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Veröffentlicht am 09.10.2022

Nachgespürt

Der Apfelbaum
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In seiner Kindheit im Berlin musste Otto lernen sich durchzusetzen, zunächst gegen die stärkeren Kinder und später auf der höheren Schule. Sein leiblicher Vater kam im ersten Weltkrieg um. Später lernt ...

In seiner Kindheit im Berlin musste Otto lernen sich durchzusetzen, zunächst gegen die stärkeren Kinder und später auf der höheren Schule. Sein leiblicher Vater kam im ersten Weltkrieg um. Später lernt er die junge Sala kennen und beide verlieben sich sofort. Ein Happyend ist ihnen jedoch nicht beschieden. Die Nazis stehen vor der Machtergreifung und Salas Mutter ist Jüdin. Auch wenn sie Deutschland verlassen hat und ihr Vater als Intellektueller zunächst nichts zu befürchten hat, so machen die Nazi-Gesetze eine Heirat unmöglich und je länger die Herrschaft des Regimes dauert, desto gefährlicher wird es für Sala. Sie soll zu ihrer Mutter nach Madrid.

Was hat die Mutter ihrem Sohn erzählt, der erst nach diesen scheren Jahren geboren wurde. Nach der Trennung, die ihnen die Zeit auferlegte, haben sie wieder zusammengefunden. Doch was war davor. Der Sohn versucht, sie zum Erzählen zu bringen, obwohl sie schon einiges vergisst. Nur an wenige Dinge erinnert er sich selbst. Doch er will der Vergangenheit und dem Leben seiner Mutter auf die Spur kommen. Wieso war sie so? Wieso ist er so? Er will ganz sein, wie jeder. Das Leben von Sala erweist sich als dramatisch, sie ist eine Überlebende und das war nicht immer gesichert.

Der Autor hat dem Leben seiner Eltern und Großeltern nachgespürt und bei seinen Recherchen hat er Lebensgeschichten gefunden, die durchaus ungewöhnlich, bunt, dramatisch, aber auch mit vielen Gefahren und Bitternis behaftet sind. Das erinnert vielleicht an die eigenen Eltern, die auch nicht alles erzählt haben, auch wenn es sich bei deren unbekannten Lebenswelten eher um normale Geheimnisse handelt. Gut beschrieben hat der Autor die Wechsel zwischen den Gesprächen mit der Mutter, die an ihrem Lebensabend nicht mehr ganz Frau ihrer Sinne ist, und dem Eintauchen in die Vergangenheit, die er sich aus Erzählungen und Recherchen zusammenreimte. Auch wenn die Erzählung wohl da aufhört, wo die eigene Erinnerung anfängt und damit etwas unvollständig wirkt, so gibt es doch mitreißende Szenen über die Grausamkeit der Vorkriegs- und Kriegszeit, die nicht leicht zu ertragen sind und die auch nicht schnell vergessen werden.

Veröffentlicht am 03.10.2022

Außeneinsatz

Echt zauberhaft
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Der Dekan der Unsichtbaren Universität bekommt einen Hilferuf aus dem fernen Land Hunghung. Sie sollen den großen Zauberer schicken. Die Zauberer rätseln, wer kann damit gemeint sein? Keiner möchte nach ...

Der Dekan der Unsichtbaren Universität bekommt einen Hilferuf aus dem fernen Land Hunghung. Sie sollen den großen Zauberer schicken. Die Zauberer rätseln, wer kann damit gemeint sein? Keiner möchte nach Hunghung, außer vielleicht Rincewind. Ihn könnten sie mit dem Hex schicken. Rincewind, der auf einer langweiligen, einsamen Insel im Exil weilt, ist froh als er zurück an die Universität geholt wird und nicht mehr so froh als er erfährt, was für eine Aufgabe er übernehmen soll. Und so ist Rincewind schneller in Hunghung als er bis drei zählen kann, aber der große Zauberer ist er nicht. In Hunghung liegt der langjährige und grausame Herrscher im Sterben.

Mal wieder etwas von Rincewind, dem Zauberer. Wie immer gerät er in unmögliche Situationen und er selbst sagt, ihm kann gar nichts Gutes passieren. Auf seinem Weg nach Hunghung trifft er auf Cohen, den Barbaren, und seine erstaunliche Truppe. Für eine Weile gehen der Zauberer und der Barbar gemeinsam, doch bald trennen sich ihre Wege wieder. Rincewind weiß nicht, ob er sich lieber auf die Suche nach den Revolutionären machen soll oder ob es besser ist das zu tun, was er am besten kann: Wegrennen. Jedenfalls scheint Hunghung doch ein seltsames Land zu sein.

Zum Glück kann man die Scheibenwelt-Romane unabhängig voneinander lesen, um die Personen besser kennenzulernen, ist es lediglich ratsam mit den ersten zwei, drei Bänden zu beginnen. Die Scheibenwelt ist wohl den meisten Lesern gut bekannt. Hier gibt es mal wieder ein Abenteuer von Rincewind, dem Zauberer. Der landet am anderen Ende der Scheibenwelt in einem seltsamen Land. Wie so oft in den Scheibenwelt-Romanen kann man aberwitzige Handlungsstränge ebenso genießen wie man gewisse Parallelen zu unseren Welt finden kann, die ironisch überspitzt mitunter unbequeme Wahrheiten aufzeigen. Auch wenn dies vielleicht nicht der Band der Reihe ist, der einem am besten gefallen hat, so wird man doch sehr gut unterhalten.

Veröffentlicht am 22.09.2022

Tote Mädchen

Tote ohne Namen
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Kurz nacheinander werden in San Diego zwei tote Mädchen gefunden, die mit großer Wahrscheinlichkeit illegal im Land waren. Die Polizei bittet die Privatdetektivin Alice Vega, sich der Fälle anzunehmen. ...

Kurz nacheinander werden in San Diego zwei tote Mädchen gefunden, die mit großer Wahrscheinlichkeit illegal im Land waren. Die Polizei bittet die Privatdetektivin Alice Vega, sich der Fälle anzunehmen. Wer waren die beiden ungefähr 14jährigen? Wo kamen sie her? Und vor allen Dingen, wieso hatte die eine Tote einen Zettel in der Hand, auf dem Vegas Name notiert war. Alice Vega und ihr Partner Max Caplan sind darauf spezialisiert, Vermisstenfälle aufzuklären. Seltsam ist es aber, dass sie durch die Polizei engagiert werden. Möglicherweise sind noch mehr Jugendliche in Gefahr. Vega sucht nach einem Ansatz.

Dies ist eigentlich der zweite Band der Reihe um Alice Vega. Der erste Fall findet hin und wieder Erwähnung. Für das Verständnis ist eine Lektüre allerdings nicht notwendig. Man fragt sich allerdings, wieso man bei der Veröffentlichung von Übersetzungen nicht mit dem ersten Band angefangen hat. Alice Vega und Max Caplan funktionieren als Team, sie kennen und ergänzen sich. Den Auftrag finden sie zwar seltsam, aber wenn es um möglicherweise vermisste Jugendliche geht, machen sie sich an die Arbeit. Wer weiß, ob noch weitere Mädchen in Gefahr sind oder auch unter welchen Umständen sie leben.

Schon nach den ersten Seiten ist man gefesselt von diesem Roman. Schnelle Szenenwechsel, viel Action und eine verzwickt angelegtes Rätsel um die toten Mädchen. Zwar lassen sich einige Gedankengänge von Alice Vega nicht immer nachvollziehen und manchmal wird es so brutal, dass einem ein wenig der Spass vergeht und man vielleicht mal wieder mit dem amerikanischen System hadert, aber dennoch fesselt die Handlung immer wieder. Man möchte wissen, was das Team Vega und Caplan noch in petto hat und ob sie es schaffen hinter das Rätsel um die Toten zu kommen. Vielleicht ist noch etwas Luft nach oben, aber insgesamt ein sehr packender Thriller, der die Lesezeiit vergehen lässt wie im Flug.

Veröffentlicht am 13.08.2022

Wohltätige Algorithmen

Every
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Endlich ist es geschafft, das bedeutendste Social Media Unternehmen, die größte Suchmaschine und das größte Versandhaus sind endlich vereint, zu Every, der allumfassenden Maschine zum Wohl der Menschheit. ...

Endlich ist es geschafft, das bedeutendste Social Media Unternehmen, die größte Suchmaschine und das größte Versandhaus sind endlich vereint, zu Every, der allumfassenden Maschine zum Wohl der Menschheit. Gibt es jemanden, der die Machenschaften dieses Konzerns durchschaut? Zumindest Delany Wells fasst den Entschluss, Every muss von innen heraus bekämpft werden. Sie durchläuft das Assessment und bekommt tatsächlich ein Stellenangebot. In verschiedenen Abteilungen lässt sie Every an ihren Ideen teilhaben, von denen eine die Freiheit des einzelnen mehr einschränkt als die andere. Delany hofft, dass die Menschen sich irgendwann dagegen wehren müssen und Every zerschlagen wird.

Kann Delany allein gegen eine Riesenfirma antreten? Zumindest versucht sie es. Doch Delany hat nicht mit der Dummheit der Menschen gerechnet, die ihre Freiheit und das letzte bisschen Privatsphäre auch noch gerne aufgeben, wenn sie meinen, dass sie es freiwillig tun, es dem Umweltschutz dient oder dem Schutz der Gesundheit. Es scheint so, dass je abwegiger ihre Ideen sind, desto mehr springen die Kunden darauf an. Es gibt für alles eine App, die überwacht und mit Handlungsanweisungen zur Stelle ist. Wo bleibt die Revolution? Niemand steht auf. Nur ihr Freund Wes unterstützt Delany von außen. Was hat es dann zu bedeuten, dass auch er bei Every anfängt?

Ob man in der Welt von Every leben möchte, sollte man sich echt überlegen. Am besten sollte man dann auch gleich ein paar Gedanken daran verschwenden, wie weit es schon ist. Vielleicht auch gleich ein paar Apps und Konten löschen und wieder ganz oldschool im Laden einkaufen. Leider lässt sich die Zeit nicht zurückdrehen, aber schön wäre es doch, wenn die Menschen etwas weniger technikgläubig währen. Die Bosse irgendwelcher Firmen wollen genau eines, Geld scheffeln. Mit welchen Mitteln sie das schaffen, ist ihnen großen Teils egal. Wäre es anders, gäbe es noch eine Art von Menschlichkeit und Etikette. Alles irgendwelchen Algorithmen zu überlassen, zeugt nicht gerade von Mitgefühl. Man wünscht bei diesem gut vorgetragenen Hörbuch, nie in so einer Welt leben zu müssen und schaudert so manches Mal beim Hören.

Veröffentlicht am 25.07.2022

Unruhen

Amelia
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Amelia ist noch ein Kind als die Unruhen Ende der 1960er in Nordirland beginnen. Doch natürlich bekommt auch sie mit, dass die Zeit gefährlich ist. Umso stärker behütet sie ihre Schatzkiste, in der sie ...

Amelia ist noch ein Kind als die Unruhen Ende der 1960er in Nordirland beginnen. Doch natürlich bekommt auch sie mit, dass die Zeit gefährlich ist. Umso stärker behütet sie ihre Schatzkiste, in der sie ihre liebsten und wertvollsten Sachen gesammelt hat. Als ihr Bruder ihren heiligen Besitz, siebenunddreißig Gummigeschosse der britischen Armee, entwendet, ist sie schockiert. Doch dies ist nur der erste Schock, den sie zu überstehen hat. Da ist der Verwandte aus England, der im Einsatz für England quasi zum Feind wird, die Freundin, die stirbt oder die, die Bomben legt, der Kumpel, der mit Mühe entkommt.

Über fast dreißig Jahre spannt sich diese Lebensgeschichte eines Kindes, das zur Jugendlichen und zur Frau wird, immer unter dem Eindruck der Auseinandersetzungen zwischen Iren und Englandfreunden. Da kann es gefährlich werden, einfach nur vor die Tür zu gehen. Und wenn sich mal ein Silberstreif im persönlichen Leben der streitbaren und intelligenten Amelia abzeichnet, dann kann es auch sie selbst sein, die die Chance nicht wahrnehmen kann. Wird Amelia es schaffen, ihr eigenes Leben zu überstehen? Während die Kämpfe ohne Unterlass weitergehen, scheint es auch mit Amelia immer weiter bergab zu gehen.

Für jemanden, der selbst eine doch eher ruhige und unaufgeregte Kindheit und Jugend hatte, kann sich dieser Roman zu einer echten Tour de Force entwickeln. Amelia verteidigt sich, ist schlau, sie schlägt, sie ist alkoholsüchtig, sie isst lieber nicht, sie ist in England. Sehr plakativ werden ihre Lebensphasen geschildert und wenn man denkt und hofft, es kann nicht noch schlimmer werden, wird es schlimmer. Für so halbwegs normale Spießer ist es manchmal nicht leicht zu ertragen, was einem hier zugemutet wird. Man freut sich selbst überraschend am eigenen eher langweiligen Leben. Wie schön, dass man einfach mal in Urlaub fahren konnte, einfach arbeiten, das Leben nach den Möglichkeiten gestalten. Wenn man es vorher vielleicht nicht zu schätzen wusste, nun ist man doch dankbar. Man fragt sich manchmal, wieso Amelia so ist, sie scheint auf eine Art viel ertragen zu können, doch scheint ihr die Resilienz zu fehlen. Sehr eindrücklich ist dagegen die Schilderung, der Gefahr, die über allen schwebt. Bei jedem Schritt muss mit einem Geschoss gerechnet werden oder einer Bombe, die einem um die Ohren fliegt. Das gilt wohl für beide Seiten und man wünschte, sie seinen froh, dass dies überwunden schien. So sicher kann man sich da nicht mehr sein.