Leserunde zu "Freiheitsgeld" von Andreas Eschbach

Wie frei können Menschen wirklich sein?
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Andreas Eschbach (Autor)

Freiheitsgeld

Roman

Europa in nicht allzu ferner Zukunft. Die Digitalisierung ist weit fortgeschritten, Maschinen erledigen die meiste Arbeit, während ein bedingungsloses Grundeinkommen, das sogenannte "Freiheitsgeld", dafür sorgt, dass jeder ein menschenwürdiges Leben führen kann. Als der Politiker, der das Freiheitsgeld eingeführt hat, tot aufgefunden wird, wirkt es zunächst wie ein Selbstmord. Doch dann wird der Journalist ermordet, der einst als sein größter Gegenspieler galt. Ahmad Müller, ein junger Polizist, ist in die Ermittlungen um beide Fälle involviert - und sieht sich mit übermächtigen Kräften konfrontiert, die im Geheimen operieren und vor nichts zurückschrecken, um eine Aufklärung zu vereiteln.

Timing der Leserunde

  1. Bewerben 15.08.2022 - 04.09.2022
  2. Lesen 12.09.2022 - 09.10.2022
  3. Rezensieren 10.10.2022 - 23.10.2022

Bereits beendet

Schlagworte

Bedingungsloses Grundeinkommen Klimawandel Automatisierung Roboter Externsteine Dystopie Utopie Verschwörungstheorien Bestsellerautor Spekulative Literatur Zukunftsporträt Politthriller Thriller

Teilnehmer

Diskussion und Eindrücke zur Leserunde

Veröffentlicht am 23.10.2022

Verschenktes Potential

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Wer würde nicht gerne mal einen Blick in die Zukunft werfen und ein Deutschland in 40 Jahren erkunden? Der in diesem Genre eigentlich erfahrene Autor hat einen Versuch gewagt, der leider nicht viel mehr ...

Wer würde nicht gerne mal einen Blick in die Zukunft werfen und ein Deutschland in 40 Jahren erkunden? Der in diesem Genre eigentlich erfahrene Autor hat einen Versuch gewagt, der leider nicht viel mehr als genau das darstellt.

In Deutschland wurde vor Jahren das Freiheitsgeld eingeführt. Roboter übernehmen mittlerweile die meisten Arbeiten und machen Jobs seitdem in großen Teilen obsolet. Den Menschen fehlt mehr und mehr der Lebenssinn. Und als auch noch der Vater des Freiheitsgeldes tot aufgefunden wird, werden langsam Zweifel laut- zumindest beim Leser.

Klingt eigentlich spannend? Könnte es auch wirklich sein: der Roman bietet einiges an Potential, Eschbach wirft einige interessante Ansätze in den Raum. Leider schafft er es aber nicht, die vielen Ideen zu einem überzeugenden Plot zu stricken. An vielen Stellen wirkt das Ganze gekünstelt, übertrieben.

Dazu bringt er noch eine Vielzahl an Figuren in Stellung, deren Erscheinen oft eher unnötig wirkt, sie bieten kaum Mehrwert für die Story.

Zudem hat Eschbach hier ein paar wirklich altbackene Klischees verbaut, die angesichts des futuristischen Plots einfach nicht überzeugen können.

Der stellenweise Sexismus und die übertrieben körperlichen Szenen schreien beinahe nach "altem weißen Mann", dass es schon fast komisch wirkt. Eigentlich ist es aber nur traurig, denn darüber verliert der Plot an Drive und gipfelt in einem enttäuschenden Finale.

Insgesamt hat man das Gefühl, dass diesem Roman einfach noch etwas Überarbeitung und Inspiration gefehlt hat. Eschbach kann es eigentlich besser, das haben seine bisherigen Bücher oft genug bewiesen.

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Veröffentlicht am 15.10.2022

Befeuert die alten Debatten

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„Ach, man merkt, Sie sind noch jung. Die Jugend will immer die Welt aus den Angeln heben. Aber die Zeiten, in denen man die Welt verändern konnte, die sind schon lange vorbei. Heute ist die ganze Welt ...

„Ach, man merkt, Sie sind noch jung. Die Jugend will immer die Welt aus den Angeln heben. Aber die Zeiten, in denen man die Welt verändern konnte, die sind schon lange vorbei. Heute ist die ganze Welt eine Maschine, die sich selber am Laufen hält, und wir sind alle nur kleine Rädchen darin, die von Glück sagen können, wenn sie eine einigermaßen sinnvolle Funktion haben und sich nicht nur zur Zierde drehen.“ (28%)

Deutschland im Jahr 2063: Es gibt seit einigen Jahrzehnten das sogenannte Freiheitsgeld, das jeder Bürger ab Beginn seiner Volljährigkeit bezieht. Bedingungslos. Dadurch hat sich die gesamte Gesellschaftsordnung geändert. Das Bildungssystem ist grundlegend anders; denn das Streben eines jeden ist nicht mehr, einen gut bezahlten Job zu finden. Die Frauen scheinen gleichberechtigter. Und auch die Klimakatastrophe wurde abgewendet, durch Maßnahmen wie eine großflächige Bepflanzung mit Bäumen und eine vegetarische Ernährungsweise.

Und doch ist vieles immer noch so, wie es „immer“ schon war.

Eschbach lässt ist in seiner Geschichte vor allem Probleme auftauchen, die den klassischen Argumenten gegen ein Bedingungsloses Grundeinkommen entsprechen: Die Menschen werden faul. Die Kriminalität steigt. Die Reichen setzen sich ab und machen krumme, elitäre Dinger. Und sowieso: Den Menschen mit mehr Geld geht es natürlich besser. Die Schere zwischen Reich und Arm scheint noch größer zu werden.

Ganz logisch ist das alles nicht. Es werden viele (durchaus wichtige!) Themen angerissen, aber nicht zu Ende geführt. Und dann ist alles vermeintlich neue Denken in diesem Buch dann doch wieder durchwirkt vom Denken einen weißen alten Mannes.

Ich mag die Bücher von Andreas Eschbach. Sie sind eigentlich immer gute, spannende Unterhaltung. Sein neuster Roman deckt dann auch noch ein so wichtiges Thema ab, für das ich mich sehr interessiere. Aber gerade dieses große Thema ist dem Autoren entglitten. Da scheint er zu viel auf einmal gewollt zu haben.
So verspielt er die Chance, einen wichtige Beitrag zu den Problemen unserer Zeit zu leisten. Im Gegenteil befeuert er noch die alten Debatten und rutscht ins Konservative ab.

Das ist so schade und es tut mir richtig Leid, dass ich ausgerechnet diesem Buch keine gute Bewertung geben kann.

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Veröffentlicht am 10.10.2022

Wer sind wir und wer können wir sein?

3

Mit großen Erwartungen bin ich an das Buch herangetreten, das mein erstes von Andreas Eschbach ist.

Aus vielen unterschiedlichen Perspektiven wird eine dystopische Welt der Zukunft erlebt, die auf den ...

Mit großen Erwartungen bin ich an das Buch herangetreten, das mein erstes von Andreas Eschbach ist.

Aus vielen unterschiedlichen Perspektiven wird eine dystopische Welt der Zukunft erlebt, die auf den ersten Blick ganz harmlos scheint. Da die Technisierung und Automatisierung von Arbeit dank Robotern weit fortgeschritten ist, wurde das bedingungslose Grundeinkommen - das Freiheitsgeld- eingeführt. Doch an dieser Welt offenbaren sich mehr und mehr Ecken und Kanten - wie der Polizist Ahmad, den an mehreren, hochrangigen Morden ermittelt, feststellen wird.

Das Buch ist dystopisch aufgebaut - angelehnt an englischsprachige Klassiker wie 1984 etc. - aber es wirkt vor allem überzogen negativ, schwarzmalerisch und sehr engstirnig. Science-Fiction hat ja schon den Anspruch, über unsere Welt und über andere Möglichkeiten nachzudenken. Aber die Werte und Vorstellungen, die hier übermittelt werden, sind für mich fragwürdig.

Das Menschenbild, das rübergebracht wird, überzeugt mich nicht. Eine volle Sinnesauflösung ohne Beruf? - nicht besonders innovativ. Der "Beruf" ist ja auch eine menschliche Erfindung, die es als identitätsstiftend noch gar nicht immer gibt. Auch die biologische Überdetermination von Hormonen etc. fand ich unpassend.

Leider zieht sich der Plot sehr, es werden viele Fäden gespannt, aber 3/4 des Buches nur weiter und weiter gezerrt. Die Auflösung am Ende war wenig beeindruckend, obwohl eigentlich viele interessante Aspekte genannt wurden (zusammen mit zu wild durcheinander gewürfelten Verschwörungstheorien). Statt des ellenlangen Wegs dort hin, hätte mich die Weltversion, die am Ende gezeigt wurde, viel mehr interessiert.

Weiterhin stört die übersexualisierte Perspektive total, insbesondere aus den Augen der männlichen Figuren und die übermäßigen Sexszenen. Ein "waffenscheinpflichtiges Dekolleté"? - unangenehm.

Auch Charaktere sind flach und seltsam inkohärent, sodass ich die meisten Szenen und Interaktionen mit einem Stirnrunzeln gelesen habe.

Am meisten stört mich aber das World-Building. Mein Gedanke war, dass der Autor neu im Genre ist - ist er nicht. Die "neue" Welt ist total hölzern - die "selbstverständlichen" Elemente (vegetarisch leben oder der 'natürlich' bestbezahlte Job Krankenpfleger) werden wenig überzeugend als Gesprächsbeitrag eingebaut - wenn es wirklich selbstverständlich wäre, wäre das meiner Meinung nach kein Teil eines Alltagsgesprächs. So auch zur Erklärung der Funktionsweise des Freiheitsgelds. Viele wichtige Aspekte wurden in zu langen Gesprächsbeiträgen erörtert.

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