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Veröffentlicht am 15.05.2023

So viele Paradiese – wo ist es am schönsten?

So viele Paradiese
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Zum Buch:
Dieser Roman wurde von der Auswanderung des Großonkels der Autorin inspiriert, hat aber mit der Erzählung einer „normalen“ Auswanderungsgeschichte wenig gemein, vielmehr gehört er in den Literaturbereich ...

Zum Buch:
Dieser Roman wurde von der Auswanderung des Großonkels der Autorin inspiriert, hat aber mit der Erzählung einer „normalen“ Auswanderungsgeschichte wenig gemein, vielmehr gehört er in den Literaturbereich der Fantastik.
Der Hauptprotagonist Antonio Grillo ist ein Träumer, der sich in seinem kleinen, beschaulichen Dorf Gesso auf Sizilien wie eingesperrt fühlt, obwohl es ihm als begütertem Sohn eines Gipssteinbruchbesitzers, der kaum arbeiten muss, an nichts fehlt. Er hat eine besondere Beziehung zu Tieren, z. B. zu seiner Stute Aurora und seinen zwei Gänsen, und verschiedene, alle ganz andersgeartete Freundschaften.
Dennoch möchte er in Amerika seine Freiheit finden. Doch ohne die tatkräftige Unterstützung seines Bruders und eines Gönners hätte er nicht einmal die Fahrkarte für das Schiff dahin erstanden. Diese verspielt er dann auch prompt auf dem ersten Schiff und muss in Genua einen Zwischenstopp einlegen, von dem er fast nicht wieder weggekommen wäre.
Auf seiner Reise geschehen ihm viele sagen- und märchenhafte Dinge, aber auch ganz Reales, das an dieser Stelle die kurze Inhaltsangabe sprengen würde.

Zum Inhalt:
Dieses Buch hat einen ganz eigenen Schreib- und Erzählstil mit einem sehr ruhigem Erzähltempo, der ins Märchen- und Sagenhafte (auch Philosophische) führt, auch wenn die Geschichte kein eigentliches Märchen ist.
Die Atmosphäre des Dorfes empfinde ich als ganz wunderbar eingefangen und wie gut Antonio die „Sprache“ der Tiere spricht, sehr schön an den Szenen mit dem Gorilla und seinen eigenen Tieren gezeigt. Die Kapitel über sein Leben im Dorf bei seiner Familie und seinen Freunden wird aus seiner Sicht als Träumer in langsamem Zeitverlauf mit wenig Fantastischem erzählt.
Das ändert sich ungefähr ab dem XI. Kapitel mit Beginn der Überfahrt. Ab hier benutzt die Autorin viele Motive aus der Märchen- und Sagenwelt und auch aus der Bibel. In jedem Kapitel springt die Leser etwas Neues davon an. Leider wirkt das Buch auch damit überfrachtet. Bei manchen Motiven fragt man sich, was dies jetzt mit der eigentlichen Geschichte zu tun hat, aber die Autorin folgt in dieser Geschichte wohl dem Motto: „Der Weg ist das Ziel!“ und beschreibt mehr die „Odyssee“ des Antonio Grillo als sein neues Leben, denn in Amerika wird nur sehr kurz seine Ankunft geschildert und sofort wieder mit dem sagenhaften Kennenlernen einer Königin verbunden, wie eine weitere Station der „Paradiese-Fahrt“. Wie es dem Protagonisten dort weiter ergeht, gehört nicht mehr zum Inhalt des Buches.
Ich habe mich von all der fantastischen, philosophischen Atmosphäre teilweise erschlagen gefühlt. Oft gefielen mir die realistischen Szenen besser (Irrenanstalt, Waffenschmuggel, Kneipe, etc. – auch das Dorf Gesso). Schade fand ich auch, dass die Mitreisenden des ersten Schiffes, die so detailreich und liebevoll von der Autorin eingeführt und Antonios Freunde wurden, dann ganz abrupt durch das Verspielen des Billetts wieder aus der Geschichte herausgerissen wurden und man im Folgenden nichts mehr von ihnen gelesen hat. (Dieser Verlust war natürlich auch für Antonio schmerzlich, aber letztendlich nicht wirklich beeinflussend.)

Fazit:
Dieses Buch lässt sich am ehesten in den Bereich der Fantastik einordnen. Wer es lesen möchte, muss dieses Genre mögen, sich auf viele Anspielungen und ein sehr ruhiges Erzähltempo mit vielen neuen Ideen und Wendungen einlassen können.

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Veröffentlicht am 17.02.2023

Idyllisches Landleben

Ruby mit den roten Schuhen 1: Ruby mit den roten Schuhen
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Das Hasenmädchen Ruby lebt bei ihrer Oma in einem Bauwagen auf dem Land. Da gibt es eine Menge Dinge zu tun, zu beobachten und zu (be-)achten.

Dieses besondere Bilderbuch erzählt keine Geschichte im ...

Das Hasenmädchen Ruby lebt bei ihrer Oma in einem Bauwagen auf dem Land. Da gibt es eine Menge Dinge zu tun, zu beobachten und zu (be-)achten.

Dieses besondere Bilderbuch erzählt keine Geschichte im eigentlichen Sinn einer fortlaufenden Handlung, sondern beschreibt sehr ruhig, fast meditativ Rubys friedliches alltägliches Leben bei ihrer Oma.
In liebevollen, detaillierten Zeichnungen berichtet jede Doppelseite von einem wichtigen Thema in Rubys Alltag. Zuallererst wird erzählt, wie Ruby durch ihre Oma zu ihrer Liebe für rote Schuhe kam, dann folgen nach und nach die alltäglichen Situationen, wie z. B. sich um Tiere und Pflanzen zu kümmern, Freunde zu empfangen, schöne Dinge zu sammeln, zu kuscheln, Baden in der Badewanne mit den Löwentatzen, Gartenarbeit und einiges mehr.
Dabei werden verschiedenste Lebensweisheiten mit eingestreut, wie z. B. wie man fit bleibt, was man zum Glücklichsein braucht, dass Natur und Freunde wichtig sind und man sich Zeit für sie nehmen sollte. Hier kommt das Bilderbuch fast therapeutisch daher.
In diesem Buch ist alles, ist die Welt in Ordnung. Alles ist sehr idyllisch, bis auf die Frage, die Kindern bestimmt irgendwann stellen werden: Wo sind Rubys Eltern? - Diese Frage wird aber nicht geklärt. Dafür wird die Oma in den wunderbarsten Farben beschrieben. Sie scheint alle Bedürfnisse des Hasenkindes zu (er-)füllen.
Wer ein ruhiges, das friedliche Leben feierndes Bilderbuch für seine Kinder zum Vorlesen und vielleicht abends zum Einschlafen sucht, ist mit diesem Buch bestens versorgt. Für wilde Jungen und Mädchen dürfte es ein bisschen langweilig sein.

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Veröffentlicht am 06.10.2022

Alles wie im Traum? Oder nicht?

Agnes und der Traumschlüssel
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Agnes ist 11 Jahre alt und gerade mit ihrer Mutter nach Harmala gezogen. Als sie den Hund des Nachbarn ausführt, entdeckt sie auf dem dortigen Friedhof einen Grabstein mit ihrem Namen und ihrem Geburtsdatum ...

Agnes ist 11 Jahre alt und gerade mit ihrer Mutter nach Harmala gezogen. Als sie den Hund des Nachbarn ausführt, entdeckt sie auf dem dortigen Friedhof einen Grabstein mit ihrem Namen und ihrem Geburtsdatum darauf. Kann das Zufall sein? Für Agnes steht fest, dass sie da weiter nachforschen will. Helfen tut ihr dabei ihr neuer Freund Marvin, genannt Muffin. Am Ende der Sommerferien hat Agnes Familiengeschichte einige neue Kapitel.
Die langsam erzählte Geschichte handelt von der wachsenden Freundschaft zwischen Agnes und Marvin und ihrer detektivischen Suche nach Antworten auf die geheimnisvolle Grabinschrift.
Da beide Journalistenkinder sind, wissen sie, wo sie nachfragen und anfangen müssen und nehmen auch erlaubt und unerlaubt ihre Eltern zur Hilfe. Für Agnes wird die Aufklärung so wichtig, dass sie sogar davon träumt, und ihre Träume zeigen ihr Szenen aus längst vergangenen Zeiten ihrer Vorfahren. Dadurch bekommt sie Antworten, die ihr in ihren Ermittlungen weiterhelfen.
Die ganze Geschichte bekommt dadurch etwas Magisches, Überirdisches, denn anscheinend möchte auch ihre Vorfahrin, dass Agnes alles herausfindet. So lösen die beiden Kinder auch am Ende mit dieser magischen Hilfe den Fall und Agnes und ihre Mutter erben eine große alte Villa und das Wissen um ihre Herkunft.
Ansonsten spielt der Roman ganz im Hier und Jetzt. Die Kinder haben Handys, die sie zur Recherche einsetzen, Marvin ist in seiner Klasse ein Außenseiter, der sich vergeblich um Freundschaften bemüht, Agnes und Marvin lernen sich immer besser kennen und auch Streit bleibt nicht aus.
Einen nostalgischen Touch geben dem Buch die zarten Schwarz-Weiß- Zeichnungen der Künstlerin Kati Vuorento. Sie wirken fast wie aus einem vergangenen Jahrhundert und unterstreichen damit das Leben von Agnes Vorfahrin, über die sie immer mehr herausfindet und sie am Ende sogar noch kennenlernt.
Das Buch erzählt seine Geschichte ziemlich unaufgeregt und dennoch schreitet sie Kapitel für Kapitel stetig voran. Ein Buch für Leser, die einen ruhigen Erzählstil zu schätzen wissen.

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Veröffentlicht am 06.10.2022

Das Leben der anderen

Einmal Sommer und zurück
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Einmal im Körper und Leben der besten Freundin stecken? Wie fühlt sich das an? Wer möchte das nicht? Vor allem, wenn man insgeheim denkt, die beste Freundin hätte das bessere, das perfekte Leben. Katie ...

Einmal im Körper und Leben der besten Freundin stecken? Wie fühlt sich das an? Wer möchte das nicht? Vor allem, wenn man insgeheim denkt, die beste Freundin hätte das bessere, das perfekte Leben. Katie und Melody dürfen es erleben, weil sie beide denselben Wunsch zur selben Zeit haben. Aber nicht alles ist, wie es vorher schien ...

Die besten Freundinnen seit Kindertagen Katie und Melody sind nach einem Sommer am Strand total zerstritten. Als sie auf der Rückfahrt im Bus sitzen und durch den „Wunschtunnel“ fahren, wünschen sich beide zur gleichen Zeit, die andere zu sein. Als der Bus aus dem Tunnel fährt, ist es geschehen und noch dazu fängt der Sommer von vorne an.
Doch damit ist nicht alles gut. Katie bemerkt, dass das Leben von Melody, die immer alles bekommt, was sie möchte, da ihre Eltern genug Geld haben, ziemlich einsam ist, da es ihrer Mutter vor allem um gutes Aussehen um jeden Preis geht, der Vater kaum zu Hause ist und ihr Bruder auch ziemlich gefühlskalt ist. Auch der erträumte Freund ist nicht so, wie sie es sich wünscht.
Melody erfährt, dass Katie zwar diese zwei liebenden Eltern und die zwei knuddeligen Stiefbrüder hat, aber dass sie auch ohne Gegenleistung ständig auf diese aufpassen muss, wann immer die Eltern es verlangen. Und das ist doch sehr anstrengend und teilweise nervig und einfach zu viel!
Kurzum: In dieser Body-Switch-Geschichte passiert genau das, was man als (erwachsene) Leserin erwartet (Und die Moral von der Geschicht‘: „Sei vorsichtig mit Wünschen, denn sie könnten in Erfüllung gehen!“ und „Der Rasen im Garten des Nachbarn ist immer grüner als der eigene!“):
Beide Mädchen wünschen sich nachher zurück in ihr altes Leben. Sie verstehen aber auch beide die Freundin viel besser und nehmen die Veränderungen im eigenen Leben vor, die schon längst überfällig waren.
Die junge Leserin wird hierbei aber bestimmt über manches in ihrem eigenen Leben nachdenken.

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Veröffentlicht am 28.11.2021

Was ist wirklich wichtig?

Das Ende
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Wenn du wüsstest, wann du und deine Lieben sterben würden, was würdest du noch tun und was nicht? Was wäre wirklich wichtig? Oder ist dann gar nichts mehr wichtig?

Der Roman beginnt in seinem Prolog am ...

Wenn du wüsstest, wann du und deine Lieben sterben würden, was würdest du noch tun und was nicht? Was wäre wirklich wichtig? Oder ist dann gar nichts mehr wichtig?

Der Roman beginnt in seinem Prolog am 27. Mai eines nicht genannten Jahres. An diesem Tag erfährt die Menschheit, dass in dreieinhalb Monaten ein riesiger Komet auf der Erde einschlagen und alles Leben vernichten wird. Er kann nicht mehr mit den zur Verfügung stehenden Mitteln abgelenkt werden, weil er zu spät entdeckt wurde.
Die weiteren Kapitel beginnen immer mit der Überschrift wie viele Wochen und Tage der Untergang noch entfernt ist, wieviel Zeit den Menschen noch bleibt. Sie beginnen mit „4 Wochen und 5 Tage“ und schrauben sich tageweise herunter bis zu „Der letzte Tag“ und „Die letzte Nacht“. Die Kapitel werden am Ende kürzer, der Countdown läuft.
Auch Simon und Lucinda in Schweden, ihre Familien und Freunde erfahren diese schreckliche Neuigkeit. Die Kapitel sind in Abschnitte unterteilt, in denen diese zwei als Ich-Erzähler berichten, was in ihrem Leben geschieht, Simon in der direkten Gegenwart und Lucinda immer kurz nachdem etwas geschehen ist in einem Post. Dieser wird in mehreren hundert verschiedenen menschlichen Sprachen ins All gesendet, in der Hoffnung, dass dort irgendjemand oder -etwas diese Nachrichten empfängt und die Menschheit nicht ganz vergessen wird.
Der Roman spielt in Schweden, wo das Leben noch einigermaßen geregelt weiterläuft, und kann so furchtbare, auf diese Nachricht folgende Ereignisse in anderen Ländern (z. B. Krieg, etc.) weitestgehend ausblenden oder nur am Rande erwähnen.
Simons Freundin Tilda wendet sich nach Bekanntwerden der schrecklichen Nachricht von ihm ab, und beginnt ein zügelloseres Leben mit vielen Partys, Alkohol und Drogen, wie viele ihrer Generation. Simons Mütter hatten sich getrennt und ziehen nun wieder zusammen und möchten, dass die Familie möglichst viel in diesen letzten Tagen zusammen ist. Simon ist hin- und hergerissen und möchte am liebsten nur Tilda zurückgewinnen.
Für ihn bricht alles zusammen, als Tilda ermordet wird und er wenig später der Hauptverdächtige ist. Da die Polizei in diesen letzten Tagen sehr viel zu tun hat und kaum Ermittlungen vorantreiben kann, beginnt er auf eigene Faust zu recherchieren. Dabei lernt er Lucinda, Tildas ehemals beste Freundin kennen. Nach anfänglichen Vorbehalten gegenüber Simon ermittelt Lucinda schließlich mit ihm zusammen. Kurz vor dem Ende der Menschheit erfahren sie so die Wahrheit über Tildas Tod.
Behutsam flicht der Autor die Frage nach dem Glauben in seine Geschichte ein, indem er Simons Mutter Stina als Pastorin auftreten lässt. Sie muss sich täglich mit der Frage auseinandersetzen, wie der Glaube und sie selber, den Menschen in dieser verzweifelten Lage Hoffnung, Trost und Halt geben kann. So beginnt und endet das letzte Kapitel („Die letzte Nacht“ S.404 bis S. 407) mit einem christlichen Gottesdienst, in dem sich viele, aber nicht alle, der Protagonisten treffen.
Auf dem Cover steht unten im Dunklen die Frage: „Was zählt wirklich, wenn die Welt kurz vor dem Ende steht?“ Der Roman versucht diese Frage zu beantworten, dreht sich aber in seiner Handlung auch sehr viel um die Aufklärung der Umstände, die zu Tildas Tod geführt haben und um die aufkeimende Liebe zwischen Simon und Lucinda.

Der Roman wirkt mit aktuellen Themen überfrachtet, die der Autor in seinem Untergangsszenario anscheinend alle abarbeiten möchte: Simon hat zwei Mütter, sein bester Freund hat sich in ihn verliebt, er hat Liebeskummer, seine (Ex-) Freundin wird ermordet, deren beste Freundin hat Krebs, deren Oma ist dement, Simon und Lucinda verlieben sich, es gibt Alkohol-, Spiel- und Drogensucht, radikale Glaubensgruppen formieren sich, Lügen und Ehebruch werden beschrieben, u. v m. Natürlich kommen all diese Dinge in unseren Gesellschaften vor, aber im Buch wird kaum ein Strang vertieft oder weiterverfolgt, so dass alles wie aufgereiht wirkt.
Vielleicht ist die Frage „Was zählt wirklich, wenn die Welt kurz vor dem Ende steht?“ einerseits zu einfach für einen Roman zu beantworten und andererseits zu groß, um sie wirklich für alle passend beantworten zu können.

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