China, Taiwan, USA - Berührende Geschichte über einen Überlebenskampf, über Heimat, das enge Band der Familie und die Suche nach Glück.
Der PfirsichgartenWährend des Zweiten Japanisch-Chinesischen Kriegs verliert Dao Meilin früh ihren Ehemann und flieht mit ihrem vierjährigen Sohn Renshu 1938 an der Seite ihres Schwagers und seiner Familie. Sie fliehen ...
Während des Zweiten Japanisch-Chinesischen Kriegs verliert Dao Meilin früh ihren Ehemann und flieht mit ihrem vierjährigen Sohn Renshu 1938 an der Seite ihres Schwagers und seiner Familie. Sie fliehen vor den Bomben der Japaner von West nach Ost bis sie in Shanghai und schließlich in Taiwan ankommen und zum ersten Mal seit langen Jahren wieder in Sicherheit sind. Auf dem Weg dorthin müssen sie schwere Verluste ertragen, wobei sie Halt in den Geschichten Meilins finden, die sie anhand einer seidenen Schriftrolle mit feinen Kalligraphien erzählt. Meilin gibt niemals auf, findet immer irgendwo ein Angestelltenverhältnis und eine Unterkunft für sich und ihren Sohn. Dieser entwickelt einen unumstößlichen Ehrgeiz in der Aussicht auf ein besseres Leben, lernt fleißig und verdient sich damit einen Studienplatz in den USA. Bisher hatten sich Meilin und Renshu gegenseitig Halt gegeben und müssen 1960 Abschied nehmen. Als Henry Dao leidet Renshu noch als Student unter Flashbacks und fürchtet auch später noch den Einfluss der pro-chinesischen Partei Taiwans. Er hält sich deshalb fern von anderen Migranten und baut sich ein neues Leben auf, heiratet und bekommt eine Tochter, die neugierig auf ihre familiären Wurzeln ist. Doch Henry möchte sich nicht mit den schmerzhaften Erinnerungen seiner Kindheit und Jugend befassen und hat zudem Angst um seine Mutter, die trotz aller Bemühungen, sie in die USA zu holen, in Taiwan geblieben ist und hält deshalb auch seine Tochter lange davon ab, mehr über die chinesische Kultur zu erfahren und Kontakte zu knüpfen.
"Der Pfirsichgarten" erstreckt sich über gut 60 Jahre und erzählt die Geschichte von drei Generationen einer chinesischen Familie - inspiriert von der eigenen Familiengeschichte der Autorin. Anders als in vielen historischen Romanen wird die Geschichte nicht aus der Perspektive der Gegenwart und mit Rückblenden, sondern stringent chronologisch erzählt. Nachdem ich schon viele Bücher über den Zweiten Weltkrieg in Europa gelesen habe, fand ich es sehr interessant eine Geschichte über die Kriegsereignisse in Asien zu lesen, die nicht minder erschütternd sind.
Meilin ist eine starke, aber gleichzeitig leise, sanftmütige Frau, die alles dafür gibt, ihren Sohn und sich in Sicherheit zu bringen. Mit Hilfe ihrer Fabeln schaffen sie es, die Hoffnung auf Frieden und ein neues Zuhause nicht aufzugeben und in Verlust und Zerstörung noch etwas Gutes zu erkennen. Denn auf all ihren Wegen begegnen ihnen Freundschaft und Zusammenhalt. Die Rolle des Schwagers, der ihr Zeit seines Lebens Unterstützung bot, bleibt dabei vage.
Renshu ist ein aufgeweckter Junge, der zurückhaltend, fleißig und bescheiden ist und den Mut entwickelt, nach Amerika zu emigrieren. Die politischen und kulturellen Unterschiede sind groß und das Gefühl nirgendwo eine Heimat zu haben, ist nur allzu verständlich. Seine Angst vor dem Einfluss der kommunistischen Partei, vor Bespitzelung und davor, als unpatriotisch denunziert zu werden, ist selbst als amerikanischer Staatsbürger noch groß, weshalb er sich unauffällig verhält und keine intensiven Kontakte anderen Migranten pflegt. Seine Ehefrau und insbesondere seine Tochter, die neugierig auf ihre Wurzeln ist, haben Schwierigkeiten, Henry zu verstehen und seine Befürchtungen zu teilen.
Die Geschichte wird bildhaft und empathisch erzählt. Die Handlungsorte sind vorstellbar, auch wenn ich mir eine Landkarte im Buch gewünscht hätte, um Meilins und Renshus Weg besser nachvollziehen zu können. Es fällt leicht, sich in Meilin, Renshu und auch Lily hineinzuversetzen, die unterschiedliche Sorgen und Nöte teilen. Bei Meilin ging es um den nackten Kampf ums Überleben, Henry steckt zwischen zwei Kulturen, vermisst seine Heimat, traut sich in den USA jedoch nicht, seine Kultur und Kontakte zu anderen Chinesen zu pflegen. Lily möchte als "Mischlingskind" je älter sie wird mehr über ihre Wurzeln und ihre Familiengeschichte väterlicherseits erfahren, ist begeistert von der chinesischen Sprache und Kultur, wird jedoch in ihrer Euphorie von ihrem Vater gebremst.
Die Geschichte von Meilin und Renshu/ Henry ist eine ereignisreiche und bewegende Erzählung über Generationen und Kontinente hinweg, die trotz allem Leid, das den Protagonisten widerfährt, hoffnungsvoll und erbaulich ist. Neben Schmerz gibt es Glück, neben dem Verlust der Heimat ein neues Zuhause. Es ist eine berührende Geschichte über einen Überlebenskampf, über Heimat, das enge Band der Familie und die Suche nach Glück, die durch den realen Hintergrund authentisch und lebendig ist und deshalb besonders zu Herzen geht.