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Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine unmögliche Entscheidung

Der Preis der Treue
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Dies ist ein Roman über ein oft besprochenes, aller Orten bekanntes und doch immer wieder interessantes Thema: den Ehebruch. Diesmal erzählt der Mann selbst, von seinen Wünschen, Hoffnungen, Sehnsüchten, ...

Dies ist ein Roman über ein oft besprochenes, aller Orten bekanntes und doch immer wieder interessantes Thema: den Ehebruch. Diesmal erzählt der Mann selbst, von seinen Wünschen, Hoffnungen, Sehnsüchten, von zwei Frauen die kaum etwas gemeinsam haben, weder das Alter noch die Bedeutung in seinem Leben und die er dennoch beide zu lieben meint. Er ist sich seines persönlichen Dilemmas bewusst, er weiß, dass er die eine niemals dauerhaft glücklich machen kann und für die andere nicht mehr das empfindet, was einst war. Dennoch hält er verzweifelt an beiden Beziehungen fest und scheint sogar darauf zu hoffen, dass entweder seine Frau oder seine Geliebte der Farce ein Ende setzen, sozusagen die Entscheidung treffen, die er nicht zu treffen bereit ist.

Durch die Seiten dieses Romandebüts gelingt man schnell und problemlos, prägnante Sätze, oft mit philosophischen Einflechtungen und generell kurze Kapitel bilden einen flüssigen Schreibstil. Die Geschichte wird als Monolog des Mannes geführt, der eines Tages im Arbeitszimmer seines Hauses ernsthaft über seine Affäre nachdenkt – wie sie begann, was er an ihr liebte, warum er sie einging, wie sie sich verändert hat und wieso sie jetzt nicht mehr unbeschwert funktioniert.

Der Roman lässt viel Platz für eigene Gedanken, führt den Leser tief in die Gedankenwelt des Ehebrechers hinein und hinterlässt eine gewisse Leere, die ich äußerst treffend für die Erzählung finde. ER (der Mann ohne Namen, dessen Gedanken wir teilen) wird keine Entscheidung treffen, zumindest keine endgültige. Doch er bemüht sich angestrengt die Sache „im Sande“ verlaufen zu lassen. Mir drängen sich hier gewisse Parallelen zu dem Lied „Gaby wartet im Park“ von Udo Jürgens auf …

Fazit: Ein stiller, handlungsarmer Roman, der sich intensiv mit dem Thema Ehebruch auseinandersetzt und das von einer ganz anderen Perspektive, als die meisten Bücher mit diesem Schwerpunkt. Ein Buch von dem man möglicherweise andere Erwartungen hat, welches jedoch sehr überzeugend und ehrlich geschrieben ist. Mir hat es richtig gut gefallen, weil es nah am Leben dran ist und niemanden an den Pranger stellt – vielmehr kommt es ohne persönliche Wertung aus.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Seelenleben in Aufruhr

Nachruf auf den Mond
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Die beiden Brüder Matthew und Simon sind ein gutes Team und halten zusammen, obwohl der ältere am Down-Syndrom leidet und der jüngere an Schizophrenie, haben sie sich eine eigene gemeinsame Welt aufgebaut, ...

Die beiden Brüder Matthew und Simon sind ein gutes Team und halten zusammen, obwohl der ältere am Down-Syndrom leidet und der jüngere an Schizophrenie, haben sie sich eine eigene gemeinsame Welt aufgebaut, die sie zu Freunden und Gleichgesinnten werden lässt. Als Simon mit elf Jahren während eines Campingurlaubs tödlich verunglückt, beginnt für Matthew eine schwere Zeit. Seine Krankheit übernimmt nun das Ruder in seinem Leben und er verlässt die Schule, später wird er in eine psychiatrische Klinik eingewiesen, die ihm sowohl die persönliche Freiheit raubt als auch seine Emotionen abstumpfen lässt. Lediglich die Geschichten, welche er auf einer Schreibmaschine tippt, bieten ihm einen Hoffnungsschimmer und natürlich die Gespräche mit Simon, der für ihn nicht wirklich tot ist …

Auf diesem Roman bin ich dank zahlreicher sehr positiver Kritiken aufmerksam geworden, so dass ich mir unbedingt selbst ein Bild davon machen wollte. Und meine Erwartungen wurden erfüllt. Die Lebensgeschichte der beiden Brüder geht zu Herzen, sie bietet viele Momentaufnahmen aus dem Leben zweier besonderer Menschen und sensibilisiert für eine psychische Krankheit, von der ich bisher nur wenig gelesen habe. Der Schreibstil ist holprig, stellenweise unlogisch und in wechselnden Schriftarten verfasst, zwischendrin findet man sogar Skizzen. An sich trifft das nicht ganz meinen Geschmack, passt aber zur Erzählung, denn Matthew schreibt als Ich-Erzähler.

Besonders faszinierend fand ich das menschliche Verhältnis der Geschwister zueinander, ihre Zuneigung, die keine Fragen stellt, ihre Hilfsbereitschaft, die keine Grenzen kennt und nicht zuletzt ihre tiefe seelische Verbundenheit, die keiner aus ihrem persönlichen Umfeld restlos nachvollziehen konnte. Aber auch die düsteren Begebenheiten im Klinikalltag, die Abhängigkeit von ungewollten Medikamenten und den Verlust des normalen gesellschaftlichen Status auf Grund einer Erkrankung wurden hervorragend herausgearbeitet.

Fazit: Dieser Roman bietet ein hohes Potential, er befasst sich mit verschiedenen Themen unter vollkommen unterschiedlichen Gesichtspunkten. Er stellt die Frage nach der Schuld und behandelt die einhergehende Reue – aber vor allem ist es ein Appell an die Menschlichkeit, die Verbundenheit und den Mut, Menschen zu lieben, die nicht der Norm entsprechen. Lesenswert!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Liebe auf den ersten Blick

Die Frau meines Lebens
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Antoine begegnet in einem Pariser Café der Frau seines Lebens, für ihn ist es die berühmte Liebe auf den ersten Blick. Und als ihm ebenjene junge Dame ihre Telefonnummer schenkt, befindet er sich auf Wolke ...

Antoine begegnet in einem Pariser Café der Frau seines Lebens, für ihn ist es die berühmte Liebe auf den ersten Blick. Und als ihm ebenjene junge Dame ihre Telefonnummer schenkt, befindet er sich auf Wolke sieben. Doch seine Euphorie verschwindet umgehend, als er die letzte Ziffer auf dem Zettel nicht mehr lesen kann …

Der Roman ist kurz aber sehr beschwingt, eine Parodie auf die Liebe, voller Lebensfreude und Humor. Innerhalb einer Zeitspanne von 24 Stunden durchlebt der Protagonist alle Facetten einer ungewöhnlichen Liebe. Große Euphorie, Zuversicht auf ein gutes Ende, ein unerschütterliche Glaube an das Gute aber auch die dumpfe, alles überschattende Enttäuschung. Sehr lebensnah und dennoch ganz besonders.

Fazit: Ein lesenswerter Liebesroman, der das zauberhafte Flair der Stadt Paris und die Lebenslust eines verliebten jungen Mannes einfängt. Kurzweilige, sympathische Sommerlektüre.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Grausame Manipulation eines Mörders

Morgen früh, wenn du willst
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Inspector Phil Brennan und seine Frau die Psychologin Marina Esposito wollen in Birmingham nach vielen persönlichen Tiefschlägen einen Neuanfang wagen. Doch mehrere düstere Mordfälle, die durch brutalste ...

Inspector Phil Brennan und seine Frau die Psychologin Marina Esposito wollen in Birmingham nach vielen persönlichen Tiefschlägen einen Neuanfang wagen. Doch mehrere düstere Mordfälle, die durch brutalste Gewalt gekennzeichnet sind, überschatten ihre Arbeit. Während Phil immer tiefer in die Schwulenszene der Stadt eintaucht und einen Transvestiten Mörder sucht, gerät Marina in die Fänge ihres skrupellosen Arbeitskollegen an der Universität. Als sich die vielen kleinen Indizien verdichten und ein ominöser Sexclub zum Dreh-und Angelpunkt wird, befindet sich Marina bereits in Lebensgefahr und nichts scheint so, wie es wirklich ist …
Dieser rasante Thriller führt den Leser in die dunkle Welt der Gewalt, der Manipulation und schildert brutale sexuelle Vorlieben und bizarre Mordszenerien. Ein hohes Tempo und viele unerwartete Wendungen halten die Spannung auf einem hohen Level. Hinzu kommen verschiedene Erzählperspektiven und wechselnde Zeitabläufe. Aber man behält ganz gut den Überblick und rätselt mit, wer denn nun der wahre Täter ist und was sein Motiv sein könnte.
Manchmal erschien mir die Lektüre etwas übertrieben und die Gewaltmomente nahmen einen Großteil der Beschreibung ein. Wie psychisch kranke Menschen, andere ebenfalls labile Charaktere dazu bewegen können ihre eigenen Genitalien zu verspeisen, empfinde ich eher verstörend als anregend. Und auch die recht einseitige Ermittlungsarbeit in einem mehr als zerstrittenen Team, begleitet von Korruption und Lügen konnte mich nicht restlos überzeugen. Dennoch ein Spannungsroman mit viel Thrill, der in diesem Genre sicher gut aufgehoben ist.
Fazit: Ein echter Schocker unter den Thrillern, brutal, manipulativ und korrupt wird hier das Seelen- und Liebesleben einer Randgruppe der Gesellschaft beleuchtet. Wer grausame Szenen mag, wird dieses Buch lieben und wer Thriller mag, kann damit leben.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Verloren an die Drogensucht

Der tiefe Fall der Cecelia Price
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Cecelia, ein junges Mädchen voller Hoffnungen und guter Zukunftschancen gerät nach dem Krebstod der Mutter in eine Abwärtsspirale. Der Vater kämpft mit seinen eigenen Problemen und ist ihr keine Stütze, ...

Cecelia, ein junges Mädchen voller Hoffnungen und guter Zukunftschancen gerät nach dem Krebstod der Mutter in eine Abwärtsspirale. Der Vater kämpft mit seinen eigenen Problemen und ist ihr keine Stütze, ewige drängende Geldsorgen belasten die Familie und als ihr älterer Bruder Cyrus schließlich in die Drogenabhängigkeit flieht, befindet sie sich an einem persönlichen Tiefpunkt. Sie sieht ihre letzte Perspektive darin, dass sie irgendwie Geld beschaffen muss und beginnt selbst mit Drogen zu dealen, ohne sie zu konsumieren. Als Cyrus sich mit Ceces Drogen eine Überdosis setzt, sitzt sie auf der Anklagebank und muss sich mit all den Lügen und Schuldzuweisungen auseinandersetzten – doch ihr Leben wird nie mehr so sein, wie es einmal war.
Mich hat dieses Buch wirklich bewegt und mir Momente der Einsicht in ein sehr schwieriges Thema gewährt. All die Sorgen und Probleme ebenjener Teenager, die Drogen konsumieren bzw. mit ihnen dealen. Ihre persönliche Verzweiflung, die Lügen die sie sich selbst zurechtlegen aber auch die Blindheit ihrer Umgebung stimmen mich nachdenklich. Die Hauptprotagonistin erzählt in der Ich-Form, die Geschichte bietet aber einen Perspektivenwechsel: Einmal erschließt sich dem Leser die Vergangenheit mit all ihren schönen aber auch dramatischen Momenten und dann wechselt das Geschehen wieder in die Gegenwart, in die Therapiesitzungen von Cece oder letztlich in den Gerichtssaal zu ihrer Verhandlung.
Fazit: Ein tiefsinniger, emotionaler Jugendroman, der den Focus ganz klar auf die negative Seite des Drogenkonsums legt aber auch auf die Kraft einer Person sich ihren schwierigen Voraussetzungen zu widersetzen. Ein Buch welches an den gesunden Menschenverstand appelliert an die Möglichkeit sich Hilfe von außen zu holen, wenn man sie in den eigenen vier Wänden nicht findet. Und auch der Glaube an das Gute im Menschen, seine positive charakterliche Entwicklung und Fähigkeit auch nach Tiefschlägen wieder aufzustehen, hat mich überzeugt. Leseempfehlung!