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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.10.2022

eher Geschichte als Krimi

Der Bundesbrief
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Als die beiden Polizisten Bassi und Barwand ihre Ermittlungen im Mordfall des Restaurators Benjamin Am Bach aufnehmen, wissen sie noch nicht in welches Wespennest von Korruption, Nationalismus und Kunstfälschungen ...

Als die beiden Polizisten Bassi und Barwand ihre Ermittlungen im Mordfall des Restaurators Benjamin Am Bach aufnehmen, wissen sie noch nicht in welches Wespennest von Korruption, Nationalismus und Kunstfälschungen sie hinein stechen.
Benjamin Am Bach ist nämlich ein Unbequemer und ein kritischer Bürger, der nicht nur die Gründungslegende rund um den Bürgerbrief in Frage stellt. Bei den Recherchen stellt sich heraus, dass zahlreiche Mitglieder der Familie Am Bach schon seit Jahrhunderten als „Enfant Terrible“ gelten und einige davon auch wirklich hingerichtet worden sind.

Dass Benjamin Am Bach auch noch das künstlerische Geschick, zu malen wie kaum ein Zweiter hat, passt auch zu seinem Vorfahr, das seinerzeit in Zusammenhang mit dem Bundesbrief zu sehen ist ...

Meine Meinung:

Ich muss vorausschicken, dass ich mich in der Geschichte der Schweiz nicht so gut auskenne. Der Gründungsmythos rund um den Rütli-Schwur, die Anfänge der Eidgenossenschaft sowie die Glaubenskämpfe und dann die Invasion der Französichen Revolutionstruppen unter Napoleon Bonaparte und die Schweizer Haltung der NS-Diktatur sind mir in großen Zügen bekannt. Das eine oder andere Detail natürlich nicht. Deshalb habe ich mit großem Interesse diesen Krimi von Peter Beutler gelesen.

Die Krimihandlung tritt zu Gunsten der Geschichtsstunden durch mehrere Jahrhunderte stark zurück. Der Stammbaum der Familie Am Bach zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Regelmäßig gibt es Revoluzzer, die der Obrigkeit wenig abgewinnen können und ihre Haltung mit dem Leben bezahlen.

Ich hätte mit dem Mord an Benjamin Am Bach und dessen Aufklärung durchaus das Auslangen finden können. Die tiefe, detaillierte und aktuelle Verstrickung einiger mächtiger Männer hätte es meiner Meinung gar nicht so gebraucht. Die Historie ist fesselnd genug.

Der Autor hat zahlreiche Details recherchiert und das ist für diesen Krimi gleichzeitig ein bisschen ein Mangel. Nicht alles was ein Autor weiß, muss dem Leser bis ins kleinste Detail nahegebracht werden. Das kann einzelnen Lesern zu viel sein. Durch die fesselnden Rückblick in die Vergangenheit der Schweiz wird man doch aus dem Lesefluss des aktuellen Krimis gerissen.

Aber, insgesamt ein (Kriminal)Roman, der die Schweizer Geschichtsschreibung in Frage stellt. Glänzend recherchiert und hochexplosiv.

Fazit:

Ein fesselnder Ausflug in die Schweizer Geschichte, dem ich gerne 4 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 16.10.2022

Interessantes Sachbuch

Inside Vogue
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Autorin Nina-Sophie Miralles widmet sich in ihrem Buch dem wohl bekanntesten Mode-Magazin der Welt: der Vogue.

Detailliert sind die Anfänge des amerikanischen Magazins beleuchtet, das recht bald Ableger ...

Autorin Nina-Sophie Miralles widmet sich in ihrem Buch dem wohl bekanntesten Mode-Magazin der Welt: der Vogue.

Detailliert sind die Anfänge des amerikanischen Magazins beleuchtet, das recht bald Ableger in London und Paris erhält.

Das Sachbuch listet penibel zahlreiche Mythen um Herausgeber, Verlagsmitarbeiterinnen sowie politische Einflussnahmen auf. Es verschweigt auch nicht, dass das Magazin mehrmals vor der Pleite stand.

Wie es sich für ein Sachbuch gehört ist der Schreibstil sachlich-informativ und die Aufzählung der Ereignisse chronologisch. Hin und wieder gibt es Rückblenden und Wiederholungen, wenn ein Ereignis besonders einschneidend war.

Sehr gut hat mir das umfassende Quellenverzeichnis gefallen, so dass das eine oder andere Detail noch anderswo nachgelesen werden kann. Die zahlreichen Fotos vervollständigen die Erfolgsgeschichte dieses Magazins, das spätestens seit „Der Teufel trägt Prada“ auch in jenen Kreisen bekannt ist, die nicht so modeaffin sind.

Fazit:

Die penibel recherchierte Geschichte eines Modemagazins, das weltweit bekannt ist und neben Höhenflügen auch Abstürze erlebt hat. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 11.10.2022

Interessantes Sachbuch

Global Female Future
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Herausgeberin Andrea Zelinka sammelt in diesem Buch die Statements 40 verschiedener Frauen aus verschiedenen Ecken der Welt.

Diese Frauen betrachten die feministischen Auseinandersetzungen der letzten ...

Herausgeberin Andrea Zelinka sammelt in diesem Buch die Statements 40 verschiedener Frauen aus verschiedenen Ecken der Welt.

Diese Frauen betrachten die feministischen Auseinandersetzungen der letzten Jahrzehnte. So erhält die Leserschaft Einblick in die Fortschritte auf dem Weg zu einem selbst bestimmten Lebensweg und noch viel mehr in die feministischen Auseinandersetzungen, wenn es darum geht, Veränderungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft durchzusetzen.

Die Beiträge sind in sechs Themengruppen eingeteilt:

(Anti)Rassismus und Postkolonialismus
Gewalt
Reproduktion
Politik
Arbeit
Umwelt und Klima

Beiträge und Interviews mit Cânân Arın, Iris Frey, Verónica Gago, Wendy Harcourt, Naila Kabeer, Gaby Küppers, Shalini Randeria, Rocío Silva Santisteban, Nadia Shehadeh, Christa Wichterich, Weina Zhao sowie anderen, zeigt deutlich, dass das Ende des Kampfes noch lange nicht vorbei ist.

Meine Meinung:

Das Buch spricht viele feministische Themen an, ist aber in erster Linie eine Hommage an Sigrun Berger (1934-2021), eine der Initiatorinnen der „Frauen*solidarität“.

Diese Zusammenfassung über 40 Jahre Kampf um Gleichstellung, lässt die aktuelle Genderdiskussion in den Hintergrund treten, denn sehr viele der Autorinnen bezahl(t)en ihre Aktivitäten mit dem Verlust von Heimat oder gar mit ihrem Leben.

Fazit:

Eine interessante feministische Sichtweise, der ich gerne 4 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 01.10.2022

Drei Schwestern und ein Versprechen für die Ewigkeit

Die Schwestern von Auschwitz
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Die slowakischen Schwestern Cibi, Magda und Livia versprechen einander und ihrem Vater, immer zusammen zu bleiben. Doch 1942 kommt alles anders! Während die älteste Schwester Magda durch einen Krankenhausaufenthalt ...

Die slowakischen Schwestern Cibi, Magda und Livia versprechen einander und ihrem Vater, immer zusammen zu bleiben. Doch 1942 kommt alles anders! Während die älteste Schwester Magda durch einen Krankenhausaufenthalt der Deprtation vorerst entkommt, bringt man Cibi und Livia nach Auschwitz. Dort müssen sie am Aufbau des Lagers Birkenau mitarbeiten. 1944 wird auch Magda deportiert und die drei Schwestern trotzen gemeinsam dem KZ und den anschließenden Todesmärschen.

Nach Kriegsende kehren die Schwestern noch einmal in ihr Heimatdorf zurück und müssen feststellen, dass ihr Elternhaus von einer fremdem Familie bewohnt wird. Sie verlassen ihre alte Heimat, um im neu gegründeten Staat Israel ein neues Leben zu beginnen.

Meine Meinung:

Dieser Roman ist der zweite, den ich von der Autorin gelesen habe und muss gestehen, „Der Tätowierer von Auschwitz“ hat mir besser gefallen.

Die Geschichte der drei slowakischen Schwestern ist mir persönlich von viel zu vielen Zufällen geprägt, die das Überleben erst möglich gemacht haben. Soviel Glück kann es gar nicht gegeben haben. Natürlich hängt das Überleben in einer Diktatur und hier in der Herrschaft der KZ-Aufseher immer von der Willkür der Mächtigen ab, aber trotzdem bleibt bei mir ein leises Unbehagen.

Im Nachwort beschreibt die Autorin, dass dieser Roman nach wahren Schicksalen und Ereignissen verfasst worden ist. Es sind mehrere Geschichten von Überlebenden zusammengeführt worden. Interessant auch das weitere Leben der Schwestern.

Der Schreibstil ist emotional und balanciert manchmal - für meinen Geschmack - am Rande des Kitsches. Wer es, wie ich, ein wenig sachlicher haben möchte, muss Bücher anderer Autoren lesen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem emotionalen Roman über drei Schwestern, die Auschwitz überlebt haben, 4 Sterne.

Veröffentlicht am 28.09.2022

Am Rande der Gesellschaft

Donaunebel
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Dem charmanten Theo Brunner fliegen die Herzen der Frauen nur so zu. Doch er lässt sich auf keine nähere Beziehung ein. Ein bisserl schmusen ja, aber mehr nicht. Denn Theo hat ein Geheimnis, denn Theo ...

Dem charmanten Theo Brunner fliegen die Herzen der Frauen nur so zu. Doch er lässt sich auf keine nähere Beziehung ein. Ein bisserl schmusen ja, aber mehr nicht. Denn Theo hat ein Geheimnis, denn Theo ist eine Theodora.

Das Buch beginnt schon mit einer fast komisch anmutenden Szene: Theo Brunner 1914 bei der Musterung. Er weigert sich vorerst seine Hosen hinunter zu lassen. Als sich Theos wahres Geschlecht enthüllt, hat das weitreichende Folgen. Es ist nämlich zu dieser Zeit Frauen verboten, Männerkleidung zu tragen und sich als Mann auszugeben. Theo verliert seine Arbeit im Bestattungsunternehmen und arbeitet fortan in der Leichenkammer des Krankenhauses.

Dann rettet Theo die, mittellos in Wien gestrandete russische Adelige Aglaja Struzhanova, die in den Revolutionswirren ihre Zwillingsbrüder, ihren Ehemann und ihre Geliebte verloren hat. Theo quartiert Aglaja in der Wohnung, die sie mit dem Vater bewohnt ein. Zunächst scheint das Leben seinen geordneten Gang zu gehen bis Alexej, einer der beiden verschollenen Zwillingsbrüder in Wien auftaucht und Ansprüche an Theo, den alten Herrn Brunner und seine Schwester stellt. Die Situation eskaliert vollends, als auch noch Sergej Aglajas kriegsversehrter Mann auftaucht.

Und dann steht plötzlich die Gendarmerie vor der Tür und verhaftet Theo. Weil Homosexualität zu dieser Zeit strafbar ist, wird Theo zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.

Meine Meinung:

Dieser historische Roman ist angenehm zu lesen und eröffnet den Lesern ein vermutlich unbekanntes Detail der Donaumonarchie.

Das Buch ist - grob gesagt - drei Teile gegliedert, wobei wir es im ersten Teil mit zwei scheinbar unzusammenhängenden Handlungssträngen zu haben: Theo in Wien und Aglaja in Russland. Die Protagonisten werden hier sehr ausführlich beschrieben, wobei mir der russische Part einen Hauch zu detailliert ist.

Im zweiten Teil scheint das Leben seinen Lauf zu nehmen, bis es im dritten Teil eben eskaliert.

Interessant ist der Ausflug in die Psychoanalyse von Dr. Adler. Vor allem auch deswegen, weil einige heute noch, Homosexualität als therapierbare Krankheit halten.

Ein bisschen hat mich das Ungleichgewicht zwischen den drei Teilen gestört. Der dritte Teil fällt in seinem Detailreichtum dem ersten gegenüber sehr stark ab. Plötzlich ist die Polizei da und verhaftet Theo und Alexej lacht sich ins Fäustchen. Der Prozess ist für mich persönlich viel zu kurz gekommen. Man erfährt hier sehr wenig und dann auch nur in einem halben Nebensatz, dass Veronika sich hasserfüllt als Theos Gegnerin herausstellt. Vermutlich hat Alexej seine Finger hier im Spiel, aber eine Information wäre schon nett gewesen. Es mag vielleicht auch sein, dass es an ihrem Ego gekratzt hat, dass der charmante Theo eine Theodora ist und sie quasi einem Hochstapler auf den Leim gegangen ist.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Ausflug das Wien von 1920 vier Sterne.