Eher ein Familienroman als ein Thriller
Die Fremde in meinem HausRezension: Der Einstieg ins Buch erfolgt mit einer Nachricht in einem sozialen Netzwerk. Susie wird von der 15–jährigen Anna angeschrieben, die behaupt, ihre Tochter Sky zu sein. Susie ist von dieser Nachricht ...
Rezension: Der Einstieg ins Buch erfolgt mit einer Nachricht in einem sozialen Netzwerk. Susie wird von der 15–jährigen Anna angeschrieben, die behaupt, ihre Tochter Sky zu sein. Susie ist von dieser Nachricht überfordert, denn sie hat wirklich in jungen Jahren eine Tochter zur Welt gebracht und zur Adoption freigegeben. Dieser Schritt lastet nun seit jeher auf ihrem Gewissen – dies verschlimmert sich, als Anna von ihren strengen Adoptiveltern erzählt. Susie beschließt darauf hin, Sky zu helfen, damit es ihr besser geht und so zieht das junge Mädchen bei ihr ein. Eigentlich versuchte Susie gerade, mit ihrem Mann eine Familie zu gründen. Somit sieht der familiäre Alltag anders aus geplant, doch erstmal scheint alles gut. Dies ändert sich, als Susie nach einer Weile immer mehr merkwürdige Verhaltensweisen an Anna auffallen. Bald wird klar, dass hier irgendetwas nicht zu stimmen scheint. Verfolgt Anna tatsächlich einen geheimen Plan, von dem Susie nichts ahnt?
Der Autor widmet sich dabei recht schwierigen Themen. Es geht um Adoption, Kindeswohlgefärdung, Jugendrecht, die Mühlen des Sozialsystems, aber auch sexuelle Belästigung, MeToo, Missbrauch und Verleumdung. Denn Susies Ehemann Gabe, ein ehemaliges Boygroupmitglied, sieht sich bald mit schweren Vorwürfen konfrontiert – was tatsächlich ein paar Parallelen zu einem aktuellen Fall in der Musikbranche aufweist.
Die Ausgangssituation mit der auftauchenden Adoptivtochter hat mir sehr gut gefallen. Die Stimmung ist von Anfang an düster und geheimnisvoll, sodass ich große Erwartungen an den Fortgang der Handlung hatte. Schon im ersten Drittel nahm die Spannung allerdings deutlich ab – der Thriller wurde dann eher zur reinen Familiengeschichte. Immer wieder kommen Längen auf, was mich manchmal etwas frustriert hat. Gut gefallen hat mir der Schreibstil aus der Ich–Perspektive. Dadurch konnte ich mich gut in das Geschehen hineinversetzen. Teilweise fand ich einige Formulierungen etwas merkwürdig, was aber an der Übersetzung liegen mag. Die Charaktere sind authentisch dargestellt, wobei mir beide nicht sympathisch waren. Das hatte aber auch seinen Reiz und stellt für mich keinen Kritikpunkt dar. In einigen Situationen konnte ich die Entscheidungen von Susie nicht nachvollziehen und war regelrecht verwirrt, warum sie gewisse Dinge (nicht) tut. Ebenso verwundert war ich über das Ende. Hier hatte ich mit eine spannende Wendung mit einem großen Knall gewünscht – das war leider nicht der Fall. Das Ende war in Ordnung und glaubhaft, aber das Spannungspotential wurde auch hier nicht voll ausgenutzt.
Insgesamt ist „Die Fremde in meinem Haus“ eine solide Familiengeschichte, die mich aufgrund der genannten Schwächen nicht voll überzeugen konnte.