Platzhalter für Profilbild

Venatrix

Lesejury Star
offline

Venatrix ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Venatrix über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.09.2022

Ein penibel recherchierter hist. Krimi

Die Totenärztin: Donaunebel
0

"..jenen Toten eine Stimme geben, um die sich niemand kümmert ..."


Wien, 1909. Dass der jungen Gerichtsmedizinerin Fanny Goldmann bei einer Obduktion auch die kleinsten Details auffallen, ist Fluch und ...

"..jenen Toten eine Stimme geben, um die sich niemand kümmert ..."


Wien, 1909. Dass der jungen Gerichtsmedizinerin Fanny Goldmann bei einer Obduktion auch die kleinsten Details auffallen, ist Fluch und Segen zugleich. Es bedeutet einerseits, dass sie ausgesprochen gut ist in dem, was sie tut, andererseits entdeckt sie immer wieder Geheimnisse, die besser unentdeckt geblieben wären. Ihre Neugier und ihr Wissensdurst hat Fanny schon mehr als einmal in Lebensgefahr gebracht.

In diesem dritten Fall für Fanny gibt es ein Novum: Sie wird gemeinsam mit ihrem Kollegen Franz Wilder an einen Tatort am Donauufer nächst Albern gerufen. Sechs Menschen liegen tot in ihren ärmlichen Lehmhütten und eine Todesursache ist zunächst nicht sichtbar. Es wird von einer Bestie gesprochen, die die Menschen überfällt und tötet. Bei den Obduktionen fällt Fanny dann ein zerstörtes Lungengewebe auf. Ähnliches hat sie schon bei der Leiche eines Hausmeisters gesehen, der zusätzlich noch Brandblasen an den Händen hatte.

Neugierig geworden, beginnt sie gemeinsam mit Cousin Schlomo und Freundin Tilde zu recherchieren, um das zu tun, was seit dem ersten Fall „Wiener Blut“ ihr Credo ist: "..jenen Toten eine Stimme geben, um die sich niemand kümmert ..."

Dass sie zu Recherchezwecken im Altarm der Donau, dem Gänsehäufel muss, hätte sie nicht gedacht. Blöderweise herrscht dort strikte Geschlechtertrennung, außer man ist ein Ehepaar. Schlomo und Tilde sowie Fanny und Franz tun als ob. Dabei erfahren sie unter anderem, dass das Grundstück auf dem die Behausungen der Toten stehen, für den Ausbau des Alberner Hafens gedacht ist.

Meine Meinung:

Es scheint, als hätte Autor René Anour einige Anmerkungen seiner Leser genau gelesen und diese im dritten Band berücksichtigt.

So hat Cousin Schlomo mehr Platz erhalten und der Autor gönnt Erzherzog Ludwig Viktor, genannt „Luziwuzi“, dem homosexuellen und nach Salzburg verbannten Bruder des Kaisers, einen kurzen Auftritt.

Einen etwas längeren Auftritt haben die beiden deutschen Chemiker Wilhelm Lommel und Wilhelm Steinkopf, wenn auch „nur“ durch ihr chemisches Produkt „LOST“, später als Senfgas bezeichnet, das hier eine entscheidende Rolle spielt.

Dafür kommt dem undurchsichtigen Graf Waidring diesmal keine Rolle zu, sorgt aber dafür auf der letzten Seite für einen Cliffhanger.

Fannys Rolle als Gerichtsmedizinerin hat diesmal wieder mehr Raum erhalten. Sie hat auch einiges dazugelernt, was vor allem ihrem Kollegen Dr. Franz Wilder zu verdanken ist. Denn nach wie vor wird sie von Prof. Dr. Kuderna und Dr. Clemens Valdery nicht ernst genommen. Allerdings hat unser werter Herr Autor möglicherweise schon ein Ausstiegsszenario im Kopf: Immerhin hat sie ja gemeinsam mit Franz einen Artikel über Fuchsbandwürmer verfasst, der in der Zeitschrift für Pathologie veröffentlicht worden ist. Und dann gibt es noch die Histologie, die vielleicht eine neugierige Forscherin benötigt. Lassen wir uns überraschen.

„Meinen Sie, ich brauche noch einen Speichellecker an meinem Institut? Zuerst die Sache mit der gemeinsamen Obduktion. Es hat Sie doch niemals interessiert, ob Sie noch etwas lernen können, nur dass ich Sie lobe, darum ging‘s!“
Da hat der alte Kuderna ja nicht ganz unrecht.

Allerdings, ein Lob zur rechten Zeit, ist ein gewaltiger Ansporn, immer nur gemaßregelt zu werden, regt den Widerspruchsgeist an, wie wir bei Fanny ja sehen.

Daher darf ich dem Herrn Autor ein großes Lob für seine medizin-historischen Kenntnisse und deren Vermittlung aussprechen. Ich habe diesen dritten Teil mehr oder weniger in einem Tag ausgelesen. Dazu hat der fesselnde, bildhafte Schreibstil sehr viel beigetragen. Ich gebe zu, dass ich recht bald auf das LOST gekommen bin. Das hängt allerdings damit zusammen, dass ich mehrere Bücher über den Ersten Weltkrieg (Stichwort Ypern) gelesen habe.

Fazit:

Schade, dass hier nicht mehr als 5 Sterne vergeben werden können. Die gibt es auf jeden Fall sowie eine unbedingte Leseempfehlung. Ich freue mich auf den vierten Fall „Schattenwalzer“.

Veröffentlicht am 26.09.2022

Fesselnd bis zur letzten Seite

Fluch der Venus – Wiener Abgründe
0

Peter Lorath entführt uns in das Wien von 1880.

Der Tod der Nobelprostituierten Fanni Matzner lässt einen ihrer betuchten Freier nicht unberührt. Er besteht auf einer Obduktion. Das Ergebnis ist leider ...

Peter Lorath entführt uns in das Wien von 1880.

Der Tod der Nobelprostituierten Fanni Matzner lässt einen ihrer betuchten Freier nicht unberührt. Er besteht auf einer Obduktion. Das Ergebnis ist leider nicht ganz zufriedenstellend, weil einerseits kommt heraus, dass Fanni an Syphilis erkrankt war und zweitens durch einen gezielten, kaum wahrnehmbaren Stich in den Nabel getötet worden ist. Polizeipräsident Marx, ebenfalls Kunde der Toten, setzt Leopold Kern als Sonderermittler ein. Leopold, im Milieu als „Huren-Poldl“ bekannt, ist nicht ganz unumstritten. Er ist weder bei der Polizei noch bei den Verbrechern gerne gesehen, weil er unkonventionelle Maßnahmen ergreift.

Ohne Rückendeckung durch den Polizeiapparat beginnt er Fannis letzte Wochen zu rekonstruieren und entdeckt gemeinsam mit dem Pathologen, dass es noch weitere Opfer gibt, die auf dieselbe Art getötet worden sind. Läuft hier ein Serienmörder herum? Was haben die Toten außer der Todesart gemeinsam?

Je weiter Leopold Fannis Geheimnisse eindringt, desto tiefer verstrickt er sich in die Machenschaften alter Bekannter aus dem Milieu. Und dann hat er noch den militärischen Geheimdienst am Hals ....

Meine Meinung:

Dieser historische Krimi zeigt das Wien des 19. Jahrhunderts von seiner schäbigen Seite. Die Hauptstadt der Donaumonarchie ist Sammelpunkt von Adeligen, Beamten, Glücksrittern und zahlreichen Armen, die glauben, in der Großstadt ihr Glück zu finden. Doch in diesem Moloch ist sich jeder selbst der nächste. So ist auch die Untersuchung von Fannis Tod dem Eigennutz des Polizeipräsidenten geschuldet und nicht dem Interesse für die Tote.

Leopold Kern ist „ein wegen Insubordination und Brutalität entlassener Beamter, der Albtraum jedes Vorgesetzten“ und wird nun als persönlicher Konfident vom Polizeipräsidenten eingesetzt.

Leopold Kern ist nicht unbedingt ein Sympathieträger. Er wirkt wie eine Bulldogge, die sich in ihre Aufgabe verbissen hat.

Der Schreibstil ist gelungen und fesselt bis zur letzten Seite. So erfährt der Leser einiges über die neue Entdeckung und Erfindungen sowie über Struktur der Beamtenschaft, wobei hier manchmal der Verdacht aufkommt, dass die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut, weil die Geheimnisse der einzelnen Ressorts wichtiger als Menschenleben sind.

Fazit:

Diesem fesselnden Krimi im Rotlichtmilieu des Wien von 1880 gebe ich gerne 5 Sterne und hoffe auf eine Fortsetzung.

Veröffentlicht am 26.09.2022

Fesselnd bis zur letzten Seite

Virginia Hill
0

Der Salzburger Autor Robert Blaikner hat einen biografischen Roman über eine schillernde Persönlichkeit geschrieben: Virginia Hill (1916 - 1966) war die Geliebte und Vertraute von Gangsterbossen der amerikanischen ...

Der Salzburger Autor Robert Blaikner hat einen biografischen Roman über eine schillernde Persönlichkeit geschrieben: Virginia Hill (1916 - 1966) war die Geliebte und Vertraute von Gangsterbossen der amerikanischen Cosa Nostra wie Joe Adonis und Bugsy Siegel, gescheiterter Gründer von Las Vegas. Der Bezug zu Salzburg? Virginia Hill war die Ehefrau von Hans Hauser, einem bekannten Schirennläufer von der Zistelalm/Salzburg.

Virginia Hill (1916–1966) wurde als 6. von zehn Kindern in ärmlichsten Verhältnissen in Alabma geboren. Mit knapp achtzehn Jahren trifft sie in Chicago ein und arbeitet sich mit Sex-Appeal, Dreistigkeit und Entschlossenheit in die höchsten Kreise der Cosa Nostra, der amerikanischen Mafia, hinauf.

Virginia wird von den Gangsterbossen wegen ihrer Schönheit und ihres Einfallsreichtums gerne als Geld- und Drogenkurier eingesetzt.

Nicht immer gelingt alles und Busgy Siegel wird, nachdem er Mafia-Geld für sich (und Hill?) abgezweigt hat, 1947 erschossen. Damit gerät Virgina Hill in den Fokus des FBI, der Presse und der Steuerbehörden. Sie muss 1951 vor dem amerikanischen Untersuchungsausschuss gegen das organisierte Verbrechen aussagen. Auf die Frage nach ihrem Vermögen antwortet sie: „I’m the goddam best lay in the country.“ – „Ich bin die gottverdammt beste Matratze im Land.“

Zuvor hat Virginia Hill Hans Hauser bei einem Schikurs in Sun Valley kennen- gelernt, bricht mit der Mafia, heiratet ihn und zieht mit ihm nach Salzburg. Damit verstößt sie gegen die ungeschriebenen Gesetze der Mafia, der Niemand entkommt. Sie kann auf ihren gewohnten luxuriösen Lebensstil nicht verzichten und versucht, die Cosa Nostra mit der Veröffentlichung ihres Tagebuchs zu erpressen. Wenig später wird sie tot aufgefunden. Selbstmord steht in den Akten. 1974 - also acht Jahre später wird Hans Hauser, der abermals versucht hat, aus den Aufzeichnungen seiner verstorbenen Frau Kapital zu schlagen, in seiner Salzburger Bar erhängt aufgefunden, die offizielle Todesursache lautet auch hier Selbstmord.

Meine Meinung:

Ich habe schon einiges - Sachbücher wie Krimis und Romane - über die amerikanische Mafia gelesen.

Wie wenig dem organisierten Verbrechen ein Menschenleben gilt, lässt sich aus diesem Dialog ableiten, obwohl, wenn diese Personen getötet worden wären, wäre möglicherweise der Welt einiges erspart geblieben:

Bugsy Siegel erhält während eines Aufenthaltes im Jahr 1939 an der Riviera ein Telegramm und verlässt seine Geliebte, eine italienische Gräfin, die enttäuscht meckert:

“... außerdem hast du mir versprochen, Mussolini zu ermorden.“
„Mussolini muss warte. Hitler und diesen dreckigen Goebbels werde ich dann auch gleich umbringen. Das geht in einem Aufwaschen.“ (S.66)

Das Buch liest sich leicht und locker. Es ist einfach, in dieser Geschichte zu versinken.

Fazit:

Dieser schier unglaublichen Geschichte gebe ich gerne 5 Sterne.

Veröffentlicht am 26.09.2022

Eine Hommage an eine fast Vergessene

Diese wilde Freude in mir
0

Die Autorin Samantha Silva beschreibt in ihrem Roman das Leben von Mary Wollstonecraft, die als eines von sechs Kindern des Webers und Landwirtes Edward John Wollstonecraft aufwächst. Wie im 18. Jahrhundert ...

Die Autorin Samantha Silva beschreibt in ihrem Roman das Leben von Mary Wollstonecraft, die als eines von sechs Kindern des Webers und Landwirtes Edward John Wollstonecraft aufwächst. Wie im 18. Jahrhundert üblich, werden ausschließlich Söhne gefördert, selbst wenn sie nichts taugen. Die intelligente Mary, darf nur wenige Jahre zu Schule gehen und wird - genauso wie ihre Mutter und Schwestern vom Vater verprügelt. Doch die Mutter kann sich nicht mit ihren Töchtern solidarisieren, sondern hängt mit einer Affenliebe an ihrem Sohn.

Mary weiß instinktiv, dass nur mehr Bildung aus dieser Sackgasse des Elends herausführt. Sie lernt was und wo immer es geht und gründet als Erwachsene eine Schule für Mädchen, die dann den Bach hinuntergeht, als sie ihre Freundin Fanny Blood in Lissabon besucht, wo sie mit ihrem Mann wohnt. Fannys Tod im Kindbett verarbeitet sie in einer Novelle (Mary: A Fiction“).

Mary Wollstonecraft hat erste Erfolge als Schriftstellerin und kann ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten. Privat wird ihr wenig Glück zuteil. Erst mit William Godwin findet sie einen Partner fürs Leben. Das wird allerdings nicht mehr lange dauern, denn Mary stirbt elf Tage nach der Geburt ihre Tochter Mary, die später als Mary Shelley durch ihren Roman „Frankenstein“ bekannt werden wird. <

Meine Meinung:

Das Spannende an diesem historischen Roman ist, dass die Autorin Mary Wollstoncrafts Leben in jenen elf Tagen zwischen der Geburt und ihrem Tod ablaufen lässt. Die schon geschwächte Mary erzählt ihrer Tochter ihr Leben.

Zwischendurch erhalten wir immer wieder Einblick in den Gesundheitszustand, doch weiß der geneigte Leser, dass Mary Wollstoncraft sterben wird.

Wir erfahren einiges aus der Zeit, in der Frauen keine Rechte hatten und auf Gedeih und Verderb ihren Ehemännern bzw. Vätern und Brüdern ausgeliefert waren. Mary Wollostoncraft gilt als eine der ersten Feministinnen. Die Französische Revolution 1789 hat in ihr Hoffnung aufkeimen lassen, dass eine Änderung möglich sein könnte. Doch der Kriegsruf „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ gilt nur für Männer, wie auch Olympe de Gouges (1748-1793) leidvoll erfahren muss. Sie wird wegen ihrer feministischen Reden verhaftet, zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Fazit:
Ein interessantes Sittengemälde einer frauenfeindlichen Zeit, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 26.09.2022

Beste Krimi-Unterhaltung!

Fischkatz
0

Auf der bekannten Eisbach-Welle mitten München surft ein Toter ohne Brett, aber mit einem Bergsteigerseil um den Hals. Um die Identität der vorerst unbekannten Leiche festzustellen, wird deren DNA durch ...

Auf der bekannten Eisbach-Welle mitten München surft ein Toter ohne Brett, aber mit einem Bergsteigerseil um den Hals. Um die Identität der vorerst unbekannten Leiche festzustellen, wird deren DNA durch den Polizeicomputer gejagt und siehe da - welch Überraschung - ist er der Sohn eines vor 30 Jahren ermordeten Mannes.

Dann taucht ein Video auf, in dem Kommissar Steinböcks Intimfeind Ferdel Bruckmayer im Streit mit dem Toten vom Eisbach zeigt. Hat der Ferdel etwas mit dem Tod des Mannes zu tun oder will sich einer seiner Feinde, von denen der Ferdel mehr als genug hat, rächen?

Auf allerhöchsten Befehl begeben sich Komm. Steinböck, Katze Frau Merkel sowie Schmalzl und Dackel Thunfisch an die Ostsee, um Ferdel zu befragen. So ganz nebenbei kommen Geheimnisse aus der ehemaligen DDR ans Tageslicht.

Währenddessen wird in München „ordentlich“ ermittelt und ein bayrischer Politiker gerät in den Fokus der Polizei. Was haben der und Reichsbürger miteinander zu tun?

Meine Meinung:

Auch der siebte Fall für Komm. Steinböck und Frau Merkel hat mir sehr gut gefallen. Die Kommentare der Katze, die auch Steinböcks Gedanken lesen kann, sind immer wieder hervorragend. Doch diesmal hat sie in dem Fischer, der mit seinem Außenbordmotor spricht, eine harte Konkurrenz.

Autor Kaspar Panizza lockt seine Leser wieder gekonnt auf falsche Spuren. Der Abstecher nach Mecklenburg-Vorpommern beschäftigt sich mit einer Facette des menschenverachtenden Systems der ehemaligen DDR und bringt damit einen ernsten Touch in den Krimi.

Der Krimi lässt sich locker und leicht lesen. Ich habe mich wieder köstlich amüsiert. Obwohl die eine oder andere Anspielung - wie Steinböcks Boxershorts oder Frau Merkels Vorliebe für Rosamunde-Pilcher-Filme - regelmäßig in den Krimis vorkommt, kommt keine Langeweile auf.

Fazit:

Eine gelungene Fortsetzung, die mich bestens unterhalten hat. Was will man mehr? Gerne gebe ich der Katz wieder 5 Sterne.