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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.10.2022

Guter Auftakt

Ich will nur spielen
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Von Berlin aus zieht der verwitwete Kriminalkommissar Maik Michalski zusammen mit seiner kleinen Tochter Lilly in die Kleinstadt Werder. Mit der Idylle ist es jäh vorbei, als im Stadtpark eine Frauenleiche ...

Von Berlin aus zieht der verwitwete Kriminalkommissar Maik Michalski zusammen mit seiner kleinen Tochter Lilly in die Kleinstadt Werder. Mit der Idylle ist es jäh vorbei, als im Stadtpark eine Frauenleiche auftaucht, der auch noch beide Augäpfel fehlen.
Bald wird klar, dass es sich hierbei nicht um eine Einzeltat handelt und der Täter noch dazu, scheinbar absichtlich, Hinweise in Form von kleinen Gegenständen hinterlässt.
Ausgerechnet ein ehemaliger Kollege aus Berlin, mit dem schon die frühere Zusammenarbeit unerträglich war, wird Maik zur Unterstützung bei der Mordermittlung an die Seite gestellt.

Anfangs ging ich davon aus, hier erwartet mich ein brutaler Thriller mit zu Tode gequälten und misshandelten Opfern, die sich durch sämtliche Kapitel ziehen.

Doch statt vermeintlichen Blutdurst zu stillen, gibt die Story viel mehr Einblick in die Psyche des Täters, der in mehreren Etappen selber zu Wort kommt und prägende Ereignisse aus seiner Vergangenheit preisgibt.
Was die tatsächliche Message ist, die er mit Hinweisen zu übermitteln versucht, ist einerseits offensichtlich und gleichzeitig so subtil, dass man erst beim ganz genauen Hinsehen wahrnimmt.

Von Anfang bis Ende ein gelungener Thriller, der mir dank des angenehmem, flüssigen Schreibstils, vortrefflich dargestellten Charakteren und dem spannungsreichen Plot mit entsprechend gut platzierten Twists, durchweg wahrhaft Freude beim Lesen beschert hat.
Ein kleines Manko gab es für mich nur am Ende.
Der Epilog hätte, für meinen Geschmack und im Rückblick auf die Handlung, inhaltlich mehr Potential gehabt, als ihm eingeräumt wurde. Wohingegen die übrigen Kapitel durchweg sehr ausgewogen sind, keine störenden Längen enthalten und einen lockeren Lesefluss ermöglicht haben. An dieser Stelle hätte es vermutlich auch den Rahmen gesprengt, wäre in der Geschichte intensiver auf die Vergangenheit des Hauptprotagonisten Maik eingegangen worden. Dieser wird mehrfach von schlimmen Albträumen geplagt, die ein interessantes Licht auf seine Vorgeschichte werfen und Stoff für noch folgender Bücher bzw. eine Reihe bieten.
Es schreit quasi schon nach einer Fortsetzung, die ich auch in jedem Fall lesen wollen würde.

Für ein Highlight ist zwar noch ein bisschen Luft nach oben, nichtsdestotrotz wurde ich hier sehr gut und fachlich einwandfrei recherchiert unterhalten und vergebe daher auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 11.09.2022

Ein Gefallen für ein Leben

Beste Freunde
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Eine Clique trifft sich vor ihrem Schulabschluss zu einem ausgelassenen Abend, der sein jähes Ende nach einer Mutprobe findet, die bisher schon fünf Mal gut gegangen ist, jedoch in dieser Nacht das Leben ...

Eine Clique trifft sich vor ihrem Schulabschluss zu einem ausgelassenen Abend, der sein jähes Ende nach einer Mutprobe findet, die bisher schon fünf Mal gut gegangen ist, jedoch in dieser Nacht das Leben aller Beteiligten für immer verändert wird.
Während ihre Geisterfahrten bisher glimpflich abgelaufen sind, kostet es dieses Mal einer jungen Mutter und ihren zwei Kindern das Leben.
Getreu dem Motto - „Einer für Alle, Alle für Einen!“ - erklärt sich die 18-jährige Meghan bereit, die alleinige Schuld für den Unfall auf sich zu nehmen und die daraus resultierenden Konsequenzen zu tragen. Im Gegenzug dafür verlangt sie das schriftliche Geständnis aller Beteiligten als Pfand für einen Gefallen, der ihr jeder Einzelne schuldet, sobald sie wieder aus dem Gefängnis entlassen wird.
Nach Meghans Verurteilung gehen die Anderen wie geplant und beinahe unbehelligt an Elite-Unis studieren, bauen sich ein eigenes Leben auf, gründen Familien und aber fürchten zunehmend nichts mehr, als den Moment, wenn ihre Freundin aus dem Knast entlassen wird und der „Zahltag“ ansteht.
Das die Befürchtungen nicht ganz unbegründet sind, wird sich schon bald herausstellen.

Es rächt sich, dass sich die Clique - mit Ausnahme von der etwas sonderbaren Meghan - ausschließlich aus privilegierten Teenagern besteht, früher nie wirklich für sie als Person interessiert hat und nun ihr wahres „Ich“ kennenlernen.
„Ich wünsche euch allen ein schönes Leben. Vergesst mich nicht.“ Dies ist quasi der letzte Satz, den Meghan noch an ihre Freunde richtet, bevor sie für 20 Jahre hinter schwedischen Gardinen verschwindet. Im Verlauf der Handlung wird klar, dass sie insgeheim wohl schon vorher wusste, wie die Anderen in Wirklichkeit zu ihr stehen, ihr daraus resultierendes späteres Handeln ist in meinen Augen daher durchaus nachvollziehbar.
Die Ausarbeitung der Charaktere ist der Autorin sehr gut gelungen, lediglich bei einer Person war und ist es ausgesprochen schwer für mich, hinter die Fassade zu schauen.
Gut finde ich auch, dass die übrigen Beteiligten über die Jahre hinweg feststellen, dass sie selbst den schlechteren Deal gemacht haben und es sehr befreiend sein kann, für seine Fehler gerade zu stehen, anstatt mit Schuld beladenen Schultern durchs Leben gehen zu müssen.
Neben dem moralischen Lerneffekten, die dieses Buch gefühlt nebenbei mit sich bringt, gab es bedauerlicherweise ein paar Teile in der Handlung, die etwas suboptimal gelöst waren.
Die polizeiliche Vernehmung der Freunde empfand ich etwas zu sehr in die Länge gezogen, bevor es ans Eingemachte ging. Wohingegen bei der Auflösung am Schluss ein paar Logik-Löcher bzw. offene Fragen entstanden sind, die durchaus mehr Tiefe und Erklärungsbedarf benötigt hätten und somit ein nicht ganz zufriendenstellendes Ende bescheren.

Trotz allem ist es aber ein wirklich spannender, lesenswerter Thriller mit einem vielschichtigen Plot voller interessanter Twists, der mich gut unterhalten hat und eine tolle unblutigere Abwechslung zu den zuletzt gelesenen brutalen Psychothrillern darstellt!

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Veröffentlicht am 01.08.2022

Schöne Romantic-Escape-Story

Das kleine Café in Kopenhagen
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Kate, Angestellte in einer PR-Agentur, wird bei der anstehenden Beförderung von ihrem Kollegen Josh hinterrücks ausgebootet und sieht eine neue Chance mit der PR-Kampagne für das dänischen Hjem-Kaufhaus.
Dafür ...

Kate, Angestellte in einer PR-Agentur, wird bei der anstehenden Beförderung von ihrem Kollegen Josh hinterrücks ausgebootet und sieht eine neue Chance mit der PR-Kampagne für das dänischen Hjem-Kaufhaus.
Dafür muss sie 6 Journalisten für eine 5-tägige Entdeckungsreise nach Kopenhagen gewinnen, die dort mit dem dänischen „Hygge“ auf Tuchfühlung gehen sollen, um die Briten für die Lebensweise des glücklichsten Volkes auf dem Erdball zu begeistern.
Jedoch gestaltet sich dieses Vorhaben zunächst schwieriger als gedacht.
Kate hat anfangs Mühe, die mitunter sehr egozentrischen Charaktere zusammen zu halten und auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Und dann ist da auch noch Ben, der Wirtschaftsjournalist der zunächst gar keine Lust auf „Hygge“, „Kanelsnegle“ und die gesamte Pressereise hat und in dessen Gegenwart die Luft zu knistern anfängt.
„Das kleine Café in Kopenhagen“ ist das erste Buch aus der Romantic-Escape-Reihe von Julie Caplin.
Die Autorin verfügt über einen sehr angenehmen, flüssigen Schreibstil und hat es direkt geschafft, mich in Dänemarks wunderschöne Hauptstadt mitzunehmen und mit ihren detaillierten Beschreibungen gleich ein kleines bisschen Fernweh nach Dänemark auszulösen.
Mit Kate und Ben hat sie zudem zwei sehr sympathische Hauptprotagonisten geschaffen, bei denen es wirklich Spaß macht, die anfänglichen Schlagabtausche und mitzuerleben und dabei zu zuschauen, wie mit der Zeit die Funken zwischen den Beiden sprühen.
Der bunte Strauß an Nebencharakteren, der sich zunächst wie ein Sack voll Flöhe auf Klassenfahrt verhält, wirkt spätestens nach dem ein oder anderen Seelenstriptease nur noch halb so wild und es entwickelt sich eine zunehmend harmonische Gruppendynamik, die bis zum Ende anhält.
Am Schluss hat mich das Buch ein wenig enttäuscht, auch weil die Hauptprotagonistin durchaus mehr Selbstbewusstsein verdient hätte, als die Autorin ihr im Verlauf der Geschichte zugestand.
Insgesamt ein kurzweiliges Lesevergnügen, das mich an einigen Stellen zum Lachen gebracht hat und mir gleichzeitig Lust auf einen Dänemark-Urlaub bescherte.

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Veröffentlicht am 17.04.2024

Das gewisse Etwas fehlt

Weil ich an dich glaube – Great and Precious Things
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Afghanistanveteran Camden Daniels ist nach seinem Militärdienst unerwartet in seine Heimatstadt zurückgekehrt. Eigentlich wollte er Alba nie wieder betreten und vor allem ein Aufeinandertreffen mit Sullys ...

Afghanistanveteran Camden Daniels ist nach seinem Militärdienst unerwartet in seine Heimatstadt zurückgekehrt. Eigentlich wollte er Alba nie wieder betreten und vor allem ein Aufeinandertreffen mit Sullys Verlobter, Willow, vermeiden. Sein an Alzheimer erkrankter Vater hat in um Hilfe bei der Durchsetzung seiner Interessen zurück nach Hause gebeten, kann sich aber bei Camden’s Ankunft schon längst nicht mehr daran erinnern. Stattdessen hat er bei seinem Anblick sofort wieder im Kopf, dass Cam Schuld am Tod seines Bruders Sully trägt und so sorgt die Rückkehr in erster Linie für Skepsis und Gerede unter den Bewohnern der Kleinstadt. Nur Willow scheint sich über das Wiedersehen zu freuen, obwohl er gerade ihr gegenüber fest in einem widersprüchlichen Gefühlschaos steckt.

Die Covergestaltung und Farbschnitt sind wie gewohnt, ein wunderschöner Hingucker und auch die Thematik in der Story geht weit über eine simple Liebesgeschichte hinaus. Es dreht sich neben dem dem Umgang mit Trauer und Verlust, um Kriegserfahrungen und vor allem die Auswirkungen der Alzheimer-Erkrankung und die Patientenverfügung von Camden’s Vater.
Das Ganze wirkt jedoch sehr konstruiert, mit konservativen Moralvorstellungen und bedient dabei vor allem die typisch amerikanischen Kleinstadt-Klischees. Der Hauptprotagonist ist auch hier wieder ein selbstloser, starker Held in Militäruniform, allerdings auch depressiv und mit einem therapiewürdigem Aggressionsproblem, was mich jedoch nicht unbedingt stört.
Auch der Schreibstil der Autorin ist wie gewohnt, locker und flüssig und die Seiten fliegen nur so dahin. Insgesamt vermisse ich bei diesem Buch aber einfach diese besondere Magie, mit der mich Rebecca Yarros sonst so sehr gefangen nimmt.

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Veröffentlicht am 25.03.2024

Reale Fiktion

Das andere Tal
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Die 16-Jährige Halbwaise Odile soll nach dem Willen ihrer Mutter eine Laufbahn als Conseil einschlagen und so begleiten wir Odile zunächst abwechselnd zwischen Schule, ihrer Freizeit, die sie mit ihren ...

Die 16-Jährige Halbwaise Odile soll nach dem Willen ihrer Mutter eine Laufbahn als Conseil einschlagen und so begleiten wir Odile zunächst abwechselnd zwischen Schule, ihrer Freizeit, die sie mit ihren Freunden verbringt und einem herausfordernden Auswahlverfahren. Während sie anfängt, für ihren Freund Edme romantische Gefühle zu entwickeln, bekommt man außerdem einen Einblick in ihre außergewöhnlichen Lebensumstände. Sie wohnt in einem Tal, dessen Grenzen eingezäunt sind und gesichert werden, die verhindern sollen, dass Besucher ungehindert zwischen ihrem und den zwei anderen Tälern wandeln und so Einfluss auf das weltliche Geschehen nehmen können. Denn bei den Tälern östlich und westlich von ihrem, spielt sich das Leben in dem selben Dorf nur um 20 Jahre zeitversetzt ab. Daher darf ausschließlich im Trauerfall eines der anderen Täler besucht werden. Als Edme eines Tages verschwindet, scheint sein Schicksal also besiegelt.
Im zweiten Teil des Buches ist Odile bereits 36 Jahre alt und der Weg den sie inzwischen gegangen ist, ist ein gänzlich anderer.

Dieses Buch hat mir in in vielerlei Hinsicht einiges abverlangt. Von Beginn an entwickelte sich die Handlung nicht nur vollkommen anders, als ich es ursprünglich erwartet habe und hat außerdem immer wieder neue Fragen aufgeworfen, sowie beim Lesen jeder einzelnen Zeile volle Konzentration erfordert. Es ist nämlich keine Geschichte, die sich einfach nebenbei und zwischendurch liest.
Man muss sich auf die Atmosphäre und den sehr philosophisch anmutenden Charakter einlassen können, um in dieser zweifellos einzigartigen Erzählung anzukommen. Bei mir haben sich die eingelegten Lesepausen jedes Mal gerecht, in dem ich dadurch den Faden in dieser vielschichtigen Handlung, insbesondere bei Zeitsprüngen und Ortswechseln immer wieder verloren habe und ständig das Gefühl hatte, etwas überlesen zu haben.
Der Autor fordert seine Leserschaft übrigens nicht nur indirekt auf, sich auf ein philosophisches Gedankenexperiment einzulassen, sondern hat mich auch mittels seines sehr bildhaften Schreibstils zwischenzeitlich an meine persönlichen Grenzen gebracht. Gerade die Szenen, die eine körperliche Züchtigung von Schülern beschrieben, waren kaum zu ertragen.

Leider ist es am Ende kein Buch für mich, dennoch möchte ich an dieser Stelle auch nicht davon abraten, sondern bin mir sicher, dass andere Lesende das Potential dieser Geschichte anders wahrnehmen werden.

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