Queerness. Wahrheit. Mut.
Killing the Beast„Killing the Beast“ ist die moderne Interpretation des Klassikers „Die Schöne und das Biest“, doch weist nur wenige feine Gemeinsamkeiten auf. Dafür bedient sich Evelyne Aschwanden aktuellen, gesellschaftskritischen ...
„Killing the Beast“ ist die moderne Interpretation des Klassikers „Die Schöne und das Biest“, doch weist nur wenige feine Gemeinsamkeiten auf. Dafür bedient sich Evelyne Aschwanden aktuellen, gesellschaftskritischen sowie sensiblen Themen. Und bestätigt gekonnt, dass in jedem Märchen auch ein Funken Wahrheit steckt.
Anteilig verfolgen wir das Geschehen aus der Perspektive der Monsterjägerin, die euphorisch und siegessicher ihrer letzten Prüfung entgegensieht, nur noch ein Ungetüm trennen Jade Labelle von der Erfüllung ihres Traums: zur offiziellen Jägerin der Gilde ernannt zu werden.
Den anderen Erzählstrang führt Louisa Beauprince, tief verzweifelt und herzzerreißend einsam. Mit dieser jungen Frau zeigt die Autorin metaphorisch, in welch unschuldigem Antlitz das Grauen daherzukommen vermag. Zurückhaltung, Stille und Fragilität vertuschen ein tödliches Geheimnis.
Entschlossenheit trifft auf Hoffnungslosigkeit.
Mit diesen eigenwilligen Protagonistinnen wurden zwei völlig verschiedene Charaktere erschaffen, die eine Stärke in sich tragen, denen sich beide nicht bewusst sind. Gegen jede Vernunft, gegen allen Widrigkeiten entwickelt sich zwischen Jade und Louisa eine zarte Verbindung, zusammen geht aus ihnen eine erfrischende, sich ergänzende Dynamik einher.
Obwohl ich mich Anfangs mit der selbstherrlichen Jägerin, ihrer belehrenden Art schwertat, bröckelte ihre Abgeklärtheit im Laufe der Geschichte, weicht unter Louisas Blick Verletzlichkeit und Sehnsucht. Abgeschieden von ihresgleichen, von anderen Menschen, im Angesicht des nahenden Todes suchen die Kriegerin Zweifel heim, unerschütterlich geglaubte Prinzipien und die Idealisierung der Gilde geraten ins Wanken.
Verzweiflung und Angst, Schuld und Scham begleiten das aussichtslose Unterfangen, den Fluch zu brechen, das Anwesens zu verlassen – bevor der Vollmond gänzlich vorüber ist. Doch die Zeit läuft gegen die Mädchen …
Fehler, Zweifel, das Zögern im entscheidenden Moment, der Wunsch, das Richtige zu tun, machen Louisa, die mit Schwermut zu Herzen geht, und Jade nahbarer. Stilistisch behält Evelyne einen klaren, sanften und doch mystischen Faden, bei dem mir manchmal Feuer und Leidenschaft fehlte. Vorstellbar kam das herrschaftliche Setting, welches sich größtenteils auf das überraschend magische, marode Beauprince-Anwesen begrenzt, zur Geltung.
Der Verlauf ist teilweise sehr ruhig und ereignislos, dennoch hält die Geschichte neben viel Wahrheit und Input zum Nachdenken, Spannung, Tragik und einen Hauch Romantik nebst französischem Flair bereit. Tiefsinnige, melancholische Dialoge und Überlegungen versprühen, trotz des Unausweichlichen, Zuversicht und Kampfgeist.
Wir finden Güte und Selbstlosigkeit, das Wissen um die Macht, etwas verändern zu können, den Anreiz, sich nicht in vermeintlich vorbestimmte Richtungen oder gesellschaftliche Erwartungen drängen zu lassen, sondern den schweren, eigenen Weg, ungeachtet aller Konsequenzen, zu wählen. Aufzubegehren, wenn Unrecht geschieht und Entscheidungen zu treffen — immer wieder neu. Dieser Roman ruft dazu auf, zu sich selbst zu stehen, genau hinzusehen, im Jetzt zu leben.
„Killing the Beast“: vom ausbrechen und mutig sein, vom Monster und der Jägerin.