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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.09.2022

Der pfiffige Konsul

Der Gehängte von Conakry
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In Conakry /Guinea arbeitet Aurel Timescu als französischer Konsul. Er ist ein Mann wie aus der Zeit gefallen, nicht nur in seinem außergewöhnlichen Kleidungsstil, sondern auch noch mit den Ansichten eines ...

In Conakry /Guinea arbeitet Aurel Timescu als französischer Konsul. Er ist ein Mann wie aus der Zeit gefallen, nicht nur in seinem außergewöhnlichen Kleidungsstil, sondern auch noch mit den Ansichten eines old fashioned Gentlemans. Vor allem besticht er durch einen messerscharfen Verstand, der in seiner Tätigkeit völlig unterfordert wird. Im Konsulat ist er zur Lachnummer verkommen, in einem kleinen abgelegenen Kabuff verplempert er unbemerkt seine Arbeitszeit. Aurels große Stunde kommt, als der Generalkonsul außer Haus ist und im Hafen ein aufsehenerregender Mord geschieht. Aurel ermittelt eigenmächtig und kann das Verbrechen auflösen.
Wenn man sich nicht durch das antiquierte Cover ( scheint momentan immer mehr in Mode zu kommen, warum auch immer) abschrecken lässt, dann liest man einen sehr intelligenten Krimi mit einem überraschenden Ende. Dieser Aurel hat es in sich. Man muss ihn einfach mögen. Das liegt vor allem an dem wunderbaren Schreibstil von Jean-Christophe Rufin, der Aurel mit liebevollem Humor skizziert, ohne ihn der Lächerlichkeit, wie sie im Konsulat herrscht, preiszugeben. Man lernt einen Mann kennen mit Rückgrat und Bildung, der Gerechtigkeit über Karriere stellt.
Ich habe diesen Krimi mit Genuss gelesen. Volle Punktlandung!

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Veröffentlicht am 12.09.2022

Geschwister!

Was ich nie gesagt habe (Die Gretchen-Reihe 2)
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Erst hinterher habe ich gesehen, dass dieses Buch eine Fortsetzung ist. Man hat absolut keine Verständnisschwierigkeiten, wenn man Band Erst1 (Stay away from Gretchen) noch nicht gelesen hat, eher wird ...

Erst hinterher habe ich gesehen, dass dieses Buch eine Fortsetzung ist. Man hat absolut keine Verständnisschwierigkeiten, wenn man Band Erst1 (Stay away from Gretchen) noch nicht gelesen hat, eher wird man neugierig auf diese Vorgeschichte.
Es geht um den Journalisten Tom Monderath, der plötzlich mit einem ihm unbekannten Halbbruder konfrontiert wird. Es bleibt nicht dabei, denn es tauchen noch mehr Halbgeschwister auf. Ein Albtraum beginnt, der ihn beruflich ruinieren könnte. Tom beginnt gezwungenermaßen mit Nachforschungen. Zu seinem tiefsten Entsetzen muss er erkennen, dass der Bruder seines Vaters im Nationalsozialismus gewissenlos medizinische Experimente an KZ-Insassinnen vorgenommen hat.
Tom ist ein sehr eindrucksvoller Protagonist, der eine große Bandbreite von Gefühlen zeigt, als sein Leben derart auf den Kopf gestellt wird. Auch die Personen in seinem engsten Umfeld sind Menschen mit eigenständigem Charakter, besonders Mutter Greta mit ihrer Demenz wird liebevoll skizziert. Die Autorin scheint sich mit dem Krankheitsbild gut auszukennen.
Sehr schön ist auch, dass sie durch Lieder oder Nachrichten zum Beispiel aus dem Radio die Handlung in der jeweiligen Zeit verankert. So wird aus einem Familienroman eine lebendige Zeitreise durch die deutsche Geschichte.
Die Erzählung dieser Familiengeschichte wird hervorragend von Vera Teltz vorgetragen, die großes Fingerspitzengefühl für Nuancen beweist und außerdem perfekt den "Kölsche Dialekt" in der wörtlichen Rede beherrscht.

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Veröffentlicht am 07.09.2022

Wahr oder nicht?

Was ich euch verschweige
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Detective Chief Inspector Jonah Sheens greift die blutverschmierte Keely Lennox auf. Sie und ihre Schwester Nina werden schon seit Tagen vermisst. Keely erweist sich als ein sehr manipulatives Mädchen, ...

Detective Chief Inspector Jonah Sheens greift die blutverschmierte Keely Lennox auf. Sie und ihre Schwester Nina werden schon seit Tagen vermisst. Keely erweist sich als ein sehr manipulatives Mädchen, das darauf besteht, erst ihre ganze Geschichte zu erzählen, bevor sie die Polizisten zu ihrer Schwester führen würde. 
Es macht das Wesen dieses Thrillers aus, dass man bis fast ganz zum Schluss rätselt, ob Keely glaubwürdig ist. Ist sie tatsächlich mit ihrer Schwester schwerem Missbrauch ausgesetzt gewesen und keiner hat ihnen geglaubt? Oder ist sie eine seelenlose Psychopathin, die ihre Schwester ungerührt irgendwo verbluten lässt? In ihren Aussagen sind ganz winzige Hinweise versteckt, die erst entdeckt, dann entschlüsselt werden müssen, bevor sie zu weiteren Beweisen führen. 
Nach und nach setzt sich das Puzzle zusammen, doch sobald man sich einigermaßen sicher sein kann, die Wahrheit zu kennen, stellt ein neuer Twist alles auf den Kopf.
Einfach genial. Die Spannung zwingt den Leser fast dazu, das Buch in einem Rutsch durchzulesen. Täter und Opfer werden gut beschrieben, und auch vom Ermittlungsteam erfährt man viel Privates, sodass man immer das Gefühl hat, mittendrin dabei zu sein, selbst wenn man die Vorgänger-Bücher nicht gelesen hat.
Absolute Spannung wird von mir mit 5 Lesesternen samt Leseempfehlung belohnt.

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Veröffentlicht am 01.09.2022

Cassies Vergangenheit

Wer mit den Toten spricht
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Cassie Raven habe ich schon in ihrem ersten Buch kennen und bewundern gelernt. Sie ist eine tüchtige und zugleich coole Pathologieassistentin, die ein Faible für Piercings und Tattoos hat. Intuitiv kann ...

Cassie Raven habe ich schon in ihrem ersten Buch kennen und bewundern gelernt. Sie ist eine tüchtige und zugleich coole Pathologieassistentin, die ein Faible für Piercings und Tattoos hat. Intuitiv kann sie die Todesursache ihrer "Patienten" erahnen, doch ihre beiden neuen Kollegen wissen Cassies Engagement und Fachwissen leider nicht zu schätzen.
Doch sie hat momentan ganz andere Probleme, als sich darüber zu ärgern, denn sie muss sich um ihre geliebte Großmutter kümmern, die nach einem Schlaganfall noch etwas wacklig auf den Beinen ist. Durch sie erfährt sie auch, dass ihre Eltern gar nicht bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind, sondern dass ihr Vater der Mörder ihrer Mutter ist und im Gefängnis sitzt.
Eins kommt zum anderen und plötzlich steckt Cassie mitten in der Erforschung dieser Tat, auch wenn sie schon lange zurückliegt. Die mehr als korrekte Polizistin Phyllida Flyte hilft ihr genau wie im ersten Band nach Kräften. Doch je mehr Cassie an Informationen sammelt, umso mehr kehren sich ihre Erinnerungen um. Die Wahrheit allerdings will der Mörder von damals um jeden Preis im Dunkeln lassen.
Cassie ist eine sehr liebenswerte, mitfühlende Person. Sie geht sorgsam mit allen ihr anvertrauten Menschen, egal ob tot oder lebendig, um. Es ist einfach schön zu sehen, wie sie selbst auch an ihrer Vergangenheit wächst und an Stärke gewinnt. Die Autorin hat ihren Charakter sehr schön gezeichnet, allerdings empfinde ich den ausufernden Alkoholkonsum als unnötig und bedrohlich.
Insgesamt jedoch bietet der alte Mordfall jede Menge Spannung für die Gegenwart und Cassies persönlicher Werdegang verstärkt die Bindung des Lesers zur Hauptfigur, sodass man sich eine weitere Folge mit ihr herbeiwünscht.

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Veröffentlicht am 30.08.2022

Starke Persönlichkeit

Der Gesang der Flusskrebse
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Die kleine Kya sieht zu, wie ihre Mutter das Elternhaus verlässt, ohne ein einziges zurückzuschauen. Da ist sie 6 Jahre alt.
Nach und nach verlassen auch all ihre älteren Geschwister die armselige Hütte ...

Die kleine Kya sieht zu, wie ihre Mutter das Elternhaus verlässt, ohne ein einziges zurückzuschauen. Da ist sie 6 Jahre alt.
Nach und nach verlassen auch all ihre älteren Geschwister die armselige Hütte im Marschland von North Carolina. Kya bleibt allein zurück mit ihrem gewalttätigen, alkoholkranken Vater, der dann auch eines Tages ohne ein Wort weggeht.
Kya ist eine Kämpferin, sie lebt vom Erlös gesammelter Muscheln und überlebt sogar die kalten Winter. Von der Dorfgemeinschaft bleibt sie ausgeschlossen. 
Kya lebt völlig im Einklang mit der Natur, mit der sie sich intensiv auseinandersetzt. Hier findet sie seelischen Halt, auch als ihre erste Liebe zu einer großen Enttäuschung wird.
Kya ist zu einer attraktiven, jungen Frau herangewachsen, als ihr ein Mord angehängt wird. Jetzt zeigt sich, wie stark ihre soziale Isolation tatsächlich ist. 
Man fragt sich, wie bei so schwachen Indizien verbunden mit der starken Abneigung von so vielen Menschen eine faire Verhandlung überhaupt zustande kommen kann. 
Der Mordprozess ist eine spannende Wendung in diesem Roman, der bis zu diesem Zeitpunkt in erster Linie die Emotionen des Lesers berührt hat.
Luise Helm hat dieses Hörbuch eingelesen. Sie fasziniert durch einen facettenreichen Vortrag, der auch die feinsten Stimmungen Kyas einfängt. Emotionen sind generell das Pfund, mit dem die Autorin wuchert. Das tapfere kleine Mädchen, die nach menschlichen Beziehungen hungernde junge Frau und die brillante autodidaktische Naturwissenschaftlerin: Kya wächst einem in allen Lebenssituationen ans Herz.

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