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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.12.2022

Ruhiger, atmosphärischer, unheimlicher Mystery-Thriller mit kleinen Schwächen!

Winter People - Wer die Toten weckt
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Spoilerfreie Rezension!

Klappentext

Durch einen grausamen Mord verliert Sara ihre kleine Tochter Gertie. Ein Brief mit einem uralten Geheimnis hilft ihr, Gertie von den Toten zurückzuholen — für sieben ...

Spoilerfreie Rezension!

Klappentext

Durch einen grausamen Mord verliert Sara ihre kleine Tochter Gertie. Ein Brief mit einem uralten Geheimnis hilft ihr, Gertie von den Toten zurückzuholen — für sieben Tage, in denen sie von ihrem geliebten Kind Abschied nehmen kann. Doch sie ahnt nicht, worauf sie sich einlässt. Denn manchmal finden die Toten nicht zurück. Und das Grauen hält Einzug in die Wälder von Vermont ...

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Figurale Erzählweise, Präteritum
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: mittel bis lang

Content Note / Inhaltswarnung: Tod von Menschen, Tierquälerei, Tod von Tieren, Trauer, Tod von Kindern, Blut, Gewalt, Depression, Suizidgedanken
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: ---

Rezension

„Als ich das erste Mal eine Schlafende sah, war ich neun Jahre alt.“ Seite 13

Vor vielen Jahren habe ich mir dieses Buch aufgrund des Klappentexts gekauft. Dann habe ich es einmal begonnen, aber schon nach wenigen Seiten wieder abgebrochen, weil es mich nicht sofort fesseln konnte. Daraufhin verstaubte es jahrelang in meinem Regal – nicht ohne mich vorwurfsvoll aus der Ferne anzuschauen. Zum Glück ging es einer Bookstagram-Kollegin genau gleich – schnell wurde eine Herbst-Leserunde ins Leben gerufen. Liebe Rika, danke für den bereichernden, spannenden Austausch!

War es eine gute Entscheidung, das Buch nach so vielen Jahren endlich vom SUB zu befreien? Ja, definitiv – auch wenn es sein volles Potential leider nicht ausschöpfen kann. Fest steht, dass man für diese Geschichte definitiv in der richtigen (ruhigen, geduldigen) Stimmung sein muss, denn die Story entfaltet sich sehr langsam und die Autorin nimmt sich viel Zeit für das Beschreiben des düsteren, winterlichen, frostigen Settings. Wer diese Geduld nicht mitbringt, wird das Buch schon nach wenigen Seiten abbrechen – und sollte sich vermutlich auch nicht durchkämpfen, weil das Erzähltempo bis zum letzten Drittel so gemächlich bleibt. Gerade durch diesen Schreibstil (und den Kontrast zwischen der unaufgeregten Erzählweise der Autorin und den schockierenden, brutalen Vorkommnissen, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen) entstehen aber eine dichte, zeitweise richtig unheimliche Atmosphäre und so mancher Gänsehautmoment. Das hat mir richtig gut gefallen!

„Auntie, sag es mir bitte“, bettelte ich. „Können die Toten zurückkehren?“
[…]
„Ja“, antwortete sie schließlich. „Es gibt einen Weg.“ Seite 19

Erzählt wird die Geschichte auf zwei Zeitebenen; ein Handlungsstrang spielt am Beginn des 20. Jahrhunderts und zwei weitere finden in der Gegenwart statt. Ich mochte beide Zeitebenen. Richtig gefesselt hat mich die Geschichte jedoch erst nach ca. 150 Seiten, danach konnte ich aber kaum noch aufhören. Mit dem Figurenensemble bin ich insgesamt ebenfalls zufrieden – auch wenn die Charaktere nicht immer besonders sympathisch sind und mir nicht wirklich ans Herz gewachsen sind. Sie hätten schon noch etwas mehr Tiefe vertragen können.

In „Winter People“ stehen der Tod des eigenen Kindes und Trauer im Mittelpunkt, aber auch Schuldgefühle, Übernatürliches und psychische Krankheiten bis hin zur Suizidalität werden thematisiert – einmal mehr und einmal weniger tiefgründig. Sicher keine leichte Lektüre – wer vor kurzem Ähnliches erlebt hat, sollte diesen Roman deshalb auf jeden Fall meiden. Im letzten Drittel hat mich die Geschichte dann etwas verloren, weil die Handlung sich dann stärker um menschliche Probleme und Konflikte dreht, ein bisschen zu einem 0815-Thriller mutiert und das Übernatürliche etwas zu sehr in den Hintergrund tritt. Meiner Meinung nach hätte man aus diesem Buch noch viel mehr herausholen können. Insgesamt wurde ich aber trotzdem gut unterhalten und konnte einige kurzweilige Lesestunden mit dieser Geschichte verbringen.

Aus feministischer Sicht gibt es übrigens nichts auszusetzen, weil die Geschichte voller starker, intelligenter, komplexer Frauenfiguren und fast frei von Geschlechterklischees ist. Den Bechdel-Test besteht das Buch problemlos. Ich kann mir sehr gut vorstellen, in der Zukunft wieder einmal ein Buch von Jennifer Mahon zu lesen.

Mein Fazit

Wer in der richtigen (geduldigen) Stimmung ist, wird mit dem zwar ruhig, aber sehr atmosphärisch erzählten Mystery-Thriller „Winter People“ einige unterhaltsame, kurzweilige Stunden verbringen können. Wer sich jedoch atemlose Spannung und Action erwartet, sollte um dieses Buch lieber einen großen Bogen machen! Mir hat die Geschichte jedenfalls insgesamt wirklich gut gefallen, deshalb gibt es von mir 4 Sterne und eine (eingeschränkte) Leseempfehlung!

Bewertung

Cover / Aufmachung: 3 Sterne
Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 4 Sterne
Umsetzung: 4 Sterne
Worldbuilding: 4 Sterne
Einstieg: 2 Sterne
Ende: 3 Sterne
Schreibstil: 4 Sterne
Protagonistinnen: 4 Sterne
Figuren: 4 Sterne
Spannung: 3 Stern
Wendungen: 3 Sterne
Atmosphäre: 5 Sterne ♥
Emotionale Involviertheit: 3,5 Sterne
Feministischer Blickwinkel: 5 Sterne ♥
Einzigartigkeit: 4 Sterne

Insgesamt:

❀❀❀❀ Sterne

Dieses Buch bekommt von mir vier zufriedene Sterne!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.10.2022

Spannendes, tiefgründiges Kinderbuch mit starker weiblicher Heldin!

Superhenne Hanna
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Achtung: Die Rezension enthält Spoiler!

Inhalt

Hanna ist alles andere als ein gewöhnliches Huhn: Sie ist 99 Jahre alt, kann sprechen, schreiben und lesen und hat einen großen Gerechtigkeitssinn. Als ...

Achtung: Die Rezension enthält Spoiler!

Inhalt

Hanna ist alles andere als ein gewöhnliches Huhn: Sie ist 99 Jahre alt, kann sprechen, schreiben und lesen und hat einen großen Gerechtigkeitssinn. Als sie in der Umgebung ihres Bauernhofs eine Hühnerfabrik mit Legebatterien entdeckt, ist für sie klar: Sie muss etwas dagegen tun und ihre armen „Schwestern“ retten!

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band 1 von 2
Erzählweise: Ich-Erzählweise, Präteritum
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: mittel bis lang
Tiere im Buch: + / - Hühner werden gequält, verletzt und sterben (durch Fuchs, Überanstrengung, Krankheiten). Die Hauptfigur setzt sich allerdings für bessere Lebensbedingungen ein und hat damit Erfolg – es gibt also ein Happy End für die Legehühner.
Content Note / Inhaltswarnung: Tod von Tieren, Tierquälerei, Gewalt
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): nicht bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: ---


Rezension

„Ein Huhn kann kein Buch schreiben? Normalerweise nicht, das stimmt. Aber ich bin eben keine normale Henne. Ich bin sogar eine ziemlich außergewöhnliche Henne!“ Seite 7

„Superhenne Hanna“ habe ich gelesen, weil die Geschichte in vielen Schulen immer noch als leicht verständliche, spannende Einstiegsschullektüre (empfohlenes Alter: 9-11 Jahre) verwendet wird und als Kinderbuchklassiker gilt – auch wenn sie schon 1977 zum ersten Mal erschienen ist.

Der Schreibstil ist für die Zielgruppe sehr gut geeignet und leicht verständlich, enthält aber trotzdem auch komplexere Sätze. Schwierige Wörter werden praktischerweise gleich am Buchanfang erklärt. Der Einstieg ins Buch gelingt schnell, denn Hanna ist eine interessante Figur und Ich-Erzählerin, die man gerne durch die Geschichte begleitet. Besonders erstaunlich für ein Buch von einem männlichen Autor, das vor über 40 Jahren erschienen ist: die starke, mutige weibliche Hauptfigur, die sich immer wieder gegen starre Rollenbilder wehrt und dem Hahn auch schon mal eine körperliche Abreibung verpasst, wenn er frech wird, sie zu dominieren versucht oder sie maßregeln will! Aus diesem Grunde kann dieses Buch aus feministischer Sicht auch 2022 immer ohne Bedenken gelesen werden – und das, obwohl es den Bechdel-Test (leider!) nicht besteht (weil die gequälten Hennen der Hühnerfabrik leider namenlos bleiben) und alle mächtigen Figuren (Unternehmer, Landwirtschaftspräsident) männlich sind.

„Alle [Hähne] haben versucht mir einzureden, mein Platz sei im Hühnerstall und nirgendwo sonst. Alle haben gemeint, weil sie Hähne sind, seien sie die Herren und die Hühner müssten machen, was der Herr befiehlt. Das ist bei uns aber überhaupt nicht so. Die Hühner betrachten mich als Anführerin und der Hahn hat überhaupt nichts zu sagen.“ Seite 15

„Jeder Hahn, der auf den Hof kam, hat anfangs versucht mich unterzukriegen. Jeder dachte: Na, die werde ich einmal ordentlich verprügeln, dann pariert sie schon! Das ist aber bisher noch keinem gelungen. Blutend und zerrupft mussten sie wieder abziehen. Wer meine scharfen Krallen einmal gespürt hat, vergisst das nie!“ Seite 15

Für ein Kinderbuch ist „Superhenne Hanna“ auch außergewöhnlich spannend, wendungsreich und tiefgründig geschrieben. Zentral sind hierbei die Themen Tierschutz, Mitgefühl, Zusammenhalt, Gerechtigkeit, Freundschaft, Mut und gesellschaftliches Engagement – hierbei lernen die Schüler:innen, dass jede:r eine Veränderung bewirken kann, wenn mensch sich nur genug anstrengt. Hanna selbst, die sich nichts sagen und sich niemals einschüchtern lässt, kann hierbei sehr gut als Vorbild dienen!

Am Schluss wird die gelungene Geschichte noch zu einem runden Happy End geführt, das mich (und sicher auch die Zielgruppe) zufrieden zurücklässt. Lediglich einen Kritikpunkt gibt es von mir: Da Legebatterien in Österreich bereits seit einigen Jahren in der konventionellen Landwirtschaft verboten sind (2019 haben die letzten 8 Betriebe umgestellt) ist das Thema zwar nicht mehr ganz aktuell, aber die Grundbotschaft (Wichtigkeit von Tierschutz, artgerechter Haltung, gesellschaftlichem Engagement) bleibt gültig, richtig und wertvoll und kann nach wie vor in den Klassen diskutiert werden.

„‘Irgendwie verstehe ich das schon, dass die Menschen kein Mitleid mit uns Hühnern haben. Sie empfinden ja oft nicht einmal für die eigenen Mitmenschen Mitleid.‘“ Seite 50


Mein Fazit

Für mich ist „Superhenne Hanna“ ein überraschend spannendes, wendungsreiches und tiefgründiges Kinderbuch, das sehr gut für die junge Zielgruppe geeignet ist. Besonders gut gefallen haben mir die starke weibliche Hauptfigur, der angenehm lesbare Schreibstil und die wichtigen Themen (Tierschutz, Mitgefühl, gesellschaftliches Engagement), die sich auch im Jahre 2022 noch sehr gut mit einer Klasse lesen und diskutieren lassen. Ich spreche daher gerne eine Leseempfehlung (besonders an alle Lehrer:innen) aus!


Bewertung

Cover / Aufmachung: 3 Sterne
Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 5 Sterne ♥
Umsetzung: 4 Sterne
Worldbuilding: 4 Sterne
Einstieg: 4 Sterne
Ende: 4 Sterne
Schreibstil: 4 Sterne
Protagonistin: 5 Sterne ♥
Figuren: 4 Sterne
Spannung: 4 Sterne
Wendungen: 4 Sterne
Atmosphäre: 3 Sterne
Emotionale Involviertheit: 4 Sterne
Feministischer Blickwinkel: 4 Sterne
Einzigartigkeit: 4 Sterne

Insgesamt:

❀❀❀❀ Sterne

Dieses Buch bekommt von mir vier zufriedene Sterne!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.08.2022

Unterhaltsam, wunderschön geschrieben – aber leider nicht so großartig wie erwartet!

Caraval
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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Seit Scarlett ein Kind ist, wünscht sie sich, am legendären Spiel „Caraval“ teilzunehmen. Nur wenige Tage vor ihrer Hochzeit mit einem unbekannten Grafen bietet sich ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Seit Scarlett ein Kind ist, wünscht sie sich, am legendären Spiel „Caraval“ teilzunehmen. Nur wenige Tage vor ihrer Hochzeit mit einem unbekannten Grafen bietet sich endlich die Gelegenheit. Scarlett kann viel gewinnen, hat aber auch viel zu verlieren – sie beschließt mitzuspielen und riskiert damit alles. Und schon bald muss sie feststellen, dass „Caraval“ nicht nur voller Magie und Schönheit steckt, sondern auch voller Gefahren…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band 1 von 3
Erzählweise: Figuraler Erzähler, Präteritum
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: kurz bis mittel

Tiere im Buch: + Im Buch werden keine Tiere verletzt, gequält oder getötet.
Inhaltswarnung: Tod von Menschen, Gewalt gegen Frauen, sexualisierte Gewalt, Sexismus, Diskriminierung, Blut, psychische Krankheiten, Suizidgedanken, Suizid
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: Miststück

Rezension

„Was auch immer ihr über Caraval gehört habt, es kommt der Wirklichkeit nicht einmal nahe. Es ist mehr als nur ein Spiel oder eine Vorstellung. Es ist das, was der Magie in dieser Welt am nächsten kommt.“ Seite 20

Nachdem mir „Caraval“ immer wieder und mit einem gewissen Nachdruck von Julia @seiten_hieb ans Herz gelegt wurde (sie kann wirklich überzeugend sein!), war ich irgendwann so neugierig, dass ich das Buch unbedingt lesen musste.

Konnte „Caraval“ meine hohen Erwartungen erfüllen? Nicht ganz! Aber war es trotzdem gut und hat mich gut unterhalten? Ja, auf jeden Fall! Besonders positiv aufgefallen ist mir der anschauliche und vor allem sehr blumige und bildliche Schreibstil von Stephanie Garber. Manche Szenen fand ich wirklich wunderschön, eindringlich, emotional und mitreißend geschrieben. Meiner Meinung nach ist die Sprache deshalb die größte Stärke dieser Fantasy-Geschichte!

Auch Scarlett, die Protagonistin, die ihr Leben lang vernünftige Entscheidungen getroffen und ihre Gefühle unterdrückt hat und plötzlich aus ihrer Komfortzone in ein unberechenbares, abenteuerliches Spiel geworfen wird, hat mich überzeugt! Ihre Liebe zu ihrer Schwester wurde sehr glaubhaft vermittelt, ihre Gedanken- und Gefühlswelt (interessant dabei: Scarlett ist eine Synästhetikerin, für sie haben alle Gefühle bestimmte Farben) intensiv und nachvollziehbar geschildert, sodass ich mich mit ihr identifizieren konnte. Die Entwicklung, die sie im Laufe des Buches durchmacht, fand ich zudem glaubwürdig und gelungen.

Die anderen Figuren sind (bis auf wenige Ausnahmen) ebenso liebevoll ausgearbeitet und wirken dreidimensional – und manche von ihnen sind undurchschaubar. Man weiß lange nicht, wem man vertrauen kann – so etwas liebe ich ja sehr bei Büchern! Die kleine Liebesgeschichte fand ich zudem ganz nett und süß gemacht – ich mochte sie. Aus feministischer Sicht ist das Buch ebenfalls empfehlenswert, da es voller starker weiblicher Figuren steckt und zwar (sexualisierte) Gewalt gegen Frauen vorkommt (hier kann man natürlich diskutieren, ob das in dem Ausmaß in einem Jugendbuch sein muss), diese aber dafür altersgerecht angesprochen und kritisiert wird.

In „Caraval“ beschäftigt sich die Autorin thematisch mit Familiengeheimnissen, Liebe, dem Widerspruch zwischen Vernunft und Gefühl, Verantwortung, Emanzipation vom Vater und Freiheit – und geht dabei für einen Jugendroman angemessen in die Tiefe. Die Schlussfolgerungen der Heldin werden dabei stets ausformuliert, sodass einem als Leserin auch ja nichts entgehen kann – hier merkt man dem Buch sein Zielpublikum an, was mich aber überhaupt nicht gestört hat.

Die dichte, mysteriöse Atmosphäre, die gerade im ersten Drittel geschaffen wird, und die faszinierende Insel von Legend mit ihren vielen liebevollen, kreativen Details zogen mich ganz in ihren Bann und erinnerten mich stark an „Alice im Wunderland“ und den „Nachtzirkus“ von Erin Morgenstern – beides Bücher, die ich ebenfalls (sehr) mochte. In seinen besten Momenten ist die Geschichte atemlos spannend, wendungsreich und man kann kaum aufhören, weiterzulesen!

Ein neues Lieblingsbuch ist „Caraval“ trotzdem leider nicht geworden. Woran es lag? Zum einen am Spannungseinbruch im Mittelteil, als die Handlung stagniert und einige Zeit lang nicht viel passiert. Zum anderen habe ich mir das SPIEL selbst nach den vielen begeisterten, schwärmerischen Rezensionen einfach viel actionreicher, viel großartiger, viel unvergesslicher, ja, einfach viel EPISCHER vorgestellt. In den Spielnächten mischen sich banaler Alltag (Restaurantbesuche und Einkäufe) und das gefährliche Spiel, Teilnehmer·innen und Tourist·innen, die sich die Insel einfach nur anschauen wollen – sodass einem oft nicht einmal klar ist, wer gerade spielt und wer nicht. Auch von der Suche nach den Hinweisen, von den verschiedenen Aufgaben, die gestellt werden, habe ich mir einfach mehr erwartet! Noch dazu verliert die Hauptfigur durch unvorhergesehene Ereignisse einen ganzen Spieltag; in dieser Zeit passiert dementsprechend wenig – verschenktes Potential in meinen Augen! Hier kam es mir so vor, als wären der Autorin nach ihrem grandiosen Anfang die Ideen ausgegangen…

Trotzdem hat mich „Caraval“ insgesamt gut unterhalten und da Band 2 noch besser als der Auftakt sein soll, werde ich natürlich weiterlesen – und zwar schon im November und erneut zusammen mit Melissa. Darauf freue ich mich schon sehr!

„Die Wärme schmeckte nach Licht, sie prickelte auf der Zunge, rann ihr süß die Kehle hinab, brachte alles von ihren Zehen bis zu den Fingerspitzen zum Kribbeln.“ Seite 90

Mein Fazit

„Caraval“ ist ein unterhaltsames, schön erzähltes, wendungsreiches, atmosphärisches Jugendbuch mit einer starken Heldin, mit dem ich ein paar schöne Lesestunden verbringen konnte. Meine hohen Erwartungen konnte es leider trotzdem nicht erfüllen: Das Spiel selbst habe ich mir einfach epischer, spannender und unvergesslicher vorgestellt! Für eine Leseempfehlung (sowohl für jung gebliebene Erwachsene als auch für Jugendliche) reicht es natürlich trotzdem aus. Wer „Alice im Wunderland“ von Lewis Carroll und den „Nachtzirkus“ von Erin Morgenstern mochte, wird mit diesem Jugendbuch (wie ich) seinen Spaß haben!

Bewertung

Cover / Aufmachung: 5 Sterne ♥
Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 5 Sterne ♥
Tiefe: 4 Sterne
Umsetzung: 4 Sterne
Worldbuilding: 3,5 Sterne
Einstieg: 4 Sterne
Ende: 3 Sterne
Schreibstil: 5 Sterne ♥
Protagonistin: 4 Sterne
Figuren: 4 Sterne
Liebesgeschichte: 4 Sterne
Spannung: 3,5 Sterne
Tempo: 3 Sterne
Wendungen: 5 Sterne ♥
Atmosphäre: 4 Sterne
Emotionale Involviertheit: 5 Sterne ♥
Feministischer Blickwinkel: 4 Sterne
Einzigartigkeit: 5 Sterne ♥

Insgesamt:

❀❀❀❀ Sterne

Dieses Buch bekommt von mir 4 Sterne!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.08.2022

Spannende, atmosphärische Sommerlektüre, die zum Miträtseln einlädt!

Das Hotel
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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Endlich Urlaub, endlich Zeit für Entspannung! Trotzdem kann Single Alice die schöne Zeit im luxuriösen Hotel nicht richtig genießen, denn die strengen Regeln und das ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Endlich Urlaub, endlich Zeit für Entspannung! Trotzdem kann Single Alice die schöne Zeit im luxuriösen Hotel nicht richtig genießen, denn die strengen Regeln und das seltsame Verhalten des Personals lassen sie misstrauisch werden. Irgendwas stimmt hier nicht, oder?

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Ich-Erzählerin, Präsens
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: kurz

Tiere im Buch: + Im Buch werden keine Tiere verletzt, gequält oder getötet.
Triggerwarnung: Tod von Menschen, Blut, Gewalt, Medikamente, Depression, Suizidgedanken, Krankheit
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: Weib

Kurzrezension

„Ich lächle. Dieser Urlaub ist alles, was wir wollten – und dieses Hotel scheint perfekt dafür.“ E-Book, Position 210

Da „Das Hotel“ mit seinem Urlaubssetting nach der perfekten, spannenden Sommerlektüre klang, konnte ich ihm nicht widerstehen. Der angeblich kreative Twist, der in vielen Rezensionen gelobt wurde, machte mich zusätzlich neugierig – denn welche Leserin weiß gut gemachte überraschende Wendungen nicht zu schätzen?

Doch wie gelungen ist dieser Thriller aus österreichischer Feder wirklich? Meiner Meinung nach macht das „Hotel“ tatsächlich sehr viel richtig: Der flüssige, extrem angenehme und anschauliche Schreibstil lässt einen nur so durchs Buch fliegen, auch die Atmosphäre ist dicht, kafkaesk und zunehmend beunruhigend. Sie nimmt einen schnell gefangen.

Überhaupt entwickelt der Thriller stellenweise so einen Sog, dass man ihn kaum zur Seite legen kann. Die mysteriösen Vorkommnisse und das seltsame Verhalten des Personals ließen nicht nur die Protagonistin, sondern auch mich als Leserin misstrauisch werden. Oft sind es nur kleine Details, die einen denken lassen: Hier stimmt doch etwas ganz und gar nicht! Die stufenweise Eskalation und die Protagonistin, die sich schon bald fragen muss, ob sie vielleicht langsam verrückt wird, haben mich an den Horrorfilm „Mother!“ erinnert.

Besonders viel Spaß hat mir das Miträtseln gemacht – jede Beobachtung lässt einen neue, immer ausgefallenere Theorien aufstellen und wieder verwerfen. Genau so wünsche ich mir das bei einem Thriller! Die ungewöhnliche Auflösung hat mich tatsächlich überrascht und überzeugt. Wichtig: Im Vorhinein sollte man am besten so wenig wie möglich über dieses Buch lesen – schon ein Stichwort zu viel könnte den Lesespaß erheblich schmälern!

Überzeugen konnte mich auch die empathische, intelligente, selbstbewusste Protagonistin, die sich nichts sagen lässt und deren Verhalten, Gedanken und feministische Kommentare ich immer sehr gut nachvollziehen konnte. Die meisten anderen Figuren nehmen nur kleine Rollen ein, aber auch sie wirkten auf mich echt und glaubwürdig. Überraschenderweise konnte mich auch die kleine „verbotene“ Liebesgeschichte begeistern (die zum Glück nicht zu viel Raum einnimmt). Ich mochte den Love Interest (spätestens nach seinem Plädoyer gegen das Slutshaming von Frauen hatte er sowieso mein Herz gewonnen! ♥) und fand die zwei echt süß zusammen! Für mich war es jedenfalls sicher nicht das letzte Buch der Autorin – ihren Fantasy-Roman „Das Herz im Glas“ möchte ich unbedingt auch noch lesen.

Lediglich zwei kleine Schönheitsfehler sind mir aufgefallen. Zum einen gibt es im Mittelteil durch ein paar inhaltliche Wiederholungen kleinere Spannungseinbrüche – hier hätte man die Geschichte sicher noch kürzen und dem Thriller so mehr Tempo verleihen können. Zum anderen wurden mir die Auflösung und das Ende (das ich aber trotzdem mochte) etwas zu schnell abgehandelt. Mein Lesespaß wurde dadurch aber zum Glück nicht getrübt!

„Als sich die Türen mit einem „Pling!“ öffnen, platzt die Familie raus wie Popcorn.“ E-Book, Position 108

Mein Fazit

Ich habe genau das bekommen, was ich mir vom „Hotel“ gewünscht habe: eine spannende, atmosphärische Sommerlektüre für den Strand oder den heimischen Balkon, die Urlaubsfeeling aufkommen lässt, sehr gut unterhält und zum Miträtseln einlädt. Die genau richtige Portion Liebe ist auch dabei. Daher empfehle ich euch dieses Buch gerne weiter!

Bewertung

Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 4 Sterne
Tiefe: 4 Sterne
Umsetzung: 4 Sterne
Worldbuilding: 4 Sterne
Einstieg: 4 Sterne
Ende: 4 Sterne
Schreibstil: 5 Sterne
Protagonistin: 5 Sterne ♥
Figuren: 4 Sterne
Liebesgeschichte: 5 Sterne ♥
Spannung: 5 Sterne ♥
Tempo: 4 Sterne
Wendungen: 5 Sterne ♥
Atmosphäre: 5 Sterne ♥
Emotionale Involviertheit: 4 Sterne
Feministischer Blickwinkel: 4 Sterne
Einzigartigkeit: 5 Sterne ♥

Insgesamt:

❀❀❀❀ Sterne

Dieses Buch bekommt von mir 4 Sterne!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.08.2022

Atemlos spannend, fesselnd und atmosphärisch – ein Thriller, der Spaß macht!

Meine beste Freundin
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Achtung: Die Rezension enthält Spoiler! Vor diesen wird aber im Text noch einmal gewarnt.

Inhalt

Nach einem schrecklichen Unfall bei einer Büro-Party ist Lizzies ehrgeizige Kollegin Becca ganz von ...

Achtung: Die Rezension enthält Spoiler! Vor diesen wird aber im Text noch einmal gewarnt.

Inhalt

Nach einem schrecklichen Unfall bei einer Büro-Party ist Lizzies ehrgeizige Kollegin Becca ganz von der Bildfläche verschwunden. Eines Tages findet Lizzie eine Instagram-Seite: Anscheinend hat Becca ein neues Leben begonnen, ist verheiratet und hat ein Kind. In einer Nachricht an ihre beste Freundin lästert Lizzie über das Baby ab – doch sie schickt die Nachricht versehentlich an Becca selbst. Ein folgenschwerer Fehler. Wozu ist Becca fähig?

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Ich-Erzählerin, Präsens
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: mittel bis lang

Tiere im Buch: + / - Eine Katze wird einzeln gehalten (das ist Tierquälerei, Katzen bitte immer mindestens zu zweit halten!) und vernachlässigt und eine Katze und ein Hund werden getreten. Es wird kurz beschrieben, wie eine Ratte getötet wird.
Triggerwarnung: Tod von Menschen, Blut, Gewalt (auch gegen Frauen), Fehlgeburt, Tierquälerei, Alkohol, psychische Krankheiten
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: Zicke, Tussi, Miststück, Fo+++, Hu++

Warum dieses Buch?

Ich habe immer nur positive Rezensionen zum Buch gesehen, wodurch ich auch immer neugieriger wurde. Besonders das Fazit von @wiener_buchwurm (Instagram) ist mir da in Erinnerung geblieben, denn ihre Begeisterung ist sehr ansteckend! :)

Kurzrezension

Das mochte ich…

+ den starken, extrem spannenden, mitreißenden Anfang. Selten zuvor hat mich ein Thriller schon so früh gefesselt wie „Meine beste Freundin“! Ich konnte das Buch kaum weglegen.
+ den unglaublich angenehmen, flüssigen, anschaulichen Schreibstil, durch den man nur so durch die Seiten fliegt! Unglaublich, dass die Autorin dieses Buch in nur 6 Wochen geschrieben hat!
+ die authentische, durchaus charmante, , liebevoll ausgearbeitete Protagonistin, mit der ich trotz ihrer Schwächen und Fehler durchgehend mitgefühlt und mitgefiebert habe.
+ die unheilvolle, ja, fast schon unheimliche Grundstimmung, die das ganze Buch durchzieht und für Gänsehaut sorgt.
+ die anderen Figuren, die auch als dreidimensional und echt empfand.
+ das alltägliche Setting dieses „Domestic Thrillers“ (Haus, Arbeit, Alltag), aus dem die Autorin aber sehr viel gemacht hat.
+ den wendungsreichen Plot und die Themen (Eifersucht, Liebe, Ehrgeiz, Freundschaft, Geheimnisse, Rache), die die Autorin auch mit angemessener Tiefe behandelt.

„Ich werde das Gefühl nicht los, dass etwas Schlimmes passieren wird, etwas Schlimmeres als ohnehin schon.“ Seite 105

Das lässt mich zwiegespalten zurück…

~ der Spannungsbogen. Nach der atemlosen Spannung in der ersten Hälfte, kommt es zu einem Spannungseinbruch im Mittelteil, von dem sich die Geschichte aber später wieder erholt.
~ der Feminismus. Das Buch enthält zwar viele starke, intelligente Frauenfiguren und besteht den Bechdel-Test, leider gibt es aber auch einige gegenderte Beleidigungen, Stutenbissigkeit und ein paar Genderstereotype. Außerdem hat die Protagonistin ziemlich toxische, sexistische Vorstellungen von Dating (weil sie einfach zu viele „Frauenmagazine“ über dieses Thema gelesen hat).

„Die Schlaftablette verlangsamt mein Denkvermögen, als würde mein Gehirn mit einem veralteten Betriebssystem arbeiten, das dringend aktualisiert werden müsste.“ Seite 100

Das hat mir nicht gefallen…


Achtung: Spoiler!

- die Wendungen und die Auflösung am Schluss, die ich unglaubwürdig fand und die mir einfach „too much“ (= zu übertrieben) war. Zum Beispiel wird eine Figur von einem auf den anderen Moment so dermaßen comic-haft böse und „verrückt“, dass ich es ihr nicht abnehmen konnte. Außerdem verhält sich die Polizei derart unprofessionell und dilettantisch, dass es zum Haareraufen war. Warum wird Lizzie plötzlich alles (jede noch so unwahrscheinlich klingende Aussage) geglaubt, obwohl sie vorher schon als verdächtig galt? Warum wird die Polizei nicht misstrauisch, als sie die riesigen Urinpfützen im Obergeschoss findet und den Zustand bemerkt, in dem das Opfer ist (dehydriert, ältere Verletzungen, Spuren der Handschellen)? Warum werden keine DNA-Spuren und Urinproben genommen, obwohl alles darauf hindeutet, dass das Opfer längere Zeit in diesem Raum eingesperrt war? Warum wird Lizzie einfach geglaubt, dass die Urinpfützen von der Katze stammen (auch dann hätte die Polizei doch zumindest wegen Tierquälerei ermitteln müssen)? Fragen über Fragen! Doch auch wenn mich das Ende mit seinen Logiklöchern ziemlich enttäuscht hat, konnte es den Lesespaß, den ich davor hatte, natürlich nicht auslöschen. Deshalb ziehe ich auch nur einen Stern ab!

Spoiler-Ende!


Mein Fazit

„Meine beste Freundin“ ist in meinen Augen ein kleiner, aber feiner, atemlos spannender, sehr atmosphärischer und mitreißender „Domestic Thriller“, der wirklich Spaß macht! Besonders gut gefallen haben mir der fesselnde Schreibstil und die unheilvolle Grundstimmung. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen – und ihr werdet das auch nicht können. Von mir gibt es deshalb eine Leseempfehlung!

Bewertung

Idee: 4 Sterne
Inhalt, Themen, Botschaft: 4 Sterne
Tiefe: 4 Sterne
Umsetzung: 4 Sterne
Worldbuilding: 5 Sterne ♥
Einstieg: 5 Sterne ♥
Ende: 2 Sterne
Schreibstil: 5 Sterne ♥
Protagonistin: 5 Sterne
Figuren: 4 Sterne
Spannung: 4 Sterne
Tempo: 4 Sterne
Wendungen: 3,5 Sterne
Atmosphäre: 5 Sterne ♥
Emotionale Involviertheit: 5 Sterne ♥
Feministischer Blickwinkel: 3 Sterne
Einzigartigkeit: 4 Sterne

Insgesamt:

❀❀❀❀ Sterne

Dieses Buch bekommt von mir 4 zufriedene Sterne!

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