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Veröffentlicht am 03.10.2022

Voller überraschender Twists!

Nothing More to Tell
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Brynns Seele brennt für Journalismus, das ist es was sie später machen will. Doch nachdem sie bei Recherchen Belastendes über den Captain der Schulmannschaft entdeckt, stellt der sie journalistisch bloß, ...

Brynns Seele brennt für Journalismus, das ist es was sie später machen will. Doch nachdem sie bei Recherchen Belastendes über den Captain der Schulmannschaft entdeckt, stellt der sie journalistisch bloß, um ihr zuvor zu kommen. Nun brennt sie vor Scham, aber ihre Eltern ziehen berufsbedingt wieder zurück in ihren Heimantort, in ihr altes Haus. Beide Töchter müssen zurück an die alte Privatschule. Dort hatte sie einst ihr damals bester Freund Tripp bloßgestellt, kurz bevor er und zwei weitere Klassenkameraden, die Leiche ihres erschlagenen Lieblingslehrers im Wald fanden. Der Mord wurde nie aufgeklärt. Da Tripp mit den anderen Schülern, deren Spuren auf der Mordwaffe gefunden wurden, nichts zu tun hatte glaubte man ihm. Brynn haben weder die Ungereimtheiten, noch der ungeklärte Mord je losgelassen. Um ihre Journalistenkarriere noch zu retten, bewirbt sie sich bei einem seriösen True Crime Kanal und stellt dort den Fall vor. Zu Brynns Überraschung ist Chefin Carly überzeugt und neben der Schule beginnt Brynn zu ermitteln. Es ist erstaunlich, wie viel das Rechercheteam und sie in kurzer Zeit ausgraben, noch erstaunlicher wie sehr Tripp ihr Herz inzwischen höher schlagen lässt.

Brynn kommt aus einer Familie erfolgreicher Naturwissenschaftler, womit sie selbst nichts anfangen kann. Nicht zu wissen was man will, ist für ihre Eltern unvorstellbar. Jeder muss ein besonderes Talent haben, sonst endet man noch wie Onkel Nick, der mit Mitte Zwanzig noch nichts erreicht hat! Puh, ganz schön hohe Erwartungen, die da auf Brynn und ihrer jüngeren Schwester lasten. Kein Wunder also, dass sie so unbedingt ihren Journalismus-Traum retten will. Tripp weiß noch nicht einmal was er nach der High School machen soll. Seine Chancen auf ein Uni Stipendium sind seiner Meinung nach gleich Null. Seine jetzigen Freunde Shane und Charlotte, können das als rich kids nicht vorstellen, sie wissen ja noch nicht mal wie er lebt. Eine traurige Alltäglichkeit in Amerika, wo Bildung oft leider Luxus ist.

Brynn ist klein und zart. Sie wirkt zerbrechlich, obwohl sie clever und hartnäckig ist. Lydia Herms mit ihrer jungen mädchenhaften Stimme passt sehr gut zu der aufgeweckten High School Schülerin. Sie harmoniert zudem sehr gut zu der von Andreas Dyszweski, der die Geschichte aus Tripps Sicht erzählt. Tripp, der intelligente, ehrgeizige Sohn eines Schreiners, der in ärmlichen Verhältnissen lebt. Mit seinem guten Aussehen und seinem brillianten Kopf gehört er inzwischen zur In-Clique der Schule, doch der Verrat seiner Mutter, die sich einfach aus dem Staub machte und sich nie um ihn scherte, lastet schwer auf ihm. Wie wohl hat er sich früher bei Brynn und ihrer Familie gefühlt? Auch Andreas Dyszewski klingt jung, wie ein dynamischer, angesagter High School Typ, wenn da nicht immer die Selbstzweifel wären. Die Last der Geheimnisse macht ihn fast ebenso fertig, wie die Gefühle die ausgerechnet Brynn in ihm auslöst, Brynn, die er vor allen lächerlich gemacht hat.

Es gibt heutzutage kaum noch ein Jugendbuch ohne Homosexualität, weil dies dem Alltag der Jugendlichen entspricht. Dies wird hier mit Brynns Schwester Ellie ebenso selbstverständlich und lässig eingebracht, wie mit Brynns altem Freund Mason. Es ist so und damit basta, was gibt es da zu diskutieren? Das gefällt mir nicht nur gut in seiner Unaufdringlichkeit, es ist für mich auch ein gutes Beispiel, wie man damit umgehen sollte. Zur Kenntnis nehmen und gut is.... Das gehört zu ihrem Leben ebenso wie die Schulspinde, die auf dem Klapp-Cover abgebildet und im Laufe der Handlung immer wieder vorkommen.

Zuerst beginnt es eher gewöhnlich und ruhig, doch relativ schnell hat es mich gefesselt. Dabei kommt die Spannung nicht aus wilder Action, sondern aus den widersprüchlichen Charakteren, die hier auf einander treffen, die alten Verletzungen und Wunden, die wieder aufreißen und die Geheimnisse, die jeder zu verbergen scheint. Doch was steckt hinter all den Geheimnissen? Führen sie wirklich zur Aufklärung des Mordes an Mr. Larkin? Mit jeder Antwort die Brynn zu finden glaubt, tun sich quasi zwei neue Fragen auf. Die Twists werden immer schneller und überraschender und dieses sich steigernde Tempo an Twists steigert ungemein die Spannung. Der Thriller ist relativ unblutig, aber nicht weniger faszinierend. Ich wurde steitig aufs Glatteis geführt. Kaum meinte ich zu ahnen, was damals passiert war, entpuppte es sich als Finte. Dazu kommen natürlich auch romantische Verwicklungen. So mit einer spannenden Handlung mag ich auch Liebesgeschichten. Nicht nur für True Crime Fans ab 14 Jahren.

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Veröffentlicht am 30.09.2022

Unverzichtbar!

Das große Brotbackbuch
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120 Rezepte für Brot und Gebäck, mit vier einfachen Grundteigen und allem Wichtigen rund um und über Sauerteig, insbesondere wie man ihn ansetzt und pflegt. Dennoch kann man sofort losbacken, denn während ...

120 Rezepte für Brot und Gebäck, mit vier einfachen Grundteigen und allem Wichtigen rund um und über Sauerteig, insbesondere wie man ihn ansetzt und pflegt. Dennoch kann man sofort losbacken, denn während der Sauerteigansatz mit der Reifung beginnt, so gibt es genügend Rezepte mit Hefe, bei denen der Teig z.B. mit Naturjoghurt gesäuert wird, so dass man gleich los legen kann. Wenn dann auch mal etwas übrig bleibt und älter wird, macht das auch nichts, denn zum Ende des Buches gibt es auch noch Rezepte von süß bis herzhaft zur Verarbeitung von Brotresten. Das finden wir total stark und gerade die gerösteten und gewürzten Brotscheiben lieben wir.

Die Rezepte sind wirklich appetitlich fotografiert, so dass man sofort losbacken will, denn die Auswahl ist riesig und so findet sich so einige, bei denen man auch gleich die Zutaten im Haus hat. Es kann also gleich los gehen und wie das immer ist bei Rezepten von Christina Bauer, so sind diese wirklich sehr einfach. Auch für absolute Anfänger geeignet und schnell, so dass man es auch als arbeitendes Elternteil hinbekommt, sich die Zeit dafür zu nehmen. So verlockend es auch ist gleich los zu legen: wer gerade kein erfahrener Brotbäcker ist, sollte sich schon noch die Zeit nehmen die Grundlagen des Brotbackens vorher durchzulesen. Diese sind sehr anschaulich und Wichtiges auch in mehren Schritten mit Fotos veranschaulicht, wie z.B. der Ansatz eines Sauerteigs. Das finde ich ungemein hilfreich. Neben den Grundlagen und Kniffen, den zu verwendenen Materialien und Zutaten, werden auch typische Probleme und Pannen geschildert, wie man sie erkennt und wie man sie behebt. Außerdem wird nicht nur erklärt, wie man Pannen vermeidet, oder die perfekte Kruste zaubert, es geht auch um die Auswahl der Zutaten und die richtige Lagerung des Brotes. Fotos zeigen zudem das ungemahlene Korn, für all jene, die es noch selbst mahlen und schroten wollen. Da es sich um eine östereichische Bäckerin und einen ebensolchen Verlag handelt, werden die Mehlmahlgrade für beide Länder angegeben, da die Bezeichnungen jeweils variieren, bei jedem Rezept. Das macht es einfacher, als bei den Vorgängerbänden, in denen es bei den ersten Auflagen im allgemeinen Erklärteil stand und bisweilen überlesen wurde (weil man vor Eifer nicht vorne angefangen hat, sondern direkt mit Backen begonnen).

Wir haben gleich mal drei Rezepte ausprobiert: das Wurzelbrot, das Sonnenblumenbrot und ein Körnerbrot. Alle drei wurden sehr knusprig und gerade das Wurzelbrot soll ich nun regelmäßig machen, weil es nicht nur sehr knusprig, sondern auch fluffig und gleichzeitig herzhaft wurde. Nur der Name löste Verwunderung aus, aber als ich auf die knotige Form hinwies, haben sie es gleich eingesehen! Nein, es werden keine Wurzeln mit eingebacken!

Was mir sehr gut gefällt ist, dass ich mit diesen Rezepten nicht nur sicher bin, dass es gelingt, ich habe auch Einfluss auf die Qualität des Brotes, anhand der von mir gewählten und gekauften Zutaten. Da kann man sicher sein, dass es frei von Zusatzstoffen oder Süßungsmitteln ist.

Die Auswahl ist so vielfältig, dass für jede Gelegenheit etwas dabei ist, egal ob es um Alltagsbrot, Snacks, Partybrote oder süße Brote oder Zöpfe für das Sonntagsfrühstück geht, dass die Kinder auch nicht die Lust auf Brot verlieren.

Wieder ein unverzichtbarer Dauerbrenner für den Alltag, für mehr Abwechslung auf dem Tisch!

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Veröffentlicht am 20.09.2022

Jugendlich frische Romantic Mystery

Das Buch der Seelen
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Seit Generationen betreibt die Familie MacDonald ein Fotostudio in einem alten, mehrstöckigen Altstadthaus in Edingburgh. Auch Elsie scheint die Leidenschaft ihrer Familie für Blenden, Beleuchtung und ...

Seit Generationen betreibt die Familie MacDonald ein Fotostudio in einem alten, mehrstöckigen Altstadthaus in Edingburgh. Auch Elsie scheint die Leidenschaft ihrer Familie für Blenden, Beleuchtung und Tiefenschärfe geerbt zu haben. Seit Kindertagen hütet sie ein antikes Fotoalbum ihres Ur-Ur-Großvaters John mit seinbar missglückten Aufnahmen. Sämtliche Motive weisen rotglühende Augen auf und sind auch sonst etwas gruselig, mit Ausnahme des Bildes des rotäugigen jungen Lord Aiden Storm, der im Jahr 1900 nur knapp älter war, als Elsie jetzt, ehe er spurlos verschwand. Mangels Geschwistern und Haustieren hat sie sich angewöhnt, mit seinem Foto zu sprechen und hat das Bild des gespenstischen Riesenhundes sogar früher „Gassi geführt“. Doch nach einem Schulreferat über das Familienunternehmen, bei welchem sie das Album durch die Klasse gehen lässt, fehlen diese zwei Aufnahmen und drei weitere. Elsie ist untröstlich, bis sie plötzlich Lord Aiden Storm erst auf Instagram und dann noch in ihrer Schule wieder sieht. Wie ist das möglich?

Bei diesem Cover und diesem Klappentext wusste ich sofort: Das ist ein Buch für mich! Als Jugendliche war ich leidenschaftliche Romantic Mystery-Leserin. Ganz offensichtlich liebe ich das Genre auch heute noch. Ich mag die Mischung aus junger Liebe, Romantik und schauriger Spannung, ohne Ekelfaktor. Hier hat sich die Gänsehaut wunderbar mit dem Herzklopfen und der Sehnsucht nach Grannys fantastischem Shortbread abgewechselt. Dabei hat mir besonders gut gefallen, dass ich im Gegensatz zu Elsie eben nicht davon überzeugt war, dass Aiden einer von den Guten ist. Warum sonst wäre er in dem Fotoalbum ihres Vorfahren gefangen gewesen, wenn er denn kein Monster gewesen ist? Diese Geschichte ist inspiriert von Oscar Wildes Meisterwerk „Das Bildnis des Dorian Grey“ und Dorian wurde unter seiner strahlenden Hülle immer verdorbener. Trifft dies auch auf Aiden zu? Kann ein junger, gutaussehender Adeliger mit unfassbarem Reichtum eigentlich anders als verdorben sein? Allerdings ist Aiden nicht der Einzige an dessen Charakter ich gezweifelt habe. Klar, Benisha ihre beste Freundin ist natürlich ein Fels in der Brandung, aber wie sieht es mit der schönen Stella, der Tochter der Freundin von Stellas Vater aus?

Ein altes Schloss in Schottland, ein verfallendes Herrenhaus neben der Schule und natürlich ein alter, still gelegter Friedhof sind ebenso die stimmungsvollen Kulissen, wie die Katakomben von Edinbourgh. Über diese habe ich mittlerweile so viel gelesen, dass ich mich echt ärgere, dass ich zwar in Edinbourgh war, aber immer nur oberirdisch. Welch perfekter Ort für üble Machenschaften!

Hier treffen zwei Jahrhunderte sehr charmant aufeinander. Natürlich misstraut Aiden Smartphones und Computern, aber es wird nie in Lächerliche gezogen, ebensowenig, wie seine formvollendeten Manieren, die aus der Zeit gefallen sind. Ein junger Held, der eine schwere Bürde zu tragen hat. Ob er dieser Aufgabe gerecht werden kann? Natürlich kann Elsie ihn nicht auf rauschende Adelsbälle begleiten, wie es Ende des 19. Jahrhunderts üblich war, aber so ein Halloween- oder Winterball ist für Mittelstufenschülerinnen auch viel cooler. Die Zwänge sind viel geringer und Details für ihre Fotolinse findet Elsie allemal. Ohnehin fand ich Elsie ja von Anfang an eine sehr sympathische Heldin, mit ihrer Liebe für Details und ihrem Hang zum Eigenwilligen. Sie ist eine kein 08/15-Mädchen, die einfach irgendwelchen Trends hinterher läuft, sondern sich aus ihrer Familientradition das für sie passende Hobby aussucht und ihm mit Hingabe frönt.

Sehr stimmungsvoll, gerade zur jetzigen Jahreszeit, wenn draußen der Regen prasselt und man ohnehin mit einer heißen Tasse in den Händen vor sich hinfröstelt. Wie gut, dass es einem zum Schluss dann wieder warm ums Herz wird, aber nicht ohne die Gänsehaut davor. Ab 12 Jahren.

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Veröffentlicht am 15.09.2022

Vorsicht, wer zuhört...

Fräulein vom Amt – Die Nachricht des Mörders
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Alma Täubner, Tochter einer soliden Mittelstandsfamilie möchte ihr Leben selbst bestimmen und arbeitet daher als Fräulein beim Telefonamt und teilt sich eine Wohnung mit ihrer Schulfreundin, der kessen ...

Alma Täubner, Tochter einer soliden Mittelstandsfamilie möchte ihr Leben selbst bestimmen und arbeitet daher als Fräulein beim Telefonamt und teilt sich eine Wohnung mit ihrer Schulfreundin, der kessen Emmy Wolke, einer Floristin. Eines Tages belauscht sie auf der Arbeit eine heisere Kratzstimme eine kryptische Nachricht übermitteln. Ein Auftrag an einer Dame unter den Kolonaden sei ausgeführt worden. Eine Nachricht, die sie verwirrt, doch ein Blick in die Zeitung lässt sie erstarren: eine unbekannte, verstümmelte Frauenleiche wurde unter den Kolonaden gefunden. Die unbekannte Tote lässt Alma nicht los und sie meldet ihre Informationen der Kriminalpolizei. Doch der Kriminalrat wiegelt ihre Aussage als bloßen Zufall ab, weist auf die käufliche Profession der Unbekannten hin und die Bedeutung der kommenden Rennsaison. Doch Alma lässt nicht locker, mit Hilfe ihres Cousins Walter, eines Medizinstudents überzeugt sie sich vom Anblick der unbekannten Toten. Tatsächlich war sie ihr schon mal begegnet, bei einem Kurkonzert und sicherlich keine Prostituierte. Nun setzt Alma alles daran, den Mörder zu entlarven und erhält dabei Hilfe von Emmy, Walter und Kommissarsanwärter Ludwig Schiller.

Die legendären, lasterhaften Zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts als die Menschen nach Leben und Zerstreuung lechzten, während die Reichsmark immer mehr an Wert verlor und gute Arbeit selten. Alma und Emmy sind zwei junge, selbst bewusste Frauen, die sich nicht von Konventionen unterkriegen lassen wollen, mit einer gewissen Faszination für die geheimnisvolle, halbseidene Unterwelt. Die Jetons in den Rocktaschen der toten führt Alma in verruchte illegale Casinos und auf die mondäne Rennbahn. Wenn ihre Großmutter wüsste, wo sie sich herumtreibt, wäre sie sprachlos, ebenso wie ihre Zimmerwirtin! Doch Alma bleibt hartnäckig und kaum hat sie die Identität der Toten herausgefunden, ereignet sich ein zweiter Mord! Während Walter immer häufiger in ihrer kleinen Wohnung auftaucht, wartet auch der Kommissarsanwärter immer häufiger auf das junge Fräulein vom Amt.

Mit viel Flair der mondänen Kurstadt in seinem goldenen Zeitalter, ein wenig Romanze und halbseidener Verruchtheit, erhält man nicht nur Einblicke in die Welt berufstätiger Frauen und der Vorbehalte gegen sie. Man kann Detail für Detail dieses scheinbar willkürliche brutale Verbrechen entlarven und dabei mehr über die Welt an den Schaltkreisen der technischen Kommunikation erfahren. Eine Welt, die Frauen verlassen mussten, sobald sie heirateten... Diese kleinen Informationen, die zeigen, dass bei aller Benachteiligung von Frauen, wir dennoch schon einiges auf dem Weg der Gleichberechtigung geschafft haben, mag ich ebenso gerne, wie die Beziehungsgeflechte zwischen den Protagonisten. Alma, die Tochter aus solidem Hause, die sich aus der Abhängigkeit befreien will und eine Schwäche für den gutaussehenden Kommissarsanwärter hat, der nach den Kriegserlebnissen sein Jurastudium nicht fortsetzte, ist ebenso sympathisch, wie ihre Mitbewohnerin. Emmy Wolke ist flatterhaft, wie ein Schmetterling und lässt Männerherzen höher schlagen. Allerdings kann sie sich kaum für einen entscheiden, zu Almas Glück, denn ansonsten wäre sie sicherlich längst unter der Haube und Alma müsste ihrer gestrengen Zimmerwirtin alleine trotzen. Während die zwei jungen Frauen der vermeintlichen Leichtigkeit der Jugend nachgehen, halten sie natürlich auch die Augen offen nach attraktiven jungen Männern. Diese waren damals Mangelware, da die meisten nicht unversehrt aus dem Krieg zurückkehrten und das Durchschnittsalter der Gefallenen bei 21 Jahren lag. Schatten und Licht liegen in Baden Baden eng beieinander, in vielerlei Hinsicht.

Dagmar Bittner haucht mit ihrer jungen und ebenso lebendigen, wie sympathischen Stimme Alma und Emmy Leben ein. Mal klingt sie nachdenklich, dann wieder neugierig oder aufgeregt und auch das blanke Entsetzen ist ihr bisweilen anzuhören. Mit ihrer unnachahmlichen Stimme verleiht sie diesem Krimi zusätzlichen Schwung und Esprit.


Der Krimi ist stark geprägt vom Flair der Zeit in der er spielt und trotz der wilden Verfolgungsjagden zum Schluß und den verruchten Spelunken eher ein cosy crime. Dennoch ist der Kriminalfall wendungsreich mit einem zu Beginn unerwarteten Ausgang. Ich bin schon gespannt, was Alma Täubner als nächstes auf dem Amt belauschen wird!

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Veröffentlicht am 14.09.2022

Die ersten weiblichen Polizistinnen

Die stumme Tänzerin
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Die stumme Tänzerin, Helga Glaesener, gelesen von Christiane Marx, Lübbe Audio, 6 CDs 455 Min.

Hamburg 1928: Die Armut der Rezession prägt die Stadt mit Hunger, Arbeitslosigkeit und Inflation. Die junge ...

Die stumme Tänzerin, Helga Glaesener, gelesen von Christiane Marx, Lübbe Audio, 6 CDs 455 Min.

Hamburg 1928: Die Armut der Rezession prägt die Stadt mit Hunger, Arbeitslosigkeit und Inflation. Die junge Paula, Tochter eines reichen Fabrikanten, möchte aber nicht den ihr vorbezeichneten Weg einschlagen und reich heiraten. Nach ihrem Sekretärinnenkurs hat sie eine Anstellung gefunden und will auf eigenen Beinen stehen. Mit einem Kollegen besucht sie abends ein beliebtes Varieté in Erwartung der großen Freiheit, doch es ödet sie an. Als sie es verlässt, gelangt sie in eine Razzia und landet auf der Polizeiwache. Kurz entschlossen heuert sie dort bei der neugeschaffenen weiblichen Polizeieinheit als Sekretärin an. Als sie eines abends die Kommissarinnen zu einem grauenhaften Frauenmord auf einem Friedhof in St. Pauli begleitet, wird ihr Leben endlich aufregend! Aufmerksam beobachtet sie die Ermittlungen um sich herum und fragt unauffällig den Schutzpolizisten, der zuerst vor Ort war aus. Zuerst scheint alles auf eine Tat aus dem Rotlichtmilieu hinzudeuten, bis Paula feststellen muss, dass dieses gar nicht so weit entfernt ist, von ihrer eigenen Herkunft. Ein furchtbarer Verdacht keimt in ihr auf. Kann es wahr sein? Auf der Suche nach der Wahrheit riskiert sie alles.

Eine Frau bei der Mordkommission und sei es nur als Sekretärin, wie schockierend! Paulas Eltern sind in heller Aufregung und verbieten es ihr! Sie soll sofort kündigen! Aber sie ist volljährig und selbst in ihren Kreisen gibt es nicht viele unversehrte junge Männer. Paula bleibt und macht sich unentbehrlich, auch wenn sie mit ihrem Dickschädel nicht nur bei Kommissar Martin Broder aneckt, sondern auch Kommissarin Caro im Herrenanzug, die ihre Alleingänge nicht tolerieren kann und will. Es ist nicht nur unkollegial, sondern auch höchst gefährlich!

Hier werden ganz deutlich die Schattenseiten der schillernden Halbwelt aufgezeigt. Paula hatte schon zuvor keine romantischen Illusionen, als sie das Varieté besucht, aber nicht nur den grauenvollen Frauenmord findet sie abstoßend. Frauen als Waren, die von brutalen, gierigen Männer benutzt und ausgenutzt werden. Ausgeliefert den Gelüsten der Freier ebenso wie ihrer „Beschützer“. Doch Paula muss erkennen, dass ihre eigenen Kreise nicht wirklich besser sind, denn wer außer denen hat denn noch das Geld für solche Vergnügungen? Ihr Weltbild gerät ins Wanken, aber ihr Drang nach der Wahrheit ist stärker, auch stärker als ihre Angst, von ihrer Familie verstoßen zu werden. Was Paula bei ihren Ermittlungen alles mitansieht und anhört, lässt einen bisweilen verstehen, welche Bedenken die Eltern treiben. Es ist schon sehr unappetitlich, aber eben nicht nur für Frauen.

Christiane Marx spricht mit ihrer jungen lebendigen Stimme die unermüdlich nach der Wahrheit strebende Paula. Deren Unerschrockenheit ist dann doch nicht immer so unerschütterlich, wie sie meint. Man hört ihr das Zögern, ebenso an wie die Entschlossenheit, mit der sie ihrer jungen Heldin nicht nur Leben, sondern auch ihre Beharrlichkeit einhaucht. Kurzweilig begleitet ihre Stimme uns in diese Männerdomäne, die eigentlich für Frauen verschlossen bleiben will.

Neben den Mordfällen gibt es Einblicke in das Elend der Wirtschaftskrise, die Klassenunterschiede, die Vorbehalte gegenüber weiblicher Kompetenz, die Anfänge der Pathologie, aber auch die aufkeimenden nazionalistischen und nazionalsozialistischen Strömungen, denen mit menschenverachtenden Völkerschauen im Zoo der Weg geebnet wurde. In der guten alten Zeit, war bei weitem nicht alles gut...

Tatsächlich hat mich die Auflösung am Ende überrascht. Klar, ganz zum Schluß hat es sich abgezeichnet, aber bis dahin... Die Konsequenzen die Paula persönlich durch ihren Ermittlungserfolg zu spüren bekommt, sind zweischneidig. Einerseits hat sie einen Grund zu jubeln und stolz auf sich zu sein, andererseits, gibt es gute Gründe, warum sie den Erfolg nicht ganz genießen kann. Das macht das Ende etwas nachdenklich, aber dafür um so wahrhaftiger.

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