das Kennenlernen, sondern auch die anschließenden Erlebnisse der beiden im gebeutelten Hamburg und Oskars Kampf im Krieg an der Ostfront und in Gefangenschaft. Die Möwen auf dem Cover des Buchs bewegen sich scheinbar frei und unbesorgt. Diese Unabhängigkeit ist Oskar und Ingrid leider fremd, denn ihre Zukunftsvorstellungen werden aufgrund ihrer Jugend von der elterlichen Generation gezügelt.

Im Vordergrund der Geschichte steht jedoch Katharina, 44 Jahre alt, in Hamburg lebend und freiberufliche Fotografin in Kriegs- und Krisengebiete. Der Roman spielt im Jahr 1990 und auch für die Protagonistin ist es aufgrund der gerade geöffneten Grenzen zu Ostdeutschland eine bewegende Zeit. Eines Tages erhält sie einen Packen mit Briefen von jemandem aus Ostberlin, den sie nicht kennt. Die Briefe hat ihre Mutter Maria nach Ende des Krieges an ihre Schwester Ingrid geschrieben. Für Katharina sind die Briefe kaum fassbar, denn aus ihrem Inhalt geht hervor, dass nicht Maria ihre leibliche Mutter ist, sondern Ingrid. Zunächst will sie den Gedanken daran komplett verdrängen, aber das Thema lässt sie nicht ruhen und so begibt sie sich auf die Suche nach Ingrid und ihren unbekannten Vater, während sie bereits die nächsten nicht ungefährlichen Reisen in Krisenregionen plant.

Die Kapitel wechseln in unbestimmter Reihenfolge zwischen der Ich-Erzählerin Katharina und Oskar. Katharina hat in ihrem Beruf die Gefahr nie gescheut, auch in ihrer neuen Beziehung stellt sie ihren Job an die erste Stelle. Ihre Motivation dazu kann sie nicht genau benennen, doch sie wird mit jeder Reise zu einer Zeitzeugin. Mit ihren Bildern möchte sie zeigen, was eigentlich nicht geschehen darf und so die Öffentlichkeit darauf aufmerksam machen. Auch Oskar hat an bedeutenden Geschehen der Geschichte teilgenommen. Anders als Katharina hatte er nicht die Wahl, sich dem zu entziehen. Beide Protagonisten erzählen von der Liebe, nach der sie gesucht und sie verloren haben und nach Möglichkeiten ihr Leben danach neu auszurichten.

Der Roman liest sich leicht und gängig. Die Handlung treibt ständig voran. Bereits zu Beginn der Erzählung erhält Katharina die Briefe von Maria und ich fieberte über den folgenden Seiten mit, ob es ihr gelingen wird, ihre leiblichen Eltern zu finden. Aber auch die Erlebnisse von Oskar in Kriegszeiten und der Zeit danach ließen mich nicht unberührt.

Renate Ahrens ist es gelungen, wichtige Daten des letzten Jahrhunderts gekonnt in eine Familiengeschichte einzuweben und dabei noch ein paar unbekanntere Fakten einzufügen. Obwohl ich als Leser aufgrund der parallel geführten Erzählstränge einen leichten Wissensvorsprung bei der Suche nach ihren Eltern vor Katharina hatte, blieb sehr lange offen, ob sie erfolgreich verlaufen würde. Der Schluss des Romans ist überraschend und wird nicht jedem gefallen. Mich hat der Roman fasziniert und mir nochmal einige wichtige Zeitgeschehnisse in Erinnerung gerufen. Gerne empfehle ich das Buch daher weiter.

Veröffentlicht am 18.11.2024

Wortscharmützel inklusive

Gegenspieler
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Wenn der derzeitige Fallanalytiker Max Bischoff aus der Reihe „Mörderfinder“ von Thrillerautor Arno Strobel und die Strafverteidiger Dr. Anton Pirlo und Sophie Mahler aus der Serie „Pirlo“ von Schriftsteller ...

Wenn der derzeitige Fallanalytiker Max Bischoff aus der Reihe „Mörderfinder“ von Thrillerautor Arno Strobel und die Strafverteidiger Dr. Anton Pirlo und Sophie Mahler aus der Serie „Pirlo“ von Schriftsteller und Strafverteidiger Dr. Ingo Bott gemeinsam ermitteln, dann wird hieraus der Kriminalfall „Gegenspieler – Bischoff und Pirlo ermitteln“. Handlungsort ist selbstverständlich Düsseldorf, denn dort spielen auch beide Serien.

Max Bischoff hat in der Pirlo-Reihe bereits Erwähnung gefunden. Dieses Mal wird Bischoff von Sophies Vater beauftragt, der seine Tochter bittet, mit diesem zusammenzuarbeiten. Sophies Vater ist einer der Partner der Düsseldorfer Kanzlei Müller & Mahler mit Sitz an der Königsallee. Zum großen Entsetzen aller, wird Karl Müller, ebenfalls Partner der Kanzlei und Patenonkel von Sophie, tot in seinem Auto aufgefunden. Die Polizei geht davon aus, dass er sich umgebracht hat, denn in wenigen Tagen hätte er vor Gericht in Sachen umstrittener Steuersparmodellen aussagen sollen. Von den Kanzleiangehörigen glaubt so recht niemand, dass er Selbstmord begangen hat. Das Blatt wendet sich, als ein weiteres Mitglied der Kanzlei ermordet wird. Jedoch gerät schließlich Sophies Vater unter Verdacht und Pirlo benötigt gute Gründe, um ihn vor Gericht verteidigen zu können.

Wer sowohl die Bücher der „Mörderfinder“-Serie als auch die der „Pirlo“-Reihe kennt wie ich, wird in der Geschichte Stilelemente aus beidem wiederfinden. Bischoff versetzt sich gerne in den Kopf des Mörders und versucht auf diese Weise, die Gedanken des Täters nachzuvollziehen, warum und wie dieser ein Verbrechen begangen hat. Das ist auch im vorliegenden Fall so, aber Bischoff hat es diesmal nicht einfach, weil er kaum Ansatzpunkte findet. Horst Böhmer, sein früherer Kollege beim Mordkommissariat, von dem er bisher immer wieder gute Tipps erhalten hat, schweigt zu den polizeilichen Erkenntnissen. Erst spät zieht Bischoff den Psychologen Marvin Wagner hinzu, mit dem er bald die Privatdetektei WaBi Investigations eröffnen wird (Mörderfinder – Das Muster des Bösen, ET 02/2025).

Sophie Mahler nimmt in „Gegenspieler“ eine größere Rolle ein als ihr Kanzleipartner Pirlo, denn sie ist persönlich betroffen. Nicht nur, dass ihr Patenonkel verstorben ist und ihr Vater unter einen gewissen Verdacht gerät, sondern auch weil ihre Mutter unter äußerster Anspannung steht und noch mehr Alkohol trinkt als bisher. Der Fall konzentriert sich im Privaten auf Sophies Familie, so dass die Brüder von Pirlo und seine Kontakte zu diversen Clans nur eine nebensächliche Rolle spielen. Pirlo ist als Figur auch hier der manchmal planlos erscheinende, mit unkonventionellen Methoden arbeitende und mit einnehmenden Wesen ausgestattete Strafverteidiger, als der er auch in der eigenen Reihe auftritt.

Während es Pirlo darum geht, für seinen Mandanten einen Freispruch zu erwirken oder eine Einstellung des Verfahrens ist es Bischoff wichtig, denjenigen zu finden, der die Taten tatsächlich begangen hat. Die für den Lesenden verständlich geschilderte und authentisch dargestellte Strafverteidigung ihren Raum in der Geschichte benötigt, ist die Spannung anders wie den Thrillern des Mörderfinders und erscheint im Vergleich mit der Reihe nicht ganz so hoch.

Wortgefechte zwischen Bischoff und Pirlo sorgen für Abwechslung und sind titelgebend für „Gegenspieler – Bischoff und Pirlo ermitteln“, was dem vorliegenden Fall einen eigenwilligen Charakter verleiht und ihn von den jeweiligen Reihen der ermittelnden Charaktere abhebt. Einige Wendungen sind unerwartet und sorgen jeweils für eine nötige Neuausrichtung der beiden Titelfiguren und Sophie Mahler mit deren Hoffnung darauf, den Täter endlich zu stellen. Ich mag das Wendecover mit der Klappe, die sich um den seitlichen Buchschnitt legen lässt. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung an Lesende von Kriminalromanen.

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