1929 Berlin. Während die Ärztin Marlene von Weilert in der Kinderklinik Weißensee erfolgreich Karriere gemacht und in der Arbeit ihre Erfüllung gefunden hat, steht es in ihrer Ehe mit Maximilian nicht gerade zum Besten, denn obwohl sich beide sehnlichst ein Kind wünschen, lässt der Nachwuchs auf sich warten. Ein Unfall bringt Marlene dazu, endlich beruflich kürzer zu treten, doch Alexander Flemings Entdeckung des Penicillins macht ihre Pläne zunichte, zu sehr brennt sie darauf, das Medikament bei den zu behandelnden Kindern anzuwenden. Ihre Schwester Emma arbeitet ist inzwischen Oberschwester in der Klinik, doch gönnt ihr diesen Erfolg nicht jeder und lässt sie das spüren. Ihr Sohn Theo hat in seinem Freundeskreis einige Nazisympathisanten, was Emma gar nicht gefällt, denn Theo droht sich von deren menschenverachtenden Weltanschauung blenden zu lassen…
Antonia Blum hat mit „Tage des Lichts“ den dritten Teil ihrer historischen Serie um die Kinderklinik Weißensee vorgelegt, in deren Mittelpunkt das Wirken und Schaffen der beiden Schwestern Marlene und Emma steht, die es aus eigener Kraft geschafft haben, sich ihre beruflichen Träume zu erfüllen. Der flüssige, bildhafte und empathische Erzählstil lässt den Leser in die Zeit der Weimarer Republik eintauchen, um den Schwestern bei ihren täglichen Herausforderungen über die Schulter zu sehen. Inzwischen sind einige Jahre ins Land gegangen, sowohl Marlene als auch Emma sind verheiratet und haben nicht nur beruflich alle Hände voll zu tun, sondern werden auch privat mit allerlei Problemen konfrontiert. Marlene ist als Ärztin dermaßen engagiert, dass sie kaum noch Zeit für ihren Ehemann hat, deshalb stellt sich auch der Nachwuchs nicht ein und entfremdet die beiden immer mehr. Emma ist als umsichtige Oberschwester dem Neid der Kollegen ausgesetzt, die ihr den Erfolg nicht gönnen. Gleichzeitig rutscht ihr Sohn durch seine Freunde in den Bannkreis der Nazis, die immer mehr Aufwind bekommen und mit ihren radikalen Ansichten Angst und Schrecken verbreiten. Die Autorin hat historischen Hintergrund gut recherchiert und mit ihrer Geschichte verwoben und vermittelt dem Leser dabei gekonnt die politische und gesellschaftliche Lage im damaligen Berlin. Dabei hat sie auch die Entdeckung des Penicillins durch Fleming einfließen lassen, dass für die medizinische Welt eine Revolution darstellte.
Die Charaktere haben eine realistische Weiterentwicklung erlebt und überzeugen den Leser mit ihren glaubwürdigen Ecken und Kanten, so dass dieser ihnen wie ein unsichtbarer Schatten folgt. Marlene ist Ärztin aus Leidenschaft, die kein Zeitgefühl mehr besitzt, wenn es um ihre kleinen Patienten geht. Durch ihren getriebenen Ehrgeiz verliert sie ihr Privatleben mit Max immer mehr aus den Augen, so dass die beiden sich immer fremder werden. Was wie gesunder Egoismus aussieht, wirkt bei Marlene schon fast wie eine Flucht. Emma ist ebenfalls erfolgreich als Oberschwester, doch mit ihrer feinfühligen Art schnappt sie die Stimmungen eher auf als ihre Schwester. Deshalb entgeht ihr auch das Abgleiten ihres Sohnes Theo nicht. Aber auch Max von Weilert, Theo, Kurt sowie einige andere Protagonisten tragen ihren Teil zum Unterhaltungswert dieser Geschichte bei.
„Tage des Lichts“ überzeugt mit einer Mischung aus gut recherchiertem historischem Hintergrund, Familiengeschichten, Liebe, Intrigen, realistischen familiären Problemen, Machtspielchen und einer bahnbrechenden medizinischen Entdeckung. Verdiente Leseempfehlung für gute Unterhaltung!