Von Zügen, blauen Briefkästen und Sonnenkonfetti
No Longer Lost - Mulberry MansionHerzensbuch
☆Jahreshighlight☆
„Wes West?“
„Du bist meine Lieblingsalliteration“
Und mit diesem wunderschönen Zitat fängt meine Rezension zu meiner Lieblingsalliteration, der Mulberry Mansion, an. Nach ...
Herzensbuch
☆Jahreshighlight☆
„Wes West?“
„Du bist meine Lieblingsalliteration“
Und mit diesem wunderschönen Zitat fängt meine Rezension zu meiner Lieblingsalliteration, der Mulberry Mansion, an. Nach Band 1 habe ich nicht erwartet, dass Merit Niemeitz sich noch einmal selbst übertreffen kann, doch dann kamen Wesley und May und ich wurde schnell eines besseren belehrt. Die Mulberry Mansion ist zu einem wunderbaren Rückzugsort geworden. Und ich glaube, dass keine Worte dieser Rezension diesem Buch, oder auch der Reihe gerecht werden.
Nachdem Band 1 mit einem Flyer zum Mulberry Mansion Projekt beginnt, findet man in No Longer Lost eine Beschreibung zu dem Projekt, das May und Wes zusammenführt. Und die Frage regt einen zugleich zum Nachdenken an: Kann man jeden Menschen lieben? Ein Experiment zur Psychologie der Zuneigung. Und nachdem ich No longer lost gelesen habe, weiß ich nicht, ob in diesem Experiment nicht vielleicht doch ein Fünkchen Wahrheit liegt. Gerade wenn man Freunde, Alltag, Familie und auch Alleinsein miteinbezieht. Noch spannender ist, dass dieses Buch dem Trope Enemies to Lovers zugrunde liegt. May und Wes haben nicht die besten Startbedingungen, allem voran weil Wes‘ bester Freund Lucas etwas unverzeihliches getan hat, was das Leben von Mays Freundin Ellie grundlegend verändert hat. Und wieder hat es Merit Niemeitz geschafft ein schwieriges und belastendes Thema sorgfältig zu beschreiben und anzugehen.
Und May Little, die ich vom ersten Band schon ins Herz geschlossen hatte, hat sich nur noch weiter in mein Herz geschlichen. Ich konnte mich unglaublich gut mit ihr identifizieren, mit den vielen Gefühlen und auch mit der Tatsache, dass ich ebenfalls nicht gut im Vergessen bin. Das Gefühl ein Sorgenmagnet, oder zu nett zu sein ist sicherlich nicht einfach und mein Herz war mehr als nur einmal wirklich schwer. Die Nebengeschichte rund um Angus und auch ihre Familienverhältnisse haben mir ebenfalls gut gefallen und auch hier wurde die Thematik sorgfältig aufgegriffen.
Und Wesley Hastings – nein Wes West – ist nicht nur äußerlich außerordentlich schön, sondern auch innerlich. Und auch er hat seine Geschichte, seine inneren Narben und ich mochte den gesamten Vibe um ihn, diese Sad Boy Vibes, die durch die Beschreibungen im Buch noch greifbarer waren. Ich konnte ihn mir gut vorstellen, bei seinem Hobby des Zugfahrens. Ich mochte diese falsche Arroganz, die er wie eine zweite Haut trägt, aber letzten Endes nur einmal als er selbst gesehen werden will.
Und zusammen? Zusammen sind sie einfach perfekt unperfekt, ein wunderschönes Gefühl erzeugend. Ich habe die Vibes geliebt, die Farben, die kleinen besonderen Details, die die beiden lebendig gemacht haben. Mays Liebe für ihren außergewöhnlichen Kleidungsstil, ihre Gespräche und diese vielen kleinen Kaleidoskop-Momente und Facetten. Sonnenkonfetti, Efeu, und diese kleine Mulberry-Bubble, die ich einfach nicht mehr verlassen möchte.
Ich habe wieder einmal etliche Begriffe aufgeschrieben, die ich am liebsten alle irgendwo aufhängen möchte. Die Hallenbad-Augenblicke, den Wunsch zu hören, wie Wes was auf Schwedisch sagt oder Fencheltee-Augenblicke gemischt mit drei Dingen, die man liebt. Auch wenn ich Wes‘ Liebe für Lakritz nicht verstehen kann. Vielleicht macht ihn das nur noch mehr perfekt-unperfekt. Und auch wenn ich Eden aus Band 1 sehr geliebt habe, war Wes noch einmal anders. Vermutlich weil er und May zusammen besonders waren.
Es war blau und grau, voller Regengespräche und Elefanten. Little Women Gesprächen, Fingerschwuren, Elefanten und Blaupausen. Man hat durch das Experiment die beiden viel intimer kennengelernt und war durch die Betrachtung der Perspektive von beiden hautnah dabei, wie sie sich durch das Experiment annähern. Sie waren echt und greifbar und dieser langsame Wechsel von Feindschaft zur Freundschaft und anschließend Liebenden war einfach nur schön.
Und damit war das Buch des Merkens würdig – auch wieder eine schöne Umschreibung, die May eigentlich für Wes gewählt hat. Von Blaupausen, über Kosenamen – Lille – zu Zugfahrten und Alliterationen – alles an diesem Buch ist einfach herrlich absurd-schön. Perfekt unperfekt. Und ja das Buch ist dick, ziemlich dick würden manche wohl sagen. Aber selbst die Details über die sieben Leberflecke an Wes‘ Hals machen dieses Buch irgendwie aus. Die blauen Ampelmomente – und auch die blauen Briefkästen – alles war grau-blau und gelb und ich glaube, dass es wenige Bücher gibt, bei denen es mir so schwer fällt, die passenden Worte zu finden. Immerhin habe ich über einen Monat für diese Rezension gebraucht, aber dieses Buch ist ein Buch über Vergebung, Familienliebe und Freundschaft. Und der Frage danach, ob man jeden lieben kann. Und vielleicht würde mein Wes-und-May-Herz da ganz bestimmt ein JA schreien.
Die Figuren, die Sprache, die Gefühle - Merit Niemeitz versteht es, mit ihren Büchern eine unglaubliche Wohlfühlatmosphäre zu schaffen. Und am liebsten würde ich in der Mulberry Mansion einziehen. Mit Maxton im Garten sitzen, mit der Gruppe zusammen kochen und von Beckett kritisiert werden und Mays gefühlvollen Ratschlägen lauschen, mit Wes einige Bahnen schwimmen und vielleicht mit ein bisschen Glück auch der Hörbuchstimme von Eden lauschen? Ich kann diese Herzensreihe jedem empfehlen und blicke mit Freude, aber auch mit Wehmut dem letzten Band der Reihe entgegen. Das wird ein traurig-schöner Abschied.