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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.10.2022

Spannender historischer Krimi

Die Begine und der lebende Tote
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„...Er ließ das Messer sinken und streckte die Hand aus, um an dem schmutzigen Tuch zu ziehen. Es gab ohne Widerstand nach. […] Das Grab war leer...“

Das ist eine der spannenden Szenen, mit denen das ...

„...Er ließ das Messer sinken und streckte die Hand aus, um an dem schmutzigen Tuch zu ziehen. Es gab ohne Widerstand nach. […] Das Grab war leer...“

Das ist eine der spannenden Szenen, mit denen das Buch losgeht. Und damit ergeben sich sofort zwei Fragen. Warum wollte der Unbekannte das Grab schänden? Wo ist der Tote?
Die Autorin hat erneut einen spannenden historischen Krimi geschrieben. Die Geschichte hat mich sofort in ihren Bann gezogen.
Der Schriftstil ist ausgereift. Dazu gehört auch, dass an passenden Stellen historische Begriffe verwendet werden.
Die Fragen, die ich gestellt habe, stellt sich der Spitalmeister in Ulm auch. Sein Schwager Lazarus und dessen Frau Anna wenden sich an die Bewohner des Spitals. Die Antworten aber können nicht zur Klärung beitragen. Sie sorgen für neue Verwirrung. Keiner kann sich an die Beerdigung des Mannes erinnern.
Sehr gut wird dargestellt, wie man in der damaligen Zeit Heilkräuter genutzt hat. Anna fertigt sie selbst an.

„...Gegen nächtliche Atemnot mischte sie Meerrettich mit Galgant und Honig, gegen Beingeschwüre stellte sie eine Arznei aus Brennnesselsaft, Wasser und Seilerhanf her...“

Wegen der Vorgänge im Spital verliert Jakob seinen Posten. Er wird dafür als Steuerherr berufen. Was er in diesem Amt zu tun hat, wird detailliert beschrieben.
Während die Ermittlungen auf der Stelle treten, erreicht Lazarus eine Nachricht aus Rom. Der Magister Hospitalis wird zurückkehren. Damit sind Probleme vorprogrammiert.
Der Stadtpfeifer Gallus hat ein ganz persönliches Interesse, dass der Fall aufgeklärt wird. Die Spur führt ihn zu einem der Betteljungen. Doch der ist nicht auffindbar.
Am Beispiel von Micha erfahre ich als Leser, wie hart das Leben der Jungen war. Verdient hat vor allem derjenige, der für Essen und Unterkunft der Jungen sorgte. Um bei ihm unterzukommen, waren sie zum Diebstahl verpflichtet. Das fällt Micha schwer. Er weiß, dass dies nicht recht ist. Eine andere Chance aber hat er nicht.
Natürlich werden am Ende alle Fragen beantwortet. Dieses Mal ist es Jakob, der die entscheidenden Zusammenhänge herausfindet.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Autorin versteht es, einen hohen Spannungsbogen aufzubauen und trotzdem die eine oder andere Sachinformation mit unterzubringen.
Ein inhaltsreiches Nachwort schließt das Buch ab.

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Veröffentlicht am 30.09.2022

Schöne Familiengeschichte

Die Schwestern vom Rosenhof. Louisas Glück
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„...Und die Sache mit Anton, die wird sich erledigen. Irgendwann muss er ja merken, dass ich mit der Beziehung abgeschlossen habe. Du kennst ihn doch, weißt, wie stur er sein kann...“

Ausgerechnet auf ...

„...Und die Sache mit Anton, die wird sich erledigen. Irgendwann muss er ja merken, dass ich mit der Beziehung abgeschlossen habe. Du kennst ihn doch, weißt, wie stur er sein kann...“

Ausgerechnet auf Claras Hochzeit hofft Anton, dass sich seine Trennung von Louisa wieder kitten lässt. Doch die hat endgültig einen Schlussstrich gezogen. Das bringt sie gegenüber Hannes, Pfarrer und Jugendfreund, zum Ausdruck.
Mit den zweiten Teil ihrer Familiengeschichte knüpft die Autorin zeitnah an den ersten Band an.
Der Schriftstil ist leicht und locker und passt zum Genre.
Alls könnte einen positiven Gang gehen. Doch dann erhält Louisa ein Schreiben ihrer vorgesetzten Behörde. Die Dorfschule wird nicht wieder aufgebaut. Die Kinder müssen demnächst eine andere Schule besuchen.
Etwa zur gleichen Zeit zieht ein Anwalt aufs Dorf. Matt ist verwitwet und bringt zwei Kinder mit. Vor allem der Junge hat den Tod der Mutter noch nicht verkraftet. Die Dorfgemeinschaft sieht scheel auf den Neuen. Anton ist sauer, denn er hätte gern Haus und Grundstück gehabt, wurde aber überboten.
Clara intensiviert ihre Kontakte zu Jennifer, mit der sie einst um die Welt gereist war.

„...Klar, am Anfang stehen viele Organisationsaufgaben an, aber wenn es einmal läuft, kann ich mich zurücklehnen. Jennifer meint, wir können in Japan auch ganz andere Preise für die Rosensüßigkeiten nehmen...“

Louisa ist skeptisch, zumal das finanzielle Risiko allein bei Clara liegt. Sie braucht einen Kredit.
Die Autorin entwickelt die Geschichte behutsam. Es ist dabei ein gewisses Auf und Ab. Manche Entscheidungen lassen sich nicht übers Knie brechen.
Louisa geht vorurteilsfrei mit Matts Sohn um. Dadurch fühlt sich der Junge angenommen. Trotzdem gibt es noch schwierige Phasen. Matt sieht Louisas Einsatz und ist für ihre Empfehlung dankbar. Mit Hilfe ihrer Freunde gelingt es, Matt ins Dorfleben zu integrieren. Gleichzeitig lässt der seine Kontakte spielen, um die Schule zu retten.
Auch Clara macht sich die Entscheidung nicht leicht, obwohl sie von Jennifer zunehmend unter Druck gesetzt wird.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Autorin versteht es, durch intensive Gespräche und entsprechende Handlungen ihre Protagonisten zu charakterisieren und ein realistisches Szenarium zu kreieren. Es sind die kleinen Alltagsepisoden, die der Geschichte ihr Flair geben.

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Veröffentlicht am 29.09.2022

Rasanter Politthriller

Ein Fall für Kommissar Kopta / Nobelpreis für Mord
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„...Einige Minuten standen sie eng zusammen und blickten einander in die Augen. Sie sprachen leise und ein zufälliger Beobachter hätte ihre Stimmen kaum wahrgenommen...“

Es sollte das letzte Gespräch ...


„...Einige Minuten standen sie eng zusammen und blickten einander in die Augen. Sie sprachen leise und ein zufälliger Beobachter hätte ihre Stimmen kaum wahrgenommen...“

Es sollte das letzte Gespräch zwischen Jamal Khashoggi und seiner Verlobten sein. Mit den Besuch der saudischen Botschaft machte der Journalist den Fehler seines Lebens.
Der Autor hat einen fesselnden Thriller geschrieben. Die Handlung vollzieht sich auf zwei Ebenen. Zum einen wird die Ermordung des Journalisten beschrieben, zum anderen lässt sich der Autor ein Szenarium einfallen, dass die Hintergründe beleuchtet. Es geht dabei um die Frage, was er gewusst haben könnte.
Der Schriftstil ist ebenfalls zweigeteilt. Bei der Ermordung Jamals klingt er fast sachlich, bei der Rahmenhandlung befeuert er den hohen Spannungsbogen.
Kommissar Kopta erhält den Anruf seiner Tochter aus Köln. Deren Freundin ist außer sich, weil ihr Freund verschwunden ist, die Polizei aber nichts unternimmt. Gleichzeitig wird Spezial – Agent Slim Nesbit zu seinem Vorgesetzten beordert und nach München geschickt. Dort ist der Sohn eines amerikanischen Senators verschwunden. Beiden jungen Männern ist gemeinsam, dass sie als hochbegabt in den Naturwissenschaften gelten.
Erneut arbeiten Kopta und Nesbit zusammen. Der Thriller hat alles, was das Leserherz erfreut: eine spannende Handlung, rasante Verfolgungsjagden, unerwartete Wendungen. Und er hat mehr. Ab und an blitzt ein feiner Humor auf.

„...“Wir werden natürlich so unauffällig und geräuschlos vorgehen wie immer.“ „Ja“, stimmte Spieß mit einem leichten resignierten Lächeln zu. „Genau das ist meine Befürchtung.“...“

Hinzu kommt außerdem eine hohe politische Brisanz. Ganz nebenbei erfahre ich einiges über hochmoderne Spionagesoftware und die Möglichkeit, Ortsbestimmungen weltweit durch minimale Netzschwankungen der Frequenzen durchzuführen.
Die Geschichte führt mich von Deutschland in die Türkei und weiter nach Saudi – Arabien. Für die Ermittler wird es stellenweise sehr eng. Ab und an bekommen sie unverblümt die Wahrheit gesagt.

„...Ethische Grundsätze sind auf dieser Welt etwas für Sonntagsreden, Mister Kopta. Der Alltag sieht leider anders aus, das wissen Sie genau...“

Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 29.09.2022

Licht in der Dunkelheit

Der die Nacht erhellt
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„...Ich weiß nicht, wie und wann es geschah, aber in den Weiten einer wortlosen See, beim Knistern des Feuers und dem Heulen des Windes, der um das Haus toste, wurden sich die beiden einig...“

Wir schreiben ...

„...Ich weiß nicht, wie und wann es geschah, aber in den Weiten einer wortlosen See, beim Knistern des Feuers und dem Heulen des Windes, der um das Haus toste, wurden sich die beiden einig...“

Wir schreiben das Jahr 1914 in Frankreich am Argonner Forst. Mira berichtet vom letzten Gespräch zwischen Vater und Großvater. Am nächsten Morgen zieht der Vater in den Krieg.
Die Autorin hat einen berührenden Roman geschrieben. Die Geschichte geht in die Tiefe. Sie wird abwechselnd von unterschiedlichen Protagonisten erzählt.
Der Schriftstil ist ausgereift, sehr bildhaft und emotional. Das zeigt schon das Eingangszitat.
Es sind fünf Menschen, die im Mittelpunkt der Handlung stehen. Mira, deren Lied den Soldaten Hoffnung gibt, obwohl sie alles verloren hat, was ihr Leben ausmachte, Matthew, ein junger Amerikaner, dessen Gehör die Richtung der Granaten bestimmen kann, bevor sie den möglichen Tod bringen, Kaplan George, der nach Amerika gegangen ist, um den Krieg auszuweocen und sich nun an der französischen Front wiederfindet, Henry, der plötzlich zum Kriegsberichterstatter wurde, und Captain Jasper Truett, den seine Erinnerungen nicht loslassen.
Anfangs erfahre ich eine Menge über die Vergangenheit der männlichen Protagonisten. Sie treffen 1918 in den Wäldern Frankreichs aufeinander. Eine gemeinsame Aufgabe schmiedet sie zusammen und lässt sie wachsen und reifen.
Sehr bildhaft werden die Schlachten beschrieben.

„...Stacheldraht und ausgehungerte Krater, von unserer eignen Artillerie erzeugt, verschlangen uns. Wogende Vorhänge aus grauem Rauch und Staub, die aus dem Nichts aufstiegen, verhüllten die Nacht...“

Es sind die Gespräche, die einen Blick in die Seelen der Handelnden ermöglichen. Dazu gehören auch Georges Selbstzweifel.

„...Willst du damit sagen, obwohl ein Krieg tobt und es jede Menge Kathedralen gibt, ist Gott hier im Staub dieser Straße?...“

Immer wieder geht es dabei um Licht und Dunkelheit, um Gut und Böse, um Angst und Hoffnung.

„...Der Gott, der eigenhändig das Licht erschaffen hat – nur mit seinen Worten -, dieser Gott wird in jede Dunkelheit eintauchen, um dich zu finden. Vergiss das nie...“

Henrys Artikel für die amerikanische Zeitung werden in einer besonderen Schriftart wiedergegeben. Seine Entwicklung zeigen seine Texte. Sie werden zunehmend realistischer. Er schreibt, was er sieht, nicht mehr das, von dem er hofft, dass es die Leser hören wollen.
Das Buch erzählt von Mut, von Kameradschaft bis zur Selbstaufopferung, aber auch von Leid und Verlust. Immer wieder tauchen Fragen auf, die schwer zu beantworten sind.

„...Wie konnte so viel Gutes und so viel Schlechtes im selben Universum existieren? Das war ein furchtbar düstere Gedanke...“

Es ist nicht zuletzt der Übersetzerin zu verdanken, dass die Vielfalt der Sprachbilder beim Leser ankommen.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen, auch oder gerade, weil es keine einfache Lektüre ist.

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Veröffentlicht am 28.09.2022

Amüsante Märchenneuerzählung

Schneesturm und Rosenblut
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„...Die Walpurgisnacht ist doch nur einmal im Jahr. Wenn wir jetzt gehen, dann verpassen wir doch alles...“

Byron hat sich mit seinem Zwillingsbruder Yven auf dem Bocksberg versteckt. Byron ist für jeden ...

„...Die Walpurgisnacht ist doch nur einmal im Jahr. Wenn wir jetzt gehen, dann verpassen wir doch alles...“

Byron hat sich mit seinem Zwillingsbruder Yven auf dem Bocksberg versteckt. Byron ist für jeden Schabernack zu haben. Noch ahnt Yven nicht, dass Byron im Holzstoß der Hexen Feuerwerkskörper untergebracht hat und dass auf die beiden Brüder die schlimmsten drei Tage ihres Lebens warten.
Die Autorin hat das Märchen von Schneeweißchen und Rosenrot auf ihre ganz eigene Weise neu erzählt.
Der Schriftstil macht das Geschehen durch die vielen Dialogen und manch amüsante Szenen lebendig.
Nachdem der Zauber der Hexe gewirkt hat, machen sich die Brüder auf den Weg, um jemanden zu finden, der den rückgängig machen kann. Zuerst treffen sie auf Rumpelstilzchen. Dessen unverschämten Preis wollen sie nicht bezahlen.
Dann finden sie eine Häuschen, in dem zwei Schwestern leben – und streiten. Rhosyn wird von einem Fuchs begleitet, Eira hat ein Schneekaninchen als Haustier.

„...Vielleicht solltet ihr einfach anfangen, miteinander zu reden...“

Der Fuchs bringt es auf den Punkt. Doch die Schwestern lassen Taten sprechen und nutzen ihre magischen Fähigkeiten, um der anderen zu schaden.
Das Zusammentreffen der Schwestern mit den verzauberten jungen Männer führt zu vielen lustigen Szenen, aber auch zu einer ungeahnten Entwicklung aller vier Protagonisten. So habe ich mich über Yvens Angelversuche köstlich amüsiert. Apropos Yven, er begreift schnell, dass er vom praktischen Arbeiten keine Ahnung hat. Auch Byron reflektiert sein bisheriges Leben. Als Nachgeborener, wenn auch nur wenige Minuten, fehlte ihm eine Aufgabe.
Die beiden Schwestern hat der plötzliche Tod der Mutter aus der Bahn geworfen. Rhosyn möchte Eira beschützen. Die aber fühlt sich gegängelt.
Dann aber eskaliert die Situation. Nur, wenn die Schwestern zusammen arbeiten und jede ihre speziellen Fähigkeiten einbringt, sind die jungen Männer zu retten. Dafür motzt Snow rum.

„...Immer muss das weiße Kaninchen die Kohlen aus dem Feuer holen. Immer sind wir es, die zum Schluss für die Heldentaten verantwortlich sind und nie dafür Anerkennung erhalten...“

Im königlichen Schloss dagegen hat man die üblichen menschlichen Probleme.

„...Ich habe später noch einen Termin beim Friseur und du weißt gemau, wie ich es hasse, wenn ich zu spät komme und meine Haare nicht mehr rechtzeitig in der Sonne trocknen können...“

Die Klage wird vor allem dann verständlich, wenn man den Namen der Königin liest. Befreundet ist sie übrigens mit Schneewittchen und Aschenputtel. Während der Handlung im Schloss kommen noch ganz andere Märchen ins Spiel.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Auf sehr unauffällig Art werden dabei Fragen gestreift wie: Wer bin ich? Was macht mein Leben lebenswert? Ein Zitat aus dem Munde von Byron soll meine Rezension abschließen:

„...Es sind die Gefühle in uns, die uns das Leben fühlen lassen. Erst wenn wir uns auf andere Lebewesen einlassen, werden wir Teil des Lebens...“

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