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Veröffentlicht am 05.10.2022

Solide, gute Unterhaltung, aber kein Highlight

Die versteckte Apotheke
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Im London des 18. Jahrhunderts lernt das Mädchen Eliza die Apothekerin Nella kennen, die auf illegale Weise unterdrückten Frauen hilft. Eliza möchte Nella bei ihrer Arbeit unterstützen, doch ihr Tun darf ...

Im London des 18. Jahrhunderts lernt das Mädchen Eliza die Apothekerin Nella kennen, die auf illegale Weise unterdrückten Frauen hilft. Eliza möchte Nella bei ihrer Arbeit unterstützen, doch ihr Tun darf auf keinen Fall an die Öffentlichkeit dringen….
In der Gegenwart findet Caroline, die in London ihren Urlaub verbringt, Hinweise, die sie zu Nellas Geschichte führen. Was geschah damals wirklich?

Sarah Penner schreibt unkompliziert, leicht verständlich und flüssig aus zwei Perspektiven, der von Nella in der Vergangenheit und der Carolines in der Gegenwart. Das Leben der beiden Protagonistinnen wird dabei immer gründlicher beleuchtet. Caroline recherchiert zudem zu Nellas Vergangenheit. Am Ende ergibt sich eine Verbindung der beiden Frauen und ein schlüssiges Gesamtbild.

Caroline hat gerade herausgefunden, dass ihr Mann sie betrügt. Sie ist enttäuscht, sucht in London Ruhe. Doch als sie ein kleines mysteriöses Fläschchen in der Themse findet, ist ihre Neugier geweckt, schließlich hat sie Geschichte studiert, arbeitet aber nunmehr in einer anderen Branche. Sie beginnt mit Nachforschungen und macht sich dabei auch Gedanken über ihre eigene Situation.
Nella setzt sich für schwache Frauen ein und begibt sich dabei selbst in große Gefahr. Sie führte in der Vergangenheit ebenfalls eine unglückliche Beziehung, eine Parallele zu Caroline.
Beide Frauen werden nachvollziehbar dargestellt, sie erreichten mich aber nicht richtig, blieben mir fremd. Zu der jungen Eliza, die sofort von Nella fasziniert ist, konnte ich eher einen Bezug finden.

Erstaunlich und ziemlich spannend, was sich im London des 18. Jahrhunderts hinter verschlossenen, geheimen Türen abspielt. Nellas Geschichte wird über weite Strecken ziemlich packend erzählt, Carolines hingegen ist nicht ganz so fesselnd und außergewöhnlich. Insgesamt hat mich das Buch gut unterhalten, die Geschichte entwickelte sich für mich aber nicht ganz so spektakulär und spannend wie erwartet. Solide und stellenweise durchaus kurzweilig, aber kein herausragendes Lese-Highlight.

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Veröffentlicht am 25.08.2022

Erwachsenwerden in der DDR - unterhaltsame, packende Geschichte einer Mädchenfreundschaft

Die Freundinnen vom Strandbad (Die Müggelsee-Saga 1)
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„Es hat einem niemand gesagt, wie schwer es ist, erwachsen zu werden. Früher konnte ich es kaum erwarten. Aber es fühlt sich an, als würde man aus dem Paradies vertrieben werden.“

Seit sie im Juli 1956 ...

„Es hat einem niemand gesagt, wie schwer es ist, erwachsen zu werden. Früher konnte ich es kaum erwarten. Aber es fühlt sich an, als würde man aus dem Paradies vertrieben werden.“

Seit sie im Juli 1956 gemeinsam im Strandbad Müggelsee einem Mann vor dem Ertrinken bewahrt und ihm das Leben gerettet haben, sind Martha, Clara und Betty unzertrennlich. Regelmäßig treffen sich die Freundinnen im Strandband, verbringen ihre Sommer gemeinsam. Sie alle haben ganz eigene Träume und Vorstellungen vom Leben. Doch Erwachsenwerden in der DDR ist nicht einfach und die Freundschaft der Mädchen wird wiederholt auf eine harte Probe gestellt.

Autorin Julie Heiland schreibt flüssig und leicht lesbar in der dritten Person Vergangenheit. Sie nimmt abwechselnd die Perspektive ihrer Hauptfiguren ein, entwickelt nach und nach chronologisch die Geschichten aus verschiedenen Sichtweisen weiter.

Martha, Clara und Betty haben ganz unterschiedliche familiäre Hintergründe und Voraussetzungen. Martha wächst in einer linientreuen Familie auf, sie ist sehr darauf bedacht, die Erwartungen anderer an sie zu erfüllen, ist eine vorbildliche Schülerin, hat dennoch wenig Selbstbewusstsein. Doch dann erfährt sie etwas, das ihr gesamtes Leben in Frage stellt. Clara ist nicht in der FDJ, muss daher doppelt so hart arbeiten wie andere, um Erfolg zu haben. Ihr Motto: „Lieber denke ich zu groß als zu klein.“ Clara möchte hoch hinaus und Kosmonautin werden. „Angst ist nie ein guter Ratgeber. Man darf nicht zulassen, dass man sich aus Angst gegen sein Herz entscheidet. Angst schreibt nicht die Art von Leben, auf die man irgendwann mit Stolz zurückblickt.“ Davon ist Clara überzeugt.
Bettys Vater leitet das Strandbad. Bettys Traum ist es, Karriere als Schauspielerin zu machen.
Und dann ist da noch Bettys Bruder Alex, der bei den Freundinnen für ein gehöriges Gefühlsdurcheinander sorgt.
Die Freundschaft der drei Mädchen ist eine ganz besonders enge, doch die Verhältnisse in der DDR nehmen ihr die Leichtigkeit, verhindern, dass die drei frei und ungezwungen aufwachsen können.

Julie Heiland beschreibt auf mitreißende und kurzweilige Weise, wie drei Mädchen in den Anfängen der DDR erwachsen werden. Drei Schicksale werden hier sehr nachvollziehbar und authentisch geschildert. Auf alle Hauptfiguren hat die gesellschaftlich und politische Situation unmittelbaren Einfluss. Während Martha sich ans System anpasst, hat Clara Schwierigkeiten, sich mit den Verhältnissen zu arrangieren. Zwar hat ihr kluger Vater sicher recht, wenn er sagt: „Weißte, det Leben ist ein Chaos und noch dazu furchtbar schnell vorbei. Und wer weiß denn schon, wie es mit dem Land weitergeht. Der, was uns den Kopf oben halten lässt, det is nich unsere Arbeit oder Erfolg, det is unser Glaube und die Liebe.“ Doch das ist leichter gesagt, als wirklich zu beherzigen. Es wird im Roman sehr deutlich, was es wirklich bedeutet, in einem totalitären System zu leben. Die Überwachung durch die Stasi, die überall lauernde Gefahr, etwas falsch zu machen, das Unbehagen angesichts der permanenten Angst davor, zu Handlungen gezwungen zu werden, die einem zuwider sind, das alles fängt die Autorin sehr deutlich und fast nachfühlbar ein. Nachdem ich die drei Mädchen immer näher kennenlernte, gingen mir ihre Erlebnisse sehr nahe, auch wenn manche Ereignisse sich nicht hundertprozentig korrekt in den historischen und gesellschaftlichen Kontext einordnen lassen und manche Umstände ob der Dramaturgie von der Autorin einfach „passend gemacht“ wurden. Die persönlichen Geschichten der Mädchen haben mich dennoch gefesselt. Im Mittelteil, wenn die Liebe ins Spiel kommt, flacht die Handlung etwas ab, driftet stellenweise ins Kitschige ab und die Entwicklung der Mädchen gerät dann leider zugunsten von leichten Liebesgeschichten in den Hintergrund. Gegen Ende steigt der Spannungsbogen aber wieder. „Die Freundinnen vom Strandbad - Wellen des Schicksals “ ist ein lesenswerter, mitreißender Schmöker über das Erwachsenwerden in der DDR und eine besondere Freundschaft. Hier werden Fiktion und Historie unterhaltsam miteinander verbunden. Der Roman lässt Geschichte und gesellschaftliche Verhältnisse hautnah miterleben und macht nach dem dramatischen Finale neugierig auf die Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 21.07.2022

Vernunft oder Liebe? Leichter Schmöker mit viel Gefühl

Der Duft der Kirschblüten
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„Clara nahm einen Schluck des schon nicht mehr ganz heißen Tees. Das Aroma breitete sich in ihrem Mund aus und ein kurzes, intensives Glücksgefühl durchströmte sie. Das war wirklich anders.“

1871 betreibt ...

„Clara nahm einen Schluck des schon nicht mehr ganz heißen Tees. Das Aroma breitete sich in ihrem Mund aus und ein kurzes, intensives Glücksgefühl durchströmte sie. Das war wirklich anders.“

1871 betreibt die Familie Winterfeld in Berlin schon seit längerer Zeit recht erfolgreich ein Teehaus. Clara Winterfeld führt die Geschäfte weiter, als ihr Vater aus gesundheitlichen Gründen dazu nicht mehr in der Lage ist. Durch einen unglücklichen Zwischenfall geraten die Winterfelds in finanzielle Schwierigkeiten. Da kommt der Heiratsantrag von Claras reichem Jugendfreund Franz gerade recht. Obwohl sie Franz nicht liebt, entschließt sich Clara aus Vernunft, Franz zu heiraten. Doch die Ehe verläuft von Anfang an nicht glücklich, muss Clara doch ständig an einen anderen denken, den japanischen Teehändler Akeno.

Autorin Rosalie Schmidt schreibt angenehm flüssig und klar verständlich in der Vergangenheit. Sie erzählt chronologisch. Das verspielte Cover - eine Frau gekleidet in der Mode der damaligen Zeit vor Kirschblüten- zeigt deutlich den romantischen Charakter des Buchs.

Clara Winterfeld ist selbstbewusst, willensstark und spontan. Sie packt sofort mit an, wenn es nötig ist. Clara hat einen ausgeprägten Geschäftssinn, befasst sich leidenschaftlich mit verschiedenen Teesorten und deren Vermarktung. Die junge Frau braucht Herausforderungen und ihre Freiheit, möchte nicht nur Ehefrau sein. Doch ihrem Ehemann Franz ist Claras unkonventionelle Art ein Dorn im Auge. Da sind Konflikte vorprogrammiert, zumal Clara recht intensiv für einen anderen fühlt.
Obgleich einige Figuren wie z.B. Franz doch etwas stereotyp und klischeehaft dargestellt werden, ist die Personenkonstellation insgesamt durchaus spannend.

Ob Clara trotz aller Schwierigkeiten glücklich wird? Was wird aus dem Teehaus ihrer Familie, aus ihrer Ehe und der Liebe zu Akeno?
Claras Schicksal zu verfolgen, war kurzweilig und aufregend. Durchaus interessant, nebenbei noch etwas über Teesorten, deren Entwicklung und Verbreitung zu erfahren. Zwar sind die Charaktere nicht besonders komplex ausgestaltet, dafür unterhält die Handlung umso mehr und entführt in längst vergangene Zeiten, in denen Vernunftehen die Regel waren, das Leben der Frauen vorherbestimmt schien und Ehrenmänner noch Satisfaktion forderten, auch wenn es offiziell illegal war. Ein Roman für lange Winterabend mit heißem Tee oder sommerliche Strandtage mit Eistee. Alle, die historische Romane mit einer großen Portion Gefühl mögen, sind mit „Der Duft der Kirschblüten“ gut bedient. Claras Geschichte ist noch nicht zu Ende erzählt, das Finale wartet mit manchen Ungewissheiten auf und macht jetzt schon Lust auf die Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 31.05.2022

Vom behutsamen Umgang mit Gemüse und Menschen - kleiner kulinarischer Wohlfühlroman mit schöner Botschaft

Der Koch, der zu Möhren und Sternen sprach
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„Man ist nie allein, wenn man in der Lage ist, der Natur zu lauschen.“

Elsa und ihr Bruder Robert führen im Elsass einen renommierten Gasthof. Robert kennt nichts anderes als seinen Hof, ist leidenschaftlicher ...

„Man ist nie allein, wenn man in der Lage ist, der Natur zu lauschen.“

Elsa und ihr Bruder Robert führen im Elsass einen renommierten Gasthof. Robert kennt nichts anderes als seinen Hof, ist leidenschaftlicher Koch, besitzt einen prächtigen Gemüsegarten und hält Hühner. Er hegt und pflegt sein Gemüse mit großer Hingabe, geht mit ihm feinfühliger um als mit Menschen. Als Elsa Fatima und ihren Sohn Hassan als Aushilfen für den Gasthof einstellt, ist Robert zunächst wenig begeistert, stören die beiden doch die gewohnten Abläufe. Schließlich lässt Robert sich auf die neuen Bekanntschaften ein. Und dann stößt noch Fatimas Freundin, die englische Journalistin Maggie, dazu, die erreicht, was bisher niemand vermochte. Sie macht Robert neugierig auf das Leben außerhalb seiner eigenen Welt. Ob Robert sich hinaus wagt?

Autorin Julia Mattera erzählt in klarer, ausdrucksstarker Sprache im Präsens. Der Text ist in 18 Kapitel (und einen Epilog) gegliedert. Die verheißungsvollen Kapitelüberschriften wie „Cocas und anderes Ungemach“ verraten dabei nicht zuviel und fassen den Inhalt der folgenden Textabschnitte auf kreative Weise zusammen.

Robert ist eine sehr spezielle Hauptfigur, wirkt er doch recht verschroben und eigenbrötlerisch. Er lebt abgeschottet, schätzt die Berechenbarkeit seines Alltags, geht in seiner Arbeit auf. Den Zutaten seines Essens lässt er besondere Aufmerksamkeit angedeihen, er behandelt sein Gemüse mit Sensibilität und besonderem Respekt. Mit Menschen kann er längst nicht so gut umgehen. Was seiner Schwester Elsa nicht gelingt, Robert aus seinem Schneckenhaus zu locken, schaffen schließlich Fatima, ihr Sohn Hassan und vor allen Dingen Maggie.
Für Robert, den Einzelgänger, ist Maggie ein echter Lichtblick. Ihre Fröhlichkeit ist ansteckend, sie ist von „unglaublicher Lebensfreude beseelt“. Mit Maggie ist alles heiterer und bunter, doch das mag sich Robert anfangs nicht eingestehen. Obwohl sie so unterschiedlich sind, auf fast gegenteilige Art auf Menschen zugehen, scheinen Robert und Maggie eine besondere Verbindung zu haben. Insgesamt sind Maggie und Robert durchaus liebenswerte, sympathische, aber auch etwas zu „plakative“ und übertriebene, fast naive Charaktere.

Was Achtsamkeit bedeutet, lehrt Robert seine Leser auf besondere Weise. Er bringt auch den kleinsten Dinge Wertschätzung entgegen, ist mit Tieren und Pflanzen überaus geduldig und aufmerksam. Er lässt sich nicht hetzen, geht im Moment auf.
Robert muss aber erst lernen, dass man nicht nur Pflanzen und Tiere, sondern auch Menschen behutsam behandeln kann.
Julia Mattera lässt ihre Charaktere so sein, wie sie sind. Das imponiert mir . Robert muss sich nicht ändern und verstellen. Er braucht nur einen kleinen Schubs, ein kleines bisschen Mut und Vertrauen, um seine Stärken, auch anderen zeigen und weitergeben zu können. Zuwendung überträgt sich auf andere, wird intensiver, wenn man sie teilt, heißt es im Buch.
Die Figuren haben wie Maggie viel Bedeutsames zu sagen: „Man trägt die Erinnerung an das Haus seiner Kindheit immer in sich. Sie verlässt uns nicht, wenn wir auf Reisen gehen und wenn. Wir uns alleine fühlen. Der Zauber der Sehnsucht besteht darin, dass sie niemals erlischt.“ Die Geschichte enthält viele solcher schöner, fast poetischer Passagen.
Dass es bereichernd ist, Menschen und Dingen Wertschätzung entgegenzubringen, ist eine elementare Botschaft des Romans. Allerdings wird sie mir zu oft direkt im Gespräch formuliert. Ich hätte mir mehr subtile Hinweise zwischen den Zeilen gewünscht. Auch ohne die Figuren ständig direkt und mitunter recht platt den Sinn der Handlung erklären zu lassen, wäre es sicher auch möglich gewesen, den Lesern etwas dezenter zu vermitteln, worum es hier geht.
Wie Robert in der Tätigkeit des Kochens aufgeht, seine Einstellung zum Essen gefällt mir, regt zum Nachmachen an. Genuss ist bei Robert nichts Beiläufiges, sondern Hauptrolle und Selbstzweck. Die vier Rezepte im Anhang sind ein passender Anhang, laden die Leser ein, einmal wie Robert zu kochen.
Trotz der Kritikpunkte ein locker-leichter, stimmungsvoller Wohlfühlroman voller zauberhafter Momente, der daran erinnert auch den kleinen Dingen und Augenblicken alle Aufmerksamkeit entgegenzubringen, um das Leben lebenswerter und genussvoller zu gestalten.

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Veröffentlicht am 19.05.2022

Eine schwere Kindheit, eine komplizierte Liebe und unerfüllte Träume - solider Auftakt mit kleinen Schwächen

Gretas Erbe
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Nachdem ihre Mutter Maria bei ihrer Geburt stirbt, wächst Greta als Waise bei der Winzerfamilie Hellert auf. Das Mädchen wird in der Familie geduldet, echte Liebe und Zuneigung der Zieheltern erfährt es ...

Nachdem ihre Mutter Maria bei ihrer Geburt stirbt, wächst Greta als Waise bei der Winzerfamilie Hellert auf. Das Mädchen wird in der Familie geduldet, echte Liebe und Zuneigung der Zieheltern erfährt es allerdings nicht. Zu den beiden Söhnen der Hellerts hat Greta indessen eine besondere Beziehung. Um den Jüngsten Matze kümmert sie sich rührend, für Robert, den Rebellen der Familie, empfindet sie tiefere Gefühle. Greta geht gerne in die Schule, lernt mit Leidenschaft und hofft auf eine höhere Schulbildung, doch ihr Ziehvater Harald hat ganz andere Vorstellungen, was Gretas Ausbildung und ihre Zukunft betrifft. Ob Greta trotzdem ihren eigenen Weg finden wird?

Hinter dem Pseudonym der Autorin Nora Engel verbergen sich die Schriftstellerinnen Danela Pietrek und Tania Krätschmar. Sie schreiben leicht, gut verständlich und flüssig in der Vergangenheit. Der Prolog schildert einen zentralen Moment im Leben von Gretas Mutter Maria, ansonsten wird von 1970 an chronologisch erzählt. Zwischendurch kommt es immer wieder zu größeren Zeitsprüngen.
Das Cover ist recht schlicht gehalten und passt gut zur Handlung: Eine Frau in Arbeitskleidung schiebt ein Fahrrad, sie steht im Zentrum des Titelbilds.

Dass Greta ohne Liebe und das Gefühl von Geborgenheit aufwächst, stimmt natürlich traurig. Sie muss stets „funktionieren“ und ganz selbstverständlich hart auf dem Winzerhof mitarbeiten. Auf ihre eigenen Bedürfnisse wird dabei keine Rücksicht genommen. Wenn sie könnte, würde Greta ganz anders leben. Sie ist intelligent, wiss- und lernbegierig und liebt Literatur. Doch ihre Möglichkeiten, ihren Träumen von Bildung und höherer Schule zu folgen, scheinen begrenzt. In der Familie erhält sie wenig Unterstützung.
Auch die Söhne der Hellerts Matse und Robert sind nicht glücklich.
Während Greta sich meistens in ihre Rolle fügt und dabei ein wenig „blass“ und passiv agiert, sind auch die anderen Figuren nicht besonders tiefgründig und teilweise klischeehaft: Ziehvater Harald wird als stur, Ziehmutter Elfriede als sehr angepasst dargestellt. Die weiteren Kinder des Paares Renate und Johann wirken oft unsympathisch und teilweise recht tumb und grob. Die Charaktere hätten für mich durchaus genauer, individueller und differenzierter herausgearbeitet werden können.

Der Roman spielt im konservativen, traditionsbewussten Umfeld einer einfachen Pfälzer Winzerfamilie. Protagonistin Greta sucht wie auch Matse und Robert nach Selbstbestimmung und freier Entfaltung, was von der Familie aber nicht akzeptiert wird. Gretas Konflikt zwischen Tradition und Moderne, zwischen Pflicht, Anpassung und freier Entscheidung wird im Verlauf der Handlung immer offensichtlicher. Gleichzeitig wird die Stimmung, der „Geist“ der Siebziger Jahre, auch durch die wiederholte Erwähnung damals populärer Hits eingefangen. Im Anhang findet sich eine Zusammenstellung der Literatur, die Greta liest, und eine Playlist der in der Geschichte vorkommenden Musiktitel. Das hat mir recht gut gefallen, kann man doch die Titel anhören, um sich besser in die damalige Zeit hineinzuversetzen. Auch werden bestimmte politische, gesellschaftliche und geschichtliche Ereignisse wie die Abtreibungsdebatte oder die olympischen Sommerspiele in München 1972 thematisiert und teils in das Geschehen mit einbezogen.
Die unterhaltsame Geschichte ist angenehm unkompliziert und schnell zu lesen. Gerade zum Ende hin wird es richtig spannend. Die Fragen, wie Greta sich entscheiden wird, mit welchen Widrigkeiten sie dabei zu kämpfen hat und ob ihr Glück in der Liebe vergönnt sein wird, beschäftigten mich beim Lesen durchgehend. Auch wenn die Handlung recht vorhersehbar und die Figuren doch recht plakativ und schwarz-weiß wirken, habe ich „Gretas Erbe“ gerne gelesen. Das Ende macht mich so neugierig, dass ich den zweiten Teil jetzt schon kaum erwarten kann. Eine prima Lektüre für ein erholsames Wochenende. Wer gerne Trilogien mit historischem und regionalen Bezug liest, liegt mit diesem leichten Roman richtig.

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