Wenn man zur falschen Zeit geboren ...
Das WolfsmädchenChristian Hardinghaus, 1978 geboren, ist Dr. phil. Er hat unter anderem Geschichte, Literatur- und Medienwissenschaft studiert. Im Bereich Propaganda- und Antisemitismusforschung promovierte er. Zudem ...
Christian Hardinghaus, 1978 geboren, ist Dr. phil. Er hat unter anderem Geschichte, Literatur- und Medienwissenschaft studiert. Im Bereich Propaganda- und Antisemitismusforschung promovierte er. Zudem ist er noch Lehrer als auch Lektor wie Fachjournalist.
Er hat also alle Voraussetzungen, um in just seinem Schwerpunkt, eben der Erforschung des NS-Systems und des Zweiten Weltkrieges hervorragende Bücher zu verfassen.
Und dies ist ihm auch diesmal wieder gelungen. Er schreibt keineswegs akademisch abgehoben und trocken, sondern auf eine sehr nahbare Weise, sodass einem die individuellen Schicksale sehr nahe gehen und keinesfalls kalt lassen.
Die Wolfskinder thematisiert er in diesem Werk. Im Mittelpunkt steht das Los der zehnjährigen Ursula Dorn, die im eisigen Februar 1946 Königsberg verlässt, als den Hungertod zu sterben.
In Litauen helfen ihr Einheimische, unter anderem Bauern. Aber ein gnadenloser Kampf der litauischen Partisanen gegen die Sowjets lässt auch die auf sich gestellten Wolfskinder zwischen die Fronten geraten.
Nicht nur, dass in Königsberg zig letale Gefahren drohten, dort nun auch. Hat sie überhaupt eine Chance und wie könnte diese aussehen?
Der Autor braucht da wahrlich nichts hinzuzudichten, denn die nackte Realität ist grausam genug. In Kriegen und ihrem Nachspiel sind es immer die Schwächsten, die zermalmt werden. Frauen, Kinder, Alte, Kranke. Das hört anscheinend nie auf. Ist der eine Feind fort, taucht ein neuer auf. Destruktive Kräfte entladen sich gegen die falschen Gruppen, weil man die wahren Schuldigen nicht zu schnappen vermag.
Das Buch hat auch eine Fotostrecke. Es ist zudem ein enorm wichtiges Werk, um Humanität und Unmenschlichkeit in Zeiten des Krieges sowie danach aufzuzeigen. Wer vergisst, auch im kollektiven Sinne, tendiert dazu, verhängnisvolle Fehler zu wiederholen.
Sehr ergreifend und lange nachwirkend. Für den Rest ihres Lebens wünsche ich Ursula und all den anderen noch viel Glück sowie Freude. Danke, Christian Hardinghaus!